Zl. ZS-R/P-43.00/05 Gm/Er

 

HAUPTVERBAND DER ÖSTERREICHISCHEN SOZIALVERSICHERUNGSTRÄGER

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                                                                                                          Wien, 27. Mai 2005

An das                                                                                                                    per e-mail
Bundesministerium für Finanzen
Himmelpfortgasse 4-8
1015 Wien

An das                                                                                                                    per e-mail
Präsidium des Nationalrats
(25 Ausfertigungen in Papierform)

Betr.:     Reformdialog

Bezug:  GZ BMF-010000/0059-IV/14/2005
e-mail vom 17. Mai 2005

Sehr geehrte Damen und Herren!

Der Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger nimmt wie folgt Stellung:

Zu Art. I Z 4 - § 128 Einkommensteuergesetz 1988

Grundsätzlich werden vom Hauptverband alle Maßnahmen befürwortet, die dazu dienen, die Schwarzarbeit zu bekämpfen bzw. das Vorenthalten von Beiträgen zu verhindern.

Doppelgleisigkeiten und unnötiger Aufwand dürfen aber auch dabei nicht entstehen.

Die vorgeschlagene Formulierung würde ein paralleles Meldesystem zu den bereits vorhandenen Regeln in § 33 Abs. 1a ASVG bewirken. Das sollte vermieden werden (diese Bestimmungen wurden noch dazu erst vor wenigen Monaten durch das Sozialbetrugsgesetz-SozBeG, BGBl. I Nr. 152/2004, geschaffen).

Da es sich bei der Meldung durch den Arbeitgeber nach den Bestimmungen des vorliegenden Entwurfes um eine unvollständige Datenmeldung handelt, könnte diese Meldepflicht jedenfalls nicht die SV-Meldepflicht ersetzen.

Es würde zu einer Mehrfachbelastung der meldepflichtigen Arbeitgeber kommen.

Die Meldungen an die Sozialversicherung stehen selbstverständlich auch den Finanzbehörden zur Verfügung – eine eigene  zusätzliche Meldung nach Steuerrecht ist unnötig.

Wir weisen auch darauf hin, dass im Sozialbetrugsgesetz die Erstattung der Avisomeldung bis 24 Uhr des ersten Beschäftigungstages vorgesehen ist, während gemäß § 128 Abs. 2 EStG die Avisomeldung bei Antritt des Beschäftigungsverhältnisses (also zu Beschäftigungsbeginn und nicht erst bis Tagesende) zu erfolgen hätte.

Die Bestimmungen würden also einen widersprechenden Inhalt aufweisen.

Bei der Verwirklichung des Vorschlages würden sich folgende Fragen ergeben:

-        Ersetzt die in § 128 des Entwurfs der Änderung des EStG vorgesehene Meldung zumindest teilweise jene nach dem Sozialbetrugsgesetz oder ist diese eine zusätzliche Meldung? (Es gibt keinen ausdrücklichen Auftrag an die Finanzbehörden, die Meldung unverzüglich, fristenwahrend, elektronisch weiterzuleiten.)

-        Unter welchem Ordnungsbegriff wird die Meldung erstattet? Die Steuernummer ist nicht identisch mit der Sozialversicherungs-Dienst­geber­konto­num­mer (kann es nicht sein: wegen der örtlichen Zuständigkeiten für Versicherungspflicht usw.).

-        Erfolgt die Angabe des „Zeitpunktes des Antritts des Dienstverhältnisses“ mit Datum und Uhrzeit? (Tagesdatum wäre bei der Beurteilung eines Meldeverstoßes nach EStG nicht ausreichend.)

-        Sind für die Meldung gemäß EStG Sanktionen vorgesehen, wenn diese verspätet erstattet wird und wenn ja, auf Grund welcher Rechtsgrundlage?

In diesem Zusammenhang weist der Hauptverband darauf hin, dass nach den Regeln über die Verwendung der e-card diese Karte dem Arbeitgeber vorzulegen sein wird:

Der hier einschlägige § 4 Abs. 10 der Musterkrankenordnung - MKO (deren Inhalt im We­sent­­lichen von den Krankenversicherungsträgern übernommen werden wird) lautet idF der Kundmachung unter www.avsv.at Nr. 49/2005:

„(10) Bei Beginn einer Versicherung ist die e-card der jeweils meldepflichtigen Stelle (§§ 33 ff. ASVG, §§ 11 ff. B-KUVG, insbesondere dem Dienstgeber/der Dienstgeberin) gemeinsam mit einem amtlichen Lichtbildausweis vorzulegen. Wenn während eines Versicherungsverhältnisses eine neue  e-card mit geändertem Namen (Namensbestandteil, einschließlich akademische Grade) und/oder geänderter Versicherungsnummer ausgestellt wurde, ist davon die meldepflichtige Stelle zu verständigen und auf deren Verlangen die neue e-card auch vorzulegen.“

Das Meldeverfahren hätte jedenfalls auf die Verwendung der e-card Bedacht zu nehmen, weil die e-card im Wesentlichen auf gesicherten Personendatensätzen beruht (Zusammenarbeit mit Standesämtern, siehe § 360 Abs. 5 und 6 ASVG und die Personenstandsdatenverordnung SV-PStV BGBl. II Nr. 239/2004).

Durch die e-card wird dem Dienstgeber die Ermittlung der relevanten Personendaten (einschließlich Versicherungsnummer) abgenommen. Dies würde auch im Zusammenhang mit der Vollziehung der Steuergesetze Vorteile bringen.

§ 128 Abs. 2 verweist weiters bezüglich des Inhaltes der Meldung zudem auf die in § 128 Abs. 1 EStG angeführten Daten und ordnet an, dass sie „bei Antritt des Dienstverhältnisses" beim Betriebsstättenfinanzamt oder beim sachlich und örtlich zuständigen KV-Träger einlangen muss.

Die Angabe des Beschäftigungsortes (der ja in vielen Branchen nicht mit dem Firmensitz identisch wäre) in der Meldung ist hingegen nicht vorgesehen. Damit kann der Gesetzesentwurf aber sein Ziel – Betrugsbekämpfung durch Kontrolle vor Ort – nicht erreichen.

Schwarzarbeit wird dadurch somit nicht besser bekämpfbar. Es ist darüber hinaus mit einer äußerst kostenintensiven administrativen Umsetzung und einem erheblichen Arbeitsaufwand zu rechnen.

Eine Umsetzung der Inhalte des § 128 EStG in dieser Form ist nicht zweckmäßig bzw. sogar kontraproduktiv, insbesondere werden ohne Differenzierung alle jene belastet, die ihren Meldeverpflichtungen ohnehin korrekt nachkommen.

Da im Entwurf zu § 128 Abs. 2 EStG die Erstattung der Meldung sowohl beim zuständigen KV-Träger wie auch beim Betriebsstättenfinanzamt zulässig ist, ergeben sich außerdem folgende Themen:

-        Ist die Finanzbehörde in der Lage bis zum 1. Jänner 2006 die technischen Voraussetzungen für die Verarbeitung der Avisomeldungen zu schaffen?

-        Gibt es außer dem Änderungsentwurf des EStG weitere Gedanken der Finanzbehörde, also etwa ein Konzept zur Umsetzung? Ein ausgefeiltes Konzept wäre schon als Grundlage diverser Programmierungsarbeiten dringend nötig.

-        Dieses Konzept wäre weiters mit dem Arbeitskreis der KV-Träger, welcher zur Umsetzung des Sozialbetrugsgesetzes eingerichtet wurde, so bald als möglich abzustimmen.

-        Wie werden bei den Finanzämtern einlangende Avisomeldungen administriert? Nur Erfassung und Weiterleitung an die Sozialversicherung (für dieses Procedere fehlt im vorliegenden Gesetzesentwurf aber die Vorgaben) wie etwa bei den Lohnzetteln ab dem Jahr 2003? Oder soll auch die Sanktionierung und Auskunftserteilung an die Sondereinsatzgruppen im Bereich der Finanzbehörde liegen?

-        Wie erfolgt der Abgleich der bei den Finanzämtern einlangende Avisomeldungen mit den bei den KV-Trägern einlangenden (Voll)Anmeldungen? Der Haupt­verband verweist hiezu darauf, dass er bereits die Vergabe der hier drin­gend notwendigen bereichsspezifischen Personenkennzeichen nach dem E-Government-Gesetz beantragt hat. Ist dies bereits auch bei der Finanzverwaltung geschehen? (Im Vorfeld dazu dürfte auch für die Finanzdaten ein Abgleich mit den Meldedaten dringend notwendig sein, um Personenverwechslungen auszuschließen!)

Der bestehende § 33 ASVG in Verbindung mit § 41 ASVG kommt der Intention des Finanzministeriums bereits weitgehend entgegen.

Es müsste daher in § 33 ASVG nur die Bestimmung aufgenommen werden, dass die Anmeldung zur Sozialversicherung vor Arbeitsantritt zu erfolgen hat.

Die Sozialversicherungsträger haben bereits ein fertiges Konzept bezüglich der Umsetzung des § 33 ASVG erstellt (inklusive der telefonischen Avisomeldungen über ein Callcenter). In diesem Konzept ist auch die Abfragemöglichkeit durch Prüforgane (somit auch durch die KIAB) vorgesehen. Dieses Konzept kann in wenigen Monaten (zumindest schneller aus der Aufbau eines völlig neuen finanzinternen Meldewesens) realisiert werden.

Ergänzend dazu sind entsprechende Änderungen in § 113 ASVG (Beitragszuschlag) vorzusehen, denn durch die generelle Verpflichtung für alle Dienstgeber, alle Dienstverhältnisse vor Arbeitsantritt anzumelden, wird sich das Volumen der verspäteten Anmeldungen erheblich erweitern.

In all diesen Fällen müssten somit Beitragszuschläge vorgeschrieben werden, obwohl es sich bei den meisten derartigen Meldeverstößen um reine Ordnungswidrigkeiten und nicht um Schwarzarbeit im betrügerischen Sinne handeln wird.

Es sollte daher ergänzend in § 113 ASVG vorgesehen werden, dass ein Beitragszuschlag nur dann zu verhängen ist, wenn die „Vollmeldung“ nicht innerhalb von 7 Tagen erfolgt.

Außerdem sollte im Hinblick auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zum Beitragszuschlag (7. 8. 2002, Zl. 99/08/0074, keine Strafe, sondern nur eine Abgeltung des Verwaltungsaufwandes) für derartige Fälle ein pauschalierter Beitragszuschlag vorgesehen werden.

Für die organisierten Fälle der Schwarzarbeit steht § 153e StGB zur Verfügung. Sollte bei einer Prüfung vor Ort festgestellt werden, dass die Anmeldung zur Sozialversicherung noch nicht erfolgt ist und es sich auch um keinen Fall des § 153e StGB handelt, wäre eine entsprechende Strafbestimmung im EStG vorzusehen.

Der geplanten Änderung des ASVG ist daher jedenfalls der Vorzug zu geben, da diese Bestimmung einfach administrierbar ist und die erforderliche technische Infrastruktur bei den Sozialversicherungsträgern geschaffen bzw. die vorhandene Meldeschiene ausgebaut werden kann und auch bereits gesicherte Personendatensätze zur Verfügung stehen würden.

Hingewiesen sei auch darauf, dass die Festlegung (Form und Inhalt) einheitlicher Formulare, Datensatzaufbaue und maschinell lesbarer Datenträger (Magnetbänder, Disketten, Chipkarten usw.) für den gesamten Vollzugsbereich der Sozialversicherung beim Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger liegt, was bedeutet, dass die einheitliche Vorgangsweise sichergestellt werden kann.

Die Neuschaffung einer Meldekompetenz zugunsten der Finanzbehörden würde dem gegenüber eine zusätzliche Bürokratisierung darstellen und steht somit in klarem Widerspruch zur geplanten Entbürokratisierung in der Sozialversicherung und Finanzverwaltung.

Der Hauptverband bedauert, dass er in die Arbeiten an diesem Entwurf nicht eingebunden wurde. Er steht selbstverständlich für die Schaffung einer raschen und praxisgerechten Lösung jederzeit zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen
Für den Hauptverband: