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Zl. ZS-R/P-43.00/05 Gm/Er |
HAUPTVERBAND DER ÖSTERREICHISCHEN SOZIALVERSICHERUNGSTRÄGER
A-1031 WIEN
KUNDMANNGASSE 21
POSTFACH 600 DVR
0024279
VORWAHL Inland: 01,
Ausland: +43-1 TEL.
711 32 / Kl. 1202
TELEFAX 711 32 3775
Wien, 12. August 2005
An das per
e-mail
Bundesministerium für
Gesundheit und Frauen
Radetzkystraße 2
1030 Wien
An das per
e-mail
Präsidium des Nationalrats
(und 25 Ausfertigungen in Papierform)
Betr.: Bundesgesetz,
mit dem das Arzneimittelgesetz, das Rezeptpflichtgesetz und das
Medizinproduktegesetz geändert werden
Bezug: Ihr e-mail vom 12. Juli
2005,
GZ: 92401/0006-I/B/8/05
Sehr geehrte Damen und Herren!
Der Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger nimmt wie folgt Stellung:
Die Definition der apothekeneigenen Arzneispezialitäten in § 1 Abs. 6 sollte aus Gründen der Übersichtlichkeit auf die Übergangsbestimmungen in § 94c Abs. 8 und 9 verweisen.
Referenzarzneimittel müssen nicht in Österreich zugelassen oder registriert sein. Das bedeutet, dass es zu einem Referenzarzneimittel, das z. B. in Frankreich aber nicht in Österreich zugelassen ist, auch in Österreich ein Generikum geben kann.
Ein Generikum muss aber für die Sozialversicherung als solches erkennbar sein, damit dies einerseits bei der Preisgestaltung berücksichtigt werden kann und andererseits die Sozialversicherungsträger eine konkrete Aussage über den Generikaanteil in Österreich treffen können[1].
Deshalb ist es unbedingt nötig, dass in diesem Zusammenhang die Zulassungsbehörde eine für ganz Österreich gültige Kennzeichnung aller Arzneimittel in Referenzarzneimittel („Arzneimittel mit bezugnehmender Zulassung“) und Generika („Generikum“) vornimmt, da sie allein Zugriff auf die Zulassungen der Arzneimittel hat (bzw. die Pharmafirmen auffordern kann entsprechende Unterlagen nachzureichen für Arzneimittel, die bereits in eine Zeit vor dem Arzneimittelgesetz zurückreichen).
Diese Fassung von § 3 Abs. 2 ist aufgrund ihrer dreifachen negativen Formulierung unübersichtlich und sollte durch eine Positivformulierung ersetzt werden:
„Es dürfen nur jene Tierarzneimittel in Verkehr gebracht werden, von denen nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse und nach den praktischen Erfahrungen als gesichert erscheint, dass sie bei bestimmungsgemäßem Gebrauch nur solche (unerwünschte) Auswirkungen auf die Umwelt haben, die durch den positiven therapeutischen Nutzen überwogen werden.“
Aus Sicherheitsgründen sollte überlegt werden, Arzneispezialitäten außerhalb der Zulassung in Österreich in den Fällen der Z 2 und 3 – ähnlich wie gemäß § 7b – auf solche zu beschränken, die zumindest innerhalb des EWR zugelassen sind.
Hier sollte dem leistungszuständigen Sozialversicherungsträger – nicht zuletzt vor dem Hintergrund von § 6 der Richtlinien über die ökonomische Verschreibweise von Heilmitteln und Heilbehelfen (RöV 2005)[2] – jedenfalls auch die Möglichkeit gegeben werden, weiterführende Nachweise zur Wirksamkeit bzw. Unbedenklichkeit anzufordern (also z. B. auch Studienergebnisse).
In § 9a Abs. 1 Z 33 wäre die Wendung „eine Erklärung“ durch „den Nachweis“ zu ersetzen.
Der § 9a Abs. 6 wäre durch eine explizite Haftungsbestimmung für Folgeschäden zugunsten der Sozialversicherung im Falle der Unrichtigkeit der gemachten Angaben zu ergänzen.
In § 9d Abs. 2 ist die Wortfolge „die Arzneispezialität zur äußerlichen Anwendung bestimmt ist oder“ ersatzlos zu streichen.
Es ist aus medizinischer Sicht nicht nachvollziehbar, wieso bei Arzneispezialitäten, die zur äußerlichen Anwendung bestimmt sind, Unterlagen gemäß § 9a Abs. 1 Z 16 entbehrlich sein sollen.
Nach dieser
Bestimmung sind bei einer Änderung der Wirkstoffstärke des Generikums im
Vergleich zum Referenzarzneimittel für die neue Wirkstoffstärke die Ergebnisse
nichtklinischer oder klinischer Versuche vorzulegen.
Dieser
Absatz soll nicht so ausgelegt werden, dass dadurch ökonomische Verbesserungen der
Versorgungssituation
(bzw. potentiell compliance fördernde Erweiterungen des Angebotsspektrums) verhindert
werden.
Beispielsweise
ist es möglich, dass von einem Referenzarzneimittel die Stärke 10 mg die
am häufigsten gebrauchte ist und die Einnahme zweimal täglich erfolgt. Eine
Stärke zu 20 mg gibt es vom Referenzarzneimittel nicht bzw. wird
möglicherweise ganz bewusst nicht angeboten, um den Umsatz über die 10 mg
Dosierung hoch zu halten.
Wenn
nun ein Generikum in der Stärke 20 mg in einer teilbaren Tablette durch
bezugnehmende Zulassung auf den Markt gebracht werden kann, verbessert das die
Versorgungssituation dadurch, dass für den Versorger noch größere
Einsparungspotenziale realisiert werden können (generische Anbieter verfolgen
in der Regel eine flatprice-Politik bei verschiedenen Wirkstoffstärken) und der
Endverbraucher doppelt so lang mit einer Packung auskommt (d. h. der
Patient muss für die Rezeptausstellung auch weniger oft den Arzt aufsuchen und
auch nur halb so viel Rezeptgebühr bezahlen).
Bisher
war es möglich über den Nachweis der Dosislinearität Wirkstoffstärken auf den
Markt zu bringen, zu denen vom Referenzarzneimittel gar keine Zulassung
vorhanden war. Diese Möglichkeit soll auf jeden Fall weiterbestehen bleiben.
Im Bereich der Fachinformation (Pharmazeutische Angaben nach § 15 Abs. 2 Z 6) und der Gebrauchsinformation (für Humanarzneispezialitäten nach § 16 Abs. 2) wären verpflichtende Angaben
- über die mögliche Teilbarkeit von Tabletten,
- zur Verabreichung oraler Arzneiformen per Sonde,
- zur Möglichkeit der Auflösung von Tabletten / Kapseln oder Angaben
- zu deren Suspendierung in Nahrungsmitteln
wünschenswert. Bei den Injektabilia wären Angaben
- zur Haltbarkeit bei Rekonstitution unter aseptischen Bedingungen,
- Kompatibilität mit Materialien der Infusionsbeutel,
- Infusionsleitungen und Katheter
von großer Wichtigkeit.
Diese Informationen würden bei Patienten,
ihren Angehörigen sowie Pflegepersonen zum richtigen Umgang mit den
Arzneimitteln im Alltag Wesentliches beitragen.
Im vorgeschlagenen Text zu
§ 16 Abs. 4 Tierarzneispezialitäten findet sich in der
Gebrauchsinformation nach Z 16 immerhin der Satz: „Weitere Angaben sind
zulässig, soweit sie mit der Verabreichung der Arzneispezialität in
Zusammenhang stehen, für den Anwender oder Tierhalter wichtig sind und den Angaben
der Fachinformation nicht widersprechen.“
Zumindest eine analoge Formulierung sollte für Humanarzneimittel im Gesetzestext enthalten sein.
Der Hinweis auf das Risiko, dass das Absetzen der Arzneispezialität Entzugserscheinungen auslösen kann, ist nicht ausreichend, weil hierbei Hinweise auf allfällige Wirksamkeitsverluste nicht erfasst werden.
Unser Vorschlag wäre, entweder den Begriff einzubinden oder die alte Fassung des § 8 Abs. 2 Z 13 AMG zu belassen.
§ 17 Abs. 4 ist hinsichtlich der Z 5 in Abs. 3 widersprüchlich, da in traditionellen pflanzlichen Arzneispezialitäten keine Angaben über die Art des Lebewesens, dass als Spender diente, gemacht werden können.
Dem
Arzneimittelbeirat sollte zusätzlich als ständiges Mitglied ein(e) VertreterIn
aus dem Fachgebiet Pharmakoökonomie angehören.
In § 50b Abs. 2 findet sich ein Zitierfehler: es müsste „§ 54“ anstelle von „§ 56“ heißen.
Durch die im Zusammenhang mit Naturalrabatten gängige Praxis, wonach Medikamente, die von den Pharmafirmen als Naturalrabatte gratis zur Verfügung gestellt werden, den Krankenkassen in Rechnung gestellt werden, entsteht den Krankenversicherungsträgern jährlich ein beträchtlicher Schaden.
Der Hauptverband sieht daher die neue Regelung grundsätzlich als positiv an, jedoch erheben wir im Detail folgende Einwände:
Nicht zuletzt ausgelöst durch die in der letzten Zeit öffentlich geführten Diskussionen wäre es zweckmäßiger ein rigoroses Verbot der Gewährung von „Zuwendungen“ jeglicher Form an Ärzte (ohne die Möglichkeit der verordnungsmäßigen Legalisierung bis zu einem bestimmten Betrag) vorzusehen.
Im
Bereich der Sozialversicherung ist es z. B. eine Selbstverständlichkeit,
dass ein Arzt keinerlei Zuwendungen annehmen darf. § 8 Abs. 4 der
Dienstordnung B für die Ärzte und Dentisten bei den Sozialversicherungsträgern
Österreichs - (DO.B)[3]
normiert:
„Kein Arzt darf [...] darf für seine Dienstleistungen weder Geschenke annehmen noch sich einen sonstigen Vorteil mittelbar oder unmittelbar zuwenden oder zusichern lassen...“
Handelt ein Arzt dem zuwider, so setzt er damit nach § 31 Abs. 1 Z 2 DO.B[4] einen Entlassungsgrund:
„[...] der Arzt sich einer besonders schweren Pflichtverletzung oder Handlung oder Unterlassung schuldig macht, die ihn des Vertrauens des Versicherungsträgers unwürdig erscheinen lässt, insbesondere wenn er [...] sich für seine Dienstleistungen oder im Zusammenhang damit von dritten Personen Vorteile zuwenden oder zusichern lässt...“
Auch § 55a AMG sollte daher ein
striktes Verbot der Vorteilsgewährung ohne die Möglichkeit der „Verordnungs-Freigrenze“
zu enthalten, wobei klarzustellen wäre, dass auch die Gewährung von
Naturalrabatten eindeutig unter diese Bestimmung fällt.
Dieser Forderung liegen folgende Überlegungen zugrunde:
Die Vertragsärzte haben auf Grund der restriktiven Kündigungsbestimmungen des § 343 ASVG hinsichtlich des Bestandes des Vertrages einen „Quasi-Beamten-Status“ (ähnlich den Ärzten, die bei der Sozialversicherung angestellt sind) Es ist daher – was die Entgegennahme von Zuwendungen betrifft – nur konsequent, für diese Ärzte, dieselben strengen Forderungen aufzustellen, zumal die Ärzte schon auf Grund ihres sozialen Images eine Vorbildfunktion in der Öffentlichkeit einnehmen sollten.
Hinzu kommt, dass der Arzt durch sein Verschreibe- und Verordnungsverhalten Aufwendungen der Sozialversicherung in einem Ausmaß auslöst, das die Aufwendungen für seine Honorierung um ein Vielfaches übersteigt. Es ist daher sicher zu stellen, dass dieses Verschreibe- und Zuweisungsverhalten ausschließlich vom Patientenwohl und dem Ökonomiegedanken geleitet wird. Schon alleine die – wenn auch legalisierte – Möglichkeit des Erhaltes von Zuwendungen von potentiell durch die Verschreibungen und Zuweisungen Begünstigter ist geeignet, dies in Frage zu stellen.
Um diese Forderungen umzusetzen ist es allerdings mit einem Zuwendungsverbot alleine in § 55a AMG nicht getan. Konsequenterweise müsste eine entsprechende Bestimmung auch in das Medizinproduktegesetz[5] aufgenommen werden. Weiters bedarf es einer entsprechenden Bestimmung im ASVG und – da ja das Zuwendungs-(Geschenkannahme)verbot auch für Nichtvertragsärzte gelten soll – einer diesbezüglichen Regelung im Ärztegesetz (wo sich eine Ergänzung in § 53 anbieten würde).
Die Richtlinie 2001/83/EG (Punkte 46 und 50) normiert in der Präambel, dass die Medikamentenverschreibung durch Ärzte „absolut objektiv“ und „ohne direkte und indirekte finanzielle Anreize“ vorzunehmen ist.
Die Intention des Gesetzgebers sollte es daher zumindest sein, dass Medikamente, die den (hausapothekenführenden) Ärzten und Apotheken von den Pharmafirmen als „Naturalrabatte" gewährt werden, den Krankenversicherungsträgern nicht in Rechnung gestellt werden.
§ 55a Abs. 1 und Abs. 4 in der vorgeschlagenen Form entsprechen zwar Art. 94 der Richtlinie 2001/83/EG vom 6. 11. 2001 – dazu ist aber zu bemerken, dass u. a. die Begriffe „Prämie“, „geringer Wert“ und „finanzielle und materielle Vorteile" sowie „Repräsentationsaufwendungen" zu unbestimmt sind, was auch verfassungsrechtlich bedenklich erscheint.
Unklar ist insbesondere die Abgrenzung der Begriffe „Prämie" und „Vorteile", wobei fraglich ist, ob eine derartige Begriffsvielfalt überhaupt notwendig ist.
§ 55a Abs. 5 normiert in diesem Zusammenhang zwar eine Verordnungsermächtigung der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen zur Erlassung näherer Bestimmungen, jedoch handelt es sich dabei um eine „Kann“-Bestimmung und es ist daher nicht abzusehen, ob und wann durch eine derartige Verordnung die bestehende Gesetzeslücke geschlossen wird.
Aus Gründen der Klarheit und der
Rechtssicherheit wird daher gefordert, die näheren Bestimmungen zu § 55a
keinesfalls mittels Verordnung, sondern direkt im Gesetz (Legaldefinition) zu
regeln.
Weiters empfiehlt der Hauptverband im Sinne einer weitergehenden und auch geforderten Transparenz im Arzneimittelbereich, dass alle Pharmafirmen verpflichtet sein sollen, Repräsentationsaufwendungen pro Arzt (namentlich) zu veröffentlichen.
Datenschutzprobleme werden durch diese Regelung aus der Sicht des Hauptverbandes nicht aufgeworfen. Der Hauptverband hat in einem ähnlichen Zusammenhang[6] das Bundeskanzleramt (Verfassungsdienst) um Stellungnahme gebeten, wobei das Bundeskanzleramt in seiner Stellungnahme vom 7. Juli 2005, GZ 810.044/0001-V/3/2005[7], unter anderem folgendes ausgeführt hat:
„[...] Ebenso scheint die Offenlegung der Ausgaben durch Transparentmachung der einzelnen Posten insofern im Interesse der Versicherten gelegen, als damit die Ersichtlichmachung und daraus folgend ein höheres Bewusstsein hinsichtlich des Zusammenhanges der jeweiligen Kostenfaktoren mit der Gesamtheit der Versicherungsnehmerinnen und Versicherungsnehmer erreicht wird. [...] Außerdem besteht das [...] Ziel nicht alleine in der ökonomischen Verschreibungsweise durch den Arzt bzw. die Ärztin, sondern vielmehr auch in der Steigerung des Preisbewusstseins der Patientinnen und Patienten, sowie der Transparentmachung der Aufwendungen durch den Hauptverband. [...]
Damit kann die Veröffentlichung der Aufwendungen durch die Krankenversicherungsträger in Bezug auf die jeweilige Anzahl der einzelnen Arzneimittelspezialität und Packungsgrößen wohl als das am wenigsten eingreifende, Ziel führende Mittel gesehen werden. [...] Im Ergebnis ist daher zu sagen, dass die Transparenz der Ausgaben des Hauptverbandes für Medikamente durchaus zu einer Förderung des Preisbewussteins der Beteiligten Personen führen kann. [...]
Dadurch wird eben nicht nur der generelle Aufwand des Versicherers deutlich gemacht, sondern auch ein Dialog dahingehend angeregt, als hinterfragt werden könnte, welche Verschreibung welcher Medikamente im jeweiligen Fall notwendig und sinnvoll ist, ohne dabei die Leistungsfähigkeit des Versicherers über Maß in Anspruch zu nehmen. Diese Maßnahme könnte wohl durchaus als essentiell für die Erhaltung des momentanen Sozialversicherungssystems angesehen werden. [...] Unter Berücksichtigung der angeführten Gesichtspunkte kann der Eingriff in das Grundrecht auf Datenschutz der betroffenen Pharmaunternehmen im Verhältnis zu den dadurch zu erreichenden Zielen als verhältnismäßig beurteilt werden.“
In diesem Zusammenhang wird auch auf die §§ 84 und 86 StPO verwiesen, wonach die Sozialversicherungsträger berechtigt bzw. im Rahmen ihres gesetzlichen Wirkungsbereiches sogar verpflichtet sind, Anzeige zu erstatten, wenn sie von einem strafrechtlichen Tatbestand erfahren.
Das
Problem in der Praxis ist aber, dass die Sozialversicherungsträger nahezu keine
Chance haben, von derartigen strafrechtlichen Tatbeständen Kenntnis zu
erlangen, da es keinerlei Auskunfts- noch sonstige Untersuchungsrechte der
Sozialversicherung gibt.
Noch weniger ist es möglich die von § 86 StPO „hinreichenden Gründe“ für die Annahme, dass eine Person eine mit gerichtlicher Strafe bedrohte Handlung ausgeführt hat, nachzuweisen – meist haben die Sozialversicherungsträger nur einen Verdacht, dass ein strafrechtlicher Tatbestand vorliegt – dieser reicht aber in der Regel weder für die Sicherheitsbehörden (Kriminalpolizei) noch die Staatsanwaltschaft aus, dass die Anzeige weiter verfolgt bzw. überhaupt aufgenommen wird.
Die Kontrolle der in § 55a normierten Verbote obliegt dem Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen.
Völlig unklar ist, wie die Überprüfung der genannten Verbote in der Praxis erfolgen soll, auch ergeben sich aus dem Entwurf keine Anhaltspunkte hinsichtlich des Vollzuges durch das Bundesamt. Die Formulierung der Maßnahmen, die das Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen gemäß § 56a Abs. 2 treffen kann, sind viel zu unbestimmt formuliert und bedürfen einer näheren Erläuterung.
Wichtig wäre auch die Darlegung der rechtlichen Natur des Bundesamtes, insbesondere auch hinsichtlich der Ausstattung mit „imperium".
Für die Krankenversicherungsträger ist es aus finanziellen Erwägungen sehr bedeutsam, Kenntnis darüber zu erlangen, in welchem Umfang Naturalrabatte gewährt werden.
Zur Klarstellung wäre deshalb zusätzlich zu normieren, wie der Informationsaustausch zwischen den Krankenversicherungsträgern und dem Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen erfolgen soll, welche Informationsrechte diesen gegenüber dem Bundesamt zustehen bzw. welche Einsichtsrechte (eventuell auch gegenüber den Pharmafirmen) den Krankenversicherungsträgern auf Grund gesetzlicher Ermächtigung zukommen sollen (z. B. regelmäßige Berichte der Pharmafirmen über gewährte Naturalrabatte).
Wie bereits oben zu § 55a erwähnt, ist
es äußert wichtig, dass die Sozialversicherungsträger Informationsrechte und
Einsichtsrechte erhalten, da sie sonst keinerlei Handhabe haben gegen etwaige
Verstöße gegen das AMG vorzugehen.
Wie bereits oben zu § 55a angemerkt,
sollte die Gewährung von „Zuwendungen“ jeglicher Form an Ärzte generell
verboten werden.
Vergleicht man die Punkte 46 und 50 der Präambel der RL 2001/83/EG, wonach die Medikamentenverschreibung durch Ärzte „ohne direkte und indirekte finanzielle Anreize" vorzunehmen ist, erscheint der Wert von € 7.500,- pro Kalenderjahr jedenfalls als unangemessen hoch.
Die Unangemessenheit dieses Wertes wird auch sichtbar, wenn man das in dieser Form legalisierte „Zusatzeinkommen" auf Kosten der Beitragszahler mit dem Durchschnittseinkommen in Österreich vergleicht. Der Schwellenwert beträgt nämlich knapp die Hälfte des durchschnittlichen Einkommen eines unselbständig Erwerbstätigen in Österreich.
Wenn man schon nicht ein generelles Verbot
von Zuwendungen vorsehen will, sollte aus general- und spezialpräventiven
Gründen die gerichtliche Freiheitsstrafe von bis zu sechs Monaten aber bei
einem wesentlich niedrigeren Betrag angesetzt werden.
Unklar ist, ob für die Berechnung des Schwellenwertes auch Repräsentationsaufwendungen, Reise- und Aufenthaltskosten etc. zu berücksichtigen sind – diese Rechtsunsicherheit ergibt sich aus der Unbestimmtheit der in § 55a verwendeten Begriffe.
Unklar ist auch, wie die Überprüfung der Einhaltung des Schwellenwertes durch das Bundesamt erfolgt.
Es ist weiters nicht nachvollziehbar, warum nur die Annahme, nicht aber auch die Vergabe derartiger Leistungen unter Strafe gestellt ist.
Abschließend ist festzuhalten, dass die sinnvollste Lösung zum Thema Naturalrabatte darin gesehen wird, dass gesetzliche Regelungen über die Preisbildung bei Medikamenten insoweit geändert werden, als Naturalrabatte entweder verboten oder zumindest bei der Preisgestaltung von Medikamenten berücksichtigt und dadurch „neutralisiert" werden. Insoweit lukrierte Preisvorteile müssen jedenfalls an die Krankenversicherungsträger und somit an die Versicherten weitergegeben werden.
* * *
Zusätzlich schlagen wir vor, dass Art. 57 Strich 2, der Richtlinie 2001/83/EG zur Schaffung eines Gemeinschaftskodex für Humanarzneimittel[8] ins AMG übernommen mit.
Nach dieser Bestimmung ist es möglich, bei bestimmten Etikettierungsmodalitäten Angaben über die „Bedingungen für die Erstattung durch die für soziale Sicherheit zuständigen Stellen“ aufzunehmen.
Es sollte daher zumindest bei bestimmten Etikettierungsmodalitäten, wo dies erlaubt ist, Angaben zu den Richtlinien über die ökonomische Verschreibweise von Heilmitteln und Heilbehelfen (RöV 2005)[9] aufgenommen werden.
* * *
Ergänzend zum AMG schlagen wir zudem vor, eine Besteuerung von Repräsentationsaufwendungen durchzuführen. Im Gegenzug könnte es zu einer Reduzierung des Umsatzsteuersatzes auf 10 % für Medikamente kommen.
Dadurch könnte eine weitere Verbesserung der derzeitigen Rechtslage erreicht werden.
* * *
In § 52a Abs. 3 wird keine ausrechende Vorsorge für den Fall getroffen, dass eine einmal begonnene Prüfung trotz mangelndem Einverständnis zu einem späteren Zeitpunkt nicht mehr abgebrochen werden kann.
Mit freundlichen Grüßen
Für den Hauptverband:
[1] in der zweiten Regierungserklärung von Dr. Schüssel gefordert: „der Generikaanteil ist zu erhöhen“
[2] amtlich verlautbart unter: www.avsv.at, Nr. 68/2005 (in der Fassung der 1. Änderung), der gesamte Richtlinientext ist gespeichert unter: www.sozdok.at
[3] amtlich verlautbart unter: www.avsv.at, Nr. 60/2005 (in der Fassung der 66. Änderung), der gesamte Richtlinientext ist gespeichert unter: www.sozdok.at
[4] = FN 3
[5] vgl. in diesem Zusammenhang die Diskussion um die Hörgeräte
[6] Veröffentlichung der durch die Krankenversicherungsträger aufgewandten Kosten für konkrete Arzneimittelspezialitäten im statistischen Handbuch
[7] Schreiben des BKA vom 7. 7. 2005 gespeichert unter: www.sozdok.at
[8] Abl. L 311 vom 6. 11. 2001, S. 86
[9] amtlich verlautbart unter: www.avsv.at, Nr. 68/2005 (in der Fassung der 1. Änderung), der gesamte Richtlinientext ist gespeichert unter: www.sozdok.at