GZ.                         BMF-010221/0461-IV/4/2005

Referenten:         Mag. Dr. Stefan Bendlinger

                               Mag. Dr. Thomas Bramo

                               Univ. Prof. Mag. Dr. Michael Lang

                               Mag. Dr. Verena Trenkwalder

Unser Zeichen:   Mag. Knotek/St

Datum:                 12. September 2005

 

 

 

BUNDESMINISTERIUM FÜR FINANZEN

Abteilung BMF – IV/4 (IV/4)

Himmelpfortgasse 4 – 8

1015   Wien

 
Stellungnahme zum Revisionsprotokoll zum DBA Österreich - Schweiz

 

Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Die Kammer der Wirtschaftstreuhänder dankt für die Einladung zur Abgabe einer Stellungnahme zum Entwurf eines Revisionsprotokolls zum DBA Österreich - Schweiz und teilt wie folgt mit:

 

1.        Die in Art 12 Abs 1 vorgesehene Beseitigung der Quellenbesteuerungs­rechte für Lizenzgebühren wird von der Kammer der Wirtschafts­treuhänder begrüßt. Gleiches gilt für die Anpassung des Art 12 Abs 2 DBA an den Wortlaut des Art. 12 Abs. 2 OECD-MA idF 2003, worin Vergütungen für die Benutzung oder das Recht auf Benutzung kaufmännischer oder wissenschaftlicher Ausrüstungen aus der Definition des Begriffs „Lizenzgebühren“ eliminiert wurden.

 

2.        In Art 13 Abs 4 1. Satz wird die im nationalen Recht in § 31 Abs 2 Z 2 EStG verankerte Wegzugsbesteuerung abkommensrechtlich ausdrücklich für zulässig erklärt. Unklar ist, dass zwar keine Besteuerung auf Grund des Ansässigkeitswechsels stattfinden soll, dass aber dennoch bei Maßnahmen, die zum Verlust des Besteuerungsrechts führen, ein Besteuerungsrecht des Wegzugstaats existieren soll. Die Kammer der Wirtschaftstreuhänder spricht sich dafür aus, keine Abweichungen vom OECD-MA vorzusehen.

 

3.        Die Kammer der Wirtschaftstreuhänder begrüßt die Regelung in Art 13 Abs 4 3. Satz, nach der sichergestellt ist, dass die vom Wegzugstaat besteuerten stillen Reserven nicht nochmals durch den Zuzugsstaat erfasst werden.

4.        Die ersatzlose Streichung der bisher in Art 15 Abs 4 vorgesehenen Grenz­gängerregelung wurde zur Wahrung des österreichischen Steuer­aufkommens letztlich durch die generelle Einführung der Anrechnungs­methode für Einkünfte aus unselbständiger Arbeit abgefedert. Dies erscheint überschießend und nicht sachgerecht. Durch den generellen Wechsel zur Anrechnungsmethode bei Arbeitnehmereinkünften wird nämlich nicht nur das von der österreichischen Finanzverwaltung auf den Verhandlungstisch gebrachte „Grenzgängerproblem“, sondern schlechthin jeder Arbeitnehmer (also auch „Nicht-Grenzgänger“), der in der Schweiz tätig wird und seine DBA-Ansässigkeit in Österreich beibehält, erfasst. Für diese Gruppe galt bisher die Befreiungsmethode, sie wurden also – abgesehen vom Progressionsvorbehalt – so besteuert, wie in der Schweiz ansässige Arbeitnehmer. Die Anwendung der Befreiungsmethode auf Einkünfte aus unselbständiger Arbeit entspricht der generellen österreichischen DBA-Politik, die eine gleiche Wettbewerbs­situation im Sinne der Kapitalimportneutralität zum Ziel hat. Der am Auslandsmarkt tätige Arbeitnehmer soll gegenüber den dort tätigen Arbeitnehmern keine steuerlichen Nachteile erleiden. Durch die Neuregelung werden einerseits in Österreich ansässige, aber in der Schweiz unselbständig tätige Personen gegenüber in der Schweiz ansässigen Personen in eine schwierigere Wettbewerbssituation am schweizerischen Arbeitsmarkt gebracht, da sie bei gleichen Löhnen und gleichen Lebenshaltungskosten zukünftig mehr Einkommensteuer an den Fiskus abliefern müssen. Andererseits kommt es auch zu einer Schlechterstellung von Unselbständigen im Vergleich zu Selbständigen, für die weiterhin die Befreiungsmethode gilt. Ausweichstrategien und damit verbundene Rechtsunsicherheiten sind damit vorprogrammiert. Darüber hinaus werden realisierte Planungen (zB Entsendungen in die Schweiz) damit nachträglich enttäuscht.

 

5.        Die Anpassungen von Art 17 Abs 1 und Abs 2 an das OECD-MA werden von der Kammer der Wirtschaftstreuhänder begrüßt. Lediglich die Aus­nahme zum Künstlerdurchgriff (vgl Art 17 Abs 2 Satz 2) könnte in der Praxis zu Abgrenzungsproblemen führen („wirtschaftliches Interesse“?, „unmittelbarer Einfluss“?).

 

6.        Die Kammer der Wirtschaftstreuhänder weist darauf hin, dass Artikel 26 nicht dem OECD – Musterabkommen entspricht, da er über den großen Informationsaustausch hinausgeht. Zwar ist bei der Schweiz davon auszugehen, dass die Informationen aus der österreichischen Amtshilfe­leistung vertraulich behandelt werden, dennoch sollte explizit vereinbart werden, dass die Vertraulichkeit personenbezogener Daten unbedingt zu wahren ist.

 

7.        Die Kammer der Wirtschaftstreuhänder bedauert, dass es dem BMF offenbar nicht gelungen ist, die Einführung eines Schiedsverfahrens durchzusetzen.

 

8.        Weiters bedauert die Kammer der Wirtschaftstreuhänder, dass es bei dieser Gelegenheit nicht gelungen ist, die Schenkungssteuer in das Erbschaftssteuer-DBA zu integrieren.

 

9.        Aus legistischer Sicht bedauert die Kammer der Wirtschaftstreuhänder, dass nicht immer präzise angegeben ist, welche Formulierung durch welche andere ersetzt wird (vgl zB Art I Z 5, wo nur davon die Rede ist, dass „der Verweis auf Absatz 2 gestrichen wird“).

 

10.    In Art 13 Abs 4 ist zu bedauern, dass die Regelung nicht abstrakt formuliert ist, sodass zB bei einer Änderung der innerstaatlichen Bemessungsgrundlage (sollte zB einmal der Begriff der Anschaffungs­kosten ersetzt werden), auch eine Änderung des Abkommens erforderlich sein wird.

 

Diese Stellungnahme wird von der Kammer der Wirtschaftstreuhänder dem Präsidium des Nationalrates in 25-facher Ausfertigung sowie an die Internetadresse begutachtungsverfahren@parlinkom.gv.at zur Verfügung gestellt.

 

Wir ersuchen höflich unsere Vorschläge bzw. Anregungen zu berücksichtigen und verbleiben

 

mit freundlichen Grüßen

 

Mag. Dr. Alfred Brogyányi e.h.                                              Dr. Gerald Klement

(Präsident)                                                                 (Kammerdirektor)

 

Prof. Mag. Dr. Karl Bruckner e.h.

(Vorsitzender des Fachsenats für Steuerrecht)