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Wien, 4. August
2005 |
Bundesvergabegesetz 2006 - Stellungnahme
BKA-600.883/0050-V/A/8/2005
Sehr geehrte Damen und Herren!
Der Auftragnehmerkataster Österreich (ANKÖ) ist durch den o.a. Entwurf
als Dienstleister im Vergabebereich, der u.a. die Liste geeigneter
Unternehmer führt betroffen und im Gesetzesentwurf bzw. den Erläuterungen
dazu benannt.
Wir nehmen dazu wie
folgt Stellung:
Zu den einzelnen Bestimmungen:
1) § 72 Abs 4
§ 72 Abs 4
erster Satz entspricht exakt dem Wortlaut des § 52 Abs 4 erster Satz BVergG
2002 und lautet folgendermaßen:
„Der Unternehmer kann den Nachweis der Befugnis,
Zuverlässigkeit und Leistungsfähigkeit auch durch den Nachweis der Eintragung
in einem einschlägigen, allgemein zugänglichen Verzeichnis eines Dritten
führen, sofern diesem die vom Auftraggeber geforderten Unterlagen vorliegen und
vom Auftraggeber selbst unmittelbar abrufbar sind.“
Nach dem
Wortlaut dieser Bestimmung muss ein öffentlicher Auftraggeber auf die in einem
(vom Bieter referenzierten) Drittverzeichnis enthaltenen Daten zugreifen und
für die Eignungsprüfung heranziehen, wenn das Verzeichnis
§
einschlägig bzw. allgemein zugänglich ist und
§
darin die geforderten Daten enthalten sind und
§
vom Auftraggeber selbst unmittelbar abrufbar sind.
In den
Erläuternden Bemerkungen zu § 72 Abs 4 werden allerdings – in Abweichung von
den Gesetzesmaterialien zum BVergG 2002 – diese Tatbestandsmerkmale
folgendermaßen näher ausgeführt:
„Der erste
Satz ermöglicht den Nachweis durch die Eintragung in einem einschlägigen,
allgemein zugänglichen Verzeichnis eines Dritten, wie derzeit beispielsweise
der Österreichische Auftragnehmerkataster eines bildet. Voraussetzung für diese
Art des Nachweises ist jedoch, dass die vom Auftraggeber geforderten
Nachweismittel beim Diensteanbieter verfügbar sind und dass der Auftraggeber
auf diese Nachweise unmittelbar (z.B. etwa online) zugreifen kann (die
Notwendigkeit der Mitgliedschaft bei dem betreffenden Verzeichnis oder die
Notwendigkeit, ein Passwort zu beantragen, schließt den unmittelbaren Zugang
aus).“ (Hervorhebung der im Vergleich zum BVergG 2002 geänderten
Erläuternden Bemerkungen durch den Zitierenden)
- 2 -
Stellungnahme
zu den Erläuternden Bemerkungen:
·
Die Erläuternden Bemerkungen sowohl zum BVergG 2002
als auch zum Entwurf attestieren uneingeschränkt, dass der Österreichische
Auftragnehmerkataster
( „ANKÖ“)
das Tatbestandsmerkmal der einschlägigen bzw. allgemeinen Zugänglichkeit erfüllt.
·
Ob dem ANKÖ die geforderten Daten vorliegen, ist im
Einzelfall (je nach Ausschreibungserfordernis) vom Auftraggeber zu prüfen und
kann daher gesetzlich nicht weiter geregelt bzw. kommentiert werden.
·
Das Erfordernis der unmittelbaren Abrufbarkeit wird
laut den Erläuternden Bemerkungen zum Entwurf dann nicht erfüllt, wenn eine
Mitgliedschaft beim einschlägigen Verzeichnis bzw. ein Passwort für den Zugriff
auf Daten erforderlich ist.
Mit diesem einschränkenden Verständnis sind die
folgenden datenschutz- und wettbewerbsrechtlichen Implikationen gegeben:
·
Der Datenzugriff ohne Registrierung der abfragenden
Auftraggeber und Zuteilung bzw. Verwendung individueller passwortgeschützter
Datenzugänge würde eine Verletzung des DSG bewirken und einer Verletzung des
UWG zumindest Vorschub leisten.
·
Darüber hinaus würde in der Praxis wohl kein
Unternehmen seine sensiblen Geschäftsdaten einem derartigen „unmittelbaren“
Verzeichnis anvertrauen. Das Verzeichnis wäre daher auch wegen fehlender Akzeptanz der betroffenen
Unternehmen von öffentlichen Auftraggebern bzw. Sektorenauftraggebern nicht
sinnvoll einsetzbar.
·
Sinnvoll – und mit dem Gesetzeswortlaut
übereinstimmend – erscheint es hingegen, das in § 52 Abs 4 BVergG 2002 bzw. §
72 Abs 4 des Entwurfes enthaltene Tatbestandsmerkmal der „Unmittelbarkeit“ im
Sinne der Erläuternden Bemerkungen zum BVergG 2002 dahingehend zu verstehen,
dass darunter ein zwingend zugänglicher „online-Abruf“ (dieser jedoch unter den
oben angeführten Zugangsvoraussetzungen) zu verstehen ist.
Das einschränkende Verständnis des Gesetzeswortlautes in den Erläuterungen, lässt, sofern dieses nicht auf einem Redaktionsversehen basiert, darüber hinaus die folgenden Wirkungen erwarten:
Die Führung mehrerer Verzeichnisse hat gravierende Nachteile: Ein Unternehmer müsste sich – um sicherzustellen, dass er für öffentliche Auftraggeber umfassend präsent ist – in mehrere Verzeichnisse eintragen lassen, auf der anderen Seite könnte es dazu kommen, dass der öffentliche Auftraggeber bei der Eignungsnachweisprüfung mehrere Verzeichnisse in Anspruch nehmen muss (wenn nicht bereits in den Ausschreibungsbedingungen ein Verzeichnis explizite benannt ist).
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Um die oben
ausgeführten negativen Wirkungen zu vermeiden und auch im Hinblick auf die vorgesehene Anerkennung derartiger
Verzeichnisse in anderen
Mitgliedsländern (RL 2004/18/EG,
Artikel 52) unterbreitet der ANKÖ den Vorschlag: EIN Verzeichnis, mit
Festlegung von Kriterien und einer erhöhten Verbindlichkeit für die Akzeptanz
ad eindeutige Formulierung
Der Gesetzestext neu könnte hiezu lauten: "Ergänzende Bestimmung im § 72 Abs 4: „Der Unternehmer kann den Nachweis der Befugnis, Zuverlässigkeit und Leistungsfähigkeit auch durch den Nachweis der Eintragung in einem einschlägigen, allgemein zugänglichen Verzeichnis eines Dritten führen, sofern diesem die vom Auftraggeber geforderten Unterlagen vorliegen und vom Auftraggeber selbst unmittelbar abrufbar sind. Erfolgt die Eignungsnachweiserbringung über ein offizielles Verzeichnis/Verzeichnis eines Dritten, so ist diese Form der Eignungsnachweiserbringung anzuerkennen.“
ad Definition von Kriterien
Folgende Kriterien erscheinen - in Analogie zu vergleichbaren Konstruktionen in europäischen Ländern – zweckmäßig und zielführend und wären z.B. auf Verordnungswege festzulegen:
· Interessensübergreifende ausgewogene Trägerschaft (öffentliche Auftraggeber in Form von Gebietskörperschaften, Auftragnehmer in Form gesetzlicher Interessenvertretungen und gesetzliche Arbeitnehmervertretung)
· Ausgestaltung als offenes System für alle Unternehmer insbesondere hinsichtlich der allgemeinen Zugänglichkeit
· Mehrjährige nachgewiesene Erfahrung in der Führung eines Verzeichnisses geeigneter Unternehmer auf Basis einer bewährten Infrastruktur
· Regelmäßige selbsttätige Aktualisierung der Daten unter Nutzung von Schnittstellen zu öffentlichen Einrichtungen und Datenbanken mit der Möglichkeit, die Aktualisierungsgrade flexibel zu handhaben und unter Minimierung von Eigenerklärungen
· Finanzierung: nicht auf wirtschaftlichen Gewinn sondern ausschließlich auf Kostendeckung gerichtet und den Grundsätzen der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit verpflichtet, um eine höchstmögliche Objektivität sicherzustellen
· Zumindest Österreichweite und branchenübergreifende Geltung mit einer ausreichenden Marktabdeckung
· Schiedsgerichtsmechanismus zur Regelung von Divergenzen bezüglich
Führung von Unternehmern und Darstellung der Eignungsnachweise
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· Infrastruktur und Mitarbeiterstand, die eine ordnungsgemäße Führung eines Österreichweiten Verzeichnisses ermöglichen
· Einsatz hochwertiger Datensicherungs- und Archivierungsverfahren und Rechtssicherheit durch die Mitprotokollierung der Zugriffe
· Nachweis einer ausreichenden Vermögensschadenhaftpflicht- versicherung (z. B. € 700.000,--)
2) 74 Abs. 2, Zi 2
Zum Nachweis der allgemeinen beruflichen Zuverlässigkeit wird u.a. ausgeführt „..der letztgültigen Lastschriftanzeige der zuständigen Finanzbehörde...“. Da es sich bei der Lastschriftanzeige um ein interpretationsbedürftiges Dokument handelt (es geht daraus z.B. nicht hervor, ob einem ausgewiesenen Rückstand eine Stundungsvereinbarung zugrunde liegt und wenn ja, ob diese auch eingehalten wird), wird empfohlen eindeutige Nachweise, wie z.B. die Verzichtserklärung auf Absendung einer Eilnachricht zusätzlich aufzunehmen.
3) § 80
§ 80. Sonderbestimmung im Unterschwellenbereich – Wegfall der Eignungsprüfung auf dokumentarischer Basis.
Steht diese Regelung nicht im Gegensatz zu allen Bemühungen, Schwarzarbeit, Steuer- und Sozialbetrug hintanzuhalten, da gerade in diesem Bereich (USB) die gröbsten Missbräuche gegeben sind (Einpersonenunternehmen, Trockenausbau etc.). Die Begründung „im Interesse der kleinen und mittleren Unternehmen“ ist insofern zu relativieren, als ein kleines oder mittleres Unternehmen die Eignungsnachweiserbringung über den ANKÖ um 59,00 Euro pro Jahr bewerkstelligen kann, ohne mit administrativen Aufgaben belastet zu sein.
Vorschlag für Ergänzung in den Erläuterungen:
.. , sofern auf Grund einer Einschätzung des Auftraggebers keine Zweifel am
Vorliegen der Eignung des Bieters oder Bewerbers bestehen oder die
Möglichkeit der Eignungnachweiserbringung über ein allgemein zugängliches Verzeichnis
eines Dritten (z.B. Liste geeigneter Unternehmer des ANKÖ)
genutzt wird.
Mit freundlichen Grüßen
Dipl.-Kfm. Dr. Alfred Jöchlinger
Auftragnehmerkataster Österreich
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