GZ.                         BMF-010221/0391-IV/4/2005

Referenten:         Univ.Prof. Dr. Michael Lang

                               Dr. Stefan Bendlinger

                               Dr. Thomas Bramo

                               Dr. Verena Trenkwalder

Unser Zeichen:   Mag. Knotek /St

Datum:                 29. August 2005

 

 

 

BUNDESMINISTERIUM FÜR FINANZEN

Abteilung IV/4 (IV/4)

Himmelpfortgasse 4 – 8

1015   Wien

 
Stellungnahme zum Doppelbesteuerungsabkommen Österreich - Albanien

 

 

 

Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Die Kammer der Wirtschaftstreuhänder dankt für die Einladung zur Abgabe einer Stellungnahme zum Entwurf eines Doppelbesteuerungsabkommens zwischen Österreich und Albanien und teilt wie folgt mit:

 

1.        Die Kammer der Wirtschaftstreuhänder begrüßt den Abschluss eines Abkommens.

 

2.        Die Kammer der Wirtschaftstreuhänder spricht sich dafür aus, auch die Kommunalsteuer in das DBA aufzunehmen.

 

3.        Die Kammer der Wirtschaftstreuhänder empfiehlt, davon Abstand zu nehmen, in Art 3 Abs 1 lit h sublit ii die Formulierung „oder dessen bevoll­mächtigten Vertreter“ aufzunehmen. Diese Formulierung ist nicht erforder­lich, da mit der Erwähnung des Bundesministers für Finanzen ohnehin nicht die Person gemeint ist, sondern die Behörde. Die Formulierung „dessen bevollmächtigten Vertreter“ könnte den Schluss zulassen, dass diese Befugnis ohne weitere Determinierung delegiert werden könnte. Dies wäre aber verfassungswidrig.

 

4.        Die Kammer der Wirtschaftstreuhänder spricht sich dafür aus, Art 3 Abs 2 des DBA-Entwurfs ersatzlos zu streichen, da diese Auslegungs­vorschrift in Lehre, Rechtsprechung und Praxis völlig unterschiedlich verstanden wird und daher nur zu Missverständnissen Anlass gibt.

 

5.        Die Kammer der Wirtschaftstreuhänder spricht sich gegen die Vereinbarung einer Betriebstättenfrist für Bauausführungen und Montagen von 9 Monaten in Art 5 Abs 3 lit a und für eine OECD-konforme Frist von 12 Monaten aus. Auch das Abstellen auf das Kalenderjahr im DBA-Entwurf entspricht nicht dem OECD-MA und sollte beseitigt werden.

 

6.        Die Annahme von Dienstleistungsbetriebstätten gem Art 5 Abs 3 lit b DBA-Entwurf entspricht nicht dem OECD-MA und dürfte auch in der Praxis immer wieder zu Interpretationsproblemen führen. Die Kammer der Wirtschaftstreuhänder spricht sich daher gegen diese Regelung aus.

 

7.        Die Kammer der Wirtschaftstreuhänder regt an, die Beteiligungsquote für Schachtelbeteiligungen in Art 10 Abs 2 lit a entsprechend der österreichischen Verhandlungspraxis auf 10 % zu senken. Darüber hinaus wäre es wünschenswert, für Schachteldividenden eine generelle Quellen­steuerfreiheit zu vereinbaren.

 

8.        Die in Art 10 Abs 3 vorgesehene Definition des Begriffs „Dividende“ sollte entsprechend dem OECD-MA auch „Genussaktien oder Genussscheine, Kuxen und Gründeranteile“ mitumfassen.

 

9.        Es sollte entsprechend der österreichischen Abkommenspraxis kein Quellenbesteuerungsrecht für Zinsen vorgesehen werden.

 

10.    Art 11 Abs 3 DBA-Entwurf sieht eine Quellensteuerfreiheit für Zinsen im öffentlichen Bereich vor. Darüber hinaus wird eine Quellensteuerfreiheit für Zinsen vorgesehen, die für Darlehen oder Kredite von der Österreichischen Kontrollbank AG oder einer ähnlichen albanischen Institution für Zwecke der Exportförderung gezahlt, garantiert oder versichert werden. Gemäß Tz 1 des Schlussprotokolls soll diese Quellensteuerbefreiung gemäß Art. 11 Abs. 3 lit b DBA aber nur auf Zinsen im Zusammenhang mit „Exportgeschäften“ zwischen den beiden Staaten anwendbar sein. Was als „Exportgeschäft“ gilt, ist nicht definiert, dürfte aber so zu verstehen sein, dass zB ÖKB-besicherte Darlehen iZm Direktinvestitionen (z.B. Unternehmensgründung) nicht begünstigt sind. Diese protokollarische Einschränkung sollte nicht akzeptiert werden.

 

11.    Entsprechend dem OECD-MA und der österreichischen Abkommens­politik sollte dem Quellenstaat bei Lizenzgebühren kein Besteuerungs­recht überlassen werden.

 

12.    Im Zusammenhang mit Art 12 Abs 3 des DBA-Entwurfs ist jedenfalls zu begrüßen, dass die Benützung oder das Recht auf Benützung gewerblicher, kaufmännischer oder wissenschaftlicher Ausrüstungen nicht in die Quellenbesteuerung einbezogen wurde.

 

13.    Das Protokoll stellt zudem klar, dass Vergütungen, „die für technische Dienstleistungen einschließlich Studien oder Gutachten wissenschaftlicher, geologischer oder technischer Art, oder für Engineering-Verträge einschließlich der damit in Zusammenhang stehenden Entwürfe, oder für Beratungs- und Überwachungsleistungen gezahlt werden, nicht als Vergütungen, die für die Mitteilung gewerblicher, kaufmännischer oder wissenschaftlicher Erfahrungen gezahlt werden,“ gelten. Diese protokollarische Klarstellung wird von der Kammer der Wirtschafts­treuhänder ausdrücklich begrüßt, weil nach den bisher gesammelten Erfahrungen gerade Entwicklungs- und Schwellenländer versuchen, Dienstleistungen unter die Verteilungsnorm für Lizenzgebühren zu subsumieren, um Steuersubstrat zu sichern.

 

14.    Protokollarisch wurde auch klargestellt, „[…] dass für Zwecke der Unterscheidung zwischen Vergütungen für Dienstleistungen, die unter Art 7 fallen, und Vergütungen für Know-how, die unter Art 12 fallen, die damit im Zusammenhang stehenden Kosten […] berücksichtigt werden. Das heißt, dass in Fällen, in denen durch die Vergütungen hauptsächlich derartige Kosten abgegolten werden […], diese Vergütungen keine Lizenzgebühren darstellen. Sind diese Kosten im Verhältnis zur Gesamtvergütung unverhältnismäßig niedrig, stellen die Vergütungen eine Lizenzgebühr dar“. Diese Regelung entstammt ganz offensichtlich der Feder des österreichischen BMF und ist als Kriterium zur Abgrenzung zwischen „Aktiv- und Passivleistungen“ jedenfalls zweckmäßig. Allerdings sind Interpretationsunterschiede hinsichtlich des Ausmaßes der „Unverhältnismäßigkeit“ vorprogrammiert, sodass es die Kammer der Wirtschaftstreuhänder vorziehen würde, die Unverhältnismäßigkeit zB an einer 10 %-Schwelle festzumachen („Betragen diese Kosten im Verhältnis zur Gesamtleistung nicht mehr als 10 %, so stellen die Vergütungen eine Lizenzgebühr dar.“)

 

15.    Die Kammer der Wirtschaftstreuhänder empfiehlt die ersatzlose Streichung des Art 14 gemäß der Revision des OECD-MA 2000 und Art 14 in Art 7 zu integrieren. Sollte dies nicht gelingen, wird jedenfalls angeregt, die Bestimmung in Art 14 Abs 1 lit b, nach der der Quellenstaat in Ermangelung einer festen Einrichtung Einkünfte aus einer in diesem Staat ausgeübten selbständigen Arbeit auch dann besteuern darf, wenn die Person sich in diesem Staat 183 Tage oder länger innerhalb eines Zeitraums von 12 Monaten aufhält, zu streichen. Diese dem UN-MA entlehnte Bestimmung, die – verglichen zum OECD-Konzept – eine deutliche Ausweitung des Besteuerungsrechtes des Quellenstaates bewirkt, wird von der Kammer der Wirtschaftstreuhänder ausdrücklich abgelehnt.

 

16.    Die Kammer der Wirtschaftstreuhänder empfiehlt bei der 183-Tage-Regel in Art 15 Abs 2 lit a auf das Kalenderjahr abzustellen, da dies in der Praxis wesentlich einfacher zu handhaben ist und die befürchteten unerwünschten Gestaltungen keine realistische Gefahr darstellen.

 

17.    Nach dem Protokoll besteht Einvernehmen darüber, dass Vergütungen, die ein Mitglied des Aufsichtsrates- oder des Verwaltungsrates auf Grund eines Dienst- oder Werkvertrages in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer (Manager) oder Berater bezieht, nicht unter Art 16 fallen. Diese protokollarische Klarstellung, wonach die Bezüge von Organen einer Kapitalgesellschaft nicht unter Art 16 DBA, sondern ausdrücklich unter Art 15 DBA zu subsumieren sind, ist zu begrüßen.

 

18.    Die Kammer der Wirtschaftstreuhänder begrüßt es ausdrücklich, dass für andere Einkünfte gem Art 21 ausschließlich dem Ansässigkeitsstaat ein Besteuerungsrecht zugewiesen wird.

 

19.    Hinsichtlich der Methode zur Vermeidung der Doppelbesteuerung begrüßt die Kammer der Wirtschaftstreuhänder die Wahl der Befreiungs­methode auf österreichischer Seite.

 

20.     Die Kammer der Wirtschaftstreuhänder lehnt jedoch die in Art 23 Abs 1 lit d enthaltene „Subject-to-tax-Klausel“, wonach die Befreiungsmethode dann nicht zur Anwendung kommt, wenn Albanien dieses Abkommen so anwendet, dass es Einkünfte einer in Österreich ansässigen Person nicht besteuert oder Quellensteuer einbehält, ab. Ein Verweis auf ausländische Behördenpraxis wäre verfassungswidrig. Eine Steuerbefreiung hat nämlich unabhängig davon zu erfolgen, ob der Quellenstaat tatsächlich Steuern erhebt. Kriterium ist, ob durch das DBA dem Quellenstaat das Besteuerungsrecht überlassen wird.

 

21.    Es wird von der Kammer der Wirtschaftstreuhänder angeraten, die Regelung über das Verbot von Diskriminierung in Art 24 OECD-konform auszugestalten. Dies beinhaltet einerseits eine Einbeziehung von Staatenlosen in das Diskriminierungsverbot (vgl Art 24 Abs 2 OECD-MA) sowie anderseits die Ausweitung des Diskriminierungsverbotes auf Steuern jeder Art und Bezeichnung (vgl Art 24 Abs 6 OECD-MA).

 

22.    Die Kammer der Wirtschaftstreuhänder vermisst in Art 25 eine Regelung über ein Schiedsverfahren. Eine verpflichtende Anrufung eines Schiedsgerichts nach Ablauf einer Zwei-Jahres-Frist nach Einleitung des Verständigungsverfahrens mit der Möglichkeit einer innerhalb einer sechsmonatigen Frist zu treffenden bindenden Entscheidung desselben, würde einen wichtigen Beitrag zur raschen und positiven Durchführung von Verständigungsvereinbarungen darstellen.

 

23.     In Art 26 des Abkommens wurde der sog „große Informationsaustausch“ vorgesehen. Diese Regelung wird von der Kammer der Wirtschaftstreu­händer abgelehnt.

 

24.     Die Kammer der Wirtschaftstreuhänder spricht sich gegen die Formulierungen im Protokoll bezüglich der Auslegung dieses Abkommens aus. Eine spätere Einigung der Behörden über eine Auslegung des Abkommens nach dessen Inkrafttreten steht im Widerspruch zum Gewaltenteilungsprinzip unserer Verfassung und ist daher abzulehnen. Gleiches gilt für Änderungen des OECD-Kommentars.

 

25.    Für Dividenden, Zinsen und Lizenzgebühren ist das Besteuerungsrecht des Quellenstaates auf einen Steuereinbehalt von 5 % bzw. 15 % bei Portfoliodividenden beschränkt. Nach albanischem innerstaatlichen Steuerrecht beträgt der Steuerabzug generell 15 %. Die Methodik der DBA-konformen Entlastung ist im DBA selbst nicht geregelt, sodass es den DBA-Vertragstaaten freisteht, den innerstaatlichen Einbehalt in voller Höhe vorzunehmen und den Empfänger der Vergütungen auf den Rückerstattungsweg zu verweisen. Solche Rückerstattungsanträge in südosteuropäischen Staaten werden jedoch meist nur sehr zögerlich bearbeitet werden. Daher wird angeregt, im Protokoll die Möglichkeit der Entlastung an der Quelle zu ermöglichen (z.B. bei Vorlage einer Ansässigkeitsbescheinigung etc.). Vorbild könnte die mit 1.7.2005 wirksam gewordene DBA-Entlastungsverordnung (BGBl III 2005/92) sein.

 

Diese Stellungnahme wird von der Kammer der Wirtschaftstreuhänder dem Präsidium des Nationalrates in 25-facher Ausfertigung sowie per E-Mail an die Internetadresse des Parlament begutachtungsverfahren@parlinkom.gv.at zur Verfügung gestellt.

 

Wir ersuchen höflich unsere Vorschläge bzw. Anregungen zu berücksichtigen und verbleiben

 

mit freundlichen Grüßen

 

Mag. Dr. Alfred Brogyányi e.h.                                     Dr. Gerald Klement e.h.

(Präsident)                                                        (Kammerdirektor)

 

Prof. Mag. Dr. Karl Bruckner e.h.

(Vorsitzender des Fachsenats für Steuerrecht)