An das

 

Bundesministerium für Justiz

 

per E-Mail: kzl.b@bmj.gv.at

 

 

 

 

GZ: BMSG-10310/0017-I/A/4/2005

Wien, 20.09.2005

 

 

Betreff: Entwurf einer Insolvenzrechts-Novelle 2005

 

Sehr geehrte Damen und Herren!

Das Bundesministerium für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz nimmt mit Bezug auf das Schreiben vom 21. Juli 2005, GZ BMJ-B13.076/ 0007-I5/2005, zum Entwurf einer Insolvenzrechts-Novelle 2005 wie folgt Stellung:

Zu Art. I Z 28 (§ 213 Abs. 2 KO):

Die Erleichterung der Billigkeitsentscheidung bei Verfehlung des Mindestquote
wegen der Verfahrenskosten wird seitens des Bundesministeriums für soziale
Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz sehr begrüßt. Gegenüber der
geltenden Rechtslage – die auf das Vorliegen hoher Verfahrenskosten abstellt – ist der Vorschlag schon aus Gründen der Rechtssicherheit im Interesse des Schuldners zu unterstützen.

Die Neuregelung ist jedoch nicht ausreichend, um die allgemeine Problematik des Verfehlens der Mindestquote im Abschöpfungsverfahren zu beseitigen bzw. wesentlich zu entschärfen.

Die Einführung der Mindestquote war Ergebnis eines politischen Kompromisses; so hat der deutsche Gesetzgeber von der Einführung einer Mindestquote Abstand genommen. Allen am Gesetzwerdungsprozess des „Privatkonkurses“ Beteiligten war bewusst, dass damit soziale Härtefälle unausweichlich sind. Insbesondere sind Personen mit hohen Schulden bzw. Personen ohne oder mit geringem Einkommen vom Verfahren ausgeschlossen und haben damit keine Chance für einen wirtschaftlichen Neubeginn.

Zwar wurden bezüglich des Privatkonkurses einige Hürden seitens des Gesetzgebers in der Folge beseitigt (Zugangserleichterungen, Verfahrensverlängerung etc.), die grundsätzliche Problematik blieb jedoch bestehen.

Um die Größenordnung der vom Privatkonkurs ausgeschlossenen Personen in der Praxis zu erfahren, hat das Bundesministerium für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz den Dachverband der Schuldnerberatungen (ASB Schuldnerberatungen GmbH) mit einer Studie beauftragt, in der die bisherigen Erfahrungen mit dem Privatkonkurs ausführlich beleuchtet und eine detaillierte Auswertung der bisher abgeschlossenen Privatkonkursverfahren vorgenommen wurde. Das Ergebnis dieser Studie zeigt einen klaren gesetzlichen Handlungsbedarf auf, der mit nachfolgenden Ausführungen aus der Studie belegt werden kann:

Auswertungen der Studie zur Quote im Abschöpfungsverfahren:

Gemäß der Datenbank der ASB Treuhandschaften liegt die durchschnittlich geleistete Quote der 153 Abschöpfungsverfahren bei 21,3 %; der Median beträgt 15,2 %. Damit werden im Abschöpfungsverfahren ähnliche Ergebnisse wie im Zahlungsplan erzielt.

Wie aus der Praxis bekannt ist, wird zur Erreichung der 10,0 % Quote oftmals der unpfändbare Anteil des Einkommens herangezogen, um mit Sicherheit eine Restschuldbefreiung zu erreichen. Um sich nicht dem Risiko einer Billigkeitsentscheidung, das heißt einer Entscheidung nach Ermessen des Gerichts, aussetzen zu müssen, leisten SchuldnerInnen Zahlungen auch aus dem Existenzminimum. Dies ist häufig bei Frauen der Fall.

Um die Quantität dieser Gruppe festzustellen, wurde bei der Auswertung die Kategorie exakt 10,0 % extra ausgewertet. Dabei ergab sich, dass 9,2 % der SchuldnerInnen ihr Abschöpfungsverfahren mit diesem Ergebnis beendeten.

18,3 % erreichten eine Quote von mindestens 50,0 %. Dies betrifft häufiger Männer (22,7 %) als Frauen (12,3 %).

Von 16,3 % wurde die Mindestquote von 10,0 % verfehlt. Diese konnten ihr Abschöpfungsverfahren nicht positiv beenden oder erzielten eine Restschuldbefreiung aufgrund von Billigkeit. Werden zu diesen noch jene gerechnet, die durch Zahlungen aus dem Unpfändbaren die Hürde erreichen, geschätzt die Hälfte derer, die zwischen 10,0 % und   11,0 % liegen, ergibt sich ein Prozentsatz knapp um 30,0 %. Das heißt, dass es für diese Gruppe nicht möglich ist, allein aufgrund der Lohnpfändungen zu einer Restschuldbefreiung zu gelangen (Tabelle 24).

 

Tabelle 24: Höhe der Quote im Abschöpfungsverfahren

Zeitraum: 01.01.1995 - 30.06.1997 (Angaben in Prozent)

QUOTENHÖHE

männlich

(n = 88)

weiblich

(n = 65)

gesamt

(n = 153)[1][1]

unter 10,0 %

15,9

16,9

16,3

davon 0,0 % - 5,0 %

12,5

7,7

10,5

10,0 % - 14,99 %

35,3

41,6

37,9

davon exakt 10,0 %

9,1

9,2

9,2

davon 10 %-10,99 %

20,5

26,2

22,9

15,0 % - 19,99 %

10,2

10,8

10,5

20,0 % - 49,99 %

15,9

18,5

17,0

50,0 % und mehr

22,7

12,3

18,3

gesamt

100,0

100,0

100,0

Median

14,7

11,9

15,2

Durchschnitt

22,6

19,6

21,3

Quelle: ASB, 2004, Datenbank der ASB Treuhandschaften

Das Bundesministerium für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz nimmt diese Ergebnisse zum Anlass, das Erfordernis einer Mindestquote im Abschöpfungsverfahren neuerlich zu Diskussion zu stellen.

Lösungsansätze zur Beseitigung der – prozentmäßig nicht geringen Härtefälle – wurden bereits in der Arbeitsgruppe im Bundesministerium für Justiz diskutiert. Das Bundesministerium für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz hat sich dabei – zumindest - für eine Senkung der Mindestquote bzw. zu einem Abgehen davon bei bestimmten Personenkreisen ausgesprochen.

Der Begutachtungsentwurf enthält keinen Vorschlag in diese Richtung. Das Bundesministerium für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz spricht sich dafür aus, in absehbarer Zeit eine entsprechende Regelung zu diskutieren und in Begutachtung zu schicken.

25 Exemplare dieser Stellungnahme werden unter einem dem Präsidium des Nationalrates übermittelt.

 

 

Mit freundlichen Grüßen

Für die Bundesministerin:

iV Mag. Gerhard Schwab

 

 

Elektronisch gefertigt.



[1][1] Dies umfasst alle Abschöpfungsverfahren außer jene, die gescheitert sind.