Stellungnahme zum Entwurf eines

Bundesgesetzes, mit dem die Strafprozessordnung 1975 und das Staatsanwaltsgesetz geändert werden

(BMJ-L578.023/0003-II.3/2005)

 

 

 

Die entsprechend dem Entschließungsantrag des Nationalrates (406 d.B. XXII. GP) vorgezogene Inkraftsetzung jener im Strafprozessreformgesetz enthaltenen Opfer­rechte, die in die bis Ende 2007 geltende Fassung der StPO eingebaut werden können, ist ausdrücklich zu befürworten.

 

Zum vorliegenden Gesetzesentwurf werden folgende Ausweitungen und Konkretisie­rungen vorgeschlagen:

 

1.)   Verbesserung der Opferinformation (§ 47a Abs. 1 und 2 StPO),

2.)   Konkretisierung der Übersetzungshilfe (§ 47a Abs. 4 StPO),

3.)   keine Einschränkung des Personenkreises, dem Prozessbegleitung zusteht (§ 162 Abs. 4 StPO) und

4.)   Vereinfachung der Kostenersatzregelung (§ 381 Z 9 StPO).

 

 

1.) Verbesserung der Opferinformation (§ 47a Abs. 1 und 2 StPO):

 

Bereits nach der derzeit geltenden Rechtslage sind alle in Strafverfahren tätigen Be­hörden verpflichtet, Opferinformation durchzuführen (§ 47a StPO, § 14 VOG). In der Praxis bewirken diese gesetzlichen Verpflichtungen jedoch keine ausreichende In­formation. Die Vorgaben zur Opferinformation sollten daher in Bezug auf die Prozessbegleitung folgendermaßen konkretisiert werden:

§        Alle Personen, die Anspruch auf Prozessbegleitung haben können (nicht nur Per­sonen, die durch die strafbare Handlung in ihrer sexuellen Integrität verletzt wor­den sein könnten) sollen vor ihrer ersten Befragung über die Voraussetzungen der Prozessbegleitung zwingend zu informieren sein.

§        Die Information soll nicht nur mündlich, sondern auch durch einen bei allen im Strafverfahren tätigen Behörden aufzulegenden Folder erfolgen. Dieser Folder soll auch eine Auflistung aller vom BMJ mit der Durchführung der Prozessbe­gleitung beauftragter Organisationen samt Kontaktadressen enthalten.

 

2.) Konkretisierung der Übersetzungshilfe (§ 47a Abs. 4 StPO):

 

Es ist zu befürworten, dass fremdsprachigen Opfern Übersetzungshilfe im selben Umfang, wie Beschuldigten geleistet werden soll. Der Verweis auf § 38a StPO verur­sacht jedoch insofern Unklarheit, als dessen Absatz 2 (Dolmetsch für Besprechungen mit Verteidiger) nur für Beschuldigte in U-Haft anzuwenden ist.

 

Bei Opfern, die der Gerichtssprache nicht hinreichend kundig sind, kann Prozess­begleitung nur dann sinnvoll durchgeführt werden, wenn auch für Besprechungen mit dem (psychosozialen und juristischen) Prozessbegleiter die Möglichkeit einer Über­setzungshilfe besteht. Es sollte daher klargestellt werden, dass auch diese Be­sprechungen mitumfasst sind.

 

3.) Keine Einschränkung des Personenkreises, dem Prozessbegleitung zusteht (§ 162 Abs. 4 StPO):

 

Nach dem vorliegenden Gesetzesentwurf soll die Prozessbegleitung nur einem ge­genüber dem Strafprozessreformgesetz stark eingeschränkten Personenkreis zu­stehen. Dies ist vor allem deswegen unverständlich, weil auch der uneingeschränkte Inhalt von §§ 66 Abs. 2 i.V.m. 65 Z 1 lit. a und b Strafprozessreformgesetz problem­los in die derzeit geltende StPO eingebaut werden kann.

Außerdem ist das im vorliegenden Vorschlag maßgeblich einschränkende Kriterium „erheblicher Gewalt ausgesetzt“ nicht geeignet, um die Hilfsbedürftigkeit und persön­liche Betroffenheit des Opfers abschließend zu qualifizieren. Ganz allgemein ist zu sagen, dass Hilfsbedürftigkeit und persönliche Betroffenheit des Opfers auch stark von subjektiven Faktoren abhängen und sich nicht nur mit Merkmalen der Tat ein­grenzen lassen, weshalb die Definition berechtigter Opfer mittels Tatmerkmalen keinesfalls enger, als in § 65 Z 1 lit. a Strafprozessreformgesetz erfolgen soll.

Insbesondere Opfer von gefährlichen Drohungen, (nicht schweren) Körperverlet­zungen und Angehörige nach § 65 Z 1 lit. b Strafprozessreformgesetz sollen auch in der Übergangszeit bis zum Inkrafttreten des Strafprozessreformgesetzes nicht von der Prozessbegleitung ausgeschlossen werden.

 

In diesem Zusammenhang ist auch anzuregen, Personen, die Opfern eines Ein­bruchsdiebstahls gewesen sein könnten, Prozessbegleitung zu ermöglichen, da diese durchaus in gleichem Ausmaß hilfsbedürftig und betroffen sein können, wie Opfer, die Gewalt oder gefährlicher Drohung ausgesetzt worden sein könnten.

 

4.) Vereinfachung der Kostenersatzregelung (§ 381 Z 9 StPO):

 

Die Kosten der Prozessbegleitung werden den Durchführenden zu feststehenden Stundensätzen durch die Republik Österreich ersetzt. Selbstverständlich sollen diese Kosten letztendlich unter der Voraussetzung der Einbringlichkeit vom Verurteilten zu tragen sein. Die Durchsetzung dieses Kostenersatzes soll jedoch nach möglichst klaren und einfach administrierbaren Regelungen erfolgen.

Es wird daher vorgeschlagen, dass die Kosten der Prozessbegleitung ausschließlich als Kosten des Strafverfahrens (§ 381 StPO) zu bestimmen sind und nicht auf Grundlage von § 393 Abs. 4 oder 5 StPO geltend gemacht werden können.

Dadurch wären einerseits Abgrenzungsprobleme bei der Kostenbestimmung sowie aufwändige Refundierungsvorgänge (z.B. nachdem ein nach § 393 Abs. 4 oder 5 StPO erwirkter Exekutionstitel erst Jahre nach Durchführung der Prozessbegleitung realisiert wurde,…) im Rahmen der Prozessbegleitungsförderung vermieden und an­dererseits wäre trotzdem sichergestellt, dass die Allgemeinheit keine Kosten trägt, die vom Verursacher eingebracht werden können.

 

16.6.05

NEUSTART – Bewährungshilfe, Konfliktregelung, Soziale Arbeit