Stellungnahme des ÖAMTC

zum Entwurf einer Novelle des
Immissionsschutzgesetzes-Luft

(IG-L Novelle 2005)

 

 

A) Grundsätzliches:

Der ÖAMTC hat bereits in der Stellungnahme zum ersten Entwurf dieser Novelle im Dezember 2004 erklärt, dass er gerne das generelle Ziel des IG-L, Immissionen zu reduzieren und so die Lebensqualität zu erhöhen, unterstützt. Undifferenzierte und unsachliche Maßnahmen, die gerade der von diesem Gesetz hauptsächlich betroffene Kraftfahrer zwangsläufig als reine Schikane empfinden müssen, werden jedoch strikt abgelehnt. Durch den erweiterten Entwurf, der offenbar im August 2005 zur Begutachtung ausgesandt wurde, wurden sogar noch weitere Beschränkungen des Kraftfahrzeugverkehrs vorgeschlagen, deren sachliche Berechtigung bestritten wird. Um eine einheitliche und nachvollziehbare Stellungnahme zum „Gesamtentwurf“ abzugeben, wurden in diese Stellungnahme zum Entwurf 2005 auch unsere Bemerkungen zum Entwurf 2004 eingearbeitet.

Mit gewisser Verwunderung merkt der ÖAMTC an, dass er in die Begutachtung dieses neuerlichen Gesetzesentwurfes nicht eingebunden wurde; dies obwohl wir im Dezember 2004 zum vorangegangenen Entwurf eine ausführliche Stellungnahme abgegeben haben und maß­gebliche Teile – auch des neuen Entwurfes – massiv die Interessen der Kraftfahrer berühren. Der im August 2005 vorgelegte Entwurf ist zwar in weiten Bereichen ident mit dem ursprüng­lichen, wurde aber doch in einigen Punkten geändert bzw vor allem erweitert. Als für die Begutachtung erschwerend ist der Umstand zu werten, dass die Erläuterungen – auch zu den einzelnen gleich gebliebenen Punkten – auf diese unkonventionelle Vorgangsweise nicht hinweisen und die tatsächlichen Neuerungen nicht hervorheben.

Zur leichteren Nachvollziehbarkeit wurden daher in dieser Stellungnahme jene Anmer­kungen, die sich auf die Ergänzungen durch den Entwurf 2005 beziehen, mit einem vertikalen schwarzen Strich neben dem Text gekennzeichnet.

In einigen Bereichen schießt der Entwurf weit über das Ziel und führt damit zu der Gefahr, dass einseitige Maßnahmen ausschließlich oder überwiegend zu Ungunsten des motorisierten Individualverkehrs gesetzt werden.

Als wesentliche Ursachen für Feinstaub-Immissionen gelten nämlich mehrere Emittenten­gruppen wie Industrie, Hausbrand, die Landwirtschaft sowie der Offroad- und der Straßen­verkehr. Der Pkw-Straßenverkehr ist nur für etwa 10 Prozent der Partikelemissionen verant­wortlich. (Quelle: Studie des ÖAMTC und Broschüre „Unsere Luft 2005“)

Durch die vorgesehene Novelle ist aber trotzdem mit einer Verschärfung der Maßnahmen in erster Linie gegen den Kraftfahrverkehr zu rechnen. Es hat sich aber bereits während der ver­gangenen Jahre gezeigt, dass Fahrverbote, die den geplanten Maßnahmen wie autofreien Tagen entsprechen würden, lediglich zu einer Umverteilung des Verkehrsaufkommens führen und nicht das allgemeine Immissionsproblem lösen.

Erfahrungsgemäß ändern auch Tempolimits an Abgas verursachenden Partikel-Emissionen nicht allzu viel, da – gerade im Stadtgebiet – schon derzeit die Durchschnitts­geschwindig­keit weit unter 50 km/h liegt. Sinnvoller und effektiver ist daher die Förderung eines homo­genen Ver­kehrs­flusses, etwa durch Koordination der Verkehrsleiteinrichtungen („Grüne Welle“ udgl.).

Der ÖAMTC verlangt daher, dass schon der Bundesgesetzgeber im Zuge seiner Verordnungs­ermächtigungen den zur Vollziehung berufenen Landeshauptleuten auch ausdrücklich auf­trägt, Aspekte der Verbesserung der Flüssigkeit des Verkehrs als geeignetes Mittel zur Emissions­reduktion einzusetzen; dies umso mehr als erwiesen ist, dass Verkehrs­behin­derungen als emissionssteigernd zu betrachten sind. Konkret sollten daher die Vollzugs­behörden motiviert werden, durch den Einsatz der Verkehrs­telematik und durch geeignete Ampel­­schaltungen die Flüssigkeit des Verkehrs zu heben, statt bloß schema­tische Tempo­limits oder andere Beschränkungen des fließenden Verkehrs anzuordnen.

Es ist davon auszugehen, dass gerade der Umweltschutz eine Materie darstellt, deren Effekti­vität wohl kaum durch undifferenzierte Maßnahmen und zwangsläufig lückenhafte  Überwachung und Sanktio­nen, sondern fast ausschließlich durch Information, Motivation und allenfalls Training zu gleichmäßiger – und daher Staub schonender – Fahrweise („Gleiten statt stauben“) ver­bessert werden kann. Eine diesbezügliche Informationskampagne muss jedoch auch alle ande­ren Verkehrsteilnehmer (Fußgänger und Radfahrer) einbeziehen, wobei das Bewusstsein dahin­gehend geschärft werden sollte, dass auch durch das Veranlassen zu unnötigem Bremsen und Beschleunigen vermehrt Immissionen verursacht werden.

Nur mit auf vorausschauende Teilnahme am Straßenverkehr ausgerichteter Bewusst­seinsbildung und einer auf Nachhaltigkeit ausgerichteten Politik des umweltfreundlichen Nah- und Stadtverkehrs lässt sich langfristig und nachhaltig die Feinstaubbelastung reduzieren.

Den deklarierten Grundsätzen des Entwurfes, wonach der Beeinträchtigung im Sinne des Verursacherprinzips vorgebeugt und Luftschadstoffe an ihrem Ursprung bekämpft werden sollten, wird mit der beabsichtigten Novelle somit nicht in ausreichendem Umfang Rechnung getragen. Der Grundsatz, dass die Maßnahmen nicht unverhältnismäßig sein dürfen, bleibt weitgehend unberücksichtigt.

Wiewohl zwar offenkundig den Interessen und im Zuge der Begutachtung zum ersten Entwurf vorgetragenen Wünschen der Wirtschaft und der Landwirtschaft entsprochen wurde und weitreichende Ent­schärfungen des Gesetzes vorgenommen wurden, lässt der zweite Entwurf im Bereich des Straßen­verkehrs sogar noch weitere – und in ihrer Gesamtheit völlig überzogene – Behinderungs­maß­nahmen gegen den motorisierten Individualverkehr erwarten. Gegen diese Punkte erhebt der ÖAMTC mit Nachdruck Protest.

Einige Stellen des Gesetzes legen überdies – ganz allgemein – die Vermutung nahe, dass das IG-L an sich verfassungsrechtlich bedenklich ist: Es mag anzuerkennen sein, dass gewisse Arten und Betriebsweisen von Fahrzeugen namhafte Emissionen verursachen. Die Ermächtigung zu pauschaler und undifferenzierter Beschrän­kung des Kfz-Verkehrs lässt aber doch große Zweifel an der Vereinbarkeit dieser Bestimmun­gen mit dem Gleichheitsgrundsatz aufkommen. Auch hinsichtlich der Zuständigkeit des Bundes in Gesetzgebung und Vollziehung hegt der ÖAMTC große Bedenken.

Ausdrücklich wird die Absicht begrüßt, Sanierungszeiträume zeitlich auf maximal drei Jahre zu begrenzen, um auf Sanierungserfolge oder den Wegfall von Emissionsquellen reagieren zu können und etwa Beschränkungsmaßnahmen auch wieder zu lockern oder aufzuheben.

Im Teil C werden weitergehende Vorschläge des ÖAMTC vorgelegt, um verkehrsbedingte  Emissionen zu reduzieren: Im Hinblick auf die verminderte Verkehrsleistung bei gleichzeitiger Zunahme der Emissionen sollten großflächige „Tempo 30-Zonen“ verboten werden. Jedenfalls sollte verhindert werden, dass durch Zwang zu ständigem Abbremsen und folgendem Beschleunigen von Fahrzeugen an Kreuzungen mit Wartepflicht aufgrund des Rechts­vorranges des Querverkehrs vermeidbare Emissionen provoziert werden.

 

 

B) Besonderer Teil:

 

Zu Z. 26, § 9a:

Abs 1 (Erstellung von Programmen):

Diese Neuregelung wird vom ÖAMTC im Grundsatz begrüßt, da nunmehr auch Interessen­vertretungen die Möglichkeit haben werden, zu konkreten Maßnahmen Stellung zu nehmen. Es muss jedoch in Anbetracht der Tragweite der daraus abzuleitenden Entscheidungen sichergestellt sein, dass durch die vorgesehene Möglichkeit, dass jedermann zum Entwurf des Pro­gramms Stellung nehmen kann, der Sinn des Gesetzes und der darauf gestützten Maßnahmen nicht unterlaufen wird.

 

In dieser Bestimmung wird auf „nationale Programme gem § 6 Emissions­höchstmengen­gesetz“, auf „Pläne und Programme gem § 13 Ozongesetz“ sowie auf „die österreichische Klimastrategie gem § 1 Abs 2 Emissionszertifikategesetz“ verwiesen. Wiewohl anzuerkennen ist, dass diese Programme im Parlament beschlossen wurden, kommt ihnen dennoch nicht Gesetzes­kraft zu und sollte daher hier auch keine gesetzesgleiche Bindung an derartige Programme verankert werden.

 

Abs 2 (langfristige Planung zur Immissionsreduktion):

Das Programm gem § 9 a hat Maßnahmen gemäß Abschnitt 4 zu umfassen. Es wird insbesondere die Intention des Gesetzgebers begrüßt, Immissionen bereits im Vorfeld durch Infrastrukturmaßnahmen, Raumplanungs- und Raumordnungsmaßnahmen sowie durch die Förderung des Einsatzes innovativer Technologien und durch Maßnahmen beim Betrieb mobiler Motoren entgegenzuwirken. Demgegenüber stellen Maßnahmen gemäß Abschnitt 4 reine Anlass­maßnahmen dar, welche Immissionen nicht in deren Ursprung bekämpfen können. Der Gesetzgeber sollte festlegen, dass derartige Maßnahmen nur dann ergriffen werden dürfen, wenn erwiesen ist, dass kurz- und mittelfristig planbare Alternativen nicht zum Erfolg geführt haben.

 

Abs 3 (Reduktionen auch für PM 2,5):

Die Anlehnung an die Richtlinie 1999/30/EG wird zur Kenntnis genommen, mangels Detail­festlegungen hinsichtlich der Partikel PM 2,5 ist aber dieser Hinweis derzeit wohl weitgehend gegenstandslos.

 

Abs 4 (Kooperation zwischen Gebietskörperschaften, insbesondere länderübergreifend):

Der ÖAMTC begrüßt an sich die Regelung, wonach die Kooperation zwischen den Gebiets­körperschaften festgehalten wird. Insbesondere Maßnahmen gem. § 22 IG-L (Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur sowie die ökologische Optimierung der Verkehrsabläufe) sind nur im überregionalen Raumordnungskonzept zu lösen. Gerade hier gilt aber der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Die Bestimmung sollte klarer gefasst werden und festlegen, dass lokale Entscheidungen nicht im Widerspruch zu überregionalen Planungen und Interessen liegen dürfen.

 

Abs 9 (Grenzwertüberschreitung wegen Immissionen aus dem Ausland):

Der neu eingefügte letzte Satz lässt zwar die Intention des Entwurfsverfassers erkennen. Doch wird – rein logisch betrachtet – eine Immissionswertüberschreitung nur dann ausschließlich durch Emissionen im Ausland verursacht sein, wenn diese Emission im Inland überhaupt nicht anfällt. Fallen entsprechende Emissionen auch im Inland – wenn auch bloß in Minimalmengen - an, kann aus dem Ausland dennoch ein Vielfaches „importiert“ werden. Diesfalls wäre aber die Grenzwertüberschreitung nicht mehr „ausschließ­lich“ auf diese im Ausland gelegene Quelle zurückzuführen und müsste daher trotzdem ein Sanierungs­programm erstellt werden. Dieses hätte aber keine Chance auf Wirksamkeit. Der ÖAMTC regt daher an, an dieser Stelle statt „ausschließlich“ das Wort „(ganz) über­wiegend“ zu verwenden.

 

 

Zu Z. 26, § 9b (Grundsätze für Immissionsschutzprogramme):

Die Grundsätze, welche bei der Erstellung von Programmen gemäß § 9 a zu berücksichtigen sind, werden vom ÖAMTC ausdrücklich begrüßt, da damit dem Sachlichkeitsgebot Rechnung getragen wird und diese die ermächtigten Behör­den zu einer Interessenabwägung zwingen und auch ausdrücklich verlangen, alle Emitten­ten oder Emittentengruppen zu berücksichtigen. Bei gesetzeskonformer Vollziehung sollten daher unsachliche eindimensionale Maßnahmen – etwa mit starken Tendenzen zu Lasten des motorisierten Individualverkehrs - nicht erfolgen können.

 

Zu Z. 29 § 10a (Anordnung von Maßnahmen bei Überschreitung von Zielwerten):

Die vorgesehene Pflicht für den Landeshauptmann zu begründen, warum gegebenenfalls keine Maßnahme ergriffen wurde, ist zwar unkonventionell, aber durchaus verständlich. Eine Pflicht, diese Begründung aber dann auch noch öffentlich publizieren zu müssen, erscheint doch sehr überzogen und steht nicht im Einklang mit dem übrigen System der Gesetz- und  Verordnungsgebung.

 

Zu Z. 33, § 14 (Sanierung):

Abs 1 (Verkehrsbeschränkungen):

Die Einführung der neuen Detailbestimmungen dient nach den Erläuterungen der Klar­stel­lung, was als zeitliche und räumliche Beschränkung des Verkehrs gelten soll. Die vorgesehe­nen Maßnahmen stellen einen massiven Eingriff in die Mobilität der Bevölkerung dar und bewirken weit­reichende Einschränkungen der gewerblichen, freiberuflichen und privaten Ent­faltungsmöglichkeit. Derartige Eingriffe sind verfassungs­rechtlich nur zulässig, wenn eine sachliche Erforderlichkeit der Maßnahme bewiesen werden kann. Mit anderen Worten: Die Reichweite der Maßnahme ist von der Erforderlichkeit und der Wahrscheinlichkeit der Ziel­erreichung abhängig. Werden etwa alle Kraftfahrzeuge – undifferenziert nach ihren Emissionswerten – vom Verkehr ausgeschlossen, schießt das Verbot eindeutig über das Ziel hinaus. Es muss somit zwischen Fahrzeugen mit moderner Abgasreinigung wie Ottomotoren mit Katalysator und Dieselmotoren mit Katalysator bzw Partikelfilter und solchen ohne diese abgasrelevanten Einrichtungen unterschieden werden.

Der ÖAMTC wird sich daher mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln gegen unsachliche und schikanös empfundene Verkehrsbeschränkungen zur Wehr setzen und mit den vor­ge­sehenen Rechtsbehelfen vorgehen, um eine einseitig gegen den motorisierten Individual­verkehr gerichtete lokale und regionale Verkehrspolitik zu unterbinden.

Im Detail sei zu den einzelnen Maßnahmen darauf hingewiesen, dass so genannte „autofreie Tage“ nicht den gewünschten Erfolg bringen werden, weil es lediglich zu einer Verlagerung des Verkehrs auf Gebiete und Zeiten, die vom autofreien Tag nicht betroffen sind, kommen wird. Da die fest­ge­schrie­benen Maßnahmen zur Zielerreichung (langfristige Senkung der Gesamt-Immissionen) ungeeignete Mittel darstellen, wird die Ermächtigung zu undifferenzierten Fahrverboten mangels sachlicher Rechtfertigung abgelehnt.

Die Bestimmung, wonach ein Fahrverbot an „hochbelasteten Tagen“ angeordnet werden kann, ist zu unbestimmt, da keine Definition geboten wird, wann von einer „Hochbelastung“ ge­spro­­­chen werden kann. Verkehrsverbote wären daher im Sinne des Legalitätsprinzips an genau definierte Alarmwerte zu knüpfen.

Unbeschadet dessen fehlen im Gesetzesentwurf jegliche Aufträge an die Gebiets­körper­schaften und die politisch verantwortlichen Gremien, durch Motivation, Information, Be­wusstseinslenkung einen „Anreiz zur Wahl des umweltfreundlichsten Verkehrsmittels“ zu fördern sowie zur ökologisch richtigen Benützung des Kraftfahrzeuges anzuhalten.

Schon in der Stellungnahme zum Entwurf 2004 hat der ÖAMTC seine massiven Bedenken gegen die Einführung von Fahrverboten nach geraden oder ungeraden Kennzeichen geäußert. Statt diesen Bedenken Rechnung zu tragen, werden nun sogar Parkverbote nach diesen Krite­rien vorgeschlagen. Es sollte dem Umstand Rechnung getragen werden, dass schon das dieser Idee verwandte Verkehrszeichen „Wechselseitiges Parkverbot“, das auf dem Weg der norma­len „StVO-Verordnung“ zur Vermei­dung von „Dauerparkern“ errichtet werden kann (und insoferne sogar Verkehr „erzeugt“), als absolute Seltenheit im österreichischen Straßenbild anzusehen ist. Ein – allenfalls sogar kurzfristig verordnetes – Verbot, ein Fahr­zeug an bestimm­ten Stellen abzustellen, erzeugt eine ungewöhnliche Parkplatzknappheit an anderen Stellen und provo­ziert unweigerlich erheblichen Parkplatzsuchverkehr, der seinerseits wiederum naturgemäß emissionserhöhend wirkt. Diese Vorschläge müssen daher massiv abgelehnt werden.

Der ÖAMTC hegt – bei aller Befürwortung einer konsequenten Straßenreinigung – Zweifel, ob die Reinigung der für den ruhenden Verkehr vorgesehenen Verkehrsflächen tatsächlich erforderlich ist, um Aufwirbelungen zu verhindern. Jedenfalls sollte – schon in Hinblick auf die obigen Aus­führungen – von derartigen Ermächtigungen nur dann Gebrauch gemacht werden, wenn dies im Sinne der in § 43 StVO genannten Kriterien erforderlich ist. Vorrangig sollten solche Methoden der Straßenreinigung eingesetzt werden, die eine weitgehende „Entstaubung“ auch ohne die Entfernung von Fahrzeugen (oder auch anderer Einrichtungen im Straßenraum) ermöglichen.

Die Absicht, Fahrverbote für Fahrzeuge, die bestimmte Verbrauchswerte übersteigen, zu erlassen, kann wohl nur im Zusammenhang mit der Umsetzung des „Kyoto-Zieles“ verstanden werden. Da aber CO2-Emissionen als globale Belastung zu sehen sind, ist nicht zu erwarten, dass eine zeitlich be­grenz­te Stilllegung von Fahrzeugen einen globalen Effekt nach sich zieht. Die bloß vorüber­gehende Stillegung von Kraftfahrzeugen mit höherem Kraftstoffverbrauch ist daher nicht zielführend und daher im verfassungsrechtlichen Sinne unsachlich. Eine dauernde Stilllegung wäre hingegen unter dem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Schutz des Eigentums sehr kritisch zu beleuchten.

Ein derartiges schematisches Verbot unter völliger Außerachtlassung der Fahrleistung (auch in Abhängigkeit von der Zahl der beförderten Personen oder der Menge der beförderten Güter) ist ebenfalls verfassungsrechtlich bedenklich.

Daher sieht sich der ÖAMTC gezwungen, diesen Vorschlag abzulehnen.

Als unzureichend abgelehnt wird die Anordnung, dem Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Derartige Verordnungen müssen – schon in Hinblick auf die bestehende Kompetenzverteilung nach der Bundesverfassung – jedenfalls im Einvernehmen erlassen werden. Überdies wird gefordert, ähnliche Verpflichtungen wie in § 94 ff StVO einzuführen, die einen gesetzlichen Anspruch der betroffenen Interessenvertretungen auf die Abgabe von Stellungnahmen einräumen.

Im Übrigen wird an dieser Stelle deutlich, dass zum gesamten Gesetzeswerk des IG-L massive kompetenzrechtliche Bedenken bestehen müssen, zumal es wohl mit der Bundesverfassung nicht vereinbar ist, die gleiche Materie einmal (im Fall der StVO) in Gesetzgebung als Bundessache und in der Vollziehung als Landessache einzuordnen, andernfalls aber – wie im Falle des IG‑L – in Gesetzgebung und Vollziehung als Bundesangelegenheit.

 

Zu Abs 1a (Immissionsabhängige Verkehrsbeeinflussungsanlagen):

Die Absicht des Gesetzgebers, Verkehrsleitung durch immissionsgesteuerte Verkehrsbeein­flussungsanlagen vorzunehmen, begrüßt der ÖAMTC im Wesentlichen. Derartiger bedarfs­gesteuerter Verkehrsbeeinflussung ist jedenfalls der Vorrang vor allgemeinen und un­differen­zierten Verkehrsbeschränkungen und –verboten einzuräumen. In diesem Zusammen­­hang weist der ÖAMTC auch darauf hin, dass er etwa die Vorgangsweise der Salzburger Landesregierung, unter Hinweis auf eine zeitweilige Überschreitung der NO2-Werte, auf der Tauernautobahn eine dauernde Geschwindigkeitsbeschränkung zu erlassen, höchst negativ beurteilt und statt dessen eine telematische Verkehrsleitung verlangt hat.

Nach den zwischenzeitlichen praktischen Erfahrungen mit den zum Einsatz gelangten Verkehrs­beein­flussungs­anlagen muss der ÖAMTC aber nach derzeitigem Stand der Technik den Einsatz automatischer immissionsgesteuerter Anlagen ablehnen. In Betracht käme allenfalls eine händische Steuerung nach erfolgter Überprüfung der Messdaten auf ihre Plausibilität.

 

Zu Abs 2 (Ausnahmebestimmungen):

Durch die restriktivere Ausnahmeregelung der zeitlichen und örtlichen Beschränkung sind nunmehr auch Handelsvertreter, andere Personen in Ausübung ihrer gewerblichen Tätig­keit sowie Kfz für den Fahrschulbetrieb generell und Fahrzeuge der Land- und Forstwirtschaft stark durch die Maßnahmen des Abs 1 betroffen und eingeschränkt. Diese Neuregelung bedeutet vor allem eine beträchtliche Benachteiligung der gewerblichen und freiberuflichen Tätigkeiten und ist als unsachliche Maßnahme strikt abzulehnen.

 

Der ÖAMTC verlangt darüber hinaus (neben Elektrofahrzeugen) die Aufnahme weiterer schad­stofffreier bzw sehr schadstoffarmer Fahrzeuge wie etwa solche mit sogenanntem Hybrid­antrieb oder Fahrzeuge mit Antriebseinheiten, die keine nennenswerten NOx- und Feinstaub-Emissionen verursachen.

 

Der ÖAMTC geht aufgrund einer diesbezüglichen Erklärung des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie davon aus, dass auch Pannen- und Abschleppfahrzeuge als Fahrzeuge des Straßendienstes gelten. Zur Klarstellung sollte auf diese Tatsache hier aber besonders hingewiesen und der Terminus „Fahrzeuge zur Pannenhilfe und des Abschleppdienstes“ eingefügt werden. 

Die Erweiterung der nunmehrigen Z. 7 auf Fahrzeuge mit Gasantrieb wird zwar grundsätzlich begrüßt. Vor dem Hintergrund, dass zwischenzeitlich aber sowohl mit (verflüssigtem) Erdgas als auch mit Flüssiggas (zB Propan udgl) betriebene Fahrzeuge im Einsatz stehen, sollte die Formulierung auf „Erdgas und Flüssiggas“ (sowie im Sinne der vorstehenden Anregungen auch unter Einbeziehung von Hybridfahrzeugen und anderen schadstoff- und feinstaubarmen Fahrzeugen) geändert werden.

 

Zu Abs 3 (Dauer der Ausnahmegenehmigung):

Die vorgeschlagene Änderung, für „sonstige Fahrzeuge, für deren Benützung ein öffentliches oder erhebliches privates Interesse besteht“, nur noch eine sechs Monate dauernde Aus­nahmebewilligung zu gewähren, wird abgelehnt. Derzeit sieht der Entwurf keine Ver­länge­rungs­möglichkeit vor, sodass nach Ablauf der Befristung ein neues Antragsverfahren mit zusätzlichem behördlichem Aufwand und Kosten für den Antragsteller laufen müsste. Der geplanten Bestimmung wäre allenfalls näher zu treten, wenn die Möglich­keit geschaffen wird, dass diese Ausnahmegenehmigung ohne großen Aufwand verlängert werden kann.

 

Zu Z. 36, § 14 Abs 6 (Kundmachung):

Wie bereits in vorangehenden Stellungnahmen weist der ÖAMTC mit Nachdruck darauf hin, dass die Kundmachung der entsprechenden Verkehrsbeschränkungen durch Straßen­verkehrs­zeichen bzw insbesondere durch Zusatztafeln nach der StVO nicht ausreicht, um die Hinter­gründe der verkehrsbeschränkenden Maßnahme ausreichend zu publizieren.

Der Vorschlag, statt des Wortlauts „Immissionsschutzgesetz-Luft“ nunmehr auch „IG-L“ verwenden zu dürfen, weist - gelinde formuliert - auf bürokratischen Optimismus hin, dass dieser Text von den Fahrzeuglenkern auch nur in irgendeiner Form verstanden und deshalb eher eingehalten wird.

Der einzig sinnvolle Weg für die Gestaltung der Zusatztafel wäre, den inhaltlichen Zweck der Beschränkung wie etwa „Luftreinhaltung“ oder „Staubschutz“, vielleicht sogar mittels eines klaren Piktogrammes, darzustellen.

Bei den Verweisungen auf die für die Kundmachung von Verordnungen relevanten Stellen in der Straßenverkehrsordnung sollte auf die beiden neuen (vermutlich nach Abfassung des Entwurfes zum IG-L in Kraft getretenen) Bestimmungen des § 44 Abs 1a und vor allem auf § 44c Bezug genommen werden.

 

Zu Z. 43, § 17, Entfall des Abs 3 (Abweichende Maßnahmen):

(obsolet:) Die Streichung des Absatzes 3, wonach die Behörde mit entsprechender Begründung mit Be­scheid andere Maßnahmen zulassen kann, wird abgelehnt. Diese Bestimmung ermöglichte – zumindest bei gutem Willen aller Beteiligten – die Berücksichtigung örtlicher Spezifika und regionaler Interessen.

Die Rücknahme der Absicht des Entfalls mit dem neuen Entwurf wird begrüßt.

 

 

C) Weitere Vorschläge:

 

Wirkung auf bestehende Verordnungen:

Dieses Gesetz und seine Verordnungsermächtigungen sollten nicht bloß pro futuro gelten, sondern auch in bestehende „IG-L-Verordnungen“ eingreifen, die „ohne Ablaufdatum“ erlassen wurden, um zu vermeiden, dass Beschränkungen ohne rechtliche Basis und sachliche Rechtfertigung aufrecht bleiben.

 

Verbot des Eingriffes in StVO-Verordnungen durch solche des IG-L:

Aus den schon mehrmals angedeuteten verfassungsrechtlichen Gründen hält es der ÖAMTC auch für verfassungswidrig, dass – so wie dies etwa in Wien im Zusammenhang mit Verordnungen nach § 43 Abs 4 StVO angedacht ist – der Verordnungsgeber nach dem IG-L in die Geltung von Verordnungen nach der StVO eingreift. Das Gesetz sollte jedenfalls die Kompetenzregelungen der Bundesverfassung respektieren.

 

Verbot und Beschränkung großflächiger Tempo 30-Zonen:

Da als erwiesen anzusehen ist, dass nur eine gleichförmige Fortbewegung mit relativ hohem Gang mit niedriger Drehzahl emissionsmindernd wirkt, sind alle Verkehrsmaßnahmen, die diesem Ziel zuwiderlaufen, zu vermeiden bzw zu beseitigen. Tempo 30-Zonen sind meist so konzipiert, dass infolge Entfernens von Vorrangbeschilderungen an jeder Kreuzung der Rechtsvorrang gilt, sodass an jeder Kreuzung aus jeder Annäherungsrichtung abgebremst werden muss. Da eine derartige Verkehrsorganisation hohe Abgasemissionen bei geringer Verkehrsleistung bewirkt, sollte der Verordnungsgeber angehalten werden, sämtliche so genannten „Tempo-30-Zonen“ auf ihre abgasspezifische Zweckmäßigkeit und in diesem Sinne auch auf die „Erforder­lichkeit“ im Sinne des § 43 StVO zu überprüfen.

Der Bundesgesetzgeber sollte die Schaffung großflächiger Tempo 30-Zonen verbieten und statt dessen den Primat der Verbesserung der Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs verankern, um nachhaltige ökologisch positive Wirkungen zu erreichen.

 

Förderungsmaßnahmen zugunsten um­welt­­freundlicher Fahrzeugtechnologien:

Der Bund sollte - nach dem Muster einiger Bundesländer - die freiwillige Ausstattung von dieselbetriebenen Kraftfahrzeugen mit Partikelfilter und/oder Denox-Katalysator steuerlich begünstigen und fördern. Durch solche Maßnahmen kann auch der Fahrzeug­bestand zügig auf einen umweltverträglicheren Standard gebracht werden.

Desgleichen sollten Fahrzeuge mit alternativen Energie sparenden Antrieben für den umwelt­freund­lichen Kraftfahrverkehr gefördert werden.

 

 

Mag. Martin Hoffer

ÖAMTC-Rechtsdienste, 
Wien, im Augst 2004 bzw September 2005