BUNDESMINISTERIUM FÜR AUSWÄRTIGE
ANGELEGENHEITEN
VÖLKERRECHTSBÜRO
Federal Ministry for Foreign
Affairs
Ministère Fédéral des Affaires
Etrangères
A-1014 Wien, Ballhausplatz 1
Tel.: 0501150-0, FAX:
0501159-212
E-MAIL
GZ: |
BMaA-AT.8.15.02/0129-I.2c/2005 |
Datum: |
19. Mai 2005 |
Seiten: |
2 |
An: |
BMJ kzl.L@bmj.gv.at Cc: begutachtungsverfahren@parlament.gv.at |
Von: |
Ges. Dr. H. Tichy |
SB: |
Mag. Kadlec, Dr. Loidl |
DW: |
3391 |
BETREFF: Entwurf
eines Bundesgesetzes, mit dem die Strafprozessordnung 1975 und das
Staatsanwaltschaftsgesetz geändert werden; Stellungnahme des BMaA
Zu do. GZ BMJ-L578.023/0003-II
3/2005
vom 28. April
2005
Änderungen der Strafprozessordnung
Im Vorblatt sowie in den Erläuterungen sollte der
europarechtliche Rechtsakt im Einklang mit den legistischen Richtlinien des BKA
als Rahmenbeschluss 2001/220/JI über die Stellung des Opfers im Strafverfahren,
ABl Nr. L 82 vom 22.3.2001 S. 1 zu zitiert werden. Bei nachfolgenden Zitierungen wird den legistischen
Richtlinien entsprechend die Zitierweise Rahmenbeschluss 2001/220/JI angeregt.
Zu § 47a
Art. 4 des Rahmenbeschlusses 2001/220/JI legt das
Recht der Opfer von Straftaten auf Erhalt bestimmter Informationen fest, dem
offenbar durch die Ausweitung von § 47a StPO deutlicher Rechnung getragen
werden soll. Nicht erkenntlich ist in diesem Zusammenhang, welcher Spielraum
den betroffenen Behörden durch den Beisatz „soweit dies den Umständen nach
erforderlich erscheint“ in Abs. 1 Z 1 eingeräumt werden soll. Der
Rahmenbeschluss überlässt zwar den Mitgliedstaaten die Wahl der
Informationsmittel, schreibt allerdings ein unbeschränktes Recht auf
Erhalt der für den Schutz der Interessen des Opfers relevanten Informationen
vor. In diesem Zusammenhang darf auf den Bericht KOM(2004)54 gemäß Art. 18 des
Rahmenbeschlusses vom 16.2.2004 hingewiesen werden, in dessen Ausführungen zu
Art. 4 klargestellt wird, dass „die Mitgliedstaaten durch entsprechende
Maßnahmen ihre Behörden dazu verpflichten müssen, den Opfern diese
Informationen von sich aus zu übermitteln“.
In diesem Zusammenhang wird auch darauf hingewiesen,
dass weder in der vorliegenden Regelung noch in den sonstigen Bestimmungen der
StPO ein Hinweis darauf zu finden ist, dass die relevanten Informationen soweit
möglich in Sprachen, die allgemein verständlich sind, erteilt werden
sollen. Auch die Europäische Kommission hat in ihrem Bericht Anfang 2004
diesbezüglich kritisiert, dass die entsprechende Bestimmung des Rahmenbeschlusses
von den Mitgliedstaaten mehrheitlich nicht beachtet wurde.
In Z 2 müsste es zudem heißen: „…wie auch bei der
Auskunftserteilung gegenüber Dritten deren die berechtigten
Interessen der durch eine Strafhandlung verletzten Personen an der
Wahrung …zu beachten“. Es wird darüber hinaus darauf hingewiesen, dass Art. 8
des Rahmenbeschlusses ein umfassendes Recht auf Schutz der Opfer und
gegebenenfalls ihrer Familien oder gleichgestellter Personen festlegt. Diesem
Recht der Familie oder gleichgestellter Personen wird im Hinblick auf ihre
Sicherheit durch § 84 Abs. 2a StPO idgF Rechnung getragen, im Hinblick auf den
Schutz der Privatsphäre wird eine entsprechende Regelung im Rahmen von § 47a Z
2 angeregt.
Zu § 193 Abs. 5a
Die Einführung dieser Regelung bereits vor 1. Jänner
2008 wird im Hinblick auf Art. 4 Abs. 3 des Rahmenbeschlusses begrüßt, zumal dort die Pflicht zur
Umsetzung der entsprechenden Regelung bereits im März 2002 abgelaufen ist. Es
wird jedoch darauf aufmerksam gemacht, dass Art. 4 Abs. 3 vorsieht, dass die
Unterrichtung eines gefährdeten Opfers über die Freilassung der strafrechtlich
verfolgten oder verurteilten Person in jedem Verfahrensstadium beschlossen
werden können soll und nicht ausschließlich vor einer Verurteilung in erster
Instanz. Ebenso wird auf das gemäß Art. 4 Abs. 4 des Rahmenbeschlusses
vorzusehende, aber im Entwurf fehlende Recht, auf Informationen verzichten zu
können, hingewiesen. Bezüglich dieser Punkte kann ebenfalls auf die
entsprechenden Ausführungen im Bericht der Kommission verwiesen werden.
Für die Bundesministerin:
H. TICHY m. p.