Bundeskanzleramt

Ballhausplatz 2

1014 Wien

 

 

 

 

 

 

Abteilung für Rechtspolitik

Wiedner Hauptstraße 63 | A-1045 Wien

T +43 (0)5 90 900-DW | F +43 (0)5 90 900-233

E  rp@wko.at

W  http://wko.at/rp

Ihr Zeichen, Ihre Nachricht vom           Unser Zeichen, Sachbearbeiter             Durchwahl                        Datum

BKA – 600.883/0050-V/A/8/2005     Rp 1432/05/MI/CS              4282                  29.08.2005

 

 

Bundesvergabegesetz 2006 – Stellungnahme

BKA – 600.883/0050-V/A/8/2005

 

 

Die Wirtschaftskammer Österreich gibt zum Bundesvergabegesetz 2006 folgende Stellungnahme ab:

 

    I.      Zu den vom Bundeskanzleramt angesprochenen Diskussionspunkten:

 

-   Die Möglichkeit für Auftraggeber bei Vergaben in so genannten „engen Märkten“ Arbeits- oder Bietergemeinschaften einzuschränken (z.B. durch Beschränkung der Anzahl der Mitglieder einer Arbeiter- oder Bietergemeinschaft) wird seitens der Wirtschaftskammer Österreich grundsätzlich abgelehnt. Die Bildung von Arbeits- oder Bietergemeinschaften fördert eher den Wettbewerb, als dass sie ihn beschränkt. Die Einschränkung von Arbeits- und Bietergemeinschaften würde insbesondere KMUs vielfach die Möglichkeit rauben, am Wettbewerb um Großausschreibungen wie z.B. seitens der BBG oder auch an Großprojekten wie Public Private Partnerships teilzunehmen. In diesem Zusammenhang sei auch daran erinnert, dass sich gerade „kleinere“ Unternehmen oft sehr innovativ in den Wettbewerb einbringen.

 

-   Die Möglichkeit der Substitution der wirtschaftlichen und finanziellen Leitungsfähigkeit sollte – soweit europarechtlich zulässig - beschränkt werden. Durch die vorgeschlagene Regelung kommt es zu einer Mischung der bisher klar getrennten Auftragsvergabe an Bietergemeinschaften und der Subunternehmervergabe.

 

-   Die Wirtschaftskammer Österreich spricht sich auch weiterhin klar für den Vorrang des Best- gegenüber dem Billigstbieterprinzip aus. Die Gleichstellung von Best- und Billigstbieterprinzip im Unterschwellenbereich wird seitens der Wirtschaftskammer Österreich kategorisch abgelehnt: dies insbesondere, da es sich um den natürlichen Markt für KMUs handelt. Die Wirtschaftskammer Österreich spricht sich nachdrücklich für eine Streichung des letzten Satzes sowohl in § 82 Abs 3 als auch in § 101 aus und fordert eine Beibehaltung der Textierung von § 67 Abs 3 BVergG 2002 sowohl für den Ober- wie den Unterschwellenbereich.

-   Bei Berücksichtigung umweltgerechter Leistungen in den Ausschreibungen ist darauf zu achten, dass ausschließlich einheitliche, EU-konforme Öko- und Qualitätsmanagementzertifikate oder Audits als Nachweise verlangt werden. Zudem sollte der Begriff der Ökologie durch jenen der Nachhaltigkeit ersetzt werden.

Strikt abgelehnt werden technische Spezifikationen und Zuschlagskriterien, die von der Reduzierung von Emissionen (Wasser, Luft, Boden, ...) abhängig gemacht werden. Die Unternehmen werden durch viele gesetzliche Bestimmungen zur Reduzierung von Schadstoffen angehalten. Da damit auch Kosten und Aufwand verbunden sind, gibt es dementsprechende Übergangsbestimmungen. Diese Fristen dürfen daher nicht durch Aufnahme solcher Kriterien in den Ausschreibungen aufgehoben werden.

§ 190 Abs 5, der die aus dem klassischen Bereich bekannte verpflichtende Berücksichtigung der Umweltgerechtheit der Leistung im Vergabeverfahren festschreibt, sollte jedenfalls als „Kann“-Bestimmung formuliert werden.

 

-   Die Wirtschaftskammer Österreich spricht sich generell gegen Fristverkürzungen aus, insbesondere gegen Fristverkürzungen für Bieter bei der Verwendung elektronischer Medien. Die Zeitersparnis durch elektronische Übermittlung rechtfertigt keine derartigen Fristverkürzungen. Die Bieter brauchen Zeit, um qualitativ hochwertige, mängelfreie Anbote zu legen. Die Wirtschaftskammer Österreich spricht sich auch strikt gegen die in § 335 vorgeschlagene Verkürzung von Fristen für Nachprüfungsanträge aus.

 

-   Die Wirtschaftskammer Österreich spricht sich nachdrücklich für eine Beibehaltung der BVKK aus und begrüßt in diesem Zusammenhang die Einführung einer Sperrfrist. Die Hemmung der Präklusivfristen vor dem BVA während eines vor der BVKK anhängigen Schiedsverfahrens führt aus Sicht der Wirtschaftskammer Österreich sicherlich zu einer verstärkten Inanspruchnahme der Schlichtung und einer wirksamen, effizienten und raschen Streitbeilegung. § 298 Abs 2 sollte dahingehend geändert werden, dass – wie bisher im § 159 Abs 2 BVergG 2002 - auch die „jeweils in Betracht kommende Interessenvertretung“ vor der BVKK antragslegitimiert bleibt.

 

  II.      Zum BVergG Entwurf im Allgemeinen:

 

Die Wirtschaftskammer Österreich begrüßt grundsätzlich die Bemühungen des BKA, das Vergaberecht zu novellieren, zu modernisieren sowie Vereinfachungen zu erzielen.

 

Die Wirtschaftskammer Österreich bedauert allerdings, dass im gegenständlichen Entwurf Auftraggeber und Auftragnehmer nicht als gleichberechtigte Partner behandelt werden. Ganz im Gegenteil wurde die Stellung und der Handlungsspielraum der Auftraggeber wesentlich verbessert, indem die Möglichkeiten für die Wahl des Billigstbieterprinzips erleichtert, der Ausschluss von Alternativangeboten erleichtert und Vergabeverfahren, die reine Preisverhandlungen ermöglichen (elektronische Auktion, Rahmenvereinbarung, dynamisches Beschaffungssystem), ohne jede wertmäßige Beschränkung eingeführt wurden. Weiters verhindert die Vielzahl der neuen Regelungen ein für Auftraggeber und Unternehmer leicht und einfach anwendbares klares Gesetz. Allein die Vielzahl an Definitionen und Ausnahmeregelungen führt aus unserer Sicht zu einer vollkommen unnotwendigen Komplexität. Die neuen Verfahrensarten weichen alle vergaberechtlichen Errungenschaften der Auftragnehmer weitgehend auf. Durch zentrale Beschaffungsstellen und die vorhandenen elektronischen Möglichkeiten geht vom öffentlichen Auftraggeber ein enormer Wettbewerbsdruck aus, sodass unbedingt gesetzliche Schranken eingeführt werden müssen.

 

Durch den Versuch, die Ergebnisse der umfangreichen Rechtsprechung der letzten Jahre zu kodifizieren, kam es zu umfangreichen Detailregelungen; es wäre aber unserer Auffassung nach besser gewesen, sich auf die wesentlichen Prinzipien und Grundregeln für die öffentliche Beschaffung zu beschränken und dadurch ein anwenderfreundliches Vergabegesetz für Auftragnehmer und Auftraggeber zu schaffen.

 

Die Wirtschaftskammer Österreich fordert deshalb für das BVergG 2006 insbesondere folgende Punkte:

-   die Beibehaltung der Bindung an ÖNORMen für Auftraggeber und Auftragnehmer

(§§ 98 Abs 2 und 100 Abs 2),

-   die Beibehaltung des Bestbieterprinzips (§ 82 Abs 3 iVm § 101),

-   die Erhöhung der Subschwellenwerte (§ 13, § 39, § 40),

-   die Erleichterung der Bildung von Arbeits- und Bietergemeinschaften (§ 23),

-   die Zulassung von Alternativ- und Nebenangeboten (§ 83 und § 84),

-   die Beibehaltung des Eignungsnachweises,

-   eine grundlegende Modifikation der Rahmenvereinbarungen im Oberschwellenbereich oder Verzicht auf dieses Vergabeverfahren (§§ 150 – 152),

-   die Abstimmung bei Bestimmungen für den Sektorenbereich hinsichtlich der Verkehrsleistungen mit den ÖPNV-Regelungen sowie anderen Materiengesetzen,

-   Beibehaltung der BVKK und Sperrfristen (§ 298) sowie die Antragslegitimation von Interessenvertretungen vor BVKK und BVA,

-   Längere Fristen für Nachprüfungsanträge, insbesondere Ausdehnung der Frist zur Bekämpfung von Ausschreibungsunterlagen bis drei Tage vor Ende der Angebotsfrist

(§ 335),

-   Vollständiger Entfall von Rechtschutzgebühren für einstweilige Verfügungen beim BVA (§ 332).

 

III.      Zu den Bestimmungen im Einzelnen:

 

Zum Inhaltsverzeichnis:

 

Der Rechtschutz müsste mit 4. Teil statt 5. Teil betitelt werden.

 

Zu § 1 - Regelungsgegenstand:

 

Bereits die Bestimmung über den bloßen Regelungsgegenstand ist äußerst komplex und ohne Kenntnis des einschlägigen Vokabulars unverständlich. Unser Formulierungsvorschlag lautet:

 

Dieses Gesetz regelt die Vergabe öffentlicher Aufträge.“

 

Zu § 2 Z15 - Begriffsbestimmungen (gesondert anfechtbare Entscheidungen):

 

Die beiden neuen gesondert anfechtbaren Entscheidungen (Ausscheiden des Angebotes sowie Widerruf) werden als wesentliche Maßnahme zur Verbesserung des Rechtschutzes ausdrücklich begrüßt.

 


Zu § 2 Z 17 - Begriffsbestimmungen (geistige DL):

 

Die Wirtschaftskammer Österreich begrüßt den Begriff „geistige Dienstleistungen“. Um allfällige Missverständnisse zu vermeiden sind auch Dienstleistungen im Vermessungswesen in den Erläuterungen eindeutig als geistige DL zu erwähnen.

 

Zu § 2 Z 19 lit d - Begriffsbestimmung „Zuschlagskriterien“:

 

Hier fordert die Wirtschaftskammer Österreich die demonstrative Aufzählung von Zuschlagskriterien wie in Art 53 der RL 2004/18/EG für den Ober- wie den Unterschwellenbereich.

 

Zu § 2 Z 32a - Begriffsbestimmungen (Vadium – wann behebbarer Mangel)

 

Es fehlt die Definition, was „behebbare Mängel“ eines Angebotes sind.

 

Zu § 3 - öffentliche Auftraggeber und sonstige zur Anwendung von Bestimmungen dieses Bundesgesetzes verpflichtete Auftraggeber:

 

Um Umgehungskonstruktionen öffentlicher Aufftaggeber zu verhindern, bei denen vielfach versucht wird, durch eine Aufteilung der Subventionen auf mehrere Budgetjahre die Grenze von „mehr als 50vH“ zu unterschreiten und damit aus dem Anwendungsbereich des Bundesvergabegesetzes zu entkommen, sollte die, in den erläuternden Bemerkungen enthaltene Klarstellung über den Status als öffentliche Auftraggeber bei Aufträgen mit mehreren Budgetperioden in den Gesetzestext übernommen werden.

 

Zu § 4 Z 3 - Bauaufträge:

 

Die Formulierung „Erbringung einer Bauleistung durch Dritte“ ist zu ungenau und führt in der Praxis immer wieder zu Umgehungen des Vergabegesetzes. Es sollte daher in dieser Bestimmung eindeutig zum Ausdruck gebracht werden, dass auch Generalunternehmer, Bauträgergesellschaften und Leasingfirmen das Vergabegesetz zwingend anzuwenden haben, wenn diese für öffentliche Auftraggeber Bauleistungen durchführen.

 

Zu § 9 - Abgrenzungsregelung:

 

Eine klare Abgrenzungsregelung zwischen Bauaufträgen und den anderen Auftragsarten fehlt nach wie vor. Aus § 9 Abs 2 könnte man im Gegenteil schließen, dass Aufträge, die auch Liefer- oder Dienstleistungselemente enthalten, schon dann als Bauaufträge gelten, wenn die Bauleistung keine Nebenleistung ist. Hier sollte eine Klarstellung erfolgen.

 

Zu § 10 Z 14 - Vom Geltungsbereich des Gesetzes ausgenommene Vergabeverfahren:

 

Die Problematik einer Bündelung der öffentlichen Nachfrage liegt in den dadurch bewirkten Großausschreibungen, die durch die neu hinzugekommenen Vergabeverfahren noch verstärkt wird. KMU werden dadurch systematisch aus dem Markt gedrängt.

 


Zu § 12 - nicht-prioritäre Dienstleistungen:

 

Grundsätzlich besteht kein Einwand seitens der Wirtschaftskammer Österreich, die Vergabe von nicht-prioritären Dienstleistungen auf das europarechtlich Gebotene zurückzuführen: Eine vollkommen freie Wahl des Vergabeverfahrens wie dies § 12 iVm § 27 vorsieht, und somit auch die Verfahren der Direktvergabe, elektronischen Auktion sowie dynamische Beschaffungssysteme ins Ermessen des Auftraggebers stellt, scheint jedoch überzogen, und insbesondere beim Verfahren der Direktvergabe auch im Widerspruch zu den EU-rechtlichen Prinzipien von Transparenz (Publikation) und Nichtdiskriminierung zu sein. Aus Sicht der Wirtschaftskammer Österreich sollte bei Aufträgen, deren Auftragswert höher als € 40.000,- (entsprechend dem seitens der Wirtschaft geforderten Schwellenwert für die Direktvergabe) ist, zumindest ein Verhandlungsverfahren mit mindestens drei Bietern sowie einer österreichweiten Publikation verpflichtend durchzuführen sein.

 

Auslegungsbedürftig ist der zweite Satz der Bestimmung, nach dem „….in Abhängigkeit vom Wert und Auftragsgegenstand eine Verfahrensart zu wählen ist, die einen angemessenen Grad an Öffentlichkeit gewährleistet“. Es sollte zumindest klargestellt werden, dass hinsichtlich der „Öffentlichkeit“ auf jeden Fall eine nationale Veröffentlichung ausreichend ist, was wohl europarechtlich für diese Art von spezieller Leistung zulässig sein müsste.

 

Die Wirtschaftskammer Österreich fordert insbesondere den vergabespezifischen Rechtschutz für die Vergabe von nicht-prioritären Dienstleistungen, da auf Grund der langen Verfahrensdauern vor den ordentlichen Zivilgerichten ein effektiver und effizienter Rechtschutz im Sinne der europäischen Rechtsmittelrichtlinien dort nicht gegeben ist.

 

Zu § 13 - Subschwellenwerte:

 

Die Subschwellenwerte im § 13 Abs 2 Z 1 sollten von derzeit im Entwurf geplanten

€ 30.000,- auf € 40.000,- sowie im § 13 Abs 2 Z 2 von € 20.000,- auf € 30.000,- erhöht werden.

 

Zu §§ 14 und 180 - Sonderstellung geschützter Werkstätten:

 

Bei diesen Bestimmungen handelt es sich um eine Kannbestimmung, ohne dass determiniert wird, wann eine Ausschreibung solchen Einrichtungen vorbehalten werden kann. Da der Vorbehalt einen Defakto-Ausschluss aller anderen potentieller Bewerber bedeutet, wären Kriterien wünschenswert, wann ein solcher Vorbehalt erfolgen darf.

 

Zu § 17 - Berechnung des geschätzten Aufragswertes:

 

Die Wirtschaftskammer Österreich setzt sich dafür ein, dass bezüglich der Berechnung des Auftragswertes bei Bauaufträgen, Dienstleistungen, wie z.B. Bauplanungs- und Bauüberwachungsleistungen, die nicht Gegenstand des Bauauftrages sind, nicht einzubeziehen sind. Bauplanungsleistungen und Bauüberwachungsleistungen sollten daher nicht in die Berechnung des Auftragswertes eines Bauauftrags einfließen.

 


Es ist zu begrüßen, dass aufgrund der Regelung im § 17 Abs 4 letzter Satz als geschätzter Auftragswert für die Wahl des Vergabeverfahrens im Unterschwellenbereich der Wert des einzelnen Gewerkes gilt. Es ist aber für uns nicht nachvollziehbar, weshalb in den

§ 18 Abs 5 bzw. § 19 Abs 6 bei Liefer- und Dienstleistungsaufträgen nicht ebenfalls eine vergleichbare Bestimmung aufgenommen wurde. Stattdessen finden sich dort eher schwer lesbare Regelungen.

 

Es sollte auch eindeutig klargestellt werden, dass bzw. ob die Zusammenrechnungsregeln nur für das Oberschwellenregime gelten und für die Subschwellenwerte keine Zusammenrechnung stattfindet.

 

Zu § 19 Abs 4 (bzw. auch §§ 17 Abs 3 und 19 Abs 6) - Gleichartige Leistungen:

 

In den Erläuterungen sollte näher ausgeführt werden, was unter „gleichartigen Leistungen“ zu verstehen ist. Auf jeden Fall ist klarzustellen, dass Planungsleistungen unterschiedlicher Gewerke keineswegs als gleichartige Leistungen zu werten sind.

 

Zu § 19 Abs 6 - Berechnung des geschätzten Auftragswertes bei Dienstleistungsaufträgen:

 

Der letzte Halbsatz „… sofern der kumulierte Wert der vom Auftraggeber gewählten Lose 20vH des kumulierten Wertes aller Lose nicht übersteigt.“ soll gestrichen werden. Dieser Vorschlag ist mit der gängigen Vergabepraxis zu begründen, wonach unterschiedliche Gewerke getrennt bewertet werden. In diesem Zusammenhang kann auch auf die Regelung in § 17 Abs 4 hingewiesen werden, wonach bei Bauaufträgen für die Wahl des Vergabeverfahrens im Unterschwellenbereich der geschätzte Auftragswert des einzelnen Gewerkes gilt (Anmerkung: sofern der kumulierte Wert der Lose nicht den Subschwellenwert für Bauaufträge gemäß § 15 Abs 1 Z 3 übersteigt). Diese Regelung sollte entsprechend auch auf Dienstleistungen anwendbar sein.

 

Zu § 22 Abs 4 - Grundsätze des Vergabeverfahrens:

 

Dadurch wird eine Beendigung des Vergabeverfahrens durch Widerruf erleichtert, da bereits „sachliche“ und nicht wie bisher „wichtige Gründe“ dafür ausreichen. Daraus könnte man folgern: Der Auftraggeber kann solange widerrufen, bis sein Lieblingsbieter zum Zug kommt. Die Wirtschaftskammer Österreich fordert daher auch weiterhin „wichtige Gründe“ für einen Widerruf.

 

Zu § 22 Abs 6 - Grundsätze des Vergabeverfahrens:

 

Mögliche Zuschlagskriterien im Zusammenhang mit sozialpolitischen Belangen wären z.B. hohe Quoten an Lehrlingen oder älteren Dienstnehmern. Was genau darunter gemeint ist, sollte in den Erläuterungen klargestellt werden.

 

Zu § 23 - Bietergemeinschaften:

 

Die Klarstellung, dass Bieter- und Arbeitsgemeinschaften zur Geltendmachung der ihnen durch das Vergaberecht eingeräumten Rechte Parteistellung haben, wird positiv beurteilt.

 


Wurde innerhalb einer Arbeits- oder Bietergemeinschaft ein Bevollmächtigter bestellt, so stellt sich die Frage, bis zu welchem Zeitpunkt diese Bevollmächtigung spätestens nachzuweisen ist. Aus Sicht der österreichischen Wirtschaft sollte dies „spätestens bis zum Zeitpunkt der Angebotsabgabe“ sein.

 

Zu § 23 Abs 5 - Allgemeine Bestimmungen:

 

Aufgrund der großen praktischen Bedeutung der Vorarbeitenproblematik sollten die begründeten Ausnahmefälle und die Rahmenbedingungen, unter denen die Teilnahme eines Vorarbeiten leistenden Unternehmens doch zulässig ist, genauer geregelt werden. Hat doch der Vorarbeiter ein Recht darauf, schon vor der Angebotslegung zu erfahren, ob er teilnahmeberechtigt ist oder nicht: d.h. es ist vom Auftraggeber in den Ausschreibungsunterlagen klarzustellen, ob sich der Vorarbeiten leistende Unternehmer am Wettbewerb beteiligen darf.

 

Zu der seitens des BKA aufgeworfenen Frage, ob die Einschränkung von Bietergemeinschaften bei „engen Märkten“ durch den Auftraggeber möglich sein soll, spricht sich die Wirtschaftskammer Österreich strikt dagegen aus, da die Bildung von Arbeitsgemeinschaften den Wettbewerb im Regelfall eher fördert als beschränkt und eine diesbezügliche Einschränkung KMUs vielfach die Möglichkeit raubt, am Wettbewerb um Großausschreibungen wie z.B. durch die BBG oder auch an Großprojekten wie Public Private Partnerships teilzunehmen. Weiters bringt der Begriff „enge Märkte“ diffizile Auslegungsprobleme mit sich, was zu Rechtsunsicherheit führt und auch deshalb abzulehnen ist.

 

Zu § 24 - Allgemeine Bestimmungen betreffend die Vergabe von Leistungen und Teilleistungen:

 

Die Wirtschaftskammer Österreich schlägt folgende Formulierung vor:

 

„Die Ausschreibung von Leistungen hat unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit in volkswirtschaftlich und betriebswirtschaftlich sinnvollen Leistungsteilen und Losgrößen zu erfolgen, die einen fairen Wettbewerb für die an einer Ausschreibung interessierten Bieter ermöglichen.“

 

Zu § 26 Abs 1 - Allgemeine Bestimmungen betreffend den Preis:

 

Die begründeten Ausnahmefälle für Preisaufschlags- und Preisnachlassverfahren sollten eng und klar umrissen werden, da in der Praxis diese bedenklichen Verfahren besonders im Unterschwellenbereich häufig angewendet werden (z.B. vollkommen verfehlt im Kanal- und Leitungsbau).

 

Zu § 26 Abs 7 - Allgemeine Bestimmungen betreffend den Preis:

 

Die festgesetzte Preisbindung von einem Jahr ist für zahlreiche Wirtschaftsbranchen, deren Marktpreise vielen Schwankungen unterliegen, zu lange und sollte auf 6 Monate beschränkt werden.

 


Dem „Rechtsgutachten zu Fragen der Vertragsauflösung und –anpassung aus Anlass unerwarteter Erhöhungen“ von Prof. Krejci, vom 26.7.2004 ist zu entnehmen, dass auch derjenige, der ohne Bezugnahme auf Vergabevorschriften einen Auftrag ausschreibt, schon aus Gründen der Vergleichbarkeit der Angebote Wert darauf legen muss, dass die angebotenen Preise so gestaltet sind, dass sie zumindest im Wesentlichen einen Einblick in ihre Kalkulation ermöglichen. Anderenfalls läuft man Gefahr, Bietern den Zuschlag zu erteilen, deren Unternehmen möglicherweise mangels ausreichender betriebswirtschaftlicher Führung nicht jene wirtschaftliche Stabilität aufweisen, die für eine verlässliche Durchführung des Auftrages erforderlich ist. Es hat also den vernünftigen Auftraggeber sehr wohl schon zwecks Wahrung des Eigenwohls zu interessieren, ob und inwieweit der Auftragnehmer seine Preise nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen nachvollziehbar kalkuliert

 

Die ÖNORM A 2050 zielt darauf ab, dass der Werklohn angemessen, also den Marktverhältnissen entsprechend, sachgerecht kalkuliert sein soll. Zu Festpreisen soll nur ausgeschrieben werden, wenn daraus den Vertragspartnern bei langfristigen Verträgen keine unzumutbaren Unsicherheiten entstehen. Diesfalls ist auch nach der ÖNORM A 2050 zu veränderlichen Preisen auszuschreiben, anzubieten und zuzuschlagen.

 

Stützen sich Verträge auf die ÖNORM A 2060 bzw. B 2110 gilt Folgendes: Sofern aus dem Vertrag nicht erkennbar ist, ob es sich um Festpreise oder veränderliche Preise handelt, ist nicht die Auslegung als Festpreise vorherrschend. Vielmehr gelten nur jene Leistungen, die nach dem Vertrag innerhalb von sechs Monaten nach Ende der Angebotsfrist bzw. nach dem Datum des Angebots zu beenden sind, als zu Festpreisen vereinbart. Leistungen gelten auch dann als zu Festpreisen abgeschlossen, wenn im Vertrag keine Leistungsfrist vereinbart ist und die Leistungen innerhalb von sechs Monaten nach dem Ende der Angebotsfrist bzw. dem Datum des Angebots beendet werden. Alle übrigen Leistungen gelten als zu veränderlichen Preisen abgeschlossen. Darüber hinaus sind auch bei Verträgen mit Festpreisen, bei denen der Fertigstellungstermin aus nicht vom Auftragnehmer zu vertretenden Gründen überschritten wird, jene Leistungsteile zu veränderlichen Preisen abzurechnen, die nach dem Fertigstellungstermin erbracht werden.

 

Die genannten ÖNORMEN reduzieren also die mit der Vereinbarung eines Festpreises verbundene Gefahr eines Verlustes des Auftragnehmers infolge unrichtig eingeschätzter Kostenerfordernisse der Leistungserbringung erheblich.

 

Das Bundesvergabegesetz 2002 geht davon aus, dass nur dann zu Festpreisen auszuschreiben ist, wenn deren Kalkulationsgrundlagen hinreichend stabil sind. Daraus folgt, dass das BVergG 2002 Leistungsverträge missbilligt, die Festpreise vorsehen, obwohl damit gravierende Kalkulationsunsicherheiten verbunden sind.

 

Die durch Experten in jahrelanger Arbeit entwickelten ÖNORMEN A 2050, A 2060 und

B 2110 befassen sich eingehend mit dem Problem und Ziel der Preisgestaltung für Ausschreibungen im Baubereich. Obwohl vom Laien eine Präferenz für Festpreise festgestellt wird, haben die Experten in den ÖNORMEN A 2060 und B 2110 den zeitlichen Rahmen für die Geltung von Festpreisen klar festgelegt.

 

In diesem Zusammenhang sei auch auf eine OGH-Entscheidung verwiesen (SZ 58/41), die schon im damaligen Entscheidungszeitpunkt eine lange Tradition der Abgrenzungsfristen in der ÖNORM B 2110 zwischen Festpreisen und variablen Preisen festhält und eine allgemein akzeptierte Praxis feststellt.

Gerade im Rahmen einer Novellierung dieses Ausmaßes ist es für die österreichische Wirtschaft von größter Bedeutung, diese von Experten entwickelten und fundierten Grundsätze der genannten ÖNORMEN auch in § 26 Abs. 7 des Entwurfes zum neuen Bundesvergabegesetz zu verankern und damit zu gewährleisten, dass Rechtssicherheit des Vertrages und kaufmännisches Risiko in einem zweifelsfrei ausgewogenem Maße einander gegenüberstehen.

 

Der letzte Satz in § 26 Abs 7 muss somit aus Wirtschaftssicht heißen:

 

„Der Zeitraum für die Geltung fester Preise darf grundsätzlich die Dauer von 6 Monaten nicht übersteigen.“

 

Überlegenswert erscheint in diesem Zusammenhang auch eine gesetzliche Verankerung der Empfehlung der Unabhängigen Schiedskommission wie folgt:

 

„Im Falle des Vorliegens einer Empfehlung der Schiedskommission beim BMWA zu veränderlichen Preisen, ist dieser von öffentlichen Auftraggebern zu folgen.“

 

Zu § 27 Abs 7-9 - Arten des Vergabeverfahrens:

 

In allen drei Fällen kommt es letztlich zu einer Art Versteigerung des öffentlichen Auftrags, was aus Sicht der österreichischen Wirtschaft im Sinne einer qualitativen öffentlichen Beschaffung nicht begrüßt werden kann.

 

Zu §§ 30 Abs 2 , 31 Abs 2 sowie 32 Abs 2 - Wahl des Verhandlungsverfahrens:

 

Dadurch, dass die elektronische Auktion mit allen anderen Verfahrensarten, insbesondere dem offenen Verfahren und der Rahmenvereinbarung sowie dem dynamischen Beschaffungssystem kombiniert werden kann, erfolgt ein vollständiger Systemwechsel. Das bisherige Verhandlungsverbot wird aufgegeben und durch eine Lizitation ersetzt.

 

Durch den Ausnahmetatbestand für Bau- und Dienstleistungsaufträgen, die geistige Leistungen zum Gegenstand haben, folgt, dass derartige Aufträge ohne geistigen Leistungsanteil verauktionierbar sind. Es besteht nun die große Gefahr, dass diese bequeme elektronische Preisverhandlung flächendeckend gewählt werden wird.

 

Bezüglich der hier vorgesehenen Möglichkeiten der Durchführung von Verhandlungsverfahren ohne Bekanntmachung sprechen wir uns dafür aus, dass bei allen Verfahren, bei denen nicht nur ein Unternehmer die Leistung erbringen kann, zwingend vorgeschrieben wird, zumindest drei Unternehmen im Sinne eines ausreichenden Wettbewerbs zum Verhandlungsverfahren einzuladen.

 

Zu § 32 Abs 1 Z 3 - Wahl des Verhandlungsverfahrens bei Dienstleistungen:

 

In den Erläuterungen sollten neben Bauplanungsleistungen auch sämtliche Ingenieurleistungen auf allen technischen und naturwissenschaftlichen Fachgebieten erwähnt werden.

 


Zu § 33 Abs 1 - Elektronische Auktion:

 

Nicht standardisierte sowie nicht standardisierbare Leistungen sind für die Vergabe im Rahmen von elektronischen Auktionen nicht geeignet. Es ist eine Klarstellung erforderlich, wonach Bauaufträge ausnahmslos nicht Gegenstand einer elektronischen Auktion sein können.

 

Zu § 39 - Wahl des nicht-offenen Verfahrens ohne vorherige Bekanntmachung:

 

Die Wirtschaftskammer Österreich spricht sich generell für eine Anhebung der Schwellenwerte aus:

 

Die Subschwellenwerte von derzeit im Entwurf geplanten € 120.000,- für Bauleistungen sollen auf € 240.000,- sowie die in § 39 Z 2 für Liefer- und Dienstleistungen geplanten

€ 60.000,- auf € 120.000,- angehoben werden.

 

Zu § 40 - Zusätzliche Möglichkeiten der Wahl des Verhandlungsverfahrens:

 

Die Subschwellenwerte im § 40 Abs 2 Z 1 sollten von € 80.000,- auf € 100.000,- angehoben werden.

Die Subschwellenwerte im § 40 Abs 2 Z 2 sollten von € 60.000.- auf € 80.000,- angehoben werden.

Die Subschwellenwerte im § 40 Abs 2 Z 3 sollten von € 40.000.- auf € 60.000,- angehoben werden.

 

§ 40 Abs 2 Z 4 wird seitens der Wirtschaftskammer Österreich kategorisch abgelehnt, da diese Bestimmung alle Bemühungen eines fairen und transparenten Leistungswettbewerbs bei der Vergabe öffentlicher Aufträge konterkariert. Diese Bestimmung lässt auf Grund der Formulierung „… besonders günstige Gelegenheit“ einen viel zu großen Interpretationsspielraum.

 

Zu § 41 Abs 1 - Zusätzliche Möglichkeiten der Wahl des Wettbewerbsverfahrens:

 

Da es sich beim Ausdruck „genügend“ aus unserer Sicht um einen unbestimmten Gesetzesbegriff handelt, sollte hier eine Festlegung, wie etwa im § 154 Abs. 2 („Anzahl der einzuladenden Unternehmen darf nicht unter drei liegen“) getroffen werden.

 

Zu § 44 Abs 1 iVm Abs 3 - Festlegungen für die Abgabe elektronischer Angebote:

 

In den Ausschreibungsunterlagen sollte der öffentliche Auftraggeber zwingend anzugeben haben, dass neben einem elektronisch abgegebenen Anbot kein Anbot bzw. Anbotbestandsteil in Papierform abgegeben werden darf.

 

Zu § 45 Abs 3 - Allgemeine Bestimmungen für elektronisch übermittelte Angebote:

 

Bezüglich der Vorlage gewisser Eignungsnachweise spätestens zum Ablauf der Angebotsfrist in Papierform ist darauf hinzuweisen, dass es bis dato möglich war, den Nachweis über die Eignung – soweit die Eignung zum Zeitpunkt der Angebotseröffnung vorhanden war – im Zuge der Angebotsprüfung nachzuliefern. Dies sollte auch weiterhin als behebbarer Mangel betrachtet werden.

 

Zu § 48 Abs 3 - Bekanntmachung der Vergabe von Leistungen:

 

Diese Kannbestimmung ist durch ein „Muss“ zu ersetzen. Damit ein potentieller Bieter gleich im Rahmen der Bekanntmachung erkennen kann, ob der Auftrag für ihn von Interesse ist, wäre die Angabe dieser Vorraussetzungen für die Teilnehmer an Vergabeverfahren essentiell.

 

Zu § 49 - Berichtigung von Bekanntmachungen:

 

Hier sollte auf die Möglichkeit bzw. vielmehr Pflicht zur Verlängerung der Angebotsfrist hingewiesen werden (z.B. Verweis auf die Bestimmung des § 59 Abs 2 bzw. § 92).

 

Zu § 57 - Bekanntmachungen in Österreich:

 

Hier wäre eine analoge Bestimmung wie in § 48 Abs 3 wünschenswert: Das „Kann“ ist durch ein „Muss“ zu ersetzen.

 

Zu § 64 - Verkürzte Fristen bei elektronischen Medien:

 

Die kumulierbare Fristverkürzung beim Einsatz elektronischer Medien wird entschieden abgelehnt. Die Verkürzung der ohnehin schon knapp bemessenen Fristen steht in keinem Verhältnis zu der auf diese Weise tatsächlich erzielbaren Zeitersparnis. Von einer Verkürzung der ohnehin schon knapp bemessenen Fristen (z.B. auf nur 15 Tage im offenen Verfahren im Oberschwellenbereich) sollte unbedingt Abstand genommen werden, da ansonsten eine seriöse Anbotslegung durch die Bieter in vielen Fällen, insbesondere für KMUs, unmöglich wird.

 

Zu § 65 Z 3 - Verkürzte Teilnahme – und Angebotsfristen:

 

Beim nicht offenen Verfahren mit vorheriger Bekanntmachung darf die Angebotsfrist keinesfalls auf nur 10 Tage verkürzt werden (vgl. § 64).

 

Zu § 69 - Verkürzte Teilnahme – und Angebotsfristen:

 

Hier wird der Auftraggeber ermächtigt, die Mindestangebots- und die Teilnahmefristen zu verkürzen. Angaben, welche Verkürzungen zulässig sind (1 Woche? 3 Tage?), fehlen.

 

Zu § 70 Abs 3 Z 2 - Absehen vom Ausschluss vom Vergabeverfahren:

 

Der Begriff „geringfügiger Rückstand“ ist auslegungsbedürftig und muss näher beschrieben werden, um nicht folgende Fragen aufzuwerfen: Dürfen die „geringfügigen Rückstände“ absolut oder relativ zum Umsatz oder einer anderen Kenngröße des Unternehmens geringfügig sein? Wo liegen die Grenzen zwischen geringfügig und nicht geringfügig?

 

Zu § 72 - Verlangen der Nachweise durch den Auftraggeber:

 

Hier sollte aufgenommen werden, dass der Auftraggeber verpflichtet wird, die Eintragung von Bietern in ein offizielles Verzeichnis (wie den ANKÖ) anzuerkennen.

 


Aus Sicht der Wirtschaftskammer Österreich ist folgende Ergänzung notwendig: „….. Erfolgt die Eignungsnachweiserbringung über ein offizielles Verzeichnis/Verzeichnis eines Dritten, so ist diese Form der Eignungsnachweiserbringung vom öffentlichen Auftraggeber anzuerkennen.“ Dadurch wird vermieden, dass ein Bieter, der in einem von einem dazu befugten Unternehmen geführten Verzeichnis bereits erfasst ist, nochmals dem Auftraggeber seinen Nachweis der Eignung vorlegen muss.

 

Die Wirtschaftskammer Österreich fordert nachdrücklich, dass derartige Verzeichnisse nur von seriösen Unternehmen als offene Systeme und unter Berücksichtigung aller einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen, insbesondere des Datenschutzgesetzes und regelmäßiger selbsttätiger Aktualisierung der Daten geführt werden dürfen. Die Wirtschaftskammer Österreich weist auch nachdrücklich darauf hin, dass die Führung mehrerer Verzeichnisse für die Bieter aber auch Auftraggeber Nachteile hat. In diesem Zusammenhang weist die Wirtschaftskammer Österreich nachdrücklich auf die positiven Erfahrungen hinsichtlich der freiwilligen Eintragung von Unternehmen in den Auftragnehmerkataster (ANKÖ) hin: Unternehmen dürfen aus Sicht der österreichischen Wirtschaft auch in Zukunft nicht gezwungen werden, sich in derartigen Listen eintragen zu lassen.

 

Zu § 73 - Herkunftslandprinzip:

 

Auch wenn in den Erläuterungen dargelegt wird, dass diese Regelung dem geltenden Bundesvergabegesetz 2002 entspricht, wäre eine legistische Klarstellung dahingehend wünschenswert, dass „Bieter aus dem EWR-Ausland auf jeden Fall die Vorschriften nach den §§ 373 lit a ff Gewerbeordnung (insbesondere Anerkennung durch das Wirtschaftsministerium) erfüllen müssen“.

 

Zu § 76 Abs 1 Z 4 - Nachweis der finanziellen und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit:

 

Fallweise verlangen Auftraggeber sparten- oder auftragsspezifische Mindestumsätze für die letzten drei Geschäftsjahre, um einen ausreichend erfahrenen und leistungsfähigen Bieter zu erhalten. Nunmehr ist vorgesehen, dass – falls das Unternehmen noch nicht so lange besteht – ein kürzerer Tätigkeitszeitraum ausreicht. Dies begünstigt Neugründungen. Diese Möglichkeit sollte daher auch beim Nachweis der technischen Leistungsfähigkeit (Referenzen) vorgesehen werden.

 

Zu § 77 Abs 3 - Nachweis der technischen Leistungsfähigkeit:

 

Für Jungunternehmungen, die weniger als drei Jahre bestehen, sollten alternative Leistungsnachweise in jedem Punkt möglich sein.

 

Zu § 78 - Nachweis der Leistungsfähigkeit:

 

Die geplante Bestimmung geht über die zitierte Rechtsprechung des EuGH hinaus, da sie den Nachweis der Leistungsfähigkeit durch jeden beliebigen „anderen Unternehmer“ akzeptiert, während der EuGH auf ein „anderes Unternehmen der Gruppe“ eingeschränkt hatte. In der Gruppe ist auch die gesamtschuldnerische Haftung des leistungsfähigen Gruppen-Mitgliedes nachvollziehbar und verständlich, nicht aber die geplante Regelung des

§ 78.

 


Wenn fehlende Kapazitäten „zugekauft“ werden sollen, dann soll das über den Weg des Eintrittes in die Bietergemeinschaft erfolgen. Der Nachweis der Leistungsfähigkeit durch nicht der Bietergemeinschaft angehörende Unternehmen sollen nur dann zulässig sein, wenn dieses andere Unternehmen der Gruppe des Bieters bzw. eines Mitgliedes der Bietergemeinschaft angehört, wobei die Gruppe nach § 228 HGB definiert werden kann.

 

Die vorgesehene Möglichkeit einer solidarischen Haftung wird strikt abgelehnt. Damit könnte unter Umständen der wirtschaftlich stärkere Generalunternehmer den wirtschaftlich weniger starken Subunternehmer zwingen, eine Haftung für Leistungen zu übernehmen, die nicht vom Subunternehmer sondern vom Generalunternehmer zu erbringen sind. Dadurch würde das Risiko des Generalunternehmers auf den Subunternehmer abgewälzt.

Gegebenenfalls könnte es auch zu einer Wettbewerbsverzerrung kommen, wenn der Generalunternehmer mittels finanzkräftiger Subunternehmer seine Bonität und damit seine Attraktivität als Vertragspartner gegenüber potentiellen Geschäftspartnern steigern würde. Vom BKA wurde zur Diskussion gestellt, ob für den Fall, dass die finanzielle oder wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Bieters nicht ausreicht, vorgesehen werden soll, dass von den Unternehmen und dem Generalunternehmer eine Erklärung zu verlangen ist, im Auftragsfall solidarisch haften. Dies erscheint aus Sicht der Wirtschaftskammer Österreich sehr problematisch, da das Risiko auf den Subunternehmer, welcher oft ein KMU ist und nur Teilleistungen erbringt, für den Gesamtauftrag überwälzt werden könnte, was grundsätzlich abzulehnen ist.

 

Zu § 80 - Absehen vom Nachweis der Befugnis:

 

Die Entscheidungsfreiheit des Auftraggebers stellt auch die in den Erläuterungen behauptete Erleichterung für Bieter im aufwändigen Nachweissystem in Frage. Diese Erleichterung sollte sinnvollerweise über die „Nachweis-Befreiung“ im Falle einer Eintragung in eine Liste geeigneter Unternehmer herbeigeführt werden.

Zu § 81 Abs 1 - Grundsätze der Ausschreibung:

 

Hier sollte eine Bestimmung aufgenommen werden, die den Auftraggeber verpflichtet, bereits in den Ausschreibungsunterlagen einen verbindlichen Terminplan für Teil- und Fertigstellungstermine bekannt zu geben.

 

Zu § 81 Abs 3 - Grundsätze der Ausschreibung:

 

Es sollte zumindest in den Erläuterungen klargestellt werden, was genau unter „umfangreichen Vorarbeiten“ zu verstehen ist.

 

Zu §§ 82 Abs 3 und 101 - Inhalt der Ausschreibungsunterlagen (Best- und Billigstbieterprinzip):

 

Dem Zuschlagsprinzip des technisch und wirtschaftlich günstigsten Angebotes ist gegenüber dem Zuschlagsprinzip des günstigsten Preises weiterhin Vorrang einzuräumen. Liegen die angeführten Voraussetzungen für eine Billigstbietervergabe tatsächlich vor und soll ausnahmsweise dem Angebot mit dem niedrigsten Preis der Zuschlag erteilt werden, so sollte der Auftraggeber dies in den Ausschreibungsunterlagen ausdrücklich angeben müssen. Der letzte Satz im § 82 Abs. 3 ist somit vollständig zu streichen. Die Wirtschaftskammer Österreich fordert nachdrücklich die Beibehaltung der zurzeit geltenden Regelung des § 67 Abs 3 BVergG 2002 mit dem Vorrang des Bestbieterprinzips vor dem Billigstbieterprinzip.

Zahlreiche Rückmeldungen aus der Praxis haben gezeigt, dass viele, insbesondere kleinere Auftraggeber, Schwierigkeiten haben, taugliche Zuschlagskriterien festzulegen, die auch vergaberechtlich zulässig sind. Dieses Problem könnte dadurch gemildert werden, dass im Gesetzestext in demonstrativer Art und Weise taugliche Zuschlagskriterien wie in Art 53 der RL 18/2004 EG; (§ 2 Z19 lit d)festgelegt werden. Dies würde es auch Auftraggebern erleichtern, sich gesetzeskonform an das Bestbieterprinzip zu halten. Da gerade bei individuellen Tätigkeiten wie Bautätigkeiten die Bestbietersuche nach strengsten Qualitätskontrollen geboten ist, wird folgende Ergänzung gefordert:

 

„Bei der Ausschreibung von Bauaufträgen ist der Zuschlag dem technisch und wirtschaftlich günstigsten Angebot zu erteilen“.

 

Zu § 83 - Alternativangebote:

 

Nach der Neuregelung ist nunmehr vorgesehen, dass ganz im Gegensatz zur geltenden Rechtslage Alternativangebote nur dann zugelassen sind, wenn dies der Auftraggeber ausdrücklich in den Ausschreibungsunterlagen festhält. Aus Sicht der Wirtschaftskammer Österreich ist diese Festlegung ein klarer Rückschritt im Vergleich zum derzeit geltenden „innovationsfreudigen“ Bundesvergabegesetz. Eine Nichtzulassung von Alternativangeboten würde nicht nur Innovationen verhindern, sondern in vielen Fällen auch gegen das Prinzip der sparsamsten und effizientesten Mittelverwendung verstoßen. Die Tendenz des Gesetzgebers sollte somit eher in Richtung Forcierung innovativer Ideen und Förderung des Bereiches Forschung und Entwicklung gehen. Aus diesem Grund wird die vorgesehene Formulierung abgelehnt. Die Wirtschaftskammer Österreich fordert die Beibehaltung der geltenden Rechtslage: das heißt, Zulässigkeit zum Alternativangeboten, es sei denn sachliche Gründe sprechen dagegen. Diese Regelung sollte auch auf die neu geschaffenen Nebenangebote ausgedehnt werden.

 

Zu § 84 - Nebenangebote:

 

Die neu eingeführte Kategorie der Nebenangebote wird prinzipiell begrüßt. Nebenangebote sollen generell und ausnahmslos zugelassen sein, ohne die Möglichkeit einer Nichtzulassung durch den Auftraggeber vorzusehen. Es ist kein sachlicher Grund ersichtlich, warum man Angebote ausscheiden sollte, die „im Hinblick auf die ausgeschriebene Leistung eine lediglich geringfügige, jedoch gleichwertige Änderung“ beinhalten. Zusätzlich muss die Abgrenzung der Nebenangebote zum Alternativangebot durch eine möglichst exakte Beschreibung des Begriffes „lediglich geringfügig, jedoch gleichwertig“ in den Erläuterungen verbessert werden, da dies sonst in der Praxis Probleme bereiten wird. Wenn Alternativangebote vom Auftraggeber nicht zugelassen würden, würde eine objektiv nicht nachvollziehbare Abgrenzung zum Nebenangebot über das Ausscheiden aus dem Vergabeverfahren entscheiden.

 

Zu § 85 - Subunternehmerleistungen:

 

Die bisherige Regelung über Subunternehmerleistungen (§ 70 BVergG 2002) sollte – sofern europarechtlich zulässig – beibehalten werden. Als Ansatzpunkt sollte der im „Professorenentwurf“ vorgesehene Gesetzesvorschlag wie folgt herangezogen werden:

 


„ …(1) In den Ausschreibungsunterlagen sind Bestimmungen über die Zulässigkeit von Subunternehmerleistungen zu treffen. Der Auftraggeber kann wesentliche Teile der Arbeiten bestimmen, die der Bieter im Auftragsfall selbst auszuführen hat. Angebote von Bietern, die den Festlegungen des 2. Satzes widersprechen, dürfen jedoch dann nicht ausgeschieden werden, wenn der Bieter nachweist, dass der die für die bestimmten Arbeiten erforderliche Leistungsfähigkeit nicht besitzt und sie auch nicht durch ein verbundenes Unternehmen beigebracht werden kann, diese jedoch bei dem im Angebot zu nennenden Subunternehmer vorhanden ist und ihm dessen Leistungsfähigkeit zur Verfügung steht. Die Weitergabe von Teilen der Leistung ist überdies nur insoweit zulässig, als der Subunternehmer die für die Ausführung seines Teiles erforderliche Befugnis, die zum Nachweis der technischen Leistungsfähigkeit des Bieters erforderliche technische Leistungsfähigkeit sowie die besondere beruflich Zuverlässigkeit gemäß §§ … besitzt.

 

(2) Der Bieter hat in seinem Angebot die wesentlichen Teile des Auftrages anzugeben, den er gegebenenfalls im Wege von Subaufträgen an Dritte zu vergeben beabsichtigt. Die in Frage kommenden Subunternehmer sind unter Nachweis ihrer Befugnis und, sofern deren technische Leistungsfähigkeit für den Nachweis der Leistungsfähigkeit des Bieters erforderlich ist, unter Beilage der erforderlichen Bescheinigungen und dem Nachweis, dass der Bieter über deren Leistungsfähigkeit verfügt, bekannt zu geben. Die Nennung mehrerer Subunternehmer je Leistungsteil ist zulässig. Die Haftung des Auftragnehmers wir durch diese Angabe nicht berührt.

 

(3) Benötigt der Unternehmer die Leistungsfähigkeit von Subunternehmern, um seine eigene Leistungsfähigkeit entsprechend der Bekanntmachung in zweistufigen Vergabeverfahren nachzuweisen, hat er die in Frage kommenden Subunternehmer und die auf deren Leistungsfähigkeit bezüglichen Bescheinigungen und Nachweise bereits mit dem Teilnahmeantrag vorzulegen.“

 

Zu § 86 - Einhaltung arbeits- und sozialrechtliche Bestimmungen:

 

Die Wirtschaftskammer Österreich geht davon aus, dass bei der öffentlichen Auftragsvergabe sämtliche arbeits- und sozialrechtliche Bestimmungen einzuhalten sind. Sollte dies nicht der Fall sein, so wird aus Gründen der Rechtsklarheit gefordert, dass die einzuhaltenden Bestimmungen des österreichischen Arbeits- und Sozialrechts direkt zitiert werden.

 

Zu § 88 - Vadium:

 

Die Formulierung „soll grundsätzlich 5vH des geschätzten Auftragswertes nicht überschreiten“ soll durch „darf außer in begründeten Ausnahmefällen 5vH des geschätzten Auftragswertes nicht überschreiten“ ersetzt werden. Eine demonstrative Aufzählung dieser Ausnahmefälle im Gesetz wäre erstrebenswert.

 

Zu § 89 - Barrierefreies Bauen:

 

Eine derart umfangreiche Regelung zum barrierefreien Bauen, wie im Entwurf vorgeschlagen, ist verzichtbar. Wo die Bauordnungen der Länder nicht ausreichende Bestimmungen zur Verfügung stellen, sollte im Vergabegesetz ein Verweis auf das Bundes- Behindertengleichstellungsgesetz aufgenommen werden.

 


Zu §§ 96 Abs 2 und 97 - Arten und Grundsätze der Leistungsbeschreibung:

 

Um auch hier auf die Verwendung von standardisierten Leistungsbeschreibungen hinzuweisen, sollte folgender Satz angefügt werden: „Dabei sind vorrangig standardisierte Leistungsbeschreibungen anzuwenden“.

 

Sowohl hinsichtlich der konstruktiven als auch hinsichtlich der funktionalen Leistungsbeschreibung ist es notwendig, dass alle Grundlagen für die Erstellung des Angebotes vorhanden sind, und insbesondere im Falle einer funktionalen Leistungsbeschreibung für den Bieter auch kalkulierbar sind. § 97 Abs 2 muss dem gemäß präzisiert und dahingehend eingeschränkt werden, dass zu weitgehende Erfordernisse nicht zulässig sind (wie etwa ein Nachweis der Bewilligungsfähigkeit des Projektes durch den Bieter).

 

Außerdem wird eine Ausdehnung der Vergütungsregelung im § 114 Abs 3 auch auf den Fall der funktionalen Ausschreibung angeregt, da der öffentliche Auftraggeber Planungsarbeit an die Bieter auslagert.

 

Zu den §§ 98 Abs 2 und 100 Abs 2 - Erstellung eines Leistungsverzeichnisses, Vertragsbestimmungen (Normenproblematik):

 

Die Wirtschaftskammer Österreich fordert nachdrücklich eine Beibehaltung der bisherigen Regelung, wonach von geeigneten Leitlinien wie ÖNORMen oder standardisierten Leistungsbeschreibungen nur in sachlich gerechtfertigten Fällen abgewichen werden kann. Diese Regelungen haben sich in der Praxis über die Jahre bewährt und stellen ein ausgewogenes und faires Verhältnis zwischen Auftraggeber- und Auftragnehmerseite sowie eine eindeutige Formulierung des Leistungsvertrages und damit die Vergleichbarkeit der Angebote sicher. Darüber hinaus fördern die bisherigen Regelungen eine wirtschaftliche und sparsame Beschaffung durch die öffentlichen Auftraggeber und die Beteiligung von KMUs am Wettbewerb um öffentliche Aufträge.

 

Bleibt diese im Entwurf vorgesehene Möglichkeit für den Auftraggeber, von bestehenden Leitlinien abzuweichen, hätte dies fatale Auswirkungen: es ist zu befürchten, dass es durch die neue Formulierung der §§ 98 bzw. 100 BVergG zu einer absolut unerwünschten Verkomplizierung des Ausschreibungsverfahren kommen wird. Dies deshalb, da die Orientierung der Auftraggeber an geeigneten Leitlinien nur mehr eine „Kannbestimmung“ ist und entsprechend mit einer von Ausschreibung zu Ausschreibung verschiedenen, individuell angepassten Leistungsbeschreibungen und Vertragsgestaltung zu rechnen ist. Dies schadet besonders den kleinen Unternehmen, die letztendlich das Rückgrat unserer Volkswirtschaft bilden. Sie haben nicht die erforderliche Infrastruktur wie Planungs- und Rechtsabteilungen, um aufwändige und nach Auftraggebern und Ausschreibung differenzierte Lösungen (z.B. EDV-Programme) zu erstellen. KMUs werden somit als erste von öffentlichen Ausschreibungen, ausgeschlossen. Insbesondere für die Bauwirtschaft besteht die Gefahr, dass öffentliche Auftraggeber ihre Marktmacht ausnützen, um den Bietern nachteilige Bestimmungen aufzuzwingen oder unkalkulierbare Risken auf die Bieter abzuwälzen. Diese Risken, verbunden mit dem durch das Abweichen von den Leitlinien notwendigen Mehraufwand sowohl auf Auftraggeber- als auch Auftragnehmerseite, wird Bauaufträge unnötig verteuern. Das Abrücken von sachlich ausgewogenen ÖNORMEN, die in der Judikatur des OGH als Maßstab der Beurteilung der Unsachlichkeit einer Vertragsbestimmung herangezogen werden, wird nicht nur zu zahlreichen Rechtsstreitigkeiten und in der Folge zu einer zunehmenden Unvorhersehbarkeit gerichtlicher Entscheidungen führen, sondern letztlich auch das Normenwesen in Österreich in Frage stellen.

Sind für die Beschreibung der Leistung geeignete Leitlinien, wie ÖNORMen oder standardisierte Leistungsbeschreibungen vorhanden, so sind diese in der letztgültigen Version anzuwenden.

 

Die tatsächliche Umsetzung der im Entwurf geplanten Regelung würde zu Qualitätseinbußen, Rechtsunsicherheit und Kostensteigerungen bei der öffentlichen Auftragsvergabe führen und ist daher strikt abzulehnen. Es müssen daher die bisherigen Regelungen im BVergG 2002 unverändert beibehalten werden.

 

Zu § 99 Abs 8 - Technische Spezifikationen:

 

Insbesondere bei Haustechnikausschreibungen ist es oft nicht möglich, für die zahlreichen Positionen die maßgeblichen Kriterien für die Beurteilung der Gleichwertigkeit in der jeweiligen Leistungsbeschreibung separat anzugeben. Dazu müsste praxisgerecht eine Verweisung auf den jeweiligen Positionstext ausreichen.

 

Zu § 100 Abs 2 - Vertragsbestimmungen:

 

Bestehen für die sonstigen Bestimmungen des Leistungsvertrages geeignete Leitlinien, wie ÖNORMen oder standardisierte Leistungsbeschreibungen, so sind diese in der letztgültigen Version anzuwenden.

 

Bedenkt man, wie hoch der finanzielle Einsatz der Wirtschaft durch Bereitstellung von Mitarbeitern in den Fachnormenausschüssen ist, stellt sich die Frage, ob ein derartiges System Sinn macht, wenn diese einstimmig verabschiedeten Normen schlussendlich für den öffentlichen Auftraggeber nicht verbindlich anzuwenden sind. Nicht nur der Wirtschaft entstehen dadurch hohe Kosten, sondern auch den öffentlichen Auftraggebern, die in diesen Fachnormenausschüssen vertreten sind und zusätzlich eigene Richtlinien erarbeiten.

 

Zu § 101 - Wahl des Zuschlagsprinzips:

 

Die freie Wahl des Zuschlagsprinzips durch den Auftraggeber wird nicht nur im Ober- sondern insbesondere auch im Unterschwellenbereich abgelehnt. Stattdessen sollte insbesondere im Unterschwellenbereich, dem natürlichen Markt für KMUs, der Vorrang für das Zuschlagsprinzips des technisch und wirtschaftlich günstigsten Angebots gelten (siehe dazu auch § 82 Abs 3).

 

§ 101 wäre daher gleichlautend zum modifizierten § 82 Abs 3 (ohne den letzten Satz) zu formulieren.

 

Auch im Unterschwellenbereich wäre es sinnvoll, Zuschlagskriterien in Entsprechung der europäischen Richtlinien (Art 53 d. RL 2004/18/EG; § 2 Z 19 lit d) demonstrativ im Gesetz als taugliche Anhaltspunkte für Auftraggeber aufzuzählen.

 

Zu §§ 105 Abs 1 sowie 108 Abs 1 - Besondere Bestimmungen betreffend den Verlauf von einstufigen/zweistufigen Verhandlungsverfahren:

 

Im Verhandlungsverfahren sind nun auch reine Preisverhandlungen zulässig, da es im

§ 105 Abs 1 bzw. im § 108 Abs 1 heißt:

 

„Der Auftraggeber darf mit dem Bieter oder den Bietern über den gesamten Auftragsinhalt verhandeln.“

 

Der bisherige Zusatz, wonach reine Preisverhandlungen unzulässig sind, ist weggefallen, sollte aber unbedingt wieder aufgenommen werden.

 

Zu § 108 - Bestimmungen betreffend Ablauf eines zweistufigen Verhandlungsverfahrens:

 

Es wird ausdrücklich begrüßt, dass nunmehr Mindestregelungen für ein Verhandlungsverfahren bestehen und die vom Auftraggeber gewählte Vorgangsweise bekannt zu geben ist. Wünschenswert wäre eine Ergänzung um Dokumentationsverpflichtungen und eine (anonymisierte) Möglichkeit der Einsichtnahme der Bieter in die Dokumentation über den Verfahrensablauf, zumal die Kontrollfunktion der Angebotsöffnung wegfällt und die Bieter somit keine reelle Chance haben, zu erfahren, inwieweit die einzelnen Verhandlungen tatsächlich fair geführt worden sind.

 

Zu § 109 Abs 6 - Allgemeine Bestimmungen:

 

Aus der gleichlautenden Vorgängerbestimmung wurde verschiedentlich versucht, eine umfassende Prüf- und Warnpflicht für Bieter mit Mithaftung für Ausschreibungsmängel zu konstruieren, wogegen sich die Wirtschaftskammer Österreich eindeutig ausspricht.

In der Praxis berufen sich die Auftraggeber immer wieder darauf, dass bereits im Angebotsstadium die Warn- und Hinweispflicht seitens des Bieters verletzt worden ist und verweigern aus diesem Grund eine Massenmehrung.

Es sollte daher klargestellt werden, dass sich diese Bestimmung nur auf die Rechtspositionen des Bieters im Vergabeverfahren, nicht aber auf seine zivilrechtliche Situation nach Zuschlagserteilung auswirkt.

 

Zu § 109 Abs 7 - Allgemeine Bestimmungen:

 

Wir schlagen vor, zur praxiserprobten alten ÖNORM-Regelung zurückzukehren, wonach bei fehlender Gleichwertigkeit das Leitprodukt als angeboten gilt, weil in der Praxis viele Bieter ein Begleitschreiben zum Angebot vergessen und damit oft interessante Angebote verloren gehen.

 

Zu § 112 - Besondere Bestimmungen:

 

Nunmehr ist klargestellt, dass die gesamte Verantwortung für Angebot und Leistungsverzeichnis beim Bieter liegt, da der Auftraggeber bei der funktionalen Leistungsbeschreibung kein Leistungsverzeichnis zu erstellen hat. Damit wird klar, welche maßgeblichen Vorarbeiten vom Bieter hier verlangt werden (Projektarbeit). Selbstverständlich muss dafür eine ausreichende Angebotsfrist zur Verfügung stehen. Außerdem wird auch klar, welche hohen Anforderungen an die Leistungsbeschreibung und die Zielvorgabe gestellt werden. Praktisch muss die Spezifikation gemäß § 97 Abs 2 so genau sein, dass von den Bietern vergleichbare Leistungsverzeichnisse erstellt werden können.

 


Zu § 114 Abs 3 - Vergütung für Ausarbeitung der Angebote:

 

Grundsätzlich wird die Erweiterung der Vergütung für besondere Ausarbeitungen auf die Erstellung von Angeboten bei funktionaler Leistungsbeschreibung begrüßt. Aus Sicht der Wirtschaftskammer Österreich wäre eine gesetzlich geregelte Klarstellung dahingehend erforderlich, dass für Ausschreibungen von geistigen Dienstleistungen, falls besondere Ausarbeitungen erforderlich sind, eine Vergütung vorzusehen ist. Dieser Punkt wird nachdrücklich von der Werbewirtschaft eingefordert.

 

Zu § 119 Abs 5 Z 4 - Öffnung der Angebote:

 

Die Wirtschaftskammer Österreich schlägt folgende Formulierung vor:

 

„sonstige im Hinblick auf andere Zuschlagskriterien als den Preis relevante Bieterangaben, deren Verlesung in den Ausschreibungsunterlagen nicht ausdrücklich ausgeschlossen wurde.“

 

Zu § 126 - Prüfung der Angemessenheit der Preise (vertiefte Angebotsprüfung):

 

In § 126 Abs 2 ist der Ausdruck „von sonst vorliegenden Unterlagen“ zu präzisieren.

 

Diese Bestimmung wird in der Praxis nur sehr selten angewendet. Durch die Zulassung von Auktionen und Preisverhandlungen besteht aber die verstärkte Gefahr von unterpreisigen Angeboten und daraus resultierenden volkswirtschaftlichen Schädigungen.

 

Wir sind daher der Auffassung, dass das zweifellos wichtige Instrument der vertieften Angebotsprüfung effizienter gestaltet werden sollte. Diese hat sich bisher in der Praxis als weitgehend wirkungslos erwiesen. Unterpreisige und spekulative Angebote wurden z.B. im Siedlungswasserbau in der Praxis nur dann ausgeschieden, wenn dies aus Auftraggebersicht aus anderen Gründen wünschenswert war.

 

Bei Lieferaufträgen ist nach der gegenwärtigen Auffassung eine vertiefte Angebotsprüfung überhaupt nicht möglich, weil man sich hier immer auf den niedrigen Preis des Vorlieferanten beziehen kann (außergewöhnlich günstige Bezugsbedingungen). Wir schlagen daher vor, folgende Bestimmung anzudenken:

 

Im Falle einer wesentlichen Unterschreitung des Durchschnittspreises aller abgegebenen Angebote (mehr als 20%), wird das Vorliegen eines unangemessen niedrigen Preises vermutet und ist daher jedenfalls eine vertiefte Angebotsprüfung durchzuführen. In diesem Fall hat der Bieter zu beweisen, dass sein Preis gerechtfertigt ist.“

 

Zu § 130 Abs 2 - Ausscheiden von Angeboten:

 

Dringend gefordert sind gesetzliche Klarstellungen bezüglich der Kriterien für die Verbesserbarkeit eines Mangels.

 

§ 130 Z 7 muss zudem an die geforderte Änderung bei der Zulässigkeit von Neben- und Alternativangeboten angepasst werden. Die Wortfolge „den Ausschreibungsbestimmungen widersprechende Anbote“ ist ersatzlos zu streichen, da auf Grund der taxativen Aufzählung der Ausscheidenstatbestände eine solche Generalklausel sinnstörend und entbehrlich scheint. Die Wortfolge in Abs 2 „kann der Auftraggeber  Angebote von Bietern ausscheiden“ muss durch die Wortfolge „hat der Auftraggeber Angebote von Bietern auszuscheiden“ ersetzt werden. Es kann nicht in der Willkür des Auftraggebers liegen, ob er ein Anbot nach nicht erfolgter Aufklärung ausscheidet oder nicht.

 

Zu § 132 - Bekanntgabe der Zuschlagsentscheidung:

 

In den Erläuterungen heißt es, dass die Bieter zu verständigen sind, deren Angebote nicht ausgeschieden wurden bzw. hinsichtlich derer die Ausscheidensentscheidung noch nicht rechtskräftig ist. Letztere Notwendigkeit geht aus der Bestimmung des § 132 nicht eindeutig hervor.

 

Zu § 133 - Nichtigkeit der Zuschlagsentscheidung:

 

Die Regelung, wonach es für den Fristenlauf der Stillhaltefrist bei der Absendung der Zuschlagsentscheidung auf den Zeitpunkt der Absendung und nicht auf den Erhalt durch die Bieter ankommt, soll gestrichen werden. Die bisherige Regelung soll bleiben.

 

Zu § 139 - Gründe für den Widerruf der Ausschreibung vor Ablauf der Angebotsfrist sowie § 140 - Gründe für den Widerruf der Ausschreibung nach Ablauf der Angebotsfrist:

 

Die beiden Unterfälle des §§ 139 Abs 2 und 140 Abs 2 Z 3 sind ersatzlos zu streichen. Die Formulierung räumt dem Auftraggeber einen unangemessen großen Spielraum ein. Ein Widerruf der Ausschreibung soll nur bei zwingenden Gründen möglich sein. Die in den Erläuterungen genannten beispielhaften Fälle eines Widerrufs nach § 139 Abs 2 und

140 Abs 2 Z 3 sind von den bisherigen Widerrufsgründen bereits umfasst und werden als eigene Widerrufsgründe abgelehnt. Ein zu allgemein gehaltener Widerrufsgrund an dem noch dazu, wie es in den Erläuterungen heißt, „kein strenger Maßstab anzulegen ist“, ist daher eindeutig entbehrlich.

 

Zu § 141 - Bekanntgabe der Widerrufsentscheidung:

 

Die europarechtlich gebotene Bekämpfbarkeit des Widerrufs und die Einführung eines zweistufigen Systems mit Widerrufsentscheidung und Widerrufserklärung werden als Verbesserung des Rechtschutzes begrüßt.

 

Zu §§ 150 – 152 - Rahmenvereinbarungen nunmehr auch im Oberschwellenbereich:

 

Die Wirtschaftskammer Österreich betrachtet die Einführung von Rahmenvereinbarungen nunmehr auch im Oberschwellenbereich mit einiger Skepsis: Diese Skepsis scheint das BKA in den Erläuterungen in den §§ 150 -152 zu teilen: „Durch die Konzentrationen der Volumina und durch einen undifferenzierten Einsatz von Rahmenvereinbarungen können jedoch auch Probleme für KMU entstehen … „. In weiterer Folge sehen die Erläuterungen dann zwar vor „durch den Abruf eines Auftrages in Losen … die Rahmenvereinbarungen in besonderem Ausmaß dazu beitragen, die Teilnahme von KMU an Beschaffungsverfahren zu fördern“, doch ist dies wohl nur als Wunsch zu sehen, an den sich öffentliche Auftraggeber, insbesondere die BBG rechtlich wohl nicht halten müssen. Aus Sicht der Wirtschaftskammer Österreich ist somit die Ausdehnung der Möglichkeit von Rahmenvereinbarungen im Oberschwellenbereich äußerst problematisch und wohl nur dann akzeptabel, wenn eine entsprechende klare Akkordierung mit dem BBG-Gesetz dahingehend erfolgt, dass bei derartigen Rahmenvereinbarungen in der Vergabepraxis unbedingt auf KMUs Rücksicht genommen werden muss bzw. diese im Zweifel zu bevorzugen sind.

 

Gemäß § 151 Abs 5 dürfen Rahmenvereinbarungen im Regelfall für 4 Jahre abgeschlossen werden und sind so flexibel, dass der Auftraggeber auf geänderten Bedarf noch Modifikationen im ausgeschriebenen Gegenstand durchführen kann. Deshalb stellen Rahmenvereinbarungen für die Zentralbeschaffung das geeignete Verfahren dar. Auch die Geschäftsführung der Bundesbeschaffung GmbH hat bereits angekündigt künftig vor allem mittels Rahmenvereinbarung Zentralbeschaffungen durchzuführen.

Diesem Vorteil steht aus Sicht der KMU der nicht zu unterschätzende Nachteil gegenüber, dass zwangsläufig das Auftragsvolumen und damit die Anforderungen an die Leistungsfähigkeit der Bieter steigen. Dadurch könnte sehr vielen kleineren Unternehmen die Möglichkeit genommen werden, an der öffentlichen Auftragsvergabe teilzunehmen. Die Wirtschaftskammer Österreich spricht sich im Sinne des Wettbewerbsprinzips und aus betriebeswirtschaftlichen Gründen für eine Beibehaltung von § 119 Abs 7 BVergG 2002 aus, wonach die Laufzeit einer Rahmenvereinbarung grundsätzlich 3 Jahre (max. 5 Jahre mit Begründung) nicht überschreiten darf.

 

§ 151 Abs 4 legt fest, dass über das Instrument der Rahmenvereinbarung der Wettbewerb weder behindert noch eingeschränkt oder verfälscht werden darf. Aufgrund der oben dargestellten Befürchtung, dass Rahmenvereinbarungen die KMU aus dem Markt drängen, sollte dieser Absatz erweitert werden. In dieser Ergänzung sollte festgehalten werden, dass die Rahmenvereinbarung nicht dafür verwendet werden darf, den Markt auf Großbetriebe einzuschränken.

Darüber hinaus könnte in den Erläuterungen speziell auf die Zentralbeschaffung Bezug genommen werden mit der Festlegung, dass in Märkten, die von einer KMU Struktur geprägt sind, die Losgrößen auch bei Verwendung der Rahmenvereinbarung auf KMU - Niveau gehalten werden müssen.

 

Zu §§ 156-158 - Dynamische Beschaffungssysteme:

 

Hier ist eine Klarstellung des eingeschränkten Anwendungsbereiches erforderlich. In den erläuternden Bemerkungen sollte nochmals darauf hingewiesen werden, dass das dynamische Beschaffungssystem ausschließlich für Leistungen in Frage kommt, „bei denen die allgemein auf dem Markt verfügbaren Merkmale den Anforderungen des Auftraggebers genügen“ (§ 27 Abs 2 Z 9); „Insbesondere Bauaufträge sind daher für eine Vergabe im Wege eines dynamischen Beschaffungssytems nicht geeignet.

 

Zu §§ 159-162 - Wettbewerblicher Dialog:

 

Im wettbewerblichen Dialog ist eine Regelung hinsichtlich der angemessenen Vergütung von Leistungen der Bieter im Verfahren vorzusehen (§ 160 Abs 2 Z 6).

 

Zu §§ 163 ff - Sektorenauftraggeber:

 

Aufgrund der österreichischen Rechtslage konnten bisher Verkehrsleistungen wie beispielsweise Kraftfahrlinienkonzessionen weitgehend direkt vergeben werden.

Durch die Rechtssprechung des EuGH und die damit verbundenen Reformüberlegungen sowohl auf europäischer als auch nationaler Ebene ist eine einschränkende Regelung der Direktvergaben im Verkehrsbereich zu erwarten.

Bei der Novelle des Bundesvergabegesetzes sollte darauf Bedacht genommen werden, nicht strengere Regelungen zu treffen, als dies die einschlägigen EU-Vorschriften vorsehen.

In der Richtlinie 2004/17 ist für Liefer- und Dienstleistungsaufträge im Sektorenbereich in Art 16 ein Schwellenwert von € 499.000 vorgesehen: im Gegensatz dazu im § 183 Abs 1 Z 1 ein niedrigerer Schwellenwert von € 473.000.

Vorgeschlagen wird die Anhebung des Schwellenwertes auf den in der Richtlinie geregelten Schwellenwert von € 499.000.

In § 179 Abs 2 Z 2 ist für Direktvergaben ein „Subschwellenwert“ von € 40.000 vorgesehen, der nach Ansicht der Wirtschaftskammer Österreich – jedenfalls für Verkehrsleistungen – bis unter den Schwellenwert von € 499.000 angehoben werden sollte.

In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass im deutschen Entwurf einer Verordnung über die Vergabe öffentlicher Aufträge (Vergabeverordnung-VgV) vom März 2005 gemäß § 12 Abs 2 de facto die Direktvergabe unterhalb der Schwellenwerte möglich ist.

 

Was den Zusammenhang zwischen § 51 a Bundesbahn-Strukturgesetz mit dem Bundesvergabegesetz betrifft, wird davon ausgegangen, dass die Ausnahmebestimmung des

Bundesbahn-Strukturgesetzes weiterhin für die Vergaben bestimmter Leistungen durch die ÖBB Infrastruktur Bau AG bzw. die Infrastruktur Betriebs-AG aufrecht bleibt.

 

Zu § 167 Abs 1 - Gas, Wärme, Elektrizität:

 

In dieser Bestimmung ist als Sektorentätigkeit u.a. erfasst:

 -   die Einspeisung von Gas (Abs 1 Z 2) und Elektrizität (Abs 3 Z 2) in die unter Z 1 genannten Netze.

 

Die Wortwahl folgt der deutschen Fassung der RL 2004/17/EG (SektorenRL). Unklar ist jedoch, was unter „Einspeisung“ zu verstehen ist. Unseres Erachtens ist damit nur die Einspeisung aus der Erzeugung gemeint, nicht aber die Tätigkeit des Energiehändlers.

 

Dies kann insbesondere aus der SektorenRL abgeleitet werden, die in Art 3 Abs 2 und 4 die Einspeisung dieser Energieträger von den Sektorentätigkeiten ausnimmt, „sofern die Erzeugung von Gas und Elektrizität … ausmacht.“ Damit wird eine unmittelbare begriffliche Verknüpfung von Einspeisung und Erzeugung hergestellt.

 
Es sollte daher zumindest in den Erläuternden Bemerkungen klar gestellt werden, dass der Strom-/Gashandel jedenfalls keine Sektorentätigkeit darstellt, da er (physikalisch) keinen Strom bzw. kein Gas in das Netz abgibt und daher auch nicht vom Begriff „Einspeisung“ erfasst ist.
 
Es wäre auch nicht sinnvoll, einen seit der Vollliberalisierung rechtlich und tatsächlich voll im Wettbewerb stehenden Bereich wie den Strom- und Gashandel dem Vergaberecht zu unterwerfen.
 

Zu § 167 Abs 2 - Gas, Wärme, Elektrizität:

 

Die hier beabsichtigte Ausnahmeregelung für Nebentätigkeiten von Eigenerzeugern ist sehr umständlich formuliert. Da diese Ausnahmeregelung in Z 1 nur für private Sektorenauftraggeber gelten soll, sollte man dies im Text auch so bezeichnen.

 


Wir schlagen daher für Abs 2 Zif 1 folgende Formulierung vor:

(2) „Die Einspeisung von Gas oder Wärme in Netze zur Versorgung der Allgemeinheit durch einen privaten Sektorenauftraggeber, gilt nicht als Tätigkeit im Sinne des Abs 1, sofern

  1. die Erzeugung von Gas oder Wärme durch einen privaten Sektorenauftraggeber sich zwangsläufig aus der Ausübung einer Tätigkeit ergibt, die keine Sektorentätigkeit im Sinne des Abs 1 oder 3 oder der § 168 bis 172 darstellt, und … „

 

Zu § 169 Abs 2 - Verkehrsleistungen:

 

Gemäß § 169 Abs 2 liegt im Verkehrsbereich dann ein Netz vor, wenn die Verkehrsleistung gemäß den von einer zuständigen Behörde festgelegten Bedingungen erbracht wird. Dazu gehören die Festlegung der Strecken, der Transportkapazitäten und der Fahrpläne. Es stellt sich somit die Frage, ob es sich im zweiten Halbsatz des Abs 2 um eine demonstrative Aufzählung handelt oder ob alle Elemente kumulativ vorliegen müssen, um die Definition eines Netzes im Verkehrsbereich zu erfüllen.

 

Zu § 175 - Vom Geltungsbereich des Gesetzes ausgenommene Vergabeverfahren:

 

Für den Fall, dass nachstehender Sachverhalt nicht ohnehin in Z 14 abgedeckt ist, bedarf es einer Ergänzung um eine Z 18.


Beispiel: Ausschreibung eines Gemeindeverbandes zur Errichtung und Betrieb eines Fernwärmenetzes; wobei der Betrieb auf 15 Jahre befristet ist. Diese einem Wettbewerb unterzogene Tätigkeit des Errichtens und Betreibens des Fernwärmenetzes soll in weiterer Folge nicht unter das Vergaberecht fallen.

 

Eine Ergänzung ist daher erforderlich um:

 

„Z 18 Für Aufträge zur Beschaffung von Leistungen, die der Sektorenauftraggeber benötigt, um seinerseits einen Auftrag zu erfüllen, den er im Rahmen eines Vergabeverfahrens nach diesem Bundesgesetz erhalten hat.“

 

Zu § 176 - Aufträge an verbundene Unternehmen:

 

Zu begrüßen ist, dass die Konzernklausel auf alle Auftragsarten ausgedehnt wurde, es scheint jedoch unklar zu sein, welcher Umsatz für die Ermittlung des 80%-konzerninternen Umsatzes heranzuziehen ist. Die Neuregelung der konzerninternen Vergabe im Sektorenbereich regelt hinsichtlich der Voraussetzung bei Dienstleistungsaufträgen, dass mindestens 80 % des von dem verbundenen Unternehmen … mit Dienstleistungsaufträgen erzielten Umsatzes aus der Erbringung von Dienstleistungen für die mit ihm verbundenen Unternehmen stammen müssen. Gleiches gilt für Lieferaufträge bzw Bauaufträge.

Im Gegensatz zur geltenden Formulierung des BVergG 2002 (sofern 80vH  … aus der Erbringung dieser Dienstleistungen für die mit ihm verbunden Unternehmen stammen) wäre bei einer reinen Wortinterpretation des Entwurfstextes künftig nicht auf den konkrete Dienstleistungsbereich abzustellen, sondern alle Dienstleistungen (bzw Bau oder Lieferleistungen) bei der Umsatzermittlung mit zu berücksichtigen.

Die umzusetzende SektorenRL 17/2004/EG zwingt unseres Erachtens nicht zu dieser verschärfenden Änderung.

 


Ganz überwiegend werden beispielsweise Buchhaltungs- oder Personalverrechnungsleistungen in einem Konzern von einem verbundenen Unternehmen zentral geleistet. Mit der neuen Regelung stünde dies (unnötigerweise) in Frage und würde dazu führen, bewährte Konzernstrukturen zu zerschlagen. 
Aus diesem Grund sollte § 176 Abs 2 lauten:
 
Z 1. … aus der Erbringung von diesen Dienstleistungen…
Z 2. ….aus der Erbringung von diesen Lieferungen...
Z 3     aus der Erbringung von diesen Bauleistungen...

Damit wird auch bewirkt, dass ein umsatzschwacher Geschäftsbereich keinen Einfluss auf die Vergabe bei anderen Geschäftsbereichen haben kann.

 

Zu § 179 - Direktvergabe:

 

Die Auftragswerte für eine Direktvergabe wurden zwar erhöht, sie sind aber noch immer zu niedrig angesetzt, um den Besonderheiten des Sektorenbereiches Rechnung zu tragen. Der Gesetzgeber übersieht, dass auch das Vergaberegime im Unterschwellenbereich einen hohen Verwaltungsaufwand mit sich bringt, der oftmals den Wert des zu vergebenden Auftrags übersteigt.

 

Um dem entgegenzuwirken, sollte der Schwellenwert für die Direktvergabe von geistigen Dienstleistungen und allen übrigen Leistungen generell auf 80.000 Euro angehoben werden, da für eine wertmäßige Differenzierung von Leistungen kein Grund ersichtlich ist.

 

Sollte hingegen an der Differenzierung festgehalten werden, müsste jedenfalls der Schwellenwert für die Direktvergabe von geistigen Dienstleistungen auf 80.000 Euro und der Wert für alle übrigen Leistungen auf zumindest 60.000 Euro angehoben werden.

 

Zu § 181 Abs 3 und 4 - Freigestellte Sektorenauftraggeber:

 

Zur einfacheren Anwendung des Gesetzes sollte der Auftragswert dieses Absatzes an den Auftragswert des § 183 (im Sinn der SektorenRL; s. dazu gleich unten) angeglichen werden:

 

(3) ..., dessen Auftragswert mindestens 6.242.000 Euro betragen hat, …

(4) ..., dessen Auftragswert mindestens 499.000 Euro betragen hat, …

 

Zu § 183 - Schwellenwerte:

 

Der Schwellenwert wurde zwar angehoben, jedoch die zulässigen Grenzen der SektorenRL nicht ausgeschöpft. § 183 sollte daher entsprechend angepasst werden, sodass Vergabeverfahren von Sektorenauftraggebern im Oberschwellenbereich erfolgen, wenn der geschätzter Auftragswert ohne USt

- bei Lieferungen und Dienstleistungen mind. 499.000 Euro,

- bei Bauaufträgen mind. 6.242.000 Euro beträgt.

 

Zu § 186 Abs 5 - Berechnung des geschätzten Auftragswertes bei Lieferaufträgen:

 

In dieser Bestimmung sollte die gleiche Regelung wie in § 185 Abs 4 übernommen werden. Der letzte Satz sollte daher lauten:

 

„Für die Wahl des Vergabeverfahrens im Unterschwellenbereich gilt als geschätzter Auftragswert der Wert des einzelnen Loses.“

 

Zu § 187 Abs 6 - Berechnung des geschätzten Auftragswertes bei Dienstleistungsaufträgen:

 

Der letzte Satz sollte wie folgt lauten:

 

„Für die Wahl des Vergabeverfahrens im Unterschwellenbereich gilt als geschätzter Auftragswert der Wert des einzelnen Los.“

 

Zu § 190 Abs 5 - Grundsätze des Vergabeverfahrens:

 

Die Berücksichtigung umweltgerechter Leistungen in den Ausschreibungen entspricht völlig den derzeitigen Tendenzen des Gesetzgebers. Allerdings ist darauf zu achten, dass dabei  ausschließlich einheitliche EU-konforme Öko- und Qualitätsmanagementzertifikate oder Audits als Nachweise verlangt werden. Zudem sollte der Begriff der Ökologie durch jenen der Nachhaltigkeit ersetzt werden.

Strikt abgelehnt werden Leistungs- und Zuschlagskriterien, die von der Reduzierung von Emissionen (Wasser, Luft, Boden, ..) abhängig gemacht werden. Die Unternehmen werden durch viele gesetzliche Bestimmungen zur Reduzierung von Schadstoffen angehalten. Da damit auch Kosten und Aufwände verbunden sind, gibt es auch dementsprechende Über­gangsbestimmungen. Diese Fristen dürfen daher nicht durch Aufnahme solcher Kriterien in den Ausschreibungen aufgehoben werden, weil damit auch die Wettbewerbsfähigkeit eines jeden Betriebes eingeschränkt werden würde.

 

§ 190 Abs 5, der die aus dem klassischen Bereich bekannte verpflichtende Berücksichtigung der Umweltgerechtheit der Leistung im Vergabeverfahren festschreibt, sollte jedenfalls als „Kann“-Bestimmung formuliert werden.

 

Zu § 194 Abs 5 - Arten der Vergabeverfahren:

 

Sinn des Abs 5 ist es, eine unbeschränkte Anzahl von Bewerbern anzusprechen. Auch beim offenen Verfahren wird die Eignung erst zum Zeitpunkt des Angebotes geprüft. Es unterscheidet sich vom offenen Verfahren jedoch dadurch, dass im Aufruf zum Wettbewerb bereits ausdrücklich auf die Verhandlungen über den Auftragsinhalt hingewiesen wird. Diese zeitsparende Vorgangsweise hat auch in der ÖNORM A 2051 (Ausg. 1.5.2005 Pkt 4.5.4.5) Eingang gefunden.

Abs 5 sollte daher wie folgt erweitert werden:

 

„Beim Verhandlungsverfahren nach vorherigem Aufruf zum Wettbewerb werden
   1. nachdem eine unbeschränkte …

  1. Sofern in der Bekanntmachung darauf hingewiesen wurde, dass die Eignungsnachweise gemeinsam mit dem Angebot einzubringen sind, eine unbeschränkte Anzahl von Bewerbern aufgefordert wurde, Angebote abzugeben.
    Danach kann über den gesamten Auftragsinhalt verhandelt werden.“

 


Zu § 198 Abs 1 - Wahl der elektronischen Auktion:

 

Es ist nicht begründbar, warum im Unterschied zum klassischen öffentlichen Auftraggeber die E-Auktion für Sektorenauftraggeber bei Rahmenvereinbarungen nicht zulässig sein soll. Es bedarf daher der folgenden Ergänzung in Abs 1:

 

„Im Fall der Durchführung eines offenen Verfahrens, eines nicht offenen Verfahrens nach vorherigem Aufruf zum Wettbewerb, eines Verhandlungsverfahrens nach vorherigem Aufruf zum Wettbewerb oder bei der Vergabe von Aufträgen im Wege einer Rahmenvereinbarung gem. der Verfahren nach § 199 bzw § 202 oder eines dynamischen Beschaffungssystems…“


Zu § 199 Abs 3 - Abschluss von Rahmenvereinbarungen:

 

In den Erläuternden Bemerkungen zu § 194 wird auf die gleichlautenden Tatbestände des
§ 27 verwiesen. In den EB zu § 27 wird festgehalten, "dass die Parteien der Rahmenvereinbarung untereinander unbekannt bleiben müssen". Um dieses Ziel auch zu erreichen, bedarf es einer Adaptierung des § 199 Abs 3 in der nachstehend beschriebenen Form:

 

„Die Parteien der Rahmenvereinbarung werden nach Durchführung eines offenen Verfahrens, eines nicht offenen Verfahrens nach vorherigem Aufruf zum Wettbewerb oder eines Verhandlungsverfahrens gemäß den §§ 196 oder 197 ermittelt. Der Sektorenauftraggeber hat unverzüglich, spätestens 15 Tage nach Eingang eines diesbezüglichen Antrages die Gründe der Nichtberücksichtigung bekannt zu geben sowie den Namen der Partei bzw. der Parteien der Rahmenvereinbarung mitzuteilen. Die Gründe der Nichtberücksichtigung …“

 

Zu § 202 Abs 3 - Wahl des Vergabeverfahrens:

 

Da auf Grund der Rahmenvereinbarung mehrere Aufträge abgeschlossen werden können und gemäß EB zu § 27 die Parteien der Rahmenvereinbarung untereinander unbekannt bleiben müssen, sollte die Bekanntgabe der Zuschlagsentscheidung (4. Satz) entfallen:

 

„Der Sektorenauftraggeber hat …“

 

Zu § 207 Abs 4 - Aufruf zum Wettbewerb:

 

Der im Gesetz zitierte Abs 1 Z 5 existiert nicht.

 

Des Weiteren sollte auch eine Auktion bei der Rahmenvereinbarung möglich sein. Im Anhang IX sollte ein eigener Hinweispunkt für nachfolgende E-Auktionen aufgenommen werden, da ansonsten die Gefahr zu Missverständnissen iVm den Punkten "Zuschlagskriterien" des Anhanges IX führen könnten.

§ 207 Abs 4 soll daher um die Rahmenvereinbarung erweitert werden:

„Soll nach Durchführung eines offenen Verfahrens, eines nicht offenen Verfahrens nach vorherigem Aufruf zum Wettbewerb, eines Verhandlungsverfahren nach vorherigem Aufruf zum Wettbewerb, einer Rahmenvereinbarung oder bei einem dynamischen Beschaffungssystem nach einer Aufforderung …, so hat der Aufruf zum Wettbewerb gemäß

Abs 1 Z 1, eine dahingehende Festlegung zu enthalten.“

 


Zu § 231 Abs 11 - Prüfsystem:

 

Nachfolgende Ergänzung soll klarstellen, dass die 1. Stufe der beiden Verfahren durch das öffentlich bekannt gemachte Prüfsystem abgedeckt ist.

„Erfolgt der Aufruf zum Wettbewerb durch eine Bekanntmachung über das Bestehen eines Prüfsystems, so sind die Teilnehmer an einem nicht offenen Verfahren oder an einem Verhandlungsverfahren ohne neuerliche Bekanntmachung aus den Unternehmern auszuwählen, die …“

 

Zu § 236 - Inhalt der Ausschreibungsunterlagen:

 

Auch Sektorenauftraggeber sollen die Möglichkeit haben in den Ausschreibungsunterlagen die als wesentlich geltenden Positionen anzugeben. Hier ist ein neuer Absatz wortgleich mit den Bestimmungen im § 82 Abs 4 einzufügen. Diese Änderung ist im Zusammenhang mit der vertieften Angebotsprüfung im § 262 Abs 2 Z 2 zu sehen.

 

Zu § 248 Abs 7 - Auswahl der Teilnehmer:

 

Zur Sicherstellung des Wettbewerbes ist die nachfolgende Ergänzung erforderlich, da der Fall eintreten kann, dass nach erfolgter Eignungsprüfung weniger Unternehmen übrig bleiben:

 

„Langen in der Folge weniger Teilnahmeanträge von befugten, leistungsfähigen und zuverlässigen Unternehmern als die vom Sektorenauftraggeber festgelegte Anzahl von einzuladenden Unternehmern ein oder bleiben nach Prüfung der Teilnahmeanträge weniger als die festgelegte Anzahl von einzuladenden Unternehmen übrig, so kann der Sektorenauftraggeber zusätzliche Unternehmer in das Vergabeverfahren einbeziehen.“

 

Zu § 248 Abs 8 - Auswahl der Teilnehmer:

 

Um Missverständnisse bei elektronischen Auktionen zu vermeiden, sollte in Abs 8 folgende Klarstellung aufgenommen werden:

 

„Soll der Auftrag im Wege einer elektronischen Auktion gemäß § 274 Abs 2 vergeben werden, so kommt Z 1 nicht zur Anwendung.“

 

Zu § 256 Abs 4 Zuschlagsfrist

 

Sofern die Verlängerung der Zuschlagsfrist gemäß Abs 3 den Fortlauf der Zuschlagsfrist nicht hemmt, besteht die Gefahr, dass die Angebotsbindungsfrist der Mitbewerber verstreichen könnte und der Auftraggeber auf diese Weise ein zuschlagsfähiges Bestangebot verliert. Abs 4 sollte daher wie folgt geändert werden:

 

„Der Fortlauf der Zuschlagsfrist gemäß Abs 1 wird für die Dauer eines Nachprüfungsverfahrens bzw. für die Verlängerung der Zuschlagsfrist gemäß Abs 3 gehemmt.“

Sollte die Abänderung des Abs 4 nicht in den Gesetzestext aufgenommen werden, wird vorgeschlagen, den Abs 3 ersatzlos zu streichen.


Zu § 262 Abs 2 Z 2 - Vertiefte Angebotsprüfung:

 

Der Begriff "vertiefte Angebotsprüfung" sollte im Hinblick darauf, dass in der

RL 2004/17/EG dieser Begriff nicht vorkommt, entfallen. Abs 2 sollte daher lauten:

 

„Der Sektorenauftraggeber muss Aufklärung über die Positionen des Angebotes verlangen und gemäß Abs. 3 prüfen, wenn…“

 

Sektorenauftraggeber sollen sich bei der vertieften Angebotsprüfung auf wesentliche Positionen konzentrieren. Der Satz soll – analog zu der Regelung im § 126 – lauten:

 

„Angebote zu hohen oder zu niedrigen Angebotspreise in wesentlichen Positionen gemäß

§ 236 Abs 3 aufweisen“.

 

Zu § 263 Abs 1 - Ausscheiden von Angeboten:

 

Die Beschränkung einer Verpflichtung des Sektorenauftraggebers zum Ausscheiden von Angeboten auf den Oberschwellenbereich und lediglich als eine Kannbestimmung im Unterschwellenbereich wird abgelehnt. Die Regelung soll von der Systematik her gesehen an

§ 130 angeglichen werden.

 

Da es für Bieter irrelevant ist, ob sie den Auftrag auf Grund des Tatbestandes der Ausscheidung oder des Tatbestandes eines zu hohen und damit nicht zuschlagsfähigen Angebotes nicht erhalten, wird aus verfahrensökonomischen Gründen angeregt, den Tatbestand des Ausscheidens nur auf die für eine Zuschlagserteilung in Betracht kommenden Bieter zu beschränken:

 

„Vor der Wahl des Angebotes für die Zuschlagsentscheidung hat der Sektorenauftraggeber auf Grund des Ergebnisses der Prüfung gemäß § 261 im Oberschwellenbereich folgende Angebote auszuscheiden:…“

 

Zu § 265 (§ 236 Abs 3; § 246 Abs 5) - Wahl des Angebotes für den Zuschlag:

 

Wir halten fest, dass im Sektorenbereich auch im Oberschwellenbereich die freie Wahl zwischen den Zuschlagsprinzipien „technisch und wirtschaftlich günstigstes Angebot“ und „niedrigster Preis“ weiterhin gewahrt bleiben muss.

 

Zu § 266 - Bekanntgabe der Zuschlagsentscheidung:

 

Nach § 266 ist den nicht erfolgreichen Bietern u.a die Vergabesumme bekannt zu geben. Wir weisen darauf hin, dass die Ausnahme „sofern nicht die Bekanntgabe dieser Informationen öffentlichen Interessen oder den berechtigten Geschäftsinteressen von Unternehmen widersprechen oder dem freien und lauteren Wettbewerb schaden würde“ den Regelfall darstellen wird. Gerade um das Ziel des Vergaberechts, einen funktionierenden Wettbewerb zu gewährleisten, zu verwirklichen, ist es unbedingt notwendig, dass potentielle Bieter nicht über das Verhalten der Konkurrenz und deren Angebotsbedingungen Informationen erhalten. Insbesondere in Branchen, in denen die preisliche Komponente eines Angebots den wichtigsten Teil ausmacht, steht zu befürchten, dass sich aus der Bekanntgabe der Vergabesumme nachteilige Folgen für zukünftige Vergabeverfahren ergeben können. Wir plädieren daher für einen Entfall der Wortfolge „die Vergabesumme“. Aus der Sektorentätigkeit gibt sich ein engeres Spektrum an Leistungen, das aus technischer Sicht beschafft werden muss. Da in diesem Bereich oft nur zwei bis drei Anbieter auf dem Markt agieren, würden durch die Bekanntgabe von Vergabesummen Absprachen begünstigt.

Weiters wird aus verwaltungsökonomischen Gründen vorgeschlagen, die Bekanntgabe der Merkmale und die Vorteile des erfolgreichen Angebotes auf Antrag zu beschränken, also nur auf Verlangen bekannt geben zu müssen.


Da eine Bekanntgabe der Zuschlagsentscheidung sowie in Folge die Einhaltung einer Stillhaltefrist nicht sinnvoll ist, wenn nur ein Angebot eingelangt ist, schlagen wir vor, den Ausnahmekatalog um diesen Fall zu erweitern.

 

§ 266 sollte daher wie folgt adaptiert werden:

 

„Der Sektorenauftraggeber hat den im Vergabeverfahren verbliebenen Bietern unverzüglich und nachweislich elektronisch oder mittels Telefax mitzuteilen, welchem Bieter der Zuschlag erteilt werden soll. In dieser Mitteilung sind den nicht erfolgreichen Bietern die Länge der Stillhaltefrist gemäß § 267, die Gründe für die Ablehnung ihres Angebotes, sowie auf Verlangen des Bieters die Merkmale und Vorteile des erfolgreichen Angebotes bekannt zu geben, sofern nicht die Bekanntgabe dieser Informationen öffentlichen Interessen oder den berechtigten Geschäftsinteressen von Unternehmern widersprechen oder dem freien und lauteren Wettbewerb schaden würde. Eine Verpflichtung zur Mitteilung der Zuschlagsentscheidung besteht nicht, falls

4. der Zuschlag an jenen Unternehmer … , oder

5. nur ein Angebot eingelangt ist.

 

Zu § 273 Abs 7 - Bekanntgabe der Widerrufsentscheidung:

 

In dieser Bestimmung sind mehrmals unbestimmte Begriffe verwendet (z.B. “erhebliches“ Überschreiten, „angemessene“ Weise). Eine Beibehaltung dieser Definitionen würde wiederum zu Auslegungsschwierigkeiten führen. Unseres Erachtens wäre eine möglichst präzise Definition (z.B. in Form einer Frist) zu präferieren.

 

Zu § 275 Abs 7 - Allgemeine Bestimmungen (elektronische Auktion):

 

Richtigstellung der Formulierung: „Der Abbruch einer Auktion gilt als Widerruf...“

 

Zu § 298 - Zuständigkeit der BVKK:

 

Die Wirtschaftskammer Österreich begrüßt ausdrücklich die Beibehaltung der Bundesvergabekontrollkommission als Maßnahme für eine rasche, effiziente, wirtschaftsnahe und kostensparende Streitbeilegung in Vergabeverfahren. Insbesondere bei Streitigkeiten hinsichtlich der Ausschreibungsunterlagen hat sich die Schlichtung vor der Vergabekontrollkommission vor allem im Stadium vor Angebotseröffnung bewährt. Die Sperrwirkung wird seitens der Wirtschaftskammer Österreich ausdrücklich begrüßt.

 

Eine Hemmung der Antragsfrist für die Dauer eines Schlichtungsverfahrens vor der Bundesvergabekontrollkommission wird durch eine Aufwertung dieser Einrichtung den Rechtschutz verbessern und ist daher als positiv zu beurteilen. Unter dem Aspekt der Beibehaltung von qualitativ hochwertigen Schlichtungsergebnissen, sollte es jedoch eine 14-Tage-Frist sein.

Wie bisher in § 159 Abs 2 BVergG 2002 soll aus Sicht der Wirtschaftskammer Österreich auch weiterhin die jeweils in Betracht kommende Interessenvertretung vor der BVKK antraglegitimiert bleiben. Dementsprechend ist in den Entwurf die Wortfolge „oder der jeweils in Betracht kommenden Interessenvertretung“ einzufügen.

 

Darüber hinaus wird auch eine Antragslegitimation für die jeweils in Betracht kommende Interessenvertretung vor dem Bundesvergabeamt hinsichtlich der Nachprüfung von Ausschreibungsunterlagen gefordert (§ 334).

 

Zu § 299 Z 2 - Zulässigkeit der Schlichtung:

 

Schlichtungsverfahren im Unterschwellenbereich sollen nur bei Verfahren gemäß §§ 13 und 179 zulässig sein.

 

Zu §§ 301 und 302 - Unterbleiben eines Schlichtungsverfahrens, Schlichtungsverfahren vor der BVKK:

 

Die Ablehnung eines Schlichtungsverfahrens soll nur in der (ersten) mündlichen Verhandlung vor der BVKK möglich sein.

 

Zu § 304 Abs 2 - Fristberechnung:

 

Hinsichtlich der Fristenberechnung scheint die Zustellwirkung mit Einlangen in den elektronischen Verfügungsbereich des Empfängers problematisch, zumal dieser Zeitpunkt nicht immer eindeutig feststellbar ist.

 

Zu § 332 - Gebühren:

 

Die Rechtschutzgebühren stehen vor allem bei kleineren Aufträgen in keinem Verhältnis zum Auftragsvolumen, sind sachlich nicht gerechtfertigt, eine Barriere für den Rechtschutz und verhindern in vielen Fällen einen effektiven und effizienten Rechtschutz. Einstweilige Verfügungen sollten gänzlich von den Gebühren befreit werden.

 

Im Unterschwellenbereich sollten die Gebühren für Bauaufträge an die Gebühren für Dienstleistungsaufträge angeglichen werden.

 

Die Gebührenreduktion bei Anfechtung von Losvergaben wird als sachlich richtige Vorraussetzung positiv beurteilt. Der präsumptive Bestbieter soll in einem Verfahren von Gesetzes wegen Parteistellung erlangen und gebührenfrei an der Verhandlung teilnehmen können. Generell ist darüber hinaus eine Reduktion der Gebühren für Nachprüfungsanträge vor Angebotseröffnung notwendig, um den Bietern die Möglichkeit zu geben, gegen unklare und benachteiligende Ausschreibungsbedingungen vorgehen zu können.

 

Zu § 334 - Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens:

 

Um die Einhaltung der bestehenden gesetzlichen Regelungen tatsächlich gewährleisten zu können, muss im Bundesvergabegesetz ein wirkungsvoller Rechtsschutz verankert werden.

In der Praxis hat sich aber bisher gezeigt, dass die im Vergabeverfahren benachteiligten Unternehmen nur selten die ihnen zur Verfügung stehenden Rechtsmittel ergreifen um z.B. sachlich nicht gerechtfertigte Abweichungen von geeigneten Leitlinien o.ä. anzufechten.

Im Sinne eines effektiven Rechtsschutzes fordert die WKÖ daher, für Nachprüfungsverfahren hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der Ausschreibungsunterlagen „im Stadium vor Angebotseröffnung eine Antragslegitimation der jeweils in Betracht kommenden Interessenvertretungen“ beim Bundesvergabeamt vorzusehen. Mit einer solchen Antragslegitimation schützt man den öffentlichen Auftraggeber vor langwierigen und kostspieligen Rechtsstreitigkeiten und verhindert den Abschluss von vergaberechtswidrigen Verträgen.

 

Zu § 335 - Fristen für Nachprüfungsanträge:

 

Die geplante Regelung bezüglich der Fristen für Nachprüfungsanträge ist in dieser Form nicht akzeptabel und wird abgelehnt. Eine Folge dieser Regelung wäre, dass Ausschreibungen binnen 14 Tagen ab Bekanntmachung bei sonstiger Verfristung bekämpft werden müssen. In vielen Fällen, insbesondere bei Großausschreibungen ist diese Frist um ein Vielfaches zu kurz, da sich oft erst im Zuge der intensiven Angebotsbearbeitung zeigt, dass die Ausschreibungen Gesetzwidrigkeiten enthält. Eine Regelung in der vorgeschlagenen Form würde zu einer deutlichen Qualitätsminderung bei der öffentlichen Auftragsvergabe führen und einen effektiven Rechtschutz für die Bieter hinsichtlich des Inhalts von Ausschreibungsunterlagen unmöglich machen.

 

§ 335 ist dahingehen zu ändern, dass den Bietern ausreichend Zeit bleibt, sich gegen Gesetzwidrigkeiten in den Ausschreibungsunterlagen mit Hilfe des Vergaberechts zur Wehr zu setzen: sachgerecht und praktikabel wäre eine Regelung, wonach eine „Anfechtung des Inhalts von Ausschreibungsunterlagen bis drei Tage vor Ende der Angebotsfrist möglich ist.“

 

Zu § 335 Abs 2 - Fristen für Nachprüfungsanträge:

 

Die Aufnahme der Bestimmung, wonach die Antragsfrist für die Dauer eines anhängigen Schlichtungsverfahrens vor der Bundes-Vergabekontrollkommission gehemmt wird, wird ausdrücklich begrüßt, führt sie doch zu einer nicht unerheblichen Aufwertung dieser – aus unserer Sicht – äußerst guten und hilfreichen Einrichtung.

 

Zu § 339 - Nichtigerklärung von Entscheidungen des Auftraggebers:

 

Die Nichtigerklärung nicht gesondert anfechtbarer Entscheidungen kann nicht ausdrücklich beantragt werden. In den Erläuterungen zu § 339 heißt es dazu:

 

Durch die Neuformulierung des § 339 wird ausdrücklich klargestellt, dass nur gesondert anfechtbare Entscheidungen für nichtig erklärt werden können. Wird demnach eine gesondert anfechtbare Entscheidung aus dem Grund der Rechtswidrigkeit einer ihr vorangehenden nicht gesondert anfechtbaren Entscheidung für nichtig erklärt, so müssen auch die ihr vorangehenden nicht gesondert anfechtbaren Entscheidungen aufgehoben werden, soweit sie die Rechtswidrigkeit der für nichtig erklärten Entscheidung begründet haben.“

 

Die Regelung im § 339 ist – was die Nichtigerklärung der nicht gesondert anfechtbaren Entscheidungen betrifft – nicht eindeutig und sollte im Gesetz unbedingt klargestellt werden.

 

Mit freundlichen Grüßen

 

 

 

 

Dr. Christoph Leitl                                                                  Dr. Reinhold Mitterlehner

Präsident                                                                                     Generalsekretär-Stv.