Stellungnahme des ÖAMTC
(IG-L Novelle 2005)
A)
Grundsätzliches:
Der ÖAMTC hat bereits in der Stellungnahme zum ersten
Entwurf dieser Novelle im Dezember 2004 erklärt, dass er gerne das generelle
Ziel des IG-L, Immissionen zu reduzieren und so die Lebensqualität zu erhöhen,
unterstützt. Undifferenzierte und unsachliche Maßnahmen, die gerade der von
diesem Gesetz hauptsächlich betroffene Kraftfahrer zwangsläufig als reine
Schikane empfinden müssen, werden jedoch strikt abgelehnt. Durch den
erweiterten Entwurf, der offenbar im August 2005 zur Begutachtung ausgesandt
wurde, wurden sogar noch weitere Beschränkungen des Kraftfahrzeugverkehrs
vorgeschlagen, deren sachliche Berechtigung bestritten wird. Um eine
einheitliche und nachvollziehbare Stellungnahme zum „Gesamtentwurf“ abzugeben,
wurden in diese Stellungnahme zum Entwurf 2005 auch unsere Bemerkungen zum
Entwurf 2004 eingearbeitet.
Mit gewisser Verwunderung merkt der ÖAMTC an,
dass er in die Begutachtung dieses neuerlichen Gesetzesentwurfes nicht
eingebunden wurde; dies obwohl wir im Dezember 2004 zum vorangegangenen Entwurf
eine ausführliche Stellungnahme abgegeben haben und maßgebliche Teile – auch
des neuen Entwurfes – massiv die Interessen der Kraftfahrer berühren. Der im
August 2005 vorgelegte Entwurf ist zwar in weiten Bereichen ident mit dem
ursprünglichen, wurde aber doch in einigen Punkten geändert bzw vor allem
erweitert. Als für die Begutachtung erschwerend ist der Umstand zu werten, dass
die Erläuterungen – auch zu den einzelnen gleich gebliebenen Punkten – auf
diese unkonventionelle Vorgangsweise nicht hinweisen und die tatsächlichen
Neuerungen nicht hervorheben.
Zur leichteren Nachvollziehbarkeit wurden daher
in dieser Stellungnahme jene Anmerkungen, die sich auf die Ergänzungen durch
den Entwurf 2005 beziehen, mit einem vertikalen schwarzen Strich neben dem Text
gekennzeichnet.
In einigen Bereichen schießt der Entwurf weit über das
Ziel und führt damit zu der Gefahr, dass einseitige Maßnahmen ausschließlich
oder überwiegend zu Ungunsten des motorisierten Individualverkehrs gesetzt
werden.
Als wesentliche Ursachen für Feinstaub-Immissionen
gelten nämlich mehrere Emittentengruppen wie Industrie, Hausbrand, die
Landwirtschaft sowie der Offroad- und der Straßenverkehr. Der
Pkw-Straßenverkehr ist nur für etwa 10 Prozent der Partikelemissionen verantwortlich.
(Quelle: Studie des ÖAMTC und Broschüre „Unsere Luft 2005“)
Durch die vorgesehene Novelle ist aber trotzdem mit
einer Verschärfung der Maßnahmen in erster Linie gegen den Kraftfahrverkehr zu
rechnen. Es hat sich aber bereits während der vergangenen Jahre gezeigt, dass
Fahrverbote, die den geplanten Maßnahmen wie autofreien Tagen entsprechen
würden, lediglich zu einer Umverteilung des Verkehrsaufkommens führen und nicht
das allgemeine Immissionsproblem lösen.
Erfahrungsgemäß ändern auch Tempolimits an Abgas
verursachenden Partikel-Emissionen nicht allzu viel, da – gerade im Stadtgebiet
– schon derzeit die Durchschnittsgeschwindigkeit weit unter 50 km/h
liegt. Sinnvoller und effektiver ist daher die Förderung eines homogenen Verkehrsflusses,
etwa durch Koordination der Verkehrsleiteinrichtungen („Grüne Welle“ udgl.).
Der ÖAMTC verlangt daher, dass schon der
Bundesgesetzgeber im Zuge seiner Verordnungsermächtigungen den zur Vollziehung
berufenen Landeshauptleuten auch ausdrücklich aufträgt, Aspekte der
Verbesserung der Flüssigkeit des Verkehrs als geeignetes Mittel zur Emissionsreduktion
einzusetzen; dies umso mehr als erwiesen ist, dass Verkehrsbehinderungen als
emissionssteigernd zu betrachten sind. Konkret sollten daher die Vollzugsbehörden
motiviert werden, durch den Einsatz der Verkehrstelematik und durch geeignete
Ampelschaltungen die Flüssigkeit des Verkehrs zu heben, statt bloß schematische
Tempolimits oder andere Beschränkungen des fließenden Verkehrs anzuordnen.
Es ist davon auszugehen, dass gerade der Umweltschutz
eine Materie darstellt, deren Effektivität wohl kaum durch undifferenzierte
Maßnahmen und zwangsläufig lückenhafte
Überwachung und Sanktionen, sondern fast ausschließlich durch
Information, Motivation und allenfalls Training zu gleichmäßiger – und daher
Staub schonender – Fahrweise („Gleiten statt stauben“) verbessert werden kann.
Eine diesbezügliche Informationskampagne muss jedoch auch alle anderen
Verkehrsteilnehmer (Fußgänger und Radfahrer) einbeziehen, wobei das Bewusstsein
dahingehend geschärft werden sollte, dass auch durch das Veranlassen zu
unnötigem Bremsen und Beschleunigen vermehrt Immissionen verursacht werden.
Nur mit auf vorausschauende Teilnahme am
Straßenverkehr ausgerichteter Bewusstseinsbildung und einer auf Nachhaltigkeit
ausgerichteten Politik des umweltfreundlichen Nah- und Stadtverkehrs lässt sich
langfristig und nachhaltig die Feinstaubbelastung reduzieren.
Den deklarierten Grundsätzen des Entwurfes, wonach der
Beeinträchtigung im Sinne des Verursacherprinzips vorgebeugt und
Luftschadstoffe an ihrem Ursprung bekämpft werden sollten, wird mit der beabsichtigten
Novelle somit nicht in ausreichendem Umfang Rechnung getragen. Der Grundsatz,
dass die Maßnahmen nicht unverhältnismäßig sein dürfen, bleibt weitgehend
unberücksichtigt.
Wiewohl zwar offenkundig den Interessen und im
Zuge der Begutachtung zum ersten Entwurf vorgetragenen Wünschen der Wirtschaft
und der Landwirtschaft entsprochen wurde und weitreichende Entschärfungen des
Gesetzes vorgenommen wurden, lässt der zweite Entwurf im Bereich des Straßenverkehrs
sogar noch weitere – und in ihrer Gesamtheit völlig überzogene – Behinderungsmaßnahmen
gegen den motorisierten Individualverkehr erwarten. Gegen diese Punkte erhebt
der ÖAMTC mit Nachdruck Protest.
Einige Stellen des Gesetzes legen überdies –
ganz allgemein – die Vermutung nahe, dass das IG-L an sich verfassungsrechtlich
bedenklich ist: Es mag anzuerkennen sein, dass gewisse Arten und Betriebsweisen
von Fahrzeugen namhafte Emissionen verursachen. Die Ermächtigung zu pauschaler
und undifferenzierter Beschränkung des Kfz-Verkehrs lässt aber doch große
Zweifel an der Vereinbarkeit dieser Bestimmungen mit dem Gleichheitsgrundsatz
aufkommen. Auch hinsichtlich der Zuständigkeit des Bundes in Gesetzgebung und
Vollziehung hegt der ÖAMTC große Bedenken.
Ausdrücklich wird die Absicht begrüßt, Sanierungszeiträume
zeitlich auf maximal drei Jahre zu begrenzen, um auf Sanierungserfolge oder den
Wegfall von Emissionsquellen reagieren zu können und etwa
Beschränkungsmaßnahmen auch wieder zu lockern oder aufzuheben.
Im Teil C werden weitergehende
Vorschläge des ÖAMTC vorgelegt, um verkehrsbedingte Emissionen zu reduzieren: Im Hinblick auf die verminderte
Verkehrsleistung bei gleichzeitiger Zunahme der Emissionen sollten großflächige
„Tempo 30-Zonen“ verboten werden. Jedenfalls sollte verhindert werden, dass durch
Zwang zu ständigem Abbremsen und folgendem Beschleunigen von Fahrzeugen an
Kreuzungen mit Wartepflicht aufgrund des Rechtsvorranges des Querverkehrs
vermeidbare Emissionen provoziert werden.
B) Besonderer
Teil:
Zu Z. 26, § 9a:
Abs 1 (Erstellung von Programmen):
Diese Neuregelung wird vom ÖAMTC im Grundsatz begrüßt, da nunmehr auch Interessenvertretungen die Möglichkeit haben werden, zu konkreten Maßnahmen Stellung zu nehmen. Es muss jedoch in Anbetracht der Tragweite der daraus abzuleitenden Entscheidungen sichergestellt sein, dass durch die vorgesehene Möglichkeit, dass jedermann zum Entwurf des Programms Stellung nehmen kann, der Sinn des Gesetzes und der darauf gestützten Maßnahmen nicht unterlaufen wird.
In dieser Bestimmung wird auf „nationale Programme gem § 6 Emissionshöchstmengengesetz“, auf „Pläne und Programme gem § 13 Ozongesetz“ sowie auf „die österreichische Klimastrategie gem § 1 Abs 2 Emissionszertifikategesetz“ verwiesen. Wiewohl anzuerkennen ist, dass diese Programme im Parlament beschlossen wurden, kommt ihnen dennoch nicht Gesetzeskraft zu und sollte daher hier auch keine gesetzesgleiche Bindung an derartige Programme verankert werden.
Abs 2 (langfristige Planung zur
Immissionsreduktion):
Das Programm gem § 9 a hat Maßnahmen gemäß Abschnitt 4 zu umfassen. Es wird insbesondere die Intention des Gesetzgebers begrüßt, Immissionen bereits im Vorfeld durch Infrastrukturmaßnahmen, Raumplanungs- und Raumordnungsmaßnahmen sowie durch die Förderung des Einsatzes innovativer Technologien und durch Maßnahmen beim Betrieb mobiler Motoren entgegenzuwirken. Demgegenüber stellen Maßnahmen gemäß Abschnitt 4 reine Anlassmaßnahmen dar, welche Immissionen nicht in deren Ursprung bekämpfen können. Der Gesetzgeber sollte festlegen, dass derartige Maßnahmen nur dann ergriffen werden dürfen, wenn erwiesen ist, dass kurz- und mittelfristig planbare Alternativen nicht zum Erfolg geführt haben.
Abs 3 (Reduktionen auch für PM
2,5):
Die Anlehnung an die Richtlinie 1999/30/EG wird zur Kenntnis genommen, mangels Detailfestlegungen hinsichtlich der Partikel PM 2,5 ist aber dieser Hinweis derzeit wohl weitgehend gegenstandslos.
Abs 4 (Kooperation zwischen
Gebietskörperschaften, insbesondere länderübergreifend):
Der ÖAMTC begrüßt an sich die
Regelung, wonach die Kooperation zwischen den Gebietskörperschaften
festgehalten wird. Insbesondere Maßnahmen gem. § 22 IG-L (Verbesserung der
Verkehrsinfrastruktur sowie die ökologische Optimierung der Verkehrsabläufe)
sind nur im überregionalen Raumordnungskonzept zu lösen. Gerade hier gilt aber
der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Die Bestimmung sollte klarer gefasst
werden und festlegen, dass lokale Entscheidungen nicht im Widerspruch zu
überregionalen Planungen und Interessen liegen dürfen.
Abs 9 (Grenzwertüberschreitung wegen Immissionen aus
dem Ausland):
Zu Z. 26, § 9b (Grundsätze für
Immissionsschutzprogramme):
Die Grundsätze, welche bei der Erstellung von Programmen gemäß § 9 a zu berücksichtigen sind, werden vom ÖAMTC ausdrücklich begrüßt, da damit dem Sachlichkeitsgebot Rechnung getragen wird und diese die ermächtigten Behörden zu einer Interessenabwägung zwingen und auch ausdrücklich verlangen, alle Emittenten oder Emittentengruppen zu berücksichtigen. Bei gesetzeskonformer Vollziehung sollten daher unsachliche eindimensionale Maßnahmen – etwa mit starken Tendenzen zu Lasten des motorisierten Individualverkehrs - nicht erfolgen können.
Zu Z. 29 § 10a (Anordnung von Maßnahmen bei
Überschreitung von Zielwerten):
Die vorgesehene Pflicht für den Landeshauptmann zu begründen, warum gegebenenfalls keine Maßnahme ergriffen wurde, ist zwar unkonventionell, aber durchaus verständlich. Eine Pflicht, diese Begründung aber dann auch noch öffentlich publizieren zu müssen, erscheint doch sehr überzogen und steht nicht im Einklang mit dem übrigen System der Gesetz- und Verordnungsgebung.
Zu Z. 33, § 14 (Sanierung):
Abs 1 (Verkehrsbeschränkungen):
Die Einführung der neuen Detailbestimmungen dient nach
den Erläuterungen der Klarstellung, was als zeitliche und räumliche
Beschränkung des Verkehrs gelten soll. Die vorgesehenen Maßnahmen stellen
einen massiven Eingriff in die Mobilität der Bevölkerung dar und bewirken weitreichende
Einschränkungen der gewerblichen, freiberuflichen und privaten Entfaltungsmöglichkeit.
Derartige Eingriffe sind verfassungsrechtlich nur zulässig, wenn eine
sachliche Erforderlichkeit der Maßnahme bewiesen werden kann. Mit anderen
Worten: Die Reichweite der Maßnahme ist von der Erforderlichkeit und der Wahrscheinlichkeit
der Zielerreichung abhängig. Werden etwa alle Kraftfahrzeuge – undifferenziert
nach ihren Emissionswerten – vom Verkehr ausgeschlossen, schießt das Verbot
eindeutig über das Ziel hinaus. Es muss somit zwischen Fahrzeugen mit moderner
Abgasreinigung wie Ottomotoren mit Katalysator und Dieselmotoren mit
Katalysator bzw Partikelfilter und solchen ohne diese abgasrelevanten
Einrichtungen unterschieden werden.
Der ÖAMTC wird sich daher mit allen zur Verfügung
stehenden Mitteln gegen unsachliche und schikanös empfundene
Verkehrsbeschränkungen zur Wehr setzen und mit den vorgesehenen
Rechtsbehelfen vorgehen, um eine einseitig gegen den motorisierten Individualverkehr
gerichtete lokale und regionale Verkehrspolitik zu unterbinden.
Im Detail sei zu den einzelnen Maßnahmen darauf
hingewiesen, dass so genannte „autofreie Tage“ nicht den gewünschten Erfolg
bringen werden, weil es lediglich zu einer Verlagerung des Verkehrs auf Gebiete
und Zeiten, die vom autofreien Tag nicht betroffen sind, kommen wird. Da die
festgeschriebenen Maßnahmen zur Zielerreichung (langfristige Senkung der
Gesamt-Immissionen) ungeeignete Mittel darstellen, wird die Ermächtigung zu
undifferenzierten Fahrverboten mangels sachlicher Rechtfertigung abgelehnt.
Die Bestimmung, wonach ein Fahrverbot an
„hochbelasteten Tagen“ angeordnet werden kann, ist zu unbestimmt, da keine
Definition geboten wird, wann von einer „Hochbelastung“ gesprochen werden
kann. Verkehrsverbote wären daher im Sinne des Legalitätsprinzips an
genau definierte Alarmwerte zu knüpfen.
Unbeschadet dessen fehlen im Gesetzesentwurf jegliche
Aufträge an die Gebietskörperschaften und die politisch verantwortlichen
Gremien, durch Motivation, Information, Bewusstseinslenkung einen „Anreiz
zur Wahl des umweltfreundlichsten Verkehrsmittels“ zu fördern sowie zur
ökologisch richtigen Benützung des Kraftfahrzeuges anzuhalten.
Schon in der Stellungnahme zum Entwurf 2004
hat der ÖAMTC seine massiven Bedenken gegen die Einführung von Fahrverboten
nach geraden oder ungeraden Kennzeichen geäußert. Statt diesen Bedenken
Rechnung zu tragen, werden nun sogar Parkverbote nach diesen Kriterien
vorgeschlagen. Es sollte dem Umstand Rechnung getragen werden, dass schon das
dieser Idee verwandte Verkehrszeichen „Wechselseitiges Parkverbot“, das auf dem
Weg der normalen „StVO-Verordnung“ zur Vermeidung von „Dauerparkern“
errichtet werden kann (und insoferne sogar Verkehr „erzeugt“), als absolute
Seltenheit im österreichischen Straßenbild anzusehen ist. Ein – allenfalls
sogar kurzfristig verordnetes – Verbot, ein Fahrzeug an bestimmten Stellen
abzustellen, erzeugt eine ungewöhnliche Parkplatzknappheit an anderen Stellen
und provoziert unweigerlich erheblichen Parkplatzsuchverkehr, der seinerseits
wiederum naturgemäß emissionserhöhend wirkt. Diese Vorschläge müssen daher
massiv abgelehnt werden.
Der ÖAMTC hegt – bei aller Befürwortung einer
konsequenten Straßenreinigung – Zweifel, ob die Reinigung der für den ruhenden
Verkehr vorgesehenen Verkehrsflächen tatsächlich erforderlich ist, um
Aufwirbelungen zu verhindern. Jedenfalls sollte – schon in Hinblick auf die
obigen Ausführungen – von derartigen Ermächtigungen nur dann Gebrauch gemacht
werden, wenn dies im Sinne der in § 43 StVO genannten Kriterien erforderlich
ist. Vorrangig sollten solche Methoden der Straßenreinigung eingesetzt werden,
die eine weitgehende „Entstaubung“ auch ohne die Entfernung von Fahrzeugen
(oder auch anderer Einrichtungen im Straßenraum) ermöglichen.
Die Absicht, Fahrverbote für Fahrzeuge, die
bestimmte Verbrauchswerte übersteigen, zu erlassen, kann wohl nur im
Zusammenhang mit der Umsetzung des „Kyoto-Zieles“ verstanden werden. Da aber
CO2-Emissionen als globale Belastung zu sehen sind, ist nicht zu erwarten, dass
eine zeitlich begrenzte Stilllegung von Fahrzeugen einen globalen Effekt nach
sich zieht. Die bloß vorübergehende Stillegung von Kraftfahrzeugen mit höherem
Kraftstoffverbrauch ist daher nicht zielführend und daher im
verfassungsrechtlichen Sinne unsachlich. Eine dauernde Stilllegung wäre
hingegen unter dem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Schutz
des Eigentums sehr kritisch zu beleuchten.
Ein derartiges schematisches Verbot unter
völliger Außerachtlassung der Fahrleistung (auch in Abhängigkeit von der Zahl
der beförderten Personen oder der Menge der beförderten Güter) ist ebenfalls verfassungsrechtlich
bedenklich.
Daher sieht sich der ÖAMTC gezwungen, diesen
Vorschlag abzulehnen.
Als unzureichend abgelehnt wird die Anordnung,
dem Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie Gelegenheit zur
Stellungnahme zu geben. Derartige Verordnungen müssen – schon in Hinblick auf
die bestehende Kompetenzverteilung nach der Bundesverfassung – jedenfalls im
Einvernehmen erlassen werden. Überdies wird gefordert, ähnliche Verpflichtungen
wie in § 94 ff StVO einzuführen, die einen gesetzlichen Anspruch der
betroffenen Interessenvertretungen auf die Abgabe von Stellungnahmen einräumen.
Im Übrigen wird an dieser Stelle deutlich,
dass zum gesamten Gesetzeswerk des IG-L massive kompetenzrechtliche Bedenken
bestehen müssen, zumal es wohl mit der Bundesverfassung nicht vereinbar ist,
die gleiche Materie einmal (im Fall der StVO) in Gesetzgebung als Bundessache
und in der Vollziehung als Landessache einzuordnen, andernfalls aber – wie im
Falle des IG‑L – in Gesetzgebung und Vollziehung als Bundesangelegenheit.
Zu Abs 1a (Immissionsabhängige
Verkehrsbeeinflussungsanlagen):
Die Absicht des Gesetzgebers, Verkehrsleitung durch
immissionsgesteuerte Verkehrsbeeinflussungsanlagen vorzunehmen, begrüßt der ÖAMTC
im Wesentlichen. Derartiger bedarfsgesteuerter Verkehrsbeeinflussung ist
jedenfalls der Vorrang vor allgemeinen und undifferenzierten
Verkehrsbeschränkungen und –verboten einzuräumen. In diesem Zusammenhang
weist der ÖAMTC auch darauf hin, dass er etwa die Vorgangsweise der Salzburger
Landesregierung, unter Hinweis auf eine zeitweilige Überschreitung der NO2-Werte,
auf der Tauernautobahn eine dauernde Geschwindigkeitsbeschränkung zu erlassen,
höchst negativ beurteilt und statt dessen eine telematische Verkehrsleitung
verlangt hat.
Nach den zwischenzeitlichen praktischen
Erfahrungen mit den zum Einsatz gelangten Verkehrsbeeinflussungsanlagen muss
der ÖAMTC aber nach derzeitigem Stand der Technik den Einsatz automatischer
immissionsgesteuerter Anlagen ablehnen. In Betracht käme allenfalls eine
händische Steuerung nach erfolgter Überprüfung der Messdaten auf ihre
Plausibilität.
Zu Abs 2 (Ausnahmebestimmungen):
Durch die restriktivere Ausnahmeregelung der zeitlichen und örtlichen Beschränkung sind nunmehr auch Handelsvertreter, andere Personen in Ausübung ihrer gewerblichen Tätigkeit sowie Kfz für den Fahrschulbetrieb generell und Fahrzeuge der Land- und Forstwirtschaft stark durch die Maßnahmen des Abs 1 betroffen und eingeschränkt. Diese Neuregelung bedeutet vor allem eine beträchtliche Benachteiligung der gewerblichen und freiberuflichen Tätigkeiten und ist als unsachliche Maßnahme strikt abzulehnen.
Der ÖAMTC verlangt darüber hinaus (neben Elektrofahrzeugen) die
Aufnahme weiterer schadstofffreier bzw sehr schadstoffarmer Fahrzeuge wie etwa
solche mit sogenanntem Hybridantrieb oder Fahrzeuge mit Antriebseinheiten, die
keine nennenswerten NOx- und Feinstaub-Emissionen verursachen.
Der ÖAMTC geht aufgrund einer diesbezüglichen
Erklärung des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie davon
aus, dass auch Pannen- und Abschleppfahrzeuge als Fahrzeuge des Straßendienstes
gelten. Zur Klarstellung sollte auf diese Tatsache hier aber besonders
hingewiesen und der Terminus „Fahrzeuge zur Pannenhilfe und des
Abschleppdienstes“ eingefügt werden.
Die Erweiterung der nunmehrigen Z. 7 auf Fahrzeuge mit Gasantrieb wird zwar grundsätzlich begrüßt. Vor dem Hintergrund, dass zwischenzeitlich aber sowohl mit (verflüssigtem) Erdgas als auch mit Flüssiggas (zB Propan udgl) betriebene Fahrzeuge im Einsatz stehen, sollte die Formulierung auf „Erdgas und Flüssiggas“ (sowie im Sinne der vorstehenden Anregungen auch unter Einbeziehung von Hybridfahrzeugen und anderen schadstoff- und feinstaubarmen Fahrzeugen) geändert werden.
Zu Abs 3 (Dauer der Ausnahmegenehmigung):
Die vorgeschlagene Änderung, für „sonstige Fahrzeuge, für deren
Benützung ein öffentliches oder erhebliches privates Interesse besteht“, nur
noch eine sechs Monate dauernde Ausnahmebewilligung zu gewähren, wird
abgelehnt. Derzeit sieht der Entwurf keine Verlängerungsmöglichkeit vor,
sodass nach Ablauf der Befristung ein neues Antragsverfahren mit zusätzlichem
behördlichem Aufwand und Kosten für den Antragsteller laufen müsste. Der
geplanten Bestimmung wäre allenfalls näher zu treten, wenn die Möglichkeit
geschaffen wird, dass diese Ausnahmegenehmigung ohne großen Aufwand verlängert
werden kann.
Zu Z. 36, § 14 Abs 6 (Kundmachung):
Wie bereits in
vorangehenden Stellungnahmen weist der ÖAMTC mit Nachdruck darauf hin, dass die
Kundmachung der entsprechenden Verkehrsbeschränkungen durch Straßenverkehrszeichen
bzw insbesondere durch Zusatztafeln nach der StVO nicht ausreicht, um die
Hintergründe der verkehrsbeschränkenden Maßnahme ausreichend zu publizieren.
Der Vorschlag,
statt des Wortlauts „Immissionsschutzgesetz-Luft“ nunmehr auch „IG-L“ verwenden
zu dürfen, weist - gelinde formuliert - auf bürokratischen Optimismus hin, dass
dieser Text von den Fahrzeuglenkern auch nur in irgendeiner Form verstanden und
deshalb eher eingehalten wird.
Der einzig
sinnvolle Weg für die Gestaltung der Zusatztafel wäre, den inhaltlichen Zweck
der Beschränkung wie etwa „Luftreinhaltung“ oder „Staubschutz“, vielleicht
sogar mittels eines klaren Piktogrammes, darzustellen.
Bei den Verweisungen auf die für die Kundmachung von
Verordnungen relevanten Stellen in der Straßenverkehrsordnung sollte auf die
beiden neuen (vermutlich nach Abfassung des Entwurfes zum IG-L in Kraft
getretenen) Bestimmungen des § 44 Abs 1a und vor allem auf § 44c Bezug
genommen werden.
Zu Z. 43, §
17, Entfall des Abs 3 (Abweichende Maßnahmen):
(obsolet:) Die Streichung des Absatzes 3, wonach die Behörde mit
entsprechender Begründung mit Bescheid andere Maßnahmen zulassen kann, wird
abgelehnt. Diese Bestimmung ermöglichte – zumindest bei gutem Willen aller
Beteiligten – die Berücksichtigung örtlicher Spezifika und regionaler
Interessen.
Die Rücknahme der Absicht des Entfalls mit
dem neuen Entwurf wird begrüßt.
C) Weitere Vorschläge:
Wirkung auf bestehende Verordnungen:
Dieses Gesetz und seine Verordnungsermächtigungen sollten nicht bloß pro futuro gelten, sondern auch in bestehende „IG-L-Verordnungen“ eingreifen, die „ohne Ablaufdatum“ erlassen wurden, um zu vermeiden, dass Beschränkungen ohne rechtliche Basis und sachliche Rechtfertigung aufrecht bleiben.
Verbot des
Eingriffes in StVO-Verordnungen durch solche des IG-L:
Aus den schon mehrmals angedeuteten verfassungsrechtlichen Gründen hält es der ÖAMTC auch für verfassungswidrig, dass – so wie dies etwa in Wien im Zusammenhang mit Verordnungen nach § 43 Abs 4 StVO angedacht ist – der Verordnungsgeber nach dem IG-L in die Geltung von Verordnungen nach der StVO eingreift. Das Gesetz sollte jedenfalls die Kompetenzregelungen der Bundesverfassung respektieren.
Verbot und Beschränkung großflächiger Tempo
30-Zonen:
Da als erwiesen anzusehen ist, dass nur eine gleichförmige Fortbewegung mit relativ hohem Gang mit niedriger Drehzahl emissionsmindernd wirkt, sind alle Verkehrsmaßnahmen, die diesem Ziel zuwiderlaufen, zu vermeiden bzw zu beseitigen. Tempo 30-Zonen sind meist so konzipiert, dass infolge Entfernens von Vorrangbeschilderungen an jeder Kreuzung der Rechtsvorrang gilt, sodass an jeder Kreuzung aus jeder Annäherungsrichtung abgebremst werden muss. Da eine derartige Verkehrsorganisation hohe Abgasemissionen bei geringer Verkehrsleistung bewirkt, sollte der Verordnungsgeber angehalten werden, sämtliche so genannten „Tempo-30-Zonen“ auf ihre abgasspezifische Zweckmäßigkeit und in diesem Sinne auch auf die „Erforderlichkeit“ im Sinne des § 43 StVO zu überprüfen.
Der Bundesgesetzgeber sollte die Schaffung großflächiger Tempo 30-Zonen verbieten und statt dessen den Primat der Verbesserung der Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs verankern, um nachhaltige ökologisch positive Wirkungen zu erreichen.
Förderungsmaßnahmen zugunsten umweltfreundlicher
Fahrzeugtechnologien:
Der Bund sollte - nach dem Muster einiger Bundesländer - die freiwillige Ausstattung von dieselbetriebenen Kraftfahrzeugen mit Partikelfilter und/oder Denox-Katalysator steuerlich begünstigen und fördern. Durch solche Maßnahmen kann auch der Fahrzeugbestand zügig auf einen umweltverträglicheren Standard gebracht werden.
Desgleichen sollten Fahrzeuge mit alternativen Energie sparenden Antrieben für den umweltfreundlichen Kraftfahrverkehr gefördert werden.
Mag. Martin Hoffer
ÖAMTC-Rechtsdienste,
Wien, im Augst 2004 bzw September 2005