BUNDESMINISTERIUM FÜR AUSWÄRTIGE ANGELEGENHEITEN

VÖLKERRECHTSBÜRO

Federal Ministry for Foreign Affairs

Ministère Fédéral des Affaires Etrangères

A-1014 Wien, Ballhausplatz 1

Tel.: 0501150-0, FAX: 0501159-212

 

E-MAIL

 

GZ:

BMaA-AT.8.15.02/0073-I.2c/2005

Datum:

12. April 2005

Seiten:

16

An:

BMI – begutachtung@bmi.gv.at

           bmi-III-1@bmi.gv.at

Kopie:

cc: begutachtungsverfahren@parlament.gv.at

Von:

Ges. Dr. Helmut Tichy

SB:

Mag. Kadlec, Dr. Pech, Dr. Wilfling, Mag. Kramarics, Mag. Griessler, Mag. Ebner, Dr. Loidl

DW:

3391

 

BETREFF:   Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Asylgesetz 2005 und das Fremdenpolizeigesetz 2005 erlassen sowie das Bundes-
betreuungsgesetz, das Personenstandsgesetz, das UBAS-Gesetz und das Einführungsgesetz zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen 1991 geändert werden; Ressortstellungnahme des BMaA

 

Zu do. GZ 76.201/1383 -III/1/c/05/TM

vom 7. März 2005

 

Das Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten gibt zum oz. Gesetzesentwurf die nachfolgende Stellungnahme ab und ersucht um eine gemeinsame Besprechung der darin enthaltenen Anregungen.

 

 

I. Zum Asylgesetz 2005

 

Allgemeines:

 

Gemäß Art. 26 Abs. 1 der RL 2003/9/EG (Aufnahmerichtlinie) sowie Art. 38 Abs. 1 der RL 2004/83/EG (Statusrichtlinie) hätte anlässlich der Umsetzung dieser Richtlinien durch die Mitgliedstaaten in der umsetzenden Rechtsvorschrift eine Bezugnahme auf die jeweilige Richtlinie zu erfolgen. Diesbezüglich darf auf das EU-Addendum zu den Legistischen Richtlinien 1990 des BKA-VD RZ 37 (Umsetzungshinweis) verwiesen werden.

 

Die bisher verwendete Bezeichnung „Asylantrag“ soll offenbar durch die Bezeichnungen „Antrag auf internationalen Schutz“ bzw. „Antrag auf Zuerkennung des Status des Asylberechtigten“ ersetzt werden; dennoch taucht im Text des Entwurfs weiterhin immer wieder die Bezeichnung „Asylantrag“ auf, auch dort, wo dies nicht durch die Zitierung des vollen Titels oder der Bestimmungen des Dublin-Übereinkommens und der Dublin-Verordnung notwendig ist – so z.B. in § 2 Z 13. Es sollte versucht werden, „Asylantrag“ entweder generell beizubehalten (die sprachlich einfachere Lösung) oder generell durch die neuen Ausdrücke zu ersetzen; ist dies wegen des Dublin-Übereinkommens und der Dublin-Verordnung nicht möglich, sollte auch „Asylantrag“ in § 2 definiert werden.

 

 

Zu § 2: 

 

Im Hinblick auf die in den BGBl. Nr. 55/1955 und 78/1974 verwendeten Übersetzungen der Titel der betreffenden Abkommen wird vorgeschlagen, Z 1 wie folgt zu formulieren:

 

„die Genfer Flüchtlingskonvention: die Konvention über die Rechtsstellung derFlüchtlinge vom 28. Juli 1951, BGBl. Nr. 55/1955, in der durch das (Auslassung) Protokoll über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 31. Jänner 1967, BGBl. Nr. 78/1974, geänderten Fassung;

 

Es wird angeregt, die Legaldefinitionen der Protokolle zur EMRK hintereinander zu reihen; derzeit ist die Definition von Protokoll Nr. 6 zur EMRK in Z 3 enthalten ist, die Definitionen der Protokolle Nr. 11 (deren Streichung vorgeschlagen wird, s.u.) und 13 aber erst in den Z 21 und 22.

 

Zwecks Übereinstimmung mit der Begriffsbestimmung von „EMRK“ in Z 2 sollte in Z 3 und Z 22 jeweils die Formulierung „das Protokoll Nr. XY zur EMRK“ verwendet werden.

 

Eine systematische Abfolge der in den Z 4 bis 8 enthaltenen Definitionen wäre z.B. EU-Vertrag (dz. Z 8),  Dublin-Übereinkommen (dz. Z 6), Dublin-Verordnung (dz. Z 5), Statusrichtlinie (dz. Z 4), Grundversorgungsvereinbarung (als innerösterreichische Vorschrift nach den völkerrechtlichen Regelungen, dz. Z 7).

 

In § 2 des Entwurfs wird zur Begriffsbestimmung von „Verfolgung“ (Z 9) und „Verfolgungsgrund“ (Z 10) lediglich auf die entsprechenden Definitionen in RL 2004/83/EG verwiesen. In diesem Zusammenhang darf auf das EU-Addendum zu den Legistischen Richtlinien hingewiesen werden, wonach die Umsetzung „so präzise zu erfolgen hat, dass Rückgriffe auf die Richtlinie selbst entbehrlich“ (RZ 35) sowie „Verweisungen auf die Richtlinie zu vermeiden“ sind (RZ 44).  Eine Begriffsbestimmung hätte daher im Asylgesetz selbst zu erfolgen.

 

Die verschiedenen Staatendefinitionen (dz. Z 11, 16 und 17) sollten hintereinander angeführt werden.

 

Zu Z 13 („Asylantrag“) sh. die Ausführungen unter Allgemeines.

 

Zu Z 18: Die in Z 18 enthaltene Definition von Familienangehörigen entspricht den europarechtlichen Vorgaben in RL 2003/9/EG sowie RL 2004/83/EG. Es wird in diesem Zusammenhang jedoch darauf hingewiesen, dass der EGMR in seiner Judikatur zu Art. 8 EMRK (Recht auf Achtung des Familienlebens) auf einen funktionellen Familienbegriff abstellt, d.h. auf das Bestehen tatsächlicher Familienbande. Es werden daher Änderungen vorgeschlagen, die auch die Rechte des Kindes nach Art. 9 Übereinkommen über die Rechte des Kindes (KRK), BGBl. Nr. 7/1993), nicht von seinen Eltern getrennt zu werden, sowie nach Art. 10 KRK auf Familienzusammenführung berücksichtigen, zumal die oben erwähnten Richtlinien nur Mindestnormen vorgeben und den Mitgliedstaaten die Möglichkeit günstigerer Normen offen lassen.

 

Außerdem sollte es statt „sofern die Familieneigenschaft bereits im Herkunftsstaat bestanden hat oder es sich um in Österreich nachgeborene Kinder handelt“ „sofern die Familieneigenschaft bereits im Herkunftsstaat bestanden hat oder es sich um seit der Ausreise aus diesem geborene Kinder handelt“ heißen. Der Familienbegriff (vgl. Art. 8 EMRK) umfasst nämlich jedenfalls auch allenfalls auf der Flucht (und nicht nur in Österreich) geborene Kinder; das Wort „nachgeboren“ stellt üblicherweise auf den Tod des Vaters vor der Geburt ab (vgl. z.B. § 15 Bundesbahn-Pensionsgesetz, BGBl. I Nr. 86/2001).

„Familienangehöriger: wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung unverheiratetes minderjähriges Kind eines Asylwerbers oder eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Familieneigenschaft bereits im Herkunftsstaat bestanden hat oder es sich um seit der Ausreise aus diesem geborene Kinder handelt;“.

 

Zu Z 21: Eine Erwähnung des 11. ZP zur EMRK erscheint sowohl hier als auch an anderer Stelle (z. B. § 4 Abs. 3) nicht sinnvoll, da dieses Protokoll zwar eine Änderung des Rechtschutzmechanismus der EMRK herbeigeführt hat, aber keine materiellen Bestimmungen enthält.

 

Es sollte auch die Definition eines unbegleiteten Minderjährigen  wieder aufgenommen werden (§ 1 Z 7 AsylG 2003).

 

 

Zu § 3 Abs. 2:

 

Der Gesetzentwurf sieht vor, dass subjektive Nachfluchtgründe im Rahmen eines Folgeantrages nur dann zur Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten führen können, wenn es sich um in Österreich erlaubte Aktivitäten handelt, die nachweislich Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung sind.

 

Die Genfer Flüchtlingskonvention nimmt aber hinsichtlich der Nachfluchtgründe keine derartige Einschränkung vor. Vom Flüchtlingsbegriff der Konvention können auch  Personen erfasst sein, bei denen ein Nachfluchtgrund besteht, ohne dass dieser „Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung“ sein muss (z.B. ein Student engagiert sich erst in Österreich für die Menschenrechte in seinem Herkunftsstaat und wird deshalb von diesem verfolgt). Mit dem Erfordernis „nachweislich“ für Ausdruck und Fortsetzung der bereits im Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung wird der Flüchtlingsbegriff der Konvention noch zusätzlich eingeschränkt.

 

Der in den Erläuterungen dazu enthaltene Verweis auf Art. 5 Abs. 3 der Statusrichtline vermag diese restriktive Bestimmung nicht zu begründen, da laut dieser Bestimmung die Mitgliedstaaten „unbeschadet der Genfer Flüchtlingskonvention ... festlegen (können), dass ein Antragsteller, der einen Folgeantrag stellt, in der Regel nicht als Flüchtling anerkennt wird, wenn die Verfolgungsgefahr auf Umständen beruht, die der Antragsteller nach Verlassen des Herkunftslandes selbst geschaffen hat.“ Durch eine Bestimmung wie den vorgeschlagenen § 3 Abs. 2 werden viele Nachfluchtgründe ausgeschlossen, ohne dass es möglich wäre, von der auch in der Statusrichtlinie nur als Regel vorgesehenen Nicht-Anerkennung eine begründete Ausnahme zu machen, wie dies dem Schutzzweck der Genfer Konvention entsprechen würde.

 

Nach Auffassung des BMaA sollte daher jedenfalls „nachweislich“ durch „wenn er glaubhaft macht“ ersetzt und das „in der Regel“ aus der Statusrichtlinie in die Bestimmung aufgenommen werden.

 

 

Zu § 3 Abs. 3:

 

Es sollte „trotz Vorliegens der Voraussetzungen“ heißen.

 

 

Zu §§ 4 und 5:

 

Art. 13 der RL 2003/9/EG legt die Verpflichtung der Mitgliedstaaten fest, Fremden, die einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt haben, über den noch nicht endgültig entschieden wurde, ab Antragstellung „materielle Aufnahmebedingungen“ zu gewähren. Zur Klarstellung sei darauf hingewiesen, dass dies auch zu gelten hat, wenn der Antrag auf internationalen Schutz eines Fremden zwar als unzulässig zurückgewiesen wird, der entsprechende Zurückweisungsbescheid aber aufgrund der faktischen Unmöglichkeit der Zurückschiebung oder Abschiebung wieder außer Kraft tritt. Der Staat ist in diesen Fällen weiterhin verpflichtet, dem Fremden nach Maßgabe der RL 2003/9/EG „materielle Aufnahmebedingungen“ zu gewähren.

 

In § 4 Abs. 1 wird folgende Formulierung vorgeschlagen: „in einem Staat, im Verhältnis zu dem ein Vertrag ... nicht anwendbar ist“. 

 

In § 4 Abs. 3 wird folgende Formulierung vorgeschlagen: „das die Grundsätze dieser Konvention, der EMRK und der Protokolle Nr. 6, Nr. 11 und Nr. 13 zur Konvention umgesetzt hat.“

 

In § 4 Abs. 4 sollte es „Trotz Schutzes ... wegen Schutzes“ heißen und in den Z 2 und 3 jeweils das Wort „unverheirateten“ gestrichen werden (Begründung siehe wie zu § 2 Z 18).

.

 

Zu § 7 Abs. 1 Z 2:

 

Die Bestimmung, wonach die Möglichkeit besteht, Asyl abzuerkennen, wenn der Asylberechtigte den Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen in einem anderen Staat hat, ist bereits im Asylgesetz 1997, BGBl. I Nr. 76/1997, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 101/2003, enthalten. Dennoch muss das BMaA darauf hinweisen, dass die bloße Änderung des Lebensmittelpunktes allein für eine Aberkennung des Asylstatus, unabhängig von der Frage, ob der betroffenen Person in einem anderen Staat tatsächlich Schutz gewährt wird, problematisch erscheint.

 

Nach dieser Bestimmung könnte Asyl in Österreich aberkannt werden, ohne dass gesichert ist, dass ein anderer Staat (neuer Mittelpunkt der Lebensbeziehungen) Asyl gewährt. Jedenfalls besteht gemäß Z 11 des Anhangs zur Genfer Flüchtlingskonvention eine Verantwortung des Asylstaats für einen Flüchtling bis zu dessen „rechtmäßiger Niederlassung“ in einem anderen Staat. 

 

Es wird daher vorgeschlagen, § 7 Abs. 2 Z 1 wie folgt zu formulieren:

 

der Asylberechtigte den Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen in einem anderen Staat hat, sofern ihm dieser gleichwertigen Schutz gewährt“.

 

 

Zu § 8 Abs. 1:

 

Es wird folgende Formulierung vorgeschlagen:

 

„Der Status eines subsidiär Schutzberechtigten ist einem Fremden zuzuerkennen,

 

1.   der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten abgewiesen wird, oder 

2.   dem der Status eines Asylberechtigten aberkannt worden ist, wenn eine Zurückweisung ... in seinen Herkunftsstaat ... oder die Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention verletzen würde oder für ihn als Zivilperson ...“

 

Es stellt sich die Frage, ob die im 2. Halbsatz von Abs. 1 Z 2 enthaltene Voraussetzung für die Zuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten nicht auch für Z 1 gelten sollte.

 

 

Zu § 8 Abs. 3:

 

Es sollte „trotz Vorliegens der der Voraussetzungen“ heißen.

 

 

Zu § 8 Abs. 4:

 

Es muss „Fremden, denen ..., ist von der zuerkennenden Behörde ... auszufolgen.“ heißen.

 

 

Zu § 9 Abs. 1 Z 3:

 

Kapitel V der RL 2004/83/EG macht den Anspruch auf subsidiären Schutz von der Gefahr eines „ernsthaften Schadens“ abhängig, die Möglichkeit einer Aberkennung dieses Status setzt daher voraus, dass eine solche Gefahr nicht bzw. nicht mehr besteht. In § 9 Abs. 1 Z 3 liegt diesbezüglich offenbar ein Redaktionsfehler vor; es  wird daher folgende Formulierung vorgeschlagen: „er die Staatsbürgerschaft eines anderen Staates erlangt hat und eine Zurückweisung ... des Fremden in seinen Herkunftsstaat Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder die Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention nicht verletzen würde und für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung … mit sich bringen würde“.

 

 

Zu § 12 Abs. 4:

 

Es sollte berücksichtigt werden (zumindest in den Erläuterungen), dass  Minderjährige in altersgerechter Art auf ihre Mitwirkungspflichten aufmerksam zu machen sind, z. B. bei mangelnder Alphabetisierung.

 

 

Zu § 13:

 

Gemäß Art. 7 RL 2003/9/EG sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, Asylbewerbern die Möglichkeit einzuräumen, sich im „Hoheitsgebiet“ oder „in einem ihnen von diesem Mitgliedstaat zugewiesenen Gebiet“ frei zu bewegen. Die Beschränkung der Bewegungsfreiheit von Asylwerbern im Zulassungsverfahren auf ein bestimmtes Gebiet ist aus europarechtlicher Sicht daher grundsätzlich zulässig, hat jedoch  insbesondere folgende Kriterien zu erfüllen: „Das zugewiesene Gebiet darf die unveräußerliche Privatsphäre nicht beeinträchtigen und muss hinreichenden Spielraum dafür bieten, dass Gewähr für eine Inanspruchnahme der Vorteile“ aus der Richtlinie gegeben ist (Art. 7 Abs. 1 RL 2003/9/EG). Darüber hinaus haben die Mitgliedstaaten vorzusehen, dass einem Asylbewerber eine befristete Genehmigung zum Verlassen des ihm zugeteilten Gebietes erteilt werden kann, und eine entsprechende Entscheidung von Fall zu Fall objektiv und unparteiisch getroffen und im Fall einer Ablehnung begründet wird (Art 7 Abs. 5 RL 2003/9/EG). Eine solche Möglichkeit fehlt im vorliegenden Entwurf und wäre zu ergänzen.

 

In ähnlicher Weise scheint die Rigidität der Regelung insbesondere in den Fällen, in denen auf eine durchsetzbare Entscheidung gewartet wird (d. h. Beschränkungen für unbestimmte Zeit), auch in Bezug auf Art. 2 Protokoll Nr. 4 zur EMRK bedenklich (dem können auch die in den Erläuterungen dazu gemachten Ausführungen nicht wirklich Abhilfe schaffen).

 

Da es sich um eine freiheitsbeschränkende Maßnahme handelt, muss sie den Kriterien des Abs. 3 von Art. 2 Protokoll Nr. 4 zur EMRK entsprechen, was insbesondere aus Verhältnismäßigkeitsgründen bei länger dauernder Gebietsbeschränkung zu Problemen führen kann.

 

 

Zu § 16:

 

Um die Gefahr von für die Minderjährigen selbst nachteiligen Aussagen aus Unwissenheit durch unbegleitete Minderjährige zu minimieren, sollte zu Abs. 3 hinzugefügt werden: „Widerspricht der Rechtsberater den Ergebnissen einer Befragung (§ 19), die durchgeführt wurde, bevor er gesetzlicher Vertreter wurde, so ist diese nichtig und die Befragung ist in seiner Gegenwart neuerlich vorzunehmen.“

 

 

Zu § 26:

 

Diese Regelung enthält keine Bestimmung, die die spezielle Schutzbedürftigkeit von Kindern berücksichtigt. Eine Festnahme und Anhaltung eines Minderjährigen darf bei einem Kind nur als letztes Mittel und für die kürzeste angemessene Zeit angewendet werden. Es wird daher angeregt, § 26 um folgenden Abs. 3 zu ergänzen:

 

Eine Festnahme oder Freiheitsentziehung darf bei einem Minderjährigen nur als letztes Mittel und für die kürzest angemessene Zeit vorgenommen werden. Der gesetzliche Vertreter ist unverzüglich von einer solchen Maßnahme zu benachrichtigen.“

 

 

Zu § 35 Abs. 1:

 

Es wäre zweckmäßig, dass die in § 35 vorgesehenen Anträge nur an solchen österr. Berufsvertretungsbehörden gestellt werden können, die mit konsularischen Aufgaben betraut sind und nicht z.B. an österr. Vertretungen bei Internationalen Organisationen. Außerdem ist die im Entwurf enthaltene Formulierung „bei einer österreichischen mit der berufsmäßigen Vertretung Österreichs im Ausland betrauten Behörde“ eher sperrig; es wäre besser, sie durch den bereits eingeführten Begriff „Berufsvertretungsbehörde“ (mit der erwähnten Präzisierung hinsichtlich der konsularischen Aufgaben) zu ersetzen.

 

Es wird daher folgende Formulierung vorgeschlagen: „Bei mit konsularischen Aufgaben betrauten österreichischen Berufsvertretungsbehörden im Ausland können ...  „.

 

 

Zu § 35 Abs. 2:

 

Die Wartefrist von Familienangehörigen von subsidiär Schutzberechtigten von 3 Jahren ist im Hinblick auf Art. 8 EMRK bedenklich und jedenfalls zu lang. Diese Frist sollte ersatzlos gestrichen werden.

 

 

Zu § 35 Abs. 3:

 

Es wird folgende Formulierung vorgeschlagen: „... Gestaltung und Text dieses Formulars hat der Bundesminister für Inneres im Einvernehmen mit dem Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten und nach Anhörung des Hochkommissärs der Vereinten Nationen für Flüchtlinge so festzulegen, dass das Ausfüllen des Formulars der Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts dient“ (da sich „dessen Ausfüllen“ sprachlich auf den Hochkommissar und nicht auf das Formular beziehen würde).

 

Das BMaA geht davon aus, dass die im Zusammenhang mit der Vollziehung von § 35 allenfalls entstehenden Mehrkosten vom BMI getragen werden.

 

 

Zu § 36 Abs. 1:

 

Der EGMR hat bei behaupteter Refoulement-Gefahr die Notwendigkeit einer individuellen Prüfung sowie einer wirksamen Beschwerdemöglichkeit betont, wobei die Wirksamkeit der Beschwerde die Möglichkeit der Einräumung einer aufschiebenden Wirkung verlangt. Art. 13 EMRK fordert ein Rechtsmittel, das die Vollstreckung von Maßnahmen verhindert, die der EMRK widersprechen und deren Auswirkungen potentiell unwiderruflich sind. Es widerspricht daher dieser Bestimmung, wenn solche Maßnahmen vollstreckt werden, bevor die innerstaatlichen Behörden ihre Vereinbarkeit mit der EMRK überprüft haben (sh. Urteil Mamatkulov und Askarov gg. die Türkei, Urteil vom 4.2.2005, Große Kammer; Čonka gg. Belgien). Mindestvoraussetzung für die Wirksamkeit einer Beschwerde im S. von Art 13 EMRK ist jedoch, dass es sich um eine unabhängige unparteiische Instanz handelt (sh. Urteil Chahal gg. Vereinigtes Königreich). Bei der entscheidenden Behörde darf es sich deshalb nicht um dieselbe handeln, gegen die das in Beschwerde gezogene Verfahren geführt wird (vgl. Calogero Diana, Urteil vom 15.11.1996). Die vorliegende Regelung ist daher bedenklich, wenn das Bundesasylamt über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung abspricht.

 

Weiters ist es aus menschenrechtlicher Sicht (Effektivität eines Rechtsmittels) bedenklich, dass eine Berufung gegen den Bescheid des BAA, keine aufschiebende Wirkung zuzuerkennen (§ 37), ebenfalls keine Aufschiebung der Ausweisung bewirkt. Der Ausweisungsbescheid wird damit durchsetzbar, bevor der UBAS den zurückweisenden Bescheid, mit dem eine Ausweisung verbunden wird, auf seine EMRK-Konformität (Gefahr von Kettenabschiebung, Umstände in einem sicheren Drittstaat, durch die eine Verletzung der EMRK droht) überprüfen konnte. In der Zulässigkeitsentscheidung zu T.I. gg. Vereinigtes Königreich (März 2004) hat der EGMR festgehalten, dass ein Vertragsstaat der EMRK nicht durch EU-rechtliche Zuständigkeitsvereinbarungen seiner Verpflichtungen aus der EMRK enthoben wird. Die Mitgliedstaaten der EMRK haben auch in Fallkonstellationen von Rückübernahmen nach der Dublin Verordnung eine Prüfung von Non-Refoulement-Gründen durchzuführen und insbesondere eine mögliche Kettenabschiebung in den Herkunftsstaat zu verhindern.

 

Im Lichte von Art. 13 EMRK sollte eine Aberkennung der aufschiebenden Wirkung der Berufung nicht von der Behörde erfolgen, deren Entscheidung durch ein Rechtsmittel bekämpft wird. In § 36 Abs. 1 sollte es daher statt „Bundesasylamt“ „der unabhängige Bundesasylsenat“ heißen.

 

 

Zu § 37 Abs. 1:

 

Gemäß Art. 13 EMRK reicht es aus, wenn die Behauptung einer Verletzung der EMRK zumindest in vertretbarer Weise vorgebracht wird (arguable claim), dazu reicht es aus, wenn die bekämpfte Maßnahme einen Eingriff in das relevierte Recht darstellt (vgl. Čonka gg. Belgien). Es sollten daher insbesondere die Worte „über Antrag“ in § 37 Abs. 1 gestrichen werden. Statt „Bundesasylamt“ sollte es „der unabhängige Bundesasylsenat“ heißen (Begründung sh. unter § 36 Abs. 1).

 

 

Zu § 37 Abs. 2:

 

In der Zulässigkeitsentscheidung zu T.I. gg. Vereinigtes Königreich hat der EGMR festgehalten, dass die Garantien der EMRK nicht durch gemeinschaftsrechtliche Vereinbarungen außer Kraft gesetzt werden können. Daher sind die Erläuterungen zu § 37 Abs. 2, wonach es laut  Art. 19 Abs. 2 und Art. 20 Abs. 1 lit. e der Dublin Verordnung gemeinschaftsrechtlich sogar geboten sein kann, einer Beschwerde keine aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, aus der Sicht der EMRK bedenklich.

 

 

Zu § 37 Abs. 4:

 

Aus den Erläuterungen geht hervor, dass trotz Berufung gegen die Nicht-Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung die durchsetzbare Ausweisung vollzogen werden kann. Dies  unterbindet eine wirksame Beschwerdemöglichkeit im Sinne des Art. 13 EMRK.

 

 

Zu § 38 Abs. 3:

 

Hier stellt sich dasselbe Problem wie bei § 37 Abs. 1.

 

 

Zu § 39:

 

Es wird empfohlen, die zusammenfassend dargestellten Ergebnisse der normativen Vergewisserung zu Kroatien, Bulgarien und Rumänien aus den Erläuterungen zu nehmen, da sie nur eine Momentaufnahme darstellen und aus ihnen keine Schlussfolgerungen für Einzelfälle gezogen werden können.

 

 

Zu § 42 Abs. 5:

 

Fraglich ist, ob die alleinige Feststellung der Nicht-Rechtmäßigkeit den Anforderungen des Art. 13 EMRK entspricht, nämlich eine angemessene Abhilfe gegen bereits geschehene Verletzungen darstellt.

 

 

Zu § 48:

 

Zu den Erläuterungen betr. Flughafenverfahren („keine Freiheitsbeschränkung“): Wie in Amuur gg. Frankreich ausgeführt, beinhaltet das Festhalten von Fremden in der internationalen Zone in der Tat eine Freiheitsbeschränkung, jedoch keine, die in jeder Hinsicht derjenigen, die in Zentren für das Festhalten von Fremden, die ausgewiesen werden, vergleichbar sei. Eine solche Einschränkung, die mit angemessenen Garantien für die betroffenen Personen einhergeht, sei nur zum Zwecke hinnehmbar, es den Staaten zu ermöglichen, illegale Einwanderungen zu verhindern. Ein solches Festhalten sollte nicht exzessiv verlängert werden. Andernfalls bestünde das Risiko, eine bloße Freiheitsbeschränkung in eine Freiheitsentziehung zu verwandeln.

 

Zu § 56 Abs. 7:

 

Diese Bestimmung ist neu, bisher wurden die Vertretungsbehörden in Asylfragen  mit Ausnahme des Familienverfahrens nur auf Ersuchen, in der Regel des Bundesasylamtes oder des UBAS, im Amtshilfeweg tätig.  Damit werden sie ex lege in den Ermittlungsdienst einbezogen. Unklar erscheint, wie die Vertretungsbehörden beurteilen sollen, ob bei einer Amtshandlung ein im Inland anhängiges Verfahren wegen eines Antrags auf internationalen Schutz –  wieder außer über Vorbringen im Familienverfahren – vorliegt. Die Erläuterungen führen als Beispiel Mitteilung von Wissen an, aus dem auf eine freiwillige Rückkehr  des Asylwerbers in seinen Herkunftsstaat geschlossen werden kann.

 

Es wird daher folgende Formulierung vorgeschlagen: „...mitzuteilen, über die sie Kenntnis von einem in Österreich anhängigen Verfahren wegen eines Antrags auf internationalen Schutz  haben.“

 

 

 

II. Zum Fremdenpolizeigesetz 2005

 

Zu § 2:

 

Der Begriff „Durchreise“ wird in den Regelungen des FPG durchgängig nicht im Sinne seiner Begriffsbestimmung als „Durchqueren des Bundesgebietes“ in Abs. 2 Z 4 verwendet. Vielmehr gehen § 20 im Hinblick auf Durchreisevisa von der Durchreise „durch die Vertragsstaaten und Österreich“ und § 118 im Hinblick auf Schlepperei von der Durchreise „in (wohl gemeint: durch) einen Mitgliedstaat“ bzw. „Nachbarstaat“ und daher nicht von einer Durchreise durch ausschließlich Bundesgebiet aus. Auch die Verwendung des Begriffs im Zusammenhang mit Schiffsleuten auf der Durchreise in § 21 erscheint im Hinblick auf VO (EG) Nr. 415/2003 die Durchreise durch einen oder mehrere Mitgliedstaaten zu umfassen. Es sei darauf hingewiesen, dass die Verwendung des Begriffs in den §§ 20 und 118 sowie die entsprechenden Erläuterungen auch darauf schließen lassen, dass keine Beschränkung auf das Bundesgebiet von Österreich beabsichtigt ist; eine entsprechende Anpassung der Begriffsbestimmung bzw. deren Wegfall (in Verbindung mit der Klarstellung an anderer Stelle, dass ein Durchreisevisum auch unerlässliche Unterbrechungen zulässt) wird angeregt.

 

 

Zu § 7:

 

Der Tatsache, dass österreichische Schengenvisa (Kat. A, B und C) im Rahmen der Schengenvertretungsregelung auch von Vertretungsbehörden der Vertragstaaten erteilt werden können, wurde nicht Rechnung getragen.

 

Weiters würde es sich anbieten, mit dem neuen Gesetz eine Rechtsgrundlage für die Vertretung anderer EU-Staaten (Schengen und Nicht-Schengen) in Sichtvermerksangelegenheiten zu schaffen.

 

 

Zu § 8:

 

Nach dem Entwurf werden Visa so gut wie ausschließlich im Ausland administriert, obwohl es Lebenssachverhalte gibt, die nach einer Inlandszuständigkeit verlangen. Personen werden gezwungen, ins Ausland zu reisen, um ihren legalen Aufenthalt im Inland fortsetzen zu können. Dies ist problematisch und entspricht nicht der üblichen Praxis der übrigen EU-Staaten, die in besonderen Fällen durchaus die Möglichkeit zur Visumerteilung bzw. -verlängerung im Inland kennen.

 

 

Zu § 9:

 

Der Ausschluss einer Berufungsmöglichkeit in Abs. 3 richtet sich wohl korrekterweise gegen Entscheidungen im Zusammenhang mit Anträgen auf Erteilung von Einreisetiteln und nicht gegen Berufungen über solche Entscheidungen. Die Richtigstellung dieses offenbaren Redaktionsfehlers wird angeregt.

 

Im Vertragsverletzungsverfahren Nr. 2002/2255 gegen die Republik Österreich hegt die EK in ihrer begründeten Stellungnahme unter anderem Zweifel an der Zulässigkeit, Familienangehörigen von Unionsbürgern keine Berufungsmöglichkeit gegen die Versagung von Visa einzuräumen. Dem wird – wie in den Erläuterungen zu § 9 erwähnt – durch Abs. 4 Rechnung getragen, wonach Familienangehörigen von Unionsbürgern (begünstigten Drittstaatenangehörigen) nunmehr eine Berufungsmöglichkeit an die Sicherheitsdirektion eingeräumt wird.

 

Ungeachtet dessen stellt sich die Frage, ob der für aufenthaltsbeendende Maßnahmen vorgesehene Rechtsschutz den Erfordernissen von Art. 8 und 9 der RL 64/221/EWG entspricht. Dieser Frage widmet sich auch das derzeit anhängige Vorabentscheidungsersuchen Rs. C-136/03 (Dörr und Ünal). Die Ausführungen von Generalanwalt Maduro in seinem Schlussantrag vom 21.10.2004 beziehen sich auf die bisher geltende Rechtslage im FrG 1997, wonach der Instanzenzug gegen Entscheidungen über die Entfernung aus dem Hoheitsgebiet – wie auch im Entwurf des FPG 2005 – von der Bezirksverwaltungsbehörde an die Sicherheitsdirektion in letzter Instanz geht. Darüber hinaus besteht lediglich die Möglichkeit einer Beschwerde an die Höchstgerichte. Mit Hinweis auf die Rechtsprechung des EUGH – insbesondere auf das Urteil vom 29.4.2004, verb. Rs. C-482/01 und C-493/01 (Orfanopoulos und Oliveri) – erörtert GA Maduro, dass Art. 9 der Richtlinie das vorherige Tätigwerden einer unabhängigen Stelle vorsieht, wenn „keine Rechtsmittel gegeben sind, wenn die Rechtsmittel nur die Gesetzmäßigkeit der Entscheidung betreffen oder wenn sie keine aufschiebende Wirkung haben“ (Randnummer 42). Im Hinblick auf das österreichische System erörtert Maduro die bestehenden Beschränkungen: „Zum einen haben die Beschwerden zum Verwaltungsgerichtshof und zum Verfassungsgerichtshof nicht von vornherein aufschiebende Wirkung. Zum anderen ist diesen Gerichten eine Prüfung der Zweckmäßigkeit der fraglichen Maßnahmen verwehrt“ (Randnummer 44). Er kommt zu dem Schluss, dass „diese Beschränkungen des gerichtlichen Schutzes gemeinschaftsrechtswidrig sind, sofern sie nicht durch das vorherige Tätigwerden einer unabhängigen Stelle kompensiert werden“ (Randnummern 45).

 

Die Entscheidung des EuGH in Rs. Dörr und Ünal bleibt abzuwarten, im Hinblick auf die bisherige Rechtsprechung sowie die Ausführungen des Generalanwalts scheint jedoch, dass sowohl der bisherige als auch der im Entwurf enthaltene Rechtsschutz für aufenthaltsbeendende Maßnahmen nicht im Einklang mit Art. 8 und 9 RL 64/221/EWG steht. Es wird daher angeraten, das Tätigwerden einer unabhängigen Stelle oder die Möglichkeit eines den EUGH Kriterien entsprechenden Rechtsmittels vorzusehen, da sonst die Gefahr eines Vertragsverletzungsverfahren gegen die Republik Österreich besteht.

 

In diesem Zusammenhang sei allerdings auch darauf hingewiesen, dass die bis zum 30.04.2006 umzusetzende RL 2004/38/EG, die oben dargestellte Rechtslage dahingehend abändert, dass künftig jedenfalls gegen alle Entscheidungen, die die Freizügigkeit eines Unionsbürgers oder seiner Familienangehörigen einschränken, ein „Rechtbehelf an ein Gericht“ vorgesehen werden muss. § 9 FPG 2005 steht insofern im Widerspruch zur neuen Regelung der RL 2004/38/EG als auch für Unionsbürger und ihre Familienangehörige in den Abs. 1 und 4 lediglich die Berufung an die Sicherheitsdirektion in letzter Instanz vorgesehen ist. Dies entspricht zwar der in Art. 31 der Richtlinie vorgesehenen Möglichkeit eines Rechtsbehelfs „an eine Behörde“, nicht jedoch dem Erfordernis eines Rechtsbehelfs „an ein Gericht“. In Anbetracht der Rechtsprechung des EuGH scheint, dass auch die Möglichkeit der nachprüfenden gerichtlichen Kontrolle durch den VwGH und VfGH aufgrund der unzureichenden sachlichen Kognitionsbefugnis dieser Gerichtshöfe – ungeachtet der diesbezüglichen österreichischen Argumentation – letztlich wohl nicht den geforderten Kriterien entsprechen wird. Eine Berücksichtigung der Vorgaben von Art. 31 RL 2004/38/EG und damit verbundene Novellierung gegenständlicher Regelung hat spätestens bis 30. April 2006 zu erfolgen, da sonst die Gefahr eines Vertragsverletzungsverfahren gegen die Republik Österreich besteht.

 

Zu Abs. 5 wird aus kompetenzrechtlichen Gründen angeregt, diesen so zu formulieren, dass der BMI über Berufungen in Vollziehung dieses Gesetzes entscheidet.

 

 

Zu § 11:

 

Abs. 2 sieht vor, dass über schriftlichen oder niederschriftlichen Antrag die Entscheidung schriftlich auszufertigen ist. Aus Praktikabilitätsgründen wird vorgeschlagen, den nicht mehr zeitgemäßen Teil „niederschriftlichen Antrag“ zu streichen.

 

Die in Abs. 3 vorgeschlagenen Zustellungen sind in vielen Ländern praktisch nicht möglich. Es wird daher angeregt, auch die übrigen Zustellarten laut ZustellG (Aushang; Hinterlegung im Akt) zu ermöglichen.

 

 

Zu § 12:

 

Da § 12 Abs. 1 und 2 offenbar vorsieht, dass Minderjährige über 14 Jahren auch Verfahrenshandlungen zu ihrem Nachteil setzen können (was insbesondere bei Ausweisungen und Schubhaft bedenklich erscheint) wird vorgeschlagen, um die Gefahr von für sie selbst nachteiligen Aussagen aus Unwissenheit durch unbegleitete Minderjährige zu minimieren, in Abs. 2 eine zusätzliche Z 3 mit folgendem Inhalt aufzunehmen:

 

„3. den Ergebnissen von Erhebungen oder Sachverhaltsfeststellungen, die durchgeführt wurden, bevor er gesetzlicher Vertreter wurde, zu widersprechen; diese werden nichtig, und die Erhebung oder Sachverhaltsfeststellung ist in seiner Gegenwart neuerlich vorzunehmen.“

 

 

Zu  § 16:

 

Diese Bestimmung normiert, dass unter gewissen Umständen alle Pässe anerkannt werden, es sei denn, das BMI erklärt Gegenteiliges. Dies macht es für die Vertretungsbehörden oft schwer zu beurteilen, ob ein Pass anerkannt ist oder nicht. Der umgekehrte Weg, nämlich die explizite Anerkennung, wäre vorzuziehen.

 

Zu § 20:

Abs. 3 legt die Höchsterteilungsdauer für nationale Visa mit 6 Monaten fest. Innerhalb der EU hat nur Österreich eine derart restriktiv kurze Dauer. Wie die Erfahrung der letzten Jahre zeigt, führt dies zu einer problematischen Selbstbeschränkung und viele Fälle, die sich problemlos über die Visumerteilung erledigen ließen, werden so ins Aufenthaltsrecht verlagert. Es wird daher dringend angeregt zu überlegen, die Visadauer für Visa der Kategorien D und D+C auf zumindest ein Jahr anzuheben.

 

 

Zu § 21 Abs. 6:

 

Die Tatsache, dass sich nur Personen mit Hauptwohnsitz oder Sitz im Bundesgebiet gültig verpflichten können, wurde in letzter Zeit bereits mehrfach als problematisch gesehen, wenn sich Personen mit Hauptwohnsitz oder Sitz in der EU verpflichten wollen. Insbesondere bei Firmeneinladungen ist das nicht nur unpraktisch, sondern kann im schlimmsten Fall als wettbewerbsverzerrend gesehen werden.

 

Es sollte der Tatsache Rechnung getragen werden, dass gerade ein System zur Überprüfung der Verpflichtungserklärung durch die (inländischen) Fremdenpolizeibehörden von BMI und BMaA gemeinsam erstellt wird. Es sollte daher die Chance genutzt und zumindest ansatzweise für Form und Art der Erklärung eine Rechtsgrundlage geschaffen werden.

 

 

Zu § 25:

 

Dem Entwurf fehlt eine Ermächtigung, jene Teile des Visumverfahrens, die nicht unmittelbar mit der Entscheidung zusammenhängen, einem Outsourcing zu unterwerfen. Es ist mittlerweile Standard in vielen westlichen Staaten, die rein manipulativen Teile (Entgegennahme des Antrages, Erfassung der Antragsdaten, Inkasso, „erkennungsdienstliche Behandlung“) an Privatfirmen oder internationale Organisationen zu übertragen. Dies erlaubt es den Vertretungsbehörden, sich mit vertretbarem Personaleinsatz auf ihre Kernaufgaben im Verfahren (Entscheidung und ggf. Interview) zu konzentrieren.

 

 

Zu § 52 Abs. 6:

 

Es wird folgende Formulierung vorgeschlagen:

 

„(6) Die Abschiebung in einen Staat ist unzulässig, solange der Abschiebung eine vorläufige Maßnahme des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte entgegensteht.“

 

Es ist dies eine Anpassung an den aktuellen Rechtschutzmechanismus der EMRK, wie er durch das ZP Nr. 11 zur EMRK eingeführt wurde.

 

 

Zu § 79:

 

Die Bestimmung über die Verhängung der Schubhaft steht in engem Zusammenhang mit der Bestimmung über die Festnahme gemäß § 40 Abs. 3 Z 2 und 4 FPG iVm § 27 AsylG: Weder die Prognose eines negativen Ausganges des Asylverfahrens (Ab- oder Zurückweisung) noch eine Anklage wegen bestimmter Straftaten stimmen mit den Voraussetzungen des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK überein. Diese Regelungen sollten daher gestrichen werden.

 

§ 79 Abs. 2 Z 4 sollte gestrichen werden, da Schubhaft während der Klärung von Zuständigkeitsfragen zwischen EU-MS nicht den von der Judikatur zu Art. 5 EMRK entwickelten Kriterien entspricht (keine Verhältnismäßigkeit). Es wird mit gelinderen Mitteln das Auslangen zu finden sein.

 

In § 79 Abs. 3 sowie in § 83 Abs. 5 fehlen Bestimmungen, wonach der Fremde umgehend in einer Sprache, die er versteht, (Art. 5 Abs. 2 EMRK) über die Gründe seiner Haft informiert wird.

 

 

Zu § 80 Abs. 1:

 

Im ersten Satz sollte das erste „kann“ durch „hat“ ersetzt werden, da Haft als freiheitsbeschränkende Maßnahme immer nur dann anzuwenden ist, wenn gelindere Mittel nicht ausreichen. 

 

 

Zu § 81 Abs. 1 und 2:

 

Es wird dafür Sorge zu tragen sein, dass Schubhäftlinge jedenfalls getrennt von Strafhäftlingen untergebracht werden.

 

 

Zu § 82 Abs 1:

 

Da bei Zwangsernährung bzw. - behandlung (vgl. dazu EKMR, X gg. Deutschland (1984) 7 EHRR 152) im Einzelfall eine Verhältnismäßigkeitsprüfung zu erfolgen hat, sollte eine sinngemäße Anwendung von § 69 StVG in seiner Gesamtheit erfolgen.  Der Text sollte daher lauten: … „§ 69 des Strafvollzugsgesetzes (StVG), BGBl. Nr. 144/1969, mit Ausnahme des letzten Satzes des Abs. 1, sinngemäß anzuwenden.“

 

 

Zu § 82 Abs. 2:

 

Im Sinne der KRK sollte „unter sechzehn Jahren“ durch „unter achtzehn Jahren“ ersetzt werden.

 

 

Zu § 83:

 

Die Abs. 3 und 4 sind insbesondere in Bezug auf Minderjährige besonders bedenklich.

 

 

Zu § 83 Abs. 6:

 

Eine amtswegige Überprüfung der Dauer ein Schubhaft erst nach Ablauf von 6 Monaten (auch wenn im Zeitraum von 24 Monaten) erscheint im Hinblick auf Art. 5 Abs. 4 EMRK bedenklich. Vgl. Singh gg. Tschechische Republik; VN-Menschenrechtsausschuss A gg. Australien, 30.4.1997, BNr. 560/1993). Es sollte eine wesentlich kürzere Frist (etwa 1 Monat) für die amtswegige Überprüfung, jeweils gerechnet ab der letzten Entscheidung zu einer Haftbeschwerde gemäß § 85,  gewählt werden, wobei der Gesamtzeitraum von 24 Monaten durchaus entfallen könnte.

 

 

Zu § 86 Abs. 2 Z 1:

 

Das Absehen von einer mündlichen Verhandlung kann insbesondere

in abschlägig beschiedenen Fällen und wenn damit überhaupt das rechtliche Gehör des Fremden unterbleibt, zu Problemen in Bezug auf Art. 5 und 6 EMRK führen.

 

 

Zu § 98:

 

Im Hinblick auf die Sonderstellung der in Wien ansässigen OSZE (Privilegien und Immunitäten aufgrund eines österr. Gesetzes) wird ersucht, § 98 wie folgt zu formulieren:

 

„Der Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten kann durch

Verordnung für Angehörige jener Personengruppen, die in Österreich

auf Grund eines völkerrechtlichen Vertrages oder auf Grund des

Bundesgesetzes über die Rechtsstellung von Einrichtungen der OSZE in

Österreich, BGBl. Nr. 511/1993, oder des Bundesgesetzes über die Einräumung von Privilegien und Immunitäten an internationale Organisationen, BGBl. Nr. 677/1977, Privilegien und Immunitäten genießen, zum Zwecke der Legitimation Lichtbildausweise vorsehen, aus denen die Identität, die Staatsangehörigkeit und die Funktion des Inhabers zu ersehen sind.

 

 

Zu § 102:

 

Der Entwurf spricht nur sehr generell von einer Ermächtigung zur „erkennungsdienstlichen Behandlung“, es fehlt aber diesbezüglich jegliche Legaldefinition (Biometrie?). Nach ha. Ansicht reicht dies zur Umsetzung nur bedingt aus und bedarf vermutlich weiterer, konkretisierender rechtlicher Regelungen.

 

 

Zu § 105:

 

Bereits derzeit ist die Verarbeitung und Ermittlung von Daten sogenannter Einlader nicht zulässig. Damit begibt man sich aber eines wirksamen Instruments zum Erkennen von „Dauereinladern“ und Schleppern. Diese Forderung wurde bereits mehrfach erhoben und sollte hier umgesetzt werden.

 

 

Zu § 113:

Da oftmals Informationen über Scheinehen zuerst an den Vertretungsbehörden offenkundig werden, sollten diese ebenfalls die Möglichkeit bekommen, derartige Verfahren bei der SID zu initiieren.

 

 

Für die Bundesministerin:

H. Tichy m.p.