Bundesministerium für Finanzen

z.H. Herr Dr. Peter Baran

 

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                                                                                                Datum

                                                         19.05.2005

 

 

Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Versicherungsaufsichtsgesetz geändert wird

 

 

Sehr geehrter Herr Dr. Baran!

 

Die Wirtschaftskammer Österreich dankt für die Übermittlung des im Betreff genannten Gesetzesentwurfs und erlaubt sich, wie folgt Stellung zu nehmen:

 

Aufgrund der Verordnung (EG) Nr.2236/2004, mit welcher der IFRS 4 (Versicherungsverträge) in das Gemeinschaftsrecht übernommen wurde und der so genannten Modernisierungsrichtlinie (2003/51/EG) ergibt sich auch ein Anpassungsbedarf im Versicherungsaufsichtsrecht, der im Wesentlichen darin gesehen wird, dass

 

 

 

Der durch die EU-Rechtsänderungen bedingte Anpassungsbedarf wird darüber hinaus zum Anlass genommen, geänderten Verhältnissen seit der Erlassung des VAG Rechnung zu tragen, wobei in den Erläuternden Bemerkungen auf eine geänderte Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes und Änderungen der vorherrschenden Gesetzestechnik verwiesen wird.

 

Im Einzelnen ist festzuhalten:

 

Zu 17b:

Ein neuer Abs. 5 sieht vor, dass die Versicherungsunternehmen „die mit dem Versicherungsbetrieb in Verbindung stehenden Risiken zu identifizieren, einzuschätzen und zu steuern“ haben. Dazu sollen geeignete Prozesse und Verfahren sowie Absicherungs‑ und Risikoabwehrmechanismen eingerichtet werden.

 

Es wird die Ansicht vertreten, dass die Bestimmung des § 17 b Abs. 5 dem Grunde nach begrüßenswert ist, sie jedoch erst dann gesetzlich zu verankern ist, wenn der Verband der Versicherungsunternehmen Österreichs die Modalitäten, das Risikomanagement des Versicherungsbetriebes betreffend (Leitlinien), ausformuliert und mit der FMA abgestimmt hat.

 

Unseres Erachtens sollte, sobald der Inhalt von § 17 b Abs. 5 tatsächlich gesetzlich verankert werden wird, in den Erläuternden Bemerkungen klargestellt werden, dass das Risikomanagement nicht (zwingend) als Aufgabe der Internen Revision gesehen wird. Zur Klarstellung und Fortsetzung der Systematik des § 17 b wird vorgeschlagen in die Erläuternden Bemerkungen zum Absatz 5 folgenden Satz aufzunehmen: „Der Internen Revision als Einrichtung im Sinne der Absätze 1 bis 3 obliegt unter anderem auch die Prüfung der Verfahren und Prozesse zur Risikoidentifikation, Risikoeinschätzung und Risikosteuerung.“

 

Zu 80a, 81c, 81e und 86h Abs. 4a

Nach den Erläuternden Bemerkungen sind zufolge der notwendigen Einbeziehung auch „versicherungsfremder“ Unternehmen in den konsolidierten Abschluss zusätzliche Maßnahmen erforderlich, um diese zur Ermittlung der konsolidierten Eigenmittelausstattung heranziehen zu können.

 

Die wesentliche Voraussetzung hiefür sei, dass in den Gliederungsvorschriften für die Bilanz‑ und die Gewinn‑ und Verlustrechnung für diese Unternehmen gesonderte Posten vorgesehen werden. Dies geschehe in § 81c Abs.6 bis 9 und in § 81e Abs.7. Dabei soll zwischen Kreditinstituten, anderen Unternehmen mit branchenspezifischen Bilanzierungsvorschriften und sonstigen anderen Unternehmen unterschieden werden. Im Anhang sollen diese Posten nach den jeweils geltenden Gliederungsvorschriften weiter aufgegliedert werden.

 

Die Notwendigkeit der im Entwurf vorgeschlagenen Änderungen des Bilanz- und GuV-Gliederungsschemas sowie der zusätzlichen Anhangsangaben ist nicht nachvollziehbar.

 

Die EU hat sich dazu entschlossen, zumindest für börsenotierte Unternehmen die Anwendung der IAS/IFRS vorzuschreiben, damit gemeinschaftsweit die Jahresabschlüsse vergleichbar sind. Die IAS/IFRS regeln die Gliederung der Bilanz und GuV sowie die erforderlichen Anhangsangaben sehr umfassend und detailliert. Jeder Eingriff des nationalen Gesetzgebers in die internationalen Rech­nungslegungsstandards konterkariert die Bemühungen, einheitliche und vergleichbare Jahresabschlüsse zu er­stellen und zu veröffentlichen.

 

Es ist international üblich, dass auch bei Abschlüssen von Versicherungskonzernen alle wesentlichen Unternehmen in den Konzernabschluss einzubeziehen sind, unabhängig davon, ob es sich um Versicherungsunternehmen handelt.

 

Auch im Projekt Solvency II, das die Eigenmittelausstattung der Versicherungsbranche in Zukunft regeln wird, ist grundsätzlich der IAS/IFRS Abschluss als einheitliche Basis für die Ermittlung der erforderlichen Eigenmittel anerkannt. Jede andere Vorgehensweise würde die geplante europaweite Vereinheitlichung in Frage stellen und darüber hinaus die österreichischen Versicherungsunternehmen benachteiligen.

 

Die Erstellung des Jahresabschlusses nach den nationalen Bestimmungen ist auch in Zukunft erforderlich. Zusätzlich sind die Jahresabschlüsse nach den IAS/IFRS Standards zu erstellen und zu einem Konzernabschluss zusammenzufassen. Wenn auf Grund der geplanten VAG-Änderungen noch zusätzlich ein Konzernabschluss nach VAG zu erstellen ist, wird die Versicherungsbranche mit zusätzlichen Aufwendungen belastet, die sachlich nicht zu rechtfertigen sind.

 

Weiters sieht der Entwurf eine Sonderregelung für Konzernunternehmen vor, die keine Versicherungsunternehmen sind, aber branchenspezifischen Eigenmittelanforderungen unterliegen (was vor allem auf Kreditinstitute zutrifft). In diesem Fall hat das der zusätzlichen Beaufsichtigung unterliegende Versicherungsunternehmen die Wahl, die Unternehmen in die Ermittlung der bereinigten Eigenmittelausstattung einzubeziehen oder nicht (neuer § 86h Abs. 4a).

 

Auch diese Bestimmung ist entbehrlich, da sowohl für den Bereich der Solo-Solvabilität als auch der bereinigten Eigenmittelausstattung § 73 Abs. 4a bis 4d entsprechende Regelungen enthält. Die Bestimmung hätte somit lediglich bei Unternehmen, die dem FKG unterliegen, eine Auswirkung auf die Ermittlung der bereinigten Eigenmittel von Versicherungsgruppen. Da diese Unternehmen zusätzlich eine entsprechende Eigenmittelausstattung nach dem FKG haben müssen, ist dieser Zwischenschritt nicht notwendig.

 

Zu § 81o

Nach der bisherigen Fassung dieser Bestimmung sind im Anhang und im Konzernanhang für jede Bilanzabteilung die verrechneten Prämien sowie das versicherungstechnische Ergebnis für die einzelnen Staaten, „in denen das Versicherungsunternehmen tätig ist“, gesondert anzugeben, sofern der Anteil des betreffenden Staates 3 % der verrechneten Prämien des gesamten Geschäfts der jeweiligen Bilanzabteilung übersteigt (Abs. 6).

 

Nach dem Entwurf sollen künftig Prämien und versicherungstechnisches Ergebnis für jene Staaten gesondert angegeben werden, „in denen das Versicherungsunternehmen im Rahmen der Niederlassungsfreiheit oder des Dienstleistungsverkehrs Versicherungsverträge abschließt“. Nach den Erläuternden Bemerkungen handelt es sich um eine „verbesserte Terminologie“.

 

Es ist fraglich, ob die im Entwurf vorgesehene Formulierung wirklich eine Verbesserung darstellt, da unklar ist, ob auch die von Tochtergesellschaften im Ausland eingenommenen Prämien oder nur die im EWR oder auch die im sonstigen Ausland eingenommenen Prämien erfasst werden. Weiters ist unklar, ob indirektes Geschäft im Dienstleistungsverkehr abgeschlossen werden kann. Es sollte wieder die alte, EU-konforme Regelung hergestellt werden.

 

Zu § 85b

Der Entwurf sieht vor, dass die in § 260 HGB vorgesehene einheitliche Bewertung jeweils gesondert für Unternehmen mit branchenspezifischen Bewertungsvorschriften gilt (neuer Abs. 1 Satz 1).

 

Nach den Erläuternden Bemerkungen handelt es sich um eine Klarstellung. Das Prinzip der einheitlichen Bewertung soll jeweils für die einzelnen „Blöcke“ (Versicherungsunternehmen, Kreditinstitute und andere beaufsichtigte Unternehmen sowie sonstige andere Unternehmen), nicht jedoch branchenübergreifend gelten.

 

Dazu ist anzumerken, dass es eine Besonderheit des Versicherungsgeschäftes ist, dass Kapitalanlagen gehalten werden müssen, für die im Konkursfall eines Versicherungsunternehmens besondere Regelungen gelten (Deckungsstock, Werte zur Bedeckung der technischen Verbindlichkeiten). Wenn ein Versicherungsunternehmen Kapitalanlagen von einer Bankentochter hält, wäre eine Eliminierung der Kapitalanlagen (und der entsprechenden Verbindlichkeiten der Tochtergesellschaft) nach den Grundsätzen der Schuldenkonsolidierung des HGB nötig.

 

Durch die Schuldenkonsolidierung würde aber der möglichst getreue Einblick in die Vermögens- bzw. Finanzlage des Konzerns erschwert. Eine Bestimmung, dass der Grundsatz der Zusammenfassung von Forderungen und Schulden verbundener Unternehmen (Schuldenkonsolidierung) nicht für die Kapitalanlagen von Versicherungsunternehmen gilt, wäre daher sachgerecht.

 

Zu § 86h Abs. 5

Nach dem Entwurf sollen im konsolidierten Abschluss als Eigenmittel ausgewiesene Schwankungs‑ oder ähnliche Vorsorgen für die Ermittlung der bereinigten Eigenmittelausstattung von den Eigenmitteln abzuziehen sein (neuer Abs. 5 Satz 2).

 

Die Erläuternden Bemerkungen führen dazu aus, dass es Punkt 14 lit. a des IFRS 4 Versicherungsunternehmen verbiete, Vorsorgen, die nicht für künftige Ansprüche aus bereits eingetretenen Ereignissen gebildet werden, wie insbesondere Schwankungsvorsorgen, weiterhin als Rückstellungen zu behandeln. Würden solche Vorsorgen gebildet, seien sie daher als Bestandteil der Eigenmittel auszuweisen.

 

Die Ausweisung einer Schwankungsvorsorge in Jahresabschlüssen oder Konzernabschlüssen als Eigenmittelbestandteil dürfe aber nicht dazu führen, dass sie den Eigenmitteln im Sinne der Solvabilitätsvorschriften zugerechnet werden. Das bedeute, dass ein nach den internationalen Rechnungslegungsstandards erstellter Konzernabschluss für die Ermittlung der bereinigten Eigenmittelausstattung nur dann herangezogen werden könne, wenn in den Eigenmitteln enthaltene Schwankungsvorsorgen abgezogen würden.

 

Diese Bestimmung, auch unter Berücksichtigung der Erläuternden Bemerkungen, wird für verfehlt gehalten. Es ist möglicherweise zulässig, in einem Abschluss nach den IFRS innerhalb der Eigenmittel Schwankungs- und ähnliche Rückstellungen gesondert auszuweisen, aber sicher nicht zwingend notwendig. Nach der vorgeschlagenen Bestimmung würde es davon abhängen, ob dieser gesonderte Eigenmittelbestandteil gezeigt wird oder nicht.

Es ist nicht einzusehen, warum aus einer Menge von Umbewertungen auf einen Konzernabschluss nach IFRS ausgerechnet die Schwankungsrückstellung einer besonderen Behandlung bedarf. Darüber hinaus wird bei der vorgesehenen Formulierung übersehen, dass jegliche Umwertung mit entsprechend ermittelten latenten Steuern auf der Gegenseite versehen ist.

Im Übrigen wird auf die Ausführungen zu §§ 80a, 81c, 81e und 86h Abs. 4a verwiesen.

 

Zu § 86i

Nach der derzeitigen Fassung dieser Bestimmung können bei der Ermittlung der bereinigten Eigenmittelausstattung auf der Grundlage des konsolidierten Abschlusses die in diesem Abschluss ausgewiesenen Anteile anderer Gesellschafter jeweils bis zur Höhe des auf diese Gesellschafter entfallenden Eigenmittelerfordernisses berücksichtigt werden (Abs. 5).

 

Nach dem Entwurf sollen „Anteile, auf die im Rahmen der Ermittlung der bereinigten Eigenmittelausstattung kein Erfordernis entfällt“, nicht zu berücksichtigen sein (neuer Abs. 5 Satz 2).

 

Die im Entwurf vorgesehene Ergänzung ist entbehrlich. Wenn nämlich bei der Gesellschaft, an der andere Gesellschafter beteiligt sind, kein Eigenmittelerfordernis besteht, ist der Betrag der Anrechnung nach der obigen Formulierung Null.

 

Zu Anlage D

Die derzeitige Fassung sieht vor, dass die Eigenmittel dem höheren der beiden Indizes (Prämien- oder Schadensindex), mindestens aber folgendem Wert entsprechen müssen:

 

Eigenmittelerfordernis des letzten Geschäftsjahres,

 

multipliziert mit dem Quotienten aus

 

dem Betrag der versicherungstechnischen Rückstellungen für noch nicht abgewickelte Versicherungsfälle abzüglich des Anteils der Rückversicherer am Ende des letzten Geschäftsjahres und

 

dem Betrag der versicherungstechnischen Rückstellungen für noch nicht abgewickelte Versicherungsfälle abzüglich des Anteils der Rückversicherer zu Beginn des letzten Geschäftsjahres

 

(Abschnitt A Z 1 Unterabsatz 1 – Nichtlebensversicherung).

 

Der Entwurf sieht statt der Formulierung „am Ende des letzten Geschäftsjahres“ die Formulierung „am Ende des dem letzten Geschäftsjahr vorangegangenen Geschäftsjahres“ vor.

 

Nach den Erläuternden Bemerkungen handelt es sich dabei um eine „verbesserte Terminologie“.

 

Die Reparatur dieser Bestimmung geht jedoch fehl. Mit der formulierten Bestimmung wird ein Quotient aus dem Betrag am Ende des dem letzten Geschäftsjahr vorangegangenen Geschäftsjahres und am Beginn des letzten Geschäftsjahres ermittelt. Diese beiden Beträge sind ident, sodass der Quotient immer 100 ist.

 

Es wird um Berücksichtigung unserer Anregungen ersucht.

 

Wunschgemäß wird diese Stellungnahme auf elektronischem Weg an das Parlament übermittelt.

 

 

 

Freundliche Grüße

 

 

 

Dr. Christoph Leitl         Dr. Reinhold Mitterlehner

Präsident Generalsekretär-Stv.