AMT DER STEIERMÄRKISCHEN LANDESREGIERUNG

 

 

Fachabteilung 13A

An das

Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft,

Umwelt und Wasserwirtschaft

Sektion VI - Abfallwirtschaft

Stubenbastei 5

1010 Wien

 

Per E-Mail: abteilung.62@lebensministerium.at

è Umwelt- und Anlagenrecht

                                                                                                     

Umwelt- und Abfallrecht/Legistik

Bearbeiter: Dr. Rupp
Tel.:  (0316) 877-3821
Fax:   (0316) 877-3490
E-Mail: fa13a@stmk.gv.at

Bei Antwortschreiben bitte
Geschäftszeichen (GZ) anführen

 

 

GZ:

FA1F – 18.03-3/00-8

Bezug:

BMLFUW-UW.2.1.6/0069-VI/2/2005

Graz, am 31. August 2005

 

Ggst.:

Entwurf des Bundesgesetzes mit dem das Abfallwirtschafts-gesetz 2002 geändert wird (AWG-Novelle 2005),

Begutachtung.

 

 


 

 

Das Amt der Steiermärkischen Landesregierung gibt zum Entwurf des Bundesgesetzes, mit dem das Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (AWG 2002), BGBl. I Nr. 102, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 155/2004 und die Kundmachung BGBl. I Nr. 181/2004, geändert werden soll, folgende Stellungnahme ab:

 

Sowohl der gegenständliche Entwurf mit dem das Abfallwirtschaftsgesetz 2002 geändert werden soll, als auch die Novelle zum Immissionsschutzgesetz-Luft wird in der Haupturlaubszeit in Begutachtung gegeben, obwohl klar sein muss, dass diverse Fachdienststellen für eine umfassende und koordinierte Stellungnahme einzubinden sind. Eine solche Beurteilung ist in der Haupturlaubszeit nur äußerst schwer oder überhaupt nicht zu erbringen und wird daher dringend die Abstandnahme vor weiteren gleichartigen Vorgehensweisen eingefordert.

 

 

1. Allgemein:

 

Den Erläuterungen nach, soll mit der Novellierung 2005 die Richtlinie 2003/105/EG zur Änderung der Richtlinie 96/82/EG zur Beherrschung der Gefahren bei schweren Unfällen mit gefährlichen Stoffen (Seveso-II-Änderungsrichtlinie) und die Richtlinie 2002/49/EG über die Bewertung und Bekämpfung von Umgebungslärm umgesetzt werden. Darüber hinaus soll entsprechend den Vorgaben der Entscheidung 2003/33/EG zur Feststellung von Kriterien und Verfahren für die Annahme von Abfällen auf Abfalldeponien (Deponieentscheidung) die Anforderungen an befugte Fachpersonen und Fachanstalten, die Abfallprobennahmen und die diesbezüglichen Untersuchungen neu geregelt werden und sollen gemäß Richtlinie 1999/31/EG über Abfalldeponien konkrete Vorgaben für die Sicherstellung zur Erfüllung von Bescheidauflagen während des Betriebes bzw. für die Nachsorgephase, umgesetzt bzw. normiert werden.

 

Demnach soll insgesamt die Herstellung einer EU-Konformität und dadurch Rechtssicherheit und Vereinheitlichung im Vollzug bewirkt werden.

 

Durch die Vereinbarung über den Konsultationsmechanismus hat das Land Steiermark grundsätzlich keine Möglichkeiten eine Kostenvermeidung zu bewirken, da es sich um die Umsetzung von EU-Richtlinien bzw. abgeleiteter Rechtsakte handelt. Nach Einschätzung des Landes Steiermark wird es jedoch erhebliche Mehrkosten geben.

 

 

2. Zu den einzelnen Bestimmungen:

 

Zu § 3 Abs. 1 Zif. 1 und 2:

 

Der gegenständliche Vorschlag wird grundsätzlich begrüßt, da er der Rechtssicherheit dient und eine klare Abgrenzung zum Abfallrecht ermöglicht.

 

Sowohl bei der Abgrenzung zum Wasserrecht als auch zum Luftreinhalterecht wird auf die Zulässigkeit der Ableitung in Gewässer bzw. der Abgabe an die Umgebungsluft und damit auf bestehende Konsense abgestellt. Im Umkehrschluss könnte dies bedeuten, dass nicht bestehende Konsense für die Ableitung von Stoffen in Gewässer bzw. die Abgabe von Abluft an die Atmosphäre, eine Anlagenzuständigkeit der Abfallbehörde begründet. In diesem Zusammenhang wird auf die Tatsache verwiesen, dass Küchenabfallzerkleinerungsanlagen (biogene Rückstände wie Salatreste etc.) nach Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenates für das Land Tirol als Abfallbehandlungsanlagen qualifiziert werden, obwohl ausschließlich der Bereich der Kanalisation bzw. die Funktionsweise der daran anschließenden Kläranlage beeinträchtigt wird bzw. werden kann. Die angesprochenen Küchengerätschaften sollten dezitiert nicht als Abfallbehandlungsanlagen gewertet werden, sondern sollte der Bürgermeister im Rahmen seiner Zuständigkeiten nach dem jeweiligen Landeskanalgesetz bzw. die Wasserrechtsbehörden diese Problematik lösen.

Die Formulierung ...die zulässigerweise an die freie Luft abgegeben werden... ist technisch unklar; besser wäre es Stoffe auszunehmen, die als Luftinhaltsstoff in luftreinhalterechtlichen Vorschriften geregelt werden (z.B. als Emissionsgrenzwert).

 

 

Zu § 6 Abs. 7:

 

Es erhebt sich die Frage, ob diese Bestimmung tatsächlich notwendig ist. Zumindest für Abfallbehandlungsanlagen könnte im Wege der im Gesetz vorhandenen abfallpolizeilichen Möglichkeiten (siehe § 62) bei auftauchenden Konsenswidrigkeiten vorgegangen werden.

 

Auch das bestehende Berufsrecht (§§ 24 und 25 AWG 2002) ermöglicht ein Eingreifen der Abfallbehörde (siehe § 24 Abs. 5, § 25 Abs. 7, oder § 75 AWG 2002).

 

Im Übrigen steht nicht fest, welcher Rechtsmittelweg bei Verfahren nach § 6 Abs. 7 eingeschlagen werden kann. Da die Bestimmung des § 6 Abs. 7, stark dem § 6 Abs. 6 des AWG 2002 nachgebaut ist, dort jedoch ein ordentliches Rechtsmittel nicht mehr zulässig ist, sollte eine Klarstellung des Rechtsmittelweges verankert werden.

 

Ein Hinweis in den Erläuterungen erscheint unzureichend, da wie bereits ausgeführt im § 6 Abs. 6 des AWG 2002 der Rechtsmittelweg samt Parteienstellung normiert ist.

 

Zu § 7a und 7b:

 

Mit dieser Bestimmung sollen sowohl Abfallbeurteilungen als auch Überprüfungen von Abfallbehandlungsanlagen durch autorisierte Fachanstalten durchgeführt werden. Das AWG 2002 beinhaltet jedoch weiterhin Bestimmungen, wonach die Behörde im Rahmen von Genehmigungsverfahren, Feststellungsverfahren oder abfallpolizeilichen Maßnahmen wie bisher mit den Fachbeurteilungen der Amtssachverständigen vorgehen wird. Es erhebt sich die Frage, wie bei Widersprüchen externer Beurteilungen (Fachanstalten) und durch den Amtssachverständigenapparat erfolgten Beurteilungen eine Lösung herbeizuführen ist.

 

Im Übrigen scheint der vorliegende Entwurf über die Richtlinie 2003/33/EG hinaus zu gehen, da sowohl ein Deponiebetreiber oder ein Abfallerzeuger selbst Proben nehmen kann, wobei eine ausreichende Aufsicht durch unabhängige Personen gewährleistet sein muss. Darüber hinaus besagt die genannte Richtlinie, dass ein Deponiebetreiber oder auch ein Abfallerzeuger selbst die Abfallproben untersuchen kann, soferne ein geprüftes Qualitätssicherungssystem besteht. Jedenfalls wird es zu einer erheblichen Verteuerung der Abfallwirtschaft durch die externe Beurteilung kommen.

 

Weiters erhebt sich die Frage, ob damit die bisherige Deponieaufsicht obsolet wird oder nicht.

 

Da es in Österreich ein etabliertes Akkreditierungssystem gibt, sollten auch für die Zulassung von Fachanstalten für Analytik und Probennahme im Abfallbereich die bei Akkreditierung vorgeschriebenen Verfahren und Normen ausreichen. Der Aufbau und die Wartung eines eigenen Registers erscheint im Sinne des Auftrags zur Sparsamkeit und Zweckmäßigkeit nicht gerechtfertigt. Ergänzende Maßnahmen zur Qualitätssicherung (Ringversuche) sollten auf einfachere Weise implementiert werden.

 

 

Zu § 20 Abs. 6:

 

Diese Bestimmung wird ausdrücklich begrüßt, da sie zu einer Entlastung des Landeshauptmannes führt.

 

 

Zu § 22 Abs. 2:

 

Mit dieser Bestimmung wird festgelegt, welche abfallrelevanten Daten durch den Landeshauptmann bzw. das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft zu erfassen sind. Fristen für die Erfassung der im § 22 Abs. 2 beschriebenen Daten sind nicht vorgesehen, sondern wird in den Erläuterungen auf die technischen und personellen Kapazitäten der Behörde verwiesen. Dies bedeutet, dass die Umsetzung und Fortschreibung dieses Abfallregisters einerseits vom Entwicklungsstand des elektronischen Datenmanagements und andererseits von Personalressourcen abhängt.

 

Das Land Steiermark geht davon aus, dass ein kostenloses Zugriffsrecht für Organe der Verwaltung besteht. Sollte dieses kostenlose Zugriffsrecht strittig sein, muss eine ausdrückliche gesetzliche Regelung vorgesehen werden.

 

 

Zu § 39 Abs. 3 Zif. 4a:

 

Diese Bestimmung nimmt bezug auf § 3 Abs. 3 des Bundes-Umgebungslärmgesetzes, BGBl. I Nr. 60/2005. Für die Steiermark wird ein solcher Ballungsraum im Sinne des Bundes-Umgebungslärmgesetzes der Raum Graz sein. Da erst per Verordnung im Sinne § 11 des Bundes-Umgebungslärmgesetzes ein Ballungsraum zu definieren ist (Abgrenzung), liegt derzeit ein unbestimmter Begriff, nämlich Ballungsraum vor, welcher, da in der Novelle nicht definiert, zu Vollzugsproblemen führen könnte.

 

 

Zu § 48 Abs. 2, Abs. 2a und 2b:

 

Damit endlich für das gesamte Bundesgebiet eine einheitliche Rechtsgrundlage und damit Vollzugspraxis bezüglich der Sicherstellungen für Deponien besteht, wird die Erlassung einer Sicherstellungsverordnung eingefordert. Auch mit der vorliegenden Textierung wird es zu länderweisen Unterschieden bei der Art und Höhe der Sicherstellung kommen.

 

Weiters ist darauf hinzuweisen, dass bei der Ziehung einer Bankgarantie durch den Landeshauptmann finanzverfassungsrechtliche Themen berührt sind, da in Bundesvermögen eingegriffen wird. Inwiefern die Ziehung einer Bankgarantie durch die zuständige Abfallbehörde (Landeshauptmann) überhaupt zulässig ist, muss gesichert feststehen. Im Übrigen würden sich bei Vorliegen einer Sicherstellungsverordnung diverse bescheidmäßige Anpassungsverfahren erübrigen, da durch Verordnung auch Anpassungen festgelegt werden könnten (Indexanpassungen etc.).

 

 

Zu § 59 Abs. 2:

 

Grundsätzlich gibt es nach wie vor große grundsätzliche Probleme im Bereich der Sicherheit- und Störfallvorsorge. Die Hereinnahme von Begriffen aus dem Chemikalienrecht in das Abfallrecht (Stoffe – Zubereitungen – Abfälle), haben zur Folge, dass große Unsicherheit herrscht, ob eine Abfallbehandlungsanlage als „Sevesobetrieb“ anzusehen ist oder nicht.

 

Da Fragen der Störfallvorsorge und Störfallbewältigung auch Haftungsfragen der Abfallbehörde auslösen, sollte der bisherige Weg (unendlich tagende Arbeitskreise) verlassen werden und für den Bereich der Abfallbehandlungsanlagen klar definiert werden, welche dieser Anlagen dem „Sevesoregime“ unterworfen sind. Dazu erscheint es notwendig, die derzeitigen Abfallarten entweder mit den Stoffen oder Zubereitungen aus dem Chemikalienrecht zur Deckung zu bringen oder jene Abfallarten und deren Lagermengen zu definieren, welche für Abfallbehandlungsanlagen gesichert das Sevesoregime auslösen.

 

 

Zu § 62 Abs. 2a bis 2c:

 

Gemäß § 62 Abs. 2c sollen Bescheide nach Abs. 2a oder 2b sofort vollstreckbar sein. Da gemäß § 62 Abs. 4 des AWG 2002 bei Gefahr im Verzuge geeignete Maßnahmen unmittelbar anzuzordnen sind, erscheint eine sofortige Vollstreckbarkeit, insbesondere bei den Voraussetzungen des § 62 Abs. 2a, überzogen (massive Eingriffe ins Eigentum durch Betriebsschließung). Wichtig wäre, dass im Vergleich zum jetzigen § 62 Abs. 2 AWG 2002 bei durch die Abfallbehörde festgestellten Konsenswidrigkeiten einer Anlage oder eines Anlagenteiles kein Fristenlauf zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes normiert wird (wozu eigentlich), sondern dass unter Einräumung einer Rechtsmittelmöglichkeit, das Betreiben der konsenslosen Anlage bzw. des konsenslosen Anlagenteiles bescheidmäßig behandelt wird (z.B. der Betrieb eingestellt wird).

 

Liegen solche gravierenden Konsensüberschreitungen, Konsenswidrigkeiten etc. vor, welche unter Beachtung der Schutzziele des Gesetzes Gefahr im Verzuge auszulösen vermögen oder auslösen, sollte wie bisher durch faktische Amtshandlung im Sinne § 62 Abs. 4 AWG 2002, vorgegangen werden.

 

Im Übrigen wird die Einräumung einer Amtsbeschwerde des Landeshauptmannes gegen Bescheide des Unabhängigen Verwaltungssenates analog zu § 371a der Gewerbeordnung (Amtsbeschwerde) eingefordert. Bei derzeitiger Rechtslage (AWG 2002) kommt es zu einer krassen Ungleichbehandlung bei Verfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat zwischen Anlagenbetreiber bzw. der belangten Behörde. Ein moderner Rechtsstaat hat jedenfalls Kontrollinstrumente nicht einseitig zu vergeben, sondern sind Kontroll- und Rechtsmittelmöglichkeiten allen Verfahrensparteien einzuräumen.

 

 

Zu § 78 Abs. 10:

 

Unter Beachtung des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom 29. Jänner 2004, Zl.: 2003/07/0121 (Krainerwand aus Bahnschwellen), erscheint die gegenständliche Textierung problematisch. Es ist nicht verständlich, warum zukünftige Einbauten von kriosolhältigen Abfällen jedenfalls nicht zulässig sein sollen, solche Einbauten jedoch vor dem 1. Jänner 2004 nur dann im Sinne der Judikatur behandelt werden müssen (Beseitigung dieser Einbauten), wenn die Voraussetzungen des gegenständlichen Vorschlages zutreffen. Hier scheint keine ausreichende sachliche Rechtfertigung für eine Ungleichbehandlung vorzuliegen.

 

 

Dem Präsidium des Nationalrates werden unter einem 25 Abdrucke dieser Stellungnahme zugeleitet. Eine weitere Ausfertigung ergeht an die E-Mail-Adresse begutachtungsverfahren@parlament.gv.at.

 

 

Für die Steiermärkische Landesregierung

 

 

 

(Landeshauptmann Waltraud Klasnic)