_Unabhängiger
Verwaltungssenat Burgenland
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Zahl: G13/017 Eisenstadt,
am 29.03.2005
Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das
Asylgesetz 2005 und das Fremdenpolizeigesetz
2005 erlassen sowie das Bundesbetreuungsgesetz,
das Personenstandsgesetz, das UBAS-Gesetz
und das Einführungsgesetz zu den
Verwaltungsverfahrensgesetzen 1991
geändert werden;
Begutachtungsverfahren
Bezug: 76.201/1383 -III/1/c/05/TM
Per E-Mail:
bmi-III-1@bmi.gv.at
An das
Bundesministerium für Inneres
Sektion III - Recht
Herrengasse 7
1014 Wien
Der Unabhängige Verwaltungssenat Burgenland
erstattet zu den vorliegenden Gesetzesentwürfen nachstehende Stellungnahme, die
sich auf jene Bestimmungen beschränkt, die für die Unabhängigen
Verwaltungssenate von Relevanz sein können. Aus diesem Grund wird auch
verzichtet, die vorhandenen Redaktionsversehen, Tippfehler und grammatischen
Unzulänglichkeiten, die sowohl in den Gesetzestexten als auch in den
erläuternden Bemerkungen bemerkt wurden, aufzuzählen.
zu Art. 1 (Asylgesetz 2005):
Der Entwurf sieht zahlreiche Möglichkeiten der Ausübung verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt vor. Da derartige Maßnahmen bei den Unabhängigen Verwaltungssenaten bekämpft werden können, muss mit einer Mehrbelastung der Unabhängigen Verwaltungssenate gerechnet werden. Als Beispiel wird § 26 Abs. 1 angeführt, wonach das Bundesasylamt gegen Fremde, die einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt haben und deren Verfahren einzustellen war, einen Festnahmeauftrag zu erlassen hat. Wenngleich im Entwurf zum Asylgesetz 2005 nicht ausdrücklich ausgeführt, wird es sich dabei ‑ ebenso wie bei einem Festnahmeauftrag nach dem derzeit geltenden Fremdengesetz und dem Entwurf eines Fremdenpolizeigesetzes ‑ um die Ausübung verwaltungsbehördlicher Befehlsgewalt handeln. Den auf der Homepage des Bundesministeriums für Inneres veröffentlichten Statistiken zufolge betrug im Jahr 2003 die Zahl der Einstellungen 18.029 (von insgesamt 36.315 Erledigungen, somit 49,65% der Erledigungen), im Jahr 2004 8.302 (von insgesamt 25.786 Erledigungen, somit 32,20% der Erledigungen, wobei sich diese auf die Rechtslage vor und nach der AsylG‑Novelle 2003 wie folgt verteilten: Anteil an den Einstellungen im Verhältnis zur Gesamtzahl der Erledigungen nach der Rechtlage vor der AsylG‑Novelle 2003: 23,94%; nach der Rechtslage nach der AsylG‑Novelle 2003: 62,46%). Im Jänner 2005 erfolgten nach der Rechtslage des AsylG vor der Novelle 2003 492 Erledigungen, davon 195 Einstellungen (d.s. 39,63%), nach der Rechtslage des AsylG nach der Novelle 2003 711 Erledigungen, davon 398 Einstellungen (d.s. 55,98%). Daraus ist ersichtlich, dass sich der Anteil der Verfahrenseinstellungen nach der Novelle 2003 deutlich erhöht hat. Dieser Anteil wird auf Grund der gleichgelagerten Bestimmungen zur Verfahrenseinstellung im Entwurf wohl auch nach dieser Rechtslage anzunehmen sein. Als bekannt darf vorausgesetzt werden, dass es sich bei Entscheidungen nach dem Asylgesetz um einen Bereich handelt, in dem öfter als in anderen Materien Rechtsmittel und Rechtsbehelfe ergriffen werden (vgl. dazu die immer wieder berichtete Überlastung des UBAS und der im Asylwesen entscheidenden Senate des VwGH).
Eine seriöse Einschätzung der Menge der künftigen Belastungen der Unabhängigen Verwaltungssenate kann nicht vorgenommen werden, jedoch sollte diese im Hinblick auf die oben genannten Zahlen auch nicht unterschätzt werden.
Zu Art. 2 (Fremdenpolizeigesetz 2005):
Das Vorblatt zu den erläuternden Bemerkungen sieht unter anderem als Ziel und Problemlösung die Umsetzung von EU‑Recht bzgl. der Berufungsinstanzen bei EU‑Staatsangehörigen und begünstigten Drittstaatsangehörigen vor. Unter Inhalt wird dazu angeführt: Umsetzung von EU‑Recht bzgl. der Berufungsinstanzen bei EU‑Staatsangehörigen und begünstigten Drittstaatsangehörigen durch Einbindung der UVS (Anm.: Hervorhebung durch UVS). Dabei wird offensichtlich an die Umsetzung der europarechtlichen Vorgaben, wie sie im Urteil des EuGH vom 29.04.2004, Georgios Orfanopoulos u.a. gegen Land Baden‑Württemberg zum Ausdruck kommen (und auch im Schlussantrag des Generalanwaltes M. Poiares Maduro vom 21. Oktober 2004 in der beim EuGH anhängigen Rechtssache C-136/03 1. Georg Dörr, 2. Ibrahim Ünal gegen 1. Sicherheitsdirektion für das Bundesland Kärnten, 2. Sicherheitsdirektion für das Bundesland Vorarlberg [Vorabentscheidungsersuchen des österreichischen Verwaltungsgerichtshofs] weiterhin vertreten werden) sowie des Art. 31 Abs. 1 der Richtlinie 2004/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 ("Gegen eine Entscheidung aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit müssen die Betroffenen einen Rechtsbehelf bei einem Gericht und gegebenenfalls bei einer Behörde des Aufnahmemitgliedstaats einlegen können.") gedacht. Dazu korrespondierende Bestimmungen finden sich jedoch im Entwurf des Fremdenpolizeigesetzes 2005 nicht. Sollte nun tatsächlich daran gedacht sein, den Unabhängigen Verwaltungssenaten Aufgaben im Zusammenhang mit Berufungsverfahren bei EU‑Staats-angehörigen und begünstigten Drittstaatsangehörigen zu übertragen (was im Hinblick auf die bisherige Judikatur des EuGH letztlich auch in Bezug auf türkische Staatsangehörige gelten könnte), so wird ersucht, einen diesbezüglichen Entwurf rechtzeitig in Begutachtung zu senden.
Zu § 42 Abs. 1:
Der unmittelbare Grenzbereich erfasst den im Inland innerhalb von einem Kilometer nach der Grenze gelegenen Bereich (§ 2 Abs. 4 Z. 17). Darunter versteht der Verwaltungssenat einen „Gürtel“ in der Breite von einem Kilometer, der entlang der Staatsgrenze in Österreich verläuft. Dieser Gürtel deckt die gesamte Außengrenze ab. Deshalb gibt es überhaupt keinen – außerhalb – des unmittelbaren Grenzbereichs befindlichen Bereich, aus dem man (im Landwege) nach Österreich einreisen könnte. Die aus den Erläuterungen erkennbare Absicht des Gesetzgebers wird durch die vorgeschlagene Formulierung nicht umgesetzt.
Der Entwurf sieht in diesem Zusammenhang die Hinderung von Personen, die „versuchen“ einzureisen, vor. Dies kann sich nur auf Personen beziehen, die sich noch im Ausland befinden und im Begriffe sind, die Grenze zu überschreiten, um nach Österreich zu gelangen. Wie man solche Personen am „Versuch“, also an den ihren Grenzübertritt vorbereitenden Ausführungshandlungen - im Ausland - hindern kann, ist nicht nachvollziehbar. Eine solche Maßnahme, selbst wenn sie im Inland gesetzt werden würde, würde sich auf ausländisches Hoheitsgebiet auswirken (!?), weil eine dort befindliche Person betroffen wäre. An welche Maßnahmen hier konkret gedacht wurde, lässt sich den Erläuterungen nicht entnehmen.
Bemerkt sei, dass mit dem Überschreiten der Staatsgrenze bereits eine Einreise vorliegt.
zu § 83:
Aus § 83 Abs. 6 geht nicht hervor, auf welche Art und im Rahmen welchen Verfahrens die von Amts wegen alle 6 Wochen vorzunehmende Überprüfung durch den Unabhängigen Verwaltungssenat stattzufinden hat. Denkbar wäre sowohl die bloß aktenmäßige Überprüfung und das Festhalten des Ergebnisses in den Akten als auch die Überprüfung im Rahmen eines förmlichen Verfahrens samt bescheidmäßiger Erledigung. Für die erste Variante spricht, dass es einem in Schubhaft angehaltenen Fremden trotz der alle 6 Wochen vorgesehenen Überprüfung freisteht, mittels Beschwerde einen bescheidmäßigen Abspruch über die Rechtmäßigkeit der Schubhaft und auch der Fortsetzung der Anhaltung in Schubhaft zu erhalten. Für die zweite Auslegungsvariante sprechen Rechtsschutzüberlegungen. Nach § 83 Abs. 3 hat die Behörde darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Es erscheint daher aus Rechtsschutzüberlegungen geboten, dem Fremden die Möglichkeit zu geben, die Argumente der Behörde zu widerlegen. Im Hinblick auf die kurze Entscheidungsfrist wird dies aber ‑ anders als im Beschwerdeverfahren, das vom Fremden mit einem Schriftsatz, in dem seine Argumente bereits enthalten sind, eingeleitet wird ‑ regelmäßig nur im Rahmen einer mündlichen Verhandlung unter Beiziehung eines Dolmetschers möglich sein, zumal davon auszugehen ist, dass die betroffenen Fremden nur in den seltensten Fällen der deutschen Sprache mächtig sind. Auch in den Erläuterungen zu § 85 und § 86 wird darauf verwiesen, dass die wichtigste Funktion des Schubhaftbeschwerdeverfahrens im Falle der Andauer der Haft die Prüfung der Zulässigkeit der Fortdauer der Haft ist. Demnach sind die Verfahren insoweit in ihrer Funktion vergleichbar, als jeweils die Zulässigkeit der Fortdauer der Haft im Hinblick auf die dem Fremden zukommenden Rechte zu prüfen sind und abzuwägen ist, ob die Aufrechterhaltung der Haft noch erforderlich ist. Derartige Haftprüfungen sind daher durchaus mit anderen regelmäßig erfolgenden Haftprüfungen, wie etwa jene bei der Aufrechterhaltung der Untersuchungshaft, vergleichbar. In diesen Fällen ist aber ebenfalls regelmäßig die Haftprüfung unter Wahrung des Parteiengehörs mit förmlichem Abschluss einer anfechtbaren Entscheidung vorgesehen. Aus diesen Rechtsschutzüberlegungen muss daher davon ausgegangen werden, dass die von Amts wegen vorgenommenen regelmäßigen Überprüfungen mit einer (beim VfGH und/oder VwGH) anfechtbaren Entscheidung zu enden haben. Überlegungen zur Wahrung des Parteiengehörs machen es wahrscheinlich, dass in vielen Fällen eine mündliche Verhandlung durchgeführt werden muss. Diese wiederum werden einen erhöhten Aufwand mit sich bringen, wobei (auch im Hinblick auf die Beschwerdeverfahren) zu bedenken ist, dass die Möglichkeiten, gegen Asylwerber die Schubhaft zu verhängen, erweitert wurden. Es gilt daher das bereits zum Asylgesetz 2005 Ausgeführte, dass mit einer Mehrbelastung der Unabhängigen Verwaltungssenate gerechnet werden muss.
zu § 105:
Die Übermittlungsbefugnis nach § 105
Abs. 2 sollte um jene an die Unabhängigen Verwaltungssenate erweitert
werden. Bereits zur Bestimmung des § 56 Abs. 3 Asylgesetz 2005 wurde
in den Erläuterungen angemerkt, dass die Erweiterung des Empfängerkreises der
Daten aus dem Fremdeninformationssystem hinsichtlich Asylwerber an die
Unabhängigen Verwaltungssenate geboten ist, damit diese (u.A.) die Aufgabe
"Haftprüfung" ordnungsgemäß wahrnehmen können. Nichts anderes kann
hinsichtlich der Daten sonstiger Fremder gelten, um die Erfüllung der den
Unabhängigen Verwaltungssenaten nach dem Fremdenpolizeigesetz 2005 zugewiesenen
Aufgaben (die überdies
nicht nur in der Haftprüfung bestehen) zu gewährleisten.
zu § 123 und § 124:
§ 123 Abs. 2 sieht eine Strafsatzerhöhung für Taten nach § 123 Abs. 1 vor, wenn bereits eine rechtskräftige Bestrafung wegen einer solchen Tat vorliegt. Gemäß § 124 Abs. 4 sind aber nur die nach Abs. 1 und 2 des § 124 verhängten Strafen samt den erforderlichen personenbezogenen Daten in der Verwaltungsstrafevidenz der Sicherheitsdirektion zu verarbeiten. Dies bedeutet, dass alle Sicherheitsbehörden Österreichs ersucht werden müssten, ihre Vormerkungen wegen fremdenpolizeilicher Bestrafungen bekanntzugeben, um beurteilen zu können, ob die Strafsatzerhöhung des § 123 Abs. 2 zu tragen kommt. Ungeachtet dessen wäre es aber auch nicht zweckmäßig, § 124 Abs. 4 bloß um die Bestrafungen nach § 123 zu ergänzen, weil dann immer noch alle Sicherheitsdirektionen um die Bekanntgabe der rechtskräftigen Bestrafungen ersucht werden müssten. Es sollte daher eine zentrale Evidenz geschaffen werden, aus der alle im Bundesgebiet wegen solcher Übertretungen erfolgten Bestrafungen ersichtlich sind, um den Verwaltungsaufwand so gering als möglich zu halten.
zu Art. 3 (Änderung des
Bundesbetreuungsgesetzes; künftig: Grundversorgungsgesetz ‑ Bund
2005)
Die Klarstellung hinsichtlich der Zuständigkeit
der Unabhängigen Verwaltungssenate wird begrüßt.
Diese Stellungnahme wurde der
Parlamentsdirektion per E-Mail übermittelt.
Mit freundlichen
Grüßen
Der Präsident:
Mag.
G r a u s z e r
Für die Richtigkeit
der Ausfertigung: