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FHP
29/05/Z/MB DW
4460 27.05.2005
Gesetzesentwürfe
zum Reformdialog 01.05.2005
Sehr
geehrte Frau Mag. Gierlinger!
Die Wirtschaftskammer
Österreich gibt zu dem mit
Geschäftszahl BMF-010000/0059-IV/14/2005 übermittelten Entwurf, mit dem
zahlreiche Gesetze so u. a. auch das Einkommensteuergesetz 1988, das UStG 1994, das
Abgabenverwaltungsorganisationsgesetz, das Finanzstrafgesetz geändert werden,
folgende Stellungnahme ab:
A)
Allgemein
Die
Wirtschaftskammer Österreich erlaubt sich festzuhalten, dass es durch die
extrem kurze Begutachtungsfrist dieses Legislativpaketes nicht möglich war, in
den betroffenen Mitgliederbereichen alle Folgen und Wirkungen, die zum Teil mit
den in Aussicht genommenen administrativen Mehrbelastungen und sich in der
Praxis stellenden Teilproblemen ergeben, auszuloten und dann allenfalls bessere
Lösungsvorschläge aufzuzeigen oder anzubieten. Dies gilt vor allem für die
stark verkürzten Meldepflichten auf einkommensteuerlichem und
umsatzsteuerlichem Gebiet, die hohe Kosten auf Unternehmerseite verursachen
können und deren erhoffter Erfolg hinsichtlich der Bekämpfung von
Unregelmäßigkeiten zweifelhaft ist.
Die Erhöhung der strafbestimmenden Beträge und Freiheitstrafen im
Finanzstrafgesetz und im Ausländerbeschäftigungsgesetz ist, wenn überhaupt, nur
sehr bedingt hilfreich bei der Abwehr von Finanz- und anderen Delikten, kann
doch eine Strafandrohung, wie die Erfahrung des täglichen Lebens lehrt, nicht
effiziente und vor allem zeitnahe Kontrollen vor Ort ersetzen oder ein erhöhtes
Unrechtsbewusstsein schaffen. Da es sich oft um grenzüberschreitende
Aktivitäten handelt, sollte auch die Kooperation mit anderen Finanzverwaltungen
in den EU-Mitgliedsstaaten intensiviert werden, was mehr Erfolg versprechend
erschiene.
Die Schaffung eines Forschungsfreibetrages auch für so genannte
Auftragsforschungen wird dagegen von der Wirtschaftskammer Österreich sehr begrüßt,
weil hierdurch der Förderungseffekt wesentlich ausgeweitet und die Forschung
und Entwicklung vor allem in Österreich insgesamt Auftrieb bekommen wird. Die
Einschränkung der Auftragsvergaben auf die im § 4 Abs. 4 Z 5 EStG taxativ
aufgezählten Einrichtungen mindert jedoch die Möglichkeiten der Forschung und
Entwicklung und erlaubt es den auftraggebenden Unternehmern nicht, die
jeweilige für das zu vergebende Forschungsvorhaben aussichtsreichste Lösung
auszuwählen. Eine Lockerung der Einschränkungen in der Z 5 ist daher aus der
Sicht der Wirtschaftskammer Österreich unbedingt geboten.
B) Zu den einzelnen Artikeln
Art. I Einkommensteuergesetz
Z 1 – Forschungsfreibetrag für Auftragsforschung
Das Ziel,
auch für F&E-Aufwendungen von Unternehmen für die Auftragsforschung einen
Forschungsfreibetrag oder eine Forschungsprämie zu gewähren, wird
außerordentlich begrüßt.
Damit werden jene Bereiche der unternehmensbezogenen F&E, die auf
unternehmensfremde Ressourcen zur Umsetzung ihrer Innovationsvorhaben zugreifen,
gleich behandelt. Das sind vor allem kleine und mittlere Unternehmen, die
selbst nicht über eine ausreichende Forschungsinfrastruktur verfügen, und
Branchen, in denen ein wesentlicher Teil der Forschung und Entwicklung im Wege
der Auftragsforschung abgewickelt wird (z.B. Medizin- und Pharmaforschung).
Die Einbeziehung der Auftragsforschung ist auch mit Blick auf die Ziele der
Bundesregierung und der Europäischen Union ein wesentlicher Schritt zur
Stärkung der F&E-Aufwendungen des Unternehmenssektors.
Der vorgeschlagene Wortlaut schränkt allerdings die beabsichtigte steuerliche
Begünstigung hinsichtlich der durchführenden Einrichtungen derart ein, dass der
beabsichtigte Effekt bei wesentlichen und leistungsfähigen Teilen des
Innovationssystems, die regelmäßig Forschungs- und Entwicklungsaufträge der
heimischen Wirtschaft ausführen, nicht greift.
Dies gilt für
Fachhochschulen, branchennahe außeruniversitäre Forschungsinstitute (z.B.
ACR-Institute), Kompetenzzentren (K-Plus, K-ind) und ausländische Forschungseinrichtungen
hoher Spezialisierung, die in § 4 (4) Z 5 EStG nicht erfasst sind. Es wird
daher vorgeschlagen, diese Einschränkung zu streichen oder § 4 (4) Z 5 derart zu ergänzen, dass die Wahl der
Forschungseinrichtung das volle Spektrum der F&E-Dienstleister umfasst.
Die Wirtschaftskammer Österreich schlägt daher eine Ergänzung des § 4 Abs. 4 Z
5 EStG um weitere Einrichtungen bzw. Institutionen vor, wobei unvorgreiflich
anderer legistischer Überlegungen folgender Wortlaut vorgeschlagen wird:
5. Zuwendungen aus dem
Betriebsvermögen zur Durchführung von Forschungs- und Entwicklungsaufgaben
oder der Erwachsenenbildung dienenden Lehraufgaben, welche die
wissenschaftliche oder künstlerische Lehre betreffen und dem Allgemeinen
Hochschulstudiengesetz, dem Fachhochschul-Studiengesetz oder dem
Kunsthochschul-Studiengesetz entsprechen, sowie damit verbundenen
wissenschaftlichen Publikationen und Dokumentationen an folgende Einrichtungen:
a) Universitäten,
Fachhochschulen, Kunsthochschulen und die Akademie der bildenden Künste,
deren Fakultäten, Institute und besondere Einrichtungen.
b) Durch
Bundes- oder Landesgesetz errichtete Fonds Einrichtungen, die mit
Aufgaben der Forschungsförderung betraut sind.
c) Die Österreichische
Akademie der Wissenschaften.
d) Kompetenzzentren,
in denen mehrere Unternehmen ein gemeinsames mehrjährig festgelegtes
Forschungs- und Entwicklungsprogramm mit wissenschaftlichem Personal umsetzen
und dazu wissenschaftliche Kompetenz aufbauen oder eine gemeinsame
Forschungsinfrastruktur betreiben.
e) Außeruniversitäre
Forschungseinrichtungen, die im Wesentlichen mit Forschungs-
oder Lehraufgaben für die österreichische Wissenschaft oder Wirtschaft und
damit verbundenen wissenschaftlichen Publikationen oder Dokumentationen befasst
sind.
f) ausländische
Universitäten und wissenschaftliche Forschungseinrichtungen, die Forschungs-
und Entwicklungsaufgaben für österreichische Auftraggeber durchführen.
g) juristisch
unselbständige Einrichtungen von Gebietskörperschaften, die im Wesentlichen mit
Forschungs- oder Lehraufgaben der genannten Art für die österreichische
Wissenschaft oder Wirtschaft und damit verbundenen wissenschaftlichen
Publikationen oder Dokumentationen befasst sind.
h) Juristische
Personen, die im Wesentlichen mit Forschungs- oder Lehraufgaben der genannten
Art für die österreichische Wissenschaft oder Wirtschaft und damit
verbundenen
wissenschaftlichen Publikationen oder Dokumentationen befasst sind. Weitere
Voraussetzung ist, dass an diesen juristischen Personen entweder eine
Gebietskörperschaft zumindest mehrheitlich beteiligt ist oder die juristische
Person als Körperschaft im Sinne der §§ 34 ff. der Bundesabgabenordnung
ausschließlich wissenschaftliche Zwecke verfolgt.
Die Voraussetzungen
der lit. d, e, f, g, und h sind von der jeweiligen Einrichtung durch
einen unter dem Vorbehalt des jederzeitigen Widerrufs erteilten Bescheid des
Finanzamtes Wien 1/23 nachzuweisen. Sämtliche Einrichtungen, für die ein
solcher Bescheid ausgestellt wurde, sind einmal jährlich im Amtsblatt der
österreichischen Finanzverwaltung zu veröffentlichen.
Begründung
Für die
Fachhochschulen ist die Durchführung von anwendungsbezogenen
Forschungs- und Entwicklungsarbeiten durch Mitglieder des Lehr- und Forschungspersonals
im Fachhochschul-Studiengesetz ausdrücklich als Voraussetzung für die
Akkreditierung festgehalten (§ 12 FHStG). Tatsächlich erbringen Fachhochschulen
in Einzelbereichen inzwischen auch beachtenswerte F&E-Leistungen für die
Wirtschaft. Vor allem in Bundesländern ohne technische Universität erfüllen sie
eine wichtige Rolle; dem trägt auch das ‚FHplus’ Förderprogramm des Bundes
Rechnung. Die Gleichstellung mit den Universitäten hinsichtlich der
steuerlichen Behandlung ist zweckmäßig.
Branchennahe Forschungsinstitute, wie etwa die in ACR
organisierten Einrichtungen unterschiedlicher Rechtsform, haben in der Regel
keine mehrheitliche Beteiligung der öffentlichen Hand, erbringen aber
F&E-Dienstleistungen im Umfang von ca. € 10 Mio. jährlich. Vor allem im
Bereich der Bau-, Lebensmittel-, Holz- und Gießereiforschung sind die
Leistungen für die Branchen wichtig und ein kritischer Faktor für die Sicherung
der Technologiekompetenz der heimischen Unternehmen.
Inzwischen haben ca. 50 Kompetenzzentren (z.B. K-Plus,
K-ind) die F&E-Leistungsfähigkeit Österreichs in den letzten Jahren
deutlich verbessert. Mittlerweile sind in diesen mehr als 1.000
überdurchschnittlich kompetente Forscher beschäftigt. Charakteristisch für die
Kompetenzzentren ist die mehrjährige Zusammenarbeit mit einem verbindlichen
Forschungsprogramm. Wegen des Auslaufens der Fördermöglichkeiten für die
zumeist mit Bundesförderung entstandenen Kompetenzzentren und dem Wunsch nach
einem Erhalt der dort aufgebauten Forschungskompetenz für die Wirtschaft wäre
ihr Ausschluss aus der günstigeren steuerlichen Behandlung kontraproduktiv.
Die
Beauftragung von ausländischen Universitäten und wissenschaftlichen Forschungseinrichtungen
ist in einem kleinen Land gängige Praxis, weil nicht jede Spezialisierung im
Inland verfügbar ist. Bereits heute greifen Unternehmen zur Sicherung ihres
technologischen Vorsprungs auf wissenschaftliche Spitzenergebnisse weltweit zu.
Gerade im Anschluss an gemeinsame EU-Forschungsprojekte werden einmal
aufgebaute Kooperationen mittels Auftragsforschung fortgeführt. Zur Stärkung
der technologischen Wettbewerbsfähigkeit ist diese Kooperation üblich und
praktisch unumgänglich. Eine steuerliche Schlechterstellung ausländischer
Forschung wäre vermutlich auch europarechtlich kaum haltbar.
Alternativ zu einer Änderung von § 4(4) Z 5 EStG wäre ohne Gesetzesänderung
eine Änderung der bestehenden Verordnung des BMF zu § 4 (4) EStG, etwa durch
Streichung des 3. Absatzes, der die Auftragsforschung ausschließt, möglich.
Z 4 – Änderung § 128
Die Wirtschaftskammer Österreich erlaubt sich,
nachdrücklich darauf hinzuweisen, dass die im Gesetzespaket vorgeschlagenen
Maßnahmen auf den am 1. Mai 2005 stattgefundenem Reformdialog für Wachstum und
Beschäftigung in Österreich zurückgehen und das Kernziel dieses
Arbeitsmarktgipfels die Ankurbelung der Beschäftigung in Österreich war. Die
nun vorgeschlagene Maßnahme zur Novellierung der Anmeldung gemäß § 128 EStG
wird diesem Ziel aus unserer Sicht nicht gerecht und könnte sich sogar
kontraproduktiv auswirken. Die Wirtschaftskammer Österreich bekennt sich zwar
ausnahmslos zur Bekämpfung der Schwarzarbeit, kann jedoch in dieser
vorgeschlagenen Maßnahme bei der Reform der Anmeldung aus folgenden Gründen
keinen wirkungsvollen Beitrag zur Bekämpfung der Schwarzarbeit erkennen:
1. Die Anmeldung von Dienstnehmern wurde bereits im Dezember des letzten Jahres im Sozialbetrugsgesetz bzw. ASVG neu geregelt. Diese neuen Bestimmungen über die Anmeldung können jedoch erst dann in Kraft treten, wenn die entsprechenden technischen Voraussetzungen geschaffen werden. Dies wird durch Verordnung der Sozialministerin festgestellt. Nun überlagert die neue vorgesehene Regelung im EStG die noch nicht einmal im ASVG in Kraft getretene neue Bestimmung zur Anmeldung, wodurch insgesamt das Rechtsverhältnis zwischen den Anmeldungsbestimmungen völlig unklar bleibt.
2. Die derzeitige Anmeldung von Dienstnehmern stellt nach Auskunft der zuständigen Krankenversicherungsträger derzeit kein Problem dar, weil nur ca. 1% aller Meldungen verspätet erfolgen. Die nun vorgesehene neue Anmeldungsbestimmung hat zur Konsequenz, dass ein reibungsloser Vorgang bei mehr als 300.000 Dienstgebern und über 2,5 Mio. Meldungen pro Jahr durch einen mit hohem Aufwand, großem Risiko und entsprechenden Unwägbarkeiten behafteten Ablauf ersetzt werden soll.
3. Zweck der neuen Anmeldebestimmung im EStG soll die effizientere Bekämpfung von Schwarzarbeit sein. Das weitaus schwerwiegendere Problem der illegalen Beschäftigung besteht jedoch darin, dass unseriöse Firmen, die den Sozialstaat schädigen wollen, ihre Dienstnehmer korrekt zur Sozialversicherung anmelden, jedoch anschließend keine Beiträge abführen. Die Dienstnehmer haben nach dem Anspruchsprinzip dennoch Ansprüche auf alle Sozialversicherungsleistungen. Mit dieser neuen Anmeldebestimmung wird gerade dieses Problem nicht beseitigt.
4. Die administrative Belastung der Unternehmen, der zuständigen Krankenversicherungsträger sowie der Finanzverwaltung und somit der gesamten Volkswirtschaft würde sich alleine dadurch schon erheblich erhöhen, dass dann für sehr viele verspätete Meldungen (erste Schätzungen befürchten ein Ansteigen von derzeit 1% auf über 30%) nach den derzeitigen gesetzlichen Bestimmungen ein Beitragszuschlag seitens der Sozialversicherungsträger zu verhängen wäre. Dies wird in vielen Fällen zwar nur sehr kleine Beträge betreffen, der administrative Aufwand bei Unternehmen, Sozialversicherungsträgern und Finanzverwaltung ist aber jedenfalls auch bei Kleinstbeträgen, die als Strafen zu verhängen wären, enorm. Der Gesetzesentwurf kriminalisiert überdies all jene Dienstgeber, die bisher korrekt angemeldet haben, denen es aber künftig aus technischen oder administrativen Gründen unmöglich wird, fristgerecht zu melden.
5. Um Doppelmeldungen (eine Kurzmeldung bei Arbeitsantritt und eine vollständige Meldung innerhalb von 7 Tagen) zu vermeiden, werden viele Dienstgeber vor Arbeitsbeginn anmelden müssen, da die Anmeldung bei Arbeitsantritt eingelangt sein muss. Die Anmeldung vor Arbeitsantritt wird in vielen Fällen auch dazu führen, dass, weil der Dienstnehmer die Arbeit tatsächlich dann gar nicht antritt, eine rückwirkende Stornierung des Dienstverhältnisses seitens des Dienstgebers zu erfolgen hat. Dies führt neben dem administrativen Aufwand beim Dienstgeber auch zu einer erheblichen Mehrbelastung bei den Krankenversicherungsträgern und in der Finanzverwaltung. Zusätzlich würde für den Dienstnehmer bereits ein faktischer Leistungsanspruch in der Krankenversicherung entstehen, der aber ex post gar nicht rechtlich gedeckt wäre. Entsprechende Rückforderungsansprüche seitens der Krankenversicherungsträger gegenüber den Dienstnehmern wären einzuklagen.
6. Aufgrund der derzeitigen Anmeldungen ergeben sich bis zu 90.000 Anmeldungen pro Tag, deren Zahl sich jedoch bei einer Verkürzung der Anmeldefrist noch erheblich steigern würde. Die technischen Voraussetzungen zur Bewältigung dieser Anmeldungen an solchen Spitzen kann nur mit sehr hohem finanziellem Aufwand bewältigt werden, was wiederum durch die Sozialversicherungsbeiträge der Dienstgeber und Dienstnehmer bzw. in der Finanzverwaltung durch entsprechende Abgaben der Dienstgeber und Dienstnehmer zu leisten wäre. Rein technisch bestehen seitens der Wirtschaft berechtigte Zweifel darüber, ob eine derartige Menge von Anmeldungen - selbst bei der Annahme, dass rund zwei Drittel der Anmeldungen elektronisch erfolgen würden - durch ein Call Center ohne Wartezeiten für Dienstgeber administriert werden könnten. Als Beispiel sei die Gastronomie angeführt. Dort verfügen rund 50% der Betriebe über keinen Internet - oder e-mail-Anschluss.
7. Da unklar ist, wie viele Meldungen zukünftig bei Verkürzung der Anmeldefrist elektronisch eingehen werden (Rückschlüsse vom derzeitigen Verhalten der Dienstgeber hinsichtlich der elektronischen Meldungen bei der Anmeldung oder bei der Übermittlung des Lohnzettels können nicht gemacht werden, weil sich durch die Verkürzung der Anmeldefrist eine völlig neue Situation für alle österreichischen Dienstgeber ergibt), ist zu befürchten, dass jede andere Form der Übermittlung (z.B. Übermittlung von Namenslisten per Fax) keinen zeitgleichen Datenzugriff für die von der KIAB gewünschte effektive Betrugsbekämpfung ermöglichen würde. Damit würde in der praktischen Umsetzung das eigentliche Ziel dieser Regelung nicht erfüllt werden können.
8. Derzeit findet bereits der Rollout der e-card statt, die nächste Weiterentwicklung ist auch die Anmeldung von Dienstnehmern mittels e-card. Eine teure und bürokratisch aufwendige Übergangslösung ist insofern besonders fragwürdig.
Folgende grundsätzliche Änderungen müssten daher aus der Sicht der Wirtschaftskammer in die vorgeschlagenen Maßnahmen eingearbeitet werden:
1. Die Regelung über die Anmeldung hat ausschließlich im ASVG zu erfolgen, die Bestimmung des § 128 EStG hat lediglich auf die entsprechenden Bestimmungen im ASVG zu verweisen.
2. Entkoppelung von sozialversicherungs- und strafrechtlichen Rechtsfolgen
der Anmeldung: Wird im ASVG eine Anmeldung bei oder vor Arbeitsantritt normiert,
sind die entsprechenden Sanktionsbestimmungen im § 113 ASVG über die
Beitragszuschläge in der Form anzupassen, dass bei nachträglicher vollständiger
Meldung des Dienstgebers innerhalb der 7-Tage-Frist ein allenfalls bestehendes
Meldevergehen im Bezug auf § 33 Abs. 1 neu ASVG geheilt wird (keine Beitragszuschläge
bei vollständiger Meldung innerhalb von 7 Tagen).
3. Zur effektiven Bekämpfung von Schwarzarbeit wird vorgeschlagen, die Verschärfung der Anmeldungsbestimmungen auf jene Branche zur konzentrieren, in der das Problem der Schwarzarbeit besonders intensiv auftritt. Damit würde eine Kriminalisierung sämtlicher Dienstgeber in Österreich vermieden werden.
4. Im Sozialbetrugsgesetz müsste klargestellt werden, dass bei jenen Anmeldungen, die aus technischen und administrativen Hindernissen nicht vor Arbeitsantritt erfolgen können, die entsprechenden Strafrechtsbestimmungen (§ 153e StGB), nicht zur Anwendung kommen. Nach § 153e Abs.1 Z 2 StGB in der geltenden Fassung ist strafbar, wer gewerbsmäßig eine größere Zahl illegal erwerbstätiger Personen (das sind Personen ohne die erforderliche Anmeldung zur Sozialversicherung) beschäftigt.
5. Technische und administrative Hindernisse stehen z.B. in folgenden
Fällen einer Anmeldung bei Arbeitsantritt entgegen:
Große Unternehmen stellen jeweils im Juli und August hunderte von
Ferialpraktikanten ein. Davon erscheinen erfahrungsgemäß zahlreiche Bewerber
nicht. Da nicht mehrere hundert Personen auf einmal b e i
Arbeitsbeginn gemeldet werden können, werden diese Unternehmen v o r Arbeitsbeginn anmelden müssen, um
die Rechtzeitigkeit der Anmeldung wahren zu können. Für die nicht erschienenen
Bewerber müssen anschließend Stornierungen vorgenommen werden. Der große
administrative Mehraufwand für Dienstgeber und Sozialversicherung ist
offenkundig.
Anmeldung an Wochenenden in Kleinbetrieben, die die Anmeldung ausschließlich
über die Steuerberater durchführen lassen: Steuerberater haben am Wochenende
keine Dienstzeiten. Ein allenfalls bei Steuerberatern einzurichtender
Journaldienst wäre mit Mehrkosten verbunden, die letztlich dem Dienstgeber
aufgebürdet würden.
6. Abschließend halten wir fest, dass in Deutschland, welches bei Aktivitäten zur Bekämpfung der Schwarzarbeit oft als Vorbild genannt wurde, eine Anmeldung der Dienstnehmer bei der zuständigen Krankenkasse innerhalb von z w e i Wochen durchzuführen ist.
Art. II
Umsatzsteuergesetz
Z 1 - § 11 Abs. 1 Z 2
Im § 11 Abs. 1 Z 2 - UStG des Gesetzesentwurfes ist vorgesehen, dass künftig auf einer Rechnung im Sinne des § 11 UStG auch die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (UID-Nr.) des Leistungsempfängers anzugeben ist. Dies wird in den Erläuternden Bemerkungen mit der Möglichkeit einer effizienteren Betrugsbekämpfung begründet.
Eine effizientere Betrugsbekämpfung ist zwar
auf jeden Fall zu unterstützen, doch bietet die geplante Gesetzesänderung
unseres Erachtens dafür keine taugliche Möglichkeit.
All jene Sachverhalte, bei denen der
umsatzsteuerliche Leistungsort im Ausland liegt, unterliegen nicht dem
österreichischen UStG. Die geplante Änderung des § 11 UStG könnte demnach nur
jene Fälle betreffen, bei denen der Leistungsort in Österreich liegt. Für
Kreditinstitute beispielsweise wären dies insbesondere jene Depotleistungen,
bei denen der jeweilige Leistungsempfänger seinen Sitz in Österreich hat bzw.
Leistungen im Bereich Vermietung/Verpachtung an inländische Unternehmer. Diese
Leistungen unterliegen in Österreich der USt, unabhängig davon ob der
Leistungsempfänger Unternehmer ist oder nicht. Die Abfuhr der USt obliegt dem
Unternehmer, der die Leistung erbringt. Inwieweit dem Leistungsempfänger ein
Vorsteuerabzug für die jeweilige empfangene Leistung zusteht, hat dieser nach
seinen Verhältnissen zu beurteilen.
Es ist völlig unklar, welches Betrugsmodell durch die Angabe der UID-Nr. verhindert werden soll. Die Feststellung der Identität des Leistungsempfängers ist über Name und Adresse möglich. Die leistenden Unternehmer hätten jedoch durch die Angabe der UID-Nr. einen enormen zusätzlichen Aufwand zu tragen, insbesondere bei bereits bestehenden Geschäftsverbindungen.
Um dem Erfordernis der generellen Angabe der
UID-Nr. auf der Rechnung nachkommen zu können, müsste jeder Leistungsempfänger
befragt werden, ob er Unternehmer ist und ob die Leistung für sein Unternehmen
ausgeführt wird und falls dies der Fall wäre, nach seiner
UID-Nr. gefragt werden, da die UID-Nr. bisher nur im innereuropäischen
Leistungsverkehr Bedeutung hat.
Der wesentliche Unterschied liegt wohl darin, dass
bei innereuropäischen Leistungen auf den Rechnungen, die an Unternehmen
ausgestellt werden, keine Steuer ausgewiesen wird und eine Kontrolle durch
Abstimmung der Zusammenfassenden Meldungen möglich ist.
Weiters bestünde ein Änderungsbedarf im EDV-System,
dessen Aufwand die österreichische Wirtschaft zu tragen hätte.
Die Pflicht, die UID-Nr. auf der Rechnung
anzuführen, trifft den Rechnungsaussteller. Den möglichen Nachteil der
Verletzung dieser Pflicht, nämlich die Versagung des Vorsteuerabzuges, hat
jedoch der Rechnungsempfänger zu tragen. Dies erscheint äußerst bedenklich.
Nach Auffassung der Wirtschaftskammer Österreich steht der angegebene Vorteil der Finanzverwaltung bei der Betrugsbekämpfung in krassem Missverhältnis zu den erwähnten Nachteilen auf Seiten der Steuerpflichtigen.
Weiters ist auch die EG-Konformität der
geplanten Änderung fraglich. So ist in Art. 22 Abs. 3 lit b 6. EG-MWStRL eine
Angabe der UID-Nr. des Leistungsempfängers (Ausnahme: Reverse Charge) nicht
vorgesehen.
Auch das
deutsche UStG sieht (von Ausnahmefällen abgesehen) die Angabe der UID-Nr. des
Leistungsempfängers nicht vor.
Aus
diesen Gründen lehnt die Wirtschaftskammer Österreich diese geplante Änderung
im UStG nachdrücklich ab.
Z 2 - Art. 21 Abs. 3
Auch diese Regelung,
wonach innergemeinschaftliche Lieferungen statt wie bisher vierteljährlich,
nunmehr monatlich in der zusammenfassenden Meldung dem Finanzamt bekannt zu
geben sind, ist abzulehnen. Dies deshalb, da einerseits derartige
innergemeinschaftliche Lieferungen ohnehin in der monatlichen Umsatzsteuervoranmeldung
des Unternehmers angeführt werden müssen und somit von der Finanzbehörde auf
diese Weise bereits zeitnah überprüft werden können und andererseits die
zusammenfassenden Meldungen primär aufgrund des Mehrwertsteuerinformationsaustauschsystems
Informationen für die anderen Finanzverwaltungen der europäischen
Mitgliedsstaaten darstellen. Eine Verkürzung des Meldezeitraumes bringt somit
für die Betriebe der gewerblichen Wirtschaft nur wiederum erhöhten
Verwaltungsaufwand und könnte überhaupt nur dann diskutiert werden, wenn auch
umgekehrt die anderen europäischen Mitgliedsstaaten im europaweiten Gleichklang
hier auch Verkürzungen dieses Meldezeitraumes vornehmen.
Art. IV
Finanzstrafgesetz
Wie bereits einleitend
betont, dürfte die Erhöhung der Freiheitsstrafen ab bestimmten Wertbeträgen
hinsichtlich der Präventivwirkung doch überschätzt werden. Die
Wirtschaftskammer
Österreich will damit
nicht zum Ausdruck bringen, dass gegen Abgabenhinterzieher nicht rigoros
vorgegangen werden sollte, doch wird die Erhöhung des Strafrahmens allein nicht
ausreichen. Vielmehr gilt es vorbeugende Maßnahmen durch stärkere
personalintensive zeitnahe Kontrollen, aber auch hinzutretend durch eine
gezielte Öffentlichkeitsarbeit, die das allgemeine Unrechtsbewusstsein bei
Abgabendelikten hebt, voranzutreiben. Da es sich oft um schwer verfolgbare
grenzüberschreitende Aktivitäten handelt, muss die rasche Zusammenarbeit mit
anderen Finanzverwaltungen so ausgebaut werden, dass eine Erfolgung von aufgedeckten
Delikten möglich und wirksam wird.
Zu der in § 38 Abs. 1
Finanzstrafgesetz vorgesehenen Ausdehnung des Strafkataloges muss aus der Sicht
der österreichischen Kreditwirtschaft noch drauf hingewiesen werden, dass es
damit zu keinen unerfüllbaren Verpflichtungen
für Kreditinstitute kommen darf. Es muss sichergestellt werden, dass die
Ausdehnung des Strafkatalogs nicht die Verbrechensqualifikation des StGB
(Strafrahmen von mehr als 3 Jahren) erfüllt, da ansonsten eine Verpflichtung
zur Verdachtsmeldung nach dem BWG verbunden wäre. Eine allfällige derartige
Verpflichtung wäre inakzeptabel, da sie Bankmitarbeiterinnen überfordern muss.
Art. V Äusländerbeschäftigungsgesetz
Der Entwurf sieht
vor, dass für sämtliche Verwaltungsstraftatbestände des AuslBG der
Höchstrahmen der zu verhängenden
Geldstrafe verdoppelt werden soll.
Die Geldstrafen des AuslBG wurden erst mit 1. Juli 2002 stark angehoben und
betragen nach derzeitiger Rechtslage in der qualifizierten Begehungsform im
Höchstfall bereits bis zu € 25.000,-- pro unberechtigt beschäftigtem
Ausländer (Kumulationsprinzip). Nach dem Entwurf soll die Höchststrafe nun auf
€ 50.000 pro unberechtigt beschäftigtem Ausländer angehoben werden.
Innerhalb so kurzer Zeit erscheint eine neuerliche Verdoppelung der Höchstsätze der Verwaltungsstrafen nicht angemessen und vor allem auch nicht geeignet, um illegale Ausländerbeschäftigung zu bekämpfen. Das große Problem von Scheinfirmen, die überwiegend im baunahen Bereich auftreten, konnte durch die Anhebung der Strafen im Ausländerbeschäftigungsgesetz mit Juli 2002 nicht erfolgreich bekämpft werden. Es ist nicht erkennbar, dass sich durch die neuerliche Anhebung der Strafen das Problem der Scheinfirmen lösen wird.
Vor allem möchten wir darauf hinweisen, dass viele Straftatbestände des § 28 AuslBG lediglich Meldeverstöße und bloße Ordnungswidrigkeiten betreffen.
Beispiel 1: § 28 Abs. 1 Z 4 lit a: Bestraft Arbeitgeber, die Ausländer zwar legal beschäftigen, aber das erforderliche Dokument (Beschäftigungsbewilligung, Entsendebewilligung, Anzeigebestätigung, EU-Entsendebestätigung) nicht am Arbeitsplatz zur Einsichtnahme bereithalten. Höchststrafe derzeit: bis zu 1000 Euro, Höchststrafe nach Entwurf: 2000 Euro.
Beispiel 2: § 28 Abs. 1 Z 4 lit c: Bestraft Arbeitgeber, die nicht binnen drei Tagen den Beginn bzw. das Ende einer Beschäftigung eines Ausländers dem AMS melden, für den die erforderliche Bewilligung erteilt wurde. Dabei handelt es sich um Meldungen zu bloß statistischen Zwecken; die erforderlichen Bewilligungen sind vorhanden.
Höchststrafe derzeit: bis zu € 1000, Höchststrafe nach Entwurf: bis zu € 2000,--.
Beispiel 3: § 28 Abs. 1 Z 6: Bestraft Arbeitgeber, die neue EU-Bürger, die bereits Freizügigkeit erworben haben, ohne die rein deklarativ wirkende EU-Freizügigkeitsbestätigung beschäftigen.
Höchststrafe derzeit: € 500, Höchststrafe nach Entwurf: € 1000.
Eine neuerliche unverhältnismäßig hohe Anhebung der Strafen im Ausländerbeschäftigungsgesetz sollte überdacht werden. Keinesfalls sollen die Strafen in § 28 Abs. 1 Z 3 bis 6 AuslBG angehoben werden. Gerade in diesen Fällen erscheint die drastische Anhebung der Geldstrafen in keinerlei Zusammenhang mit dem Unrechtsgehalt der Tat zu stehen.
Art VI Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz
Die Wirtschaftskammer Österreich erhebt keinen Einwand gegen die geplante Anhebung der Strafen in § 7 b Abs. 9 AVRAG.
Um die Einhaltung der Bestimmungen der Entsenderichtlinie effektiv zu überwachen und zu kontrollieren, ist allerdings die Anhebung der Strafen alleine nicht ausreichend. Strafbar sind nach diesen Bestimmungen Arbeitgeber mit Sitz in einem EWR – Mitgliedstaat.
Größtes Hindernis für effiziente Kontrollen
ist jedoch das Fehlen eines EU-weiten Verwaltungsvollstreckungsabkommens. Da
nach wie vor Verwaltungsstrafen - ausgenommen Deutschland - in anderen EU-
Mitgliedstaaten nicht vollstreckt werden können, kontrollieren die Zollbehörden
Unternehmen aus anderen EU-Mitgliedsstaaten, die Mitarbeiter zur Erbringung von
Dienstleistungen nach Österreich entsenden, vielfach nicht ausreichend.
Ähnlich wie im privatrechtlichen Bereich sollte hier schnellstmöglich ein EU-weites Verwaltungsvollstreckungsabkommen zwischen den Mitgliedstaaten ausgearbeitet werden, um Sanktionen gegenüber in anderen Mitgliedstaaten ansässigen Firmen auch vollstrecken zu können. Das Fehlen eines solchen Instruments birgt die Gefahr, dass Verwaltungsübertretungen bewusst in Kauf genommen werden, da in manchen Fällen ohnehin keine Rechtsdurchsetzung zu erwarten ist. Dies kann unter Umständen zu unlauterem Wettbewerb führen.
Art. VII u. VIII - Änderungen
der Bundesfinanzgesetze 2005, 2006
Die Aufstockung der
Sonderdotation für Forschung 2005 um € 50,- Mio. und 2006 € 75,- Mio. sowie die
Beauftragung der Bundesfinanzierungsagentur mit der Abwicklung der
Forschungsmilliarde wird von der Wirtschaftskammer Österreich ausdrücklich
begrüßt.
Die Organe der Zollbehörden (KIAB), deren
Personalausstattung mit 1. Mai 2004 von 93 auf 186 Personen verstärkt wurde,
sollen nun um weitere 200 Planstellen aufgestockt werden. Wir begrüßen diese
Aufstockung ausdrücklich.
Art. IX –
ÖIAG-Gesetz
Die vorgeschlagene Änderung bezüglich der
Gewinnausschüttung der ÖIAG wird außerordentlich begrüßt. Damit wird bereits
heute der Grundstein für die Tilgung der Schulden aus der Forschungsanleihe der
Jahre 2005 bis 2010 gelegt.
Mit Blick auf eine längerfristige Sicherung der
Finanzierung der F&E-Ausgaben des Bundes und angesichts der zur
Zielerreichung (F&E-Quote von 3 % im Jahr 2010) über die Forschungsanleihe
hinausgehenden erforderlichen Dynamik wird eine Ergänzung vorgeschlagen, die
eine Dotation der Nationalstiftung für Forschung, Technologie und Entwicklung
aus den Gewinnen der ÖIAG möglich macht (Änderungen unterstrichen):
Textvorschlag: Ausgeschüttete Gewinne werden nach Schuldentilgung
vorrangig zur Finanzierung der Forschungsanleihe für die Jahre 2005 bis 2010 und darüber hinaus zur Dotation der
Nationalstiftung für Forschung, Technologie und Entwicklung verwendet.
Die Wirtschaftskammer Österreich ersucht abschließend, die
vorgebrachten Wünsche und Änderungen soweit wie möglich bei der legistischen
Umsetzung zu berücksichtigen.
Wir
ersuchen um Berücksichtigung unserer Anliegen und stehen für Rückfragen gerne
zur Verfügung.
Wunschgemäß
wird diese Stellungnahme auch auf elektronischem Weg an das Parlament
übermittelt.
Freundliche Grüße
Dr. Christoph Leitl Dr.
Reinhold Mitterlehner
Präsident Generalsekretär-Stv.