Betrifft:     Abgabenänderungsgesetz 2005 –
Stellungnahme zu geplanten Gesetzesänderungen

Innsbruck, 17. Oktober 2005

e-recht@bmf.gv.at

begutachtungsverfahren@parlinkom.gv.at

 

Inhaltsübersicht

I.      Ergänzende Maßnahmen für Katastrophenopfer 3

1. Verordnungsermächtigung für das BMF. 3

2. „Doppelt hilft, wer schnell hilft.“. 3

II.     Die Aufhebung der Verlustverrechnungssperren des § 2 Abs 2b EStG.. 3

III.   Die Ausweitung der Sanierungsgewinnbesteuerung auf stille Ausgleiche nach § 23a KStG und § 36 EStG   4

IV.   Neufassung des § 45 Abs 3 EStG – generelle Aufhebung der Änderungssperre ab jeweils 30. September 5

V.    Umgründungssteuergesetz. 5

1. Die Gestaltung der Kapitalausstattung nach §§ 12, 16 und 18 UmgrStG.. 5

2. Kritik. 6

2.1. Problemverschiebung. 6

2.2.  Ein steuerlich negatives Einlagekapital mindert den Einlagenstand nach § 4 Abs 12 EStG/Entschärfung der Entnahmeproblematik durch eine konsistente Einmalerfassung. 7

3. Alternativen. 7

3.1.  § 12 UmgrStG: Positiver Verkehrswert + positives steuerliches Eigenkapital 7

3.2.  Aufwertungsoption. 8

3.3.  Vorteile: Keine negativen Anschaffungskosten und kein negativer Einlagenstand laut Evidenzkonto im Sinn des § 4 Abs 12 EStG.. 8

4. Die Beteiligungsidentität im Sinn des § 19 Abs 2 Z 5 UmgrStG.. 9

VI.   Die Neufassung des § 235 HGB.. 9

1. Ausschüttungssperre bis zur Liquidation?. 9

2. Der Kern des Problems. 10

3. Die Aufwertungsoption. 10

4. Eine handels- und steuerrechtliche systemkonsistente Lösung. 10

VII. Ein Tarifvergleich zwischen ESt und KöSt 11

1. Einkommensteuer 11

2. Körperschaften. 11

3. Die extreme Belastungsungleichheit (Art 7 B-VG) 11

4. Vorschläge zur Belastungsgleichheit 12

 


I.      Ergänzende Maßnahmen für Katastrophenopfer

Das Hochwasseropferentschädigungs- und Wiederaufbau-Gesetz 2005 (HWG 2005) hat in § 10 c, § 45 Abs 5 und § 108 d EStG verschiedene Maßnahmen zur Linderung der Hochwasserkatastrophe 2005 gesetzt. Folgende Maßnahmen sind im Sinn einer raschen Katastrophenhilfe generell (also nicht nur im Fall der Hochwasseropfer 2005) sinnvoll:

1.   Verordnungsermächtigung für das BMF

Der Bundesminister für Finanzen sollte im Sinn des Art 18 Abs 2 B-VG ermächtigt werden, in Katastrophenfällen im Weg einer Durchführungsverordnung Maßnahmen im Sinn des

§ 10 c EStG,
§ 108 d EStG und
§ 18 Abs 1 Z 7 EStG

zu setzen.

2.   „Doppelt hilft, wer schnell hilft.“

Die Verordnungsermächtigung an das BMF soll auch die Möglichkeit umfassen, Spenden an Opfer von Katastrophen im Rahmen der 10 %-Jahreseinkommensgrenze des § 18 Abs 1 Z 7 EStG als Sonderausgaben steuerwirksam abzusetzen.

Die Hilfs- und Spendenbereitschaft ist im Zeitraum der aktuellen Berichterstattung am größten. Der Bundesminister für Finanzen sollte deshalb im Weg einer Verordnung rasch reagieren können, um Rechtssicherheit für die Spender und rasche Hilfe für die Opfer zu schaffen.

II.     Die Aufhebung der Verlustverrechnungssperren des § 2 Abs 2b EStG

Erleidet ein Betrieb auf Grund einer Katastrophe im Jahr 2005 einen Jahresverlust von zB 1 Mio Euro und erzielt im Jahr 2006 einen Gewinn von 800.000 Euro, so muss auf Grund der Verrechnungssperre des § 2 Abs 2b EStG trotz eines Gesamtverlustes von (- 1 Mio Euro + 0,8 Mio Euro = - 0,2 Mio Euro) ein fiktiver Gewinn von + 200.000 Euro versteuert werden. Das ist ein sachlich (Art 7 B-VG) nicht zu rechtfertigender Verstoß gegen das Leistungsfähigkeitsprinzip: Die Staatsmittel reichen nicht aus, um Katastrophenschäden zu decken. Die sozialstaatliche Solidarität wird jedoch gröblichst verletzt, wenn man Katastrophenschäden durch eine Besteuerung fiktiver Gewinne vergrößert. Im Beispielsfall wird der katastrophenbedingte Verlust von 1 Mio Euro durch eine Einkommensteuer von 91.585 Euro erhöht, obwohl das tatsächlich erzielte Einkommen 2005 + 2006 einen Totalverlust von – 200.000 Euro ergibt!

§ 2 Abs 2b ist ersatzlos aufzuheben. Eine Besteuerung fiktiver Einkünfte ist nicht zu rechtfertigen.

Welcher Arbeitnehmer würde sich nicht (zu Recht) zur Wehr setzen, wenn ihm Lohnsteuer für einen 15. und 16. Bezug abgezogen wird, dieser 15. und 16. Bezug jedoch tatsächlich nicht ausbezahlt wird. Eine Besteuerung fiktiver Gewinne trifft Unternehmer ebenso hart/willkürlich, wie eine Besteuerung fiktiver Bezüge Arbeitnehmer.

Das Beispiel von katastrophenbedingten Verlusten mit nachfolgender Besteuerung fiktiver Gewinne zeigt die Härte der Verlustverrechnungssperre des § 2 Abs 2b EStG. Da diese Härte einer Besteuerung fiktiver Gewinne mit bis zu 50 % Einkommensteuer auch im Fall von Verlusten, die nicht durch eine allgemeine Katastrophe bedingt sind, sachlich nicht zu rechtfertigen ist (zB Verluste auf Grund eines hohen Ausfalles von Kundenforderungen) ist § 2 Abs 2b EStG ersatzlos aufzuheben, um alle Steuerpflichtigen vor einer Besteuerung fiktiver Gewinne zu schützen.

III.    Die Ausweitung der Sanierungsgewinnbesteuerung auf stille Ausgleiche nach § 23a KStG und § 36 EStG

Der Entwurf zu § 36 EStG begrenzt die Herabsetzung der Steuerquote auf die allgemeine Tilgungsquote auf Insolvenzverfahren (gerichtlicher Ausgleich, Zwangsausgleich, Zahlungsplan- oder Abschöpfungsverfahren nach §§ 193 ff oder §§ 199 ff KO).

Die außergerichtliche Unternehmenssanierung sollte nicht diskriminiert/erschwert, sondern ebenso wie eine gerichtliche erleichtert werden. Verzichten zB wesentliche Gläubiger auf 50 % ihrer Forderungen, um ein Unternehmen zu sanieren/Arbeitsplätze zu erhalten, so ist es zweckmäßig, die Steuer auf den durch diesen Schulderlass realisierten Gewinn auf dieselbe Befriedigungsquote (hier 50 %) zurückzunehmen (zB Tarifsteuer auf den Sanierungsgewinn von 20.000 Euro x 0,5 Befriedigungsquote = 10.000 Euro ESt auf den Sanierungsgewinn). Der Abgabengläubiger verzichtet also auf seine Forderung in derselben Höhe wie andere Gläubiger (Grundgedanke der Gleichbehandlung aller Gläubiger).

IV.  Neufassung des § 45 Abs 3 EStG – generelle Aufhebung der Änderungssperre ab jeweils 30. September

In § 45 Abs 3 EStG ist der dritte Satz ersatzlos aufzuheben. Es ist also die Wortfolge zu streichen: „Nach dem 30. September darf das Finanzamt Bescheide über die Änderung der Vorauszahlung nicht mehr erlassen; dies gilt nicht für Bescheide auf Grund eines Antrages, den der Steuerpflichtige bis zum 30. September gestellt hat, sowie für eine Änderung im Rechtsmittelverfahren.“

Begründung: Erleidet der Steuerpflichtige am 1. Dezember einen Verlust (zB Forderungsausfall; Brandschaden etc), so ist eine Rückzahlung der bisher geleisteten EVZ sinnvoll: Warum soll ein Steuerpflichtiger mit einem gewissen Jahresverlust EVZ nicht sofort durch Herabsetzung der EVZ, sondern erst im Veranlagungsweg erhalten? Dieselbe Überlegung gilt für den Abgabengläubiger: Warum soll die EVZ nicht noch im Oktober, November, Dezember erhöht werden, wenn dies notwendig ist, um die EVZ an das voraussichtlich höhere Einkommen anzupassen. – Im einen Fall wird der Steuerpflichtige zu hoch und im anderen zu niedrig belastet. Beides ist sachlich (Art 7 B-VG) nicht zu rechtfertigen; in beiden Fällen wird das Gebot der Belastungsgleichheit empfindlich gestört.

V.    Umgründungssteuergesetz

1.   Die Gestaltung der Kapitalausstattung nach §§ 12, 16 und 18 UmgrStG

Der Begutachtungsentwurf sieht für auf den Umgründungsstichtag rückwirkende Entnahmen durch Einstellen einer Passivpost in der Einbringungsbilanz nach § 16 Abs 5 Z 2 UmgrStG drei Verschärfungen vor:

a)   eine Herabsetzung der Grenze von 75 % des positiven Verkehrswertes auf 50 % sowie

b)   eine KESt-Pflicht (25 % KESt-Abzug) kraft Ausschüttungsfiktion (§ 18 Abs 2 UmgrStG/Begutachtungsentwurf) sowie

c)   die Nichtabzugsfähigkeit von Schuldzinsen aus Umgründungsentnahmen (§ 18 Abs 3 Z 3 des Entwurfes zum UmgrStG) auf Ebene der übernehmenden Körperschaft.

2.   Kritik

2.1. Problemverschiebung

Diese Neuregelung verschiebt die Entnahmeproblematik auf den Zeitraum vor dem Umgründungsstichtag, sie löst das Entnahmeproblem jedoch nicht befriedigend: Tatsächliche Entnahmen vor dem Umgründungsstichtag sind zulässig. Der durch die vorgeschlagene Novelle erzeugte Druck zu Entnahmen schwächt die Eigenkapitalausstattung ebenso wie die derzeitige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes: Entnimmt ein Einzelunternehmer den cash flow und finanziert Investitionen mit Krediten, sind die Kreditschulden Betriebsschulden und die Schuldzinsen Betriebsausgaben. Finanziert derselbe Unternehmer seine Investitionen zunächst mit gespeicherten Gewinnen oder eingelegtem Kapital, so kann er später nicht einfach seine Eigenmittel durch Betriebskredite ersetzen, um sein Eigenkapital zu entnehmen. Er kann nur laufende cash flows entnehmen und Fremdmittel im Betrieb investieren. Die bisherige Dreiviertelentnahme nach § 16 Abs 5 UmgrStG bietet hier einen gewissen Ausgleich: Das Eigenkapital kann dadurch einfach entnommen werden. Unternehmer, die durch Einlagen und Gewinnspeicherungen die Fremdkapitalausstattung ihres Betriebes begrenzt haben, können so ihre Eigenmittel anlässlich einer Umgründung zurückbehalten. Wird dies erschwert, so wächst der Entnahmedruck in der Zeit vor einer Umgründung: Es ist sinnvoll laufende cash flows zu entnehmen und fremdfinanziert zu investieren, wenn gespeichertes Eigenkapital nicht problemlos entnommen werden kann.

2.2.   Ein steuerlich negatives Einlagekapital mindert den Einlagenstand nach § 4 Abs 12 EStG/Entschärfung der Entnahmeproblematik durch eine konsistente Einmalerfassung

Für Einbringungen mit einem ertragsteuerrechtlich negativen Einbringungskapital ist im Sinn der Lehre (Beiser, Die Einlagenrückzahlung in Handels- und Steuerbilanz, ecolex Spezial, Wien, Manz Verlag 2000, 70 f) klar zu stellen, dass sich dadurch der Einlagenstand im Sinn des § 4 Abs 12 EStG mindert und ein allfälliger negativer Einlagenstand laut Evidenzkonto nach § 4 Abs 12 EStG im Fall einer Umwandlung auf natürliche Personen nach § 9 Abs 6 UmgrStG wie eine Gewinnausschüttung (mit Endbesteuerung und Option zum Halbsatzverfahren) KESt auslöst. Eine konsequente Einmalerfassung ist notwendig, um systemwidrige Doppelbesteuerungen und Nichterfassungen zu vermeiden (siehe dazu Matzka/Walter, GeS 2003, 119; Walter, UmgrStR5, 91 sowie Beiser, GeS 2003, 144 f).

3.   Alternativen

Folgende Lösung wäre eine sinnvolle Alternative:

3.1.   § 12 UmgrStG: Positiver Verkehrswert + positives steuerliches Eigenkapital

§ 12 Abs 1 UmgrStG verlangt bisher nur einen

positiven Verkehrswert

der im Zweifel durch ein Sachverständigengutachten (Unternehmensbewertung) nachzuweisen ist. Das

Eigenkapital laut steuerlicher Einbringungsbilanz

kann dagegen

negativ

sein.

Alternativvorschlag:

Das Eigenkapital laut steuerlicher Einbringungsbilanz muss

positiv

sein.

3.2.   Aufwertungsoption

Um im Fall eines steuerlich negativen Eigenkapitals Einbringungen zu ermöglichen, wird eine ertragsteuerwirksame Aufwertung in Höhe stiller Reserven und eines Firmenwertes zugelassen. Dabei wird die Möglichkeit einer Teilaufwertung eingeräumt: Der Einbringende muss also nicht alle stillen Reserven samt Firmenwert aufdecken, sondern nach seiner Wahl nur einen Teil, um ein positives Einbringungskapital zu erreichen.

Bei dieser Aufwertung wird ein voller Ausgleich mit bisherigen Verlusten zugelassen; die Verrechnungssperre des § 2 Abs 2b EStG ist aufzuheben (II.).

Der Aufwertungsgewinn (nach Verlustausgleich/Abzug von Verlustvorträgen) wird mit 25 % Fixsteuersatz besteuert; die Aufwertung mindert in der übernehmenden Körperschaft die KöSt durch spätere Abschreibungen oder Restbuchwertabgänge; eine volle Tarifsteuer nach § 33 EStG mit bis zu 50 % ESt wäre meist nicht zu verkraften.

3.3.  Vorteile: Keine negativen Anschaffungskosten und kein negativer Einlagenstand laut Evidenzkonto im Sinn des § 4 Abs 12 EStG

Durch die Aufwertung auf ein positives Einbringungskapital entfallen schwierige Folgeprobleme wie zB

o       negative Anschaffungskosten auf Gesellschafterebene und deren Behandlung im Fall einer späteren Veräußerung oder eines Wegzuges oder einer Schenkung oder eines Erbfalles

o       die Verminderung des Einlagenstandes im Sinn des § 4 Abs 12 EStG in Höhe eines negativen Einbringungskapitals

o       die Behandlung eines negativen Einlagenstandes laut Evidenzkonto im Sinn des § 4 Abs 12 EStG im Fall einer späteren Umwandlung nach Art II UmgrStG.

4.   Die Beteiligungsidentität im Sinn des § 19 Abs 2 Z 5 UmgrStG

Der Begutachtungsentwurf will die bisher weit gefasste Möglichkeit einer Einbringung ohne Ausgabe neuer Anteile (Aktien/GmbH-Anteile) im Gegensatz zu den Ausführungen in den Gesetzesmaterialien der Urfassung des UmgrStG (EB zur RV 266 BLg NR 18. GP) und im Gegensatz zur Lehre (Beiser, RdW 2005/81, 53 f) auf Fälle einer

Alleingesellschafterstellung oder einer

Schwesterneinbringung

einschränken.

Das ist nicht zweckmäßig: Die Ausgabe neuer Gesellschaftsanteile soll eine äquivalente Gegenleistung für die Einbringenden sein. Sind die Einbringenden am eingebrachten Vermögen im selben Verhältnis wie an der übernehmenden Körperschaft (AG/GmbH) beteiligt, ist eine Ausgabe neuer Anteile entbehrlich. Verzichten die Gesellschafter der übernehmenden AG/GmbH deshalb handels- und gesellschaftsrechtlich auf die Ausgabe neuer Aktien/GmbH-Anteile, so sollte eine Ausgabe neuer Anteile nicht durch das UmgrStG erzwungen werden. Handels- und gesellschaftsrechtlich sinnvolle Vereinfachungen sollten nicht durch das UmgrStG konterkariert werden. Vereinfachungen sind nur im Gleichklang effizient umzusetzen.

VI.   Die Neufassung des § 235 HGB

1.   Ausschüttungssperre bis zur Liquidation?

Eine (bis zur Liquidation der Gesellschaft dauernde) Ausschüttungssperre für Gewinne und Gewinnrücklagen aus Umgründungen ist fragwürdig. Dazu ein Beispiel:

Die A-AG bringt einen Betrieb mit einem steuerlich positiven Buchkapital von + 1 Mio Euro in die B-AG ein. Ertragsteuerrechtlich werden die Buchwerte fortgeführt. Handelsrechtlich wird auf den Unternehmenswert/Verkehrswert von + 10 Mio Euro aufgewertet. Daraus entsteht in der Handelsbilanz ein Gewinn von + 9 Mio Euro.
Im Fall einer Veräußerung würden 9 Mio Euro Gewinn realisiert, einer Ausschüttung dieses Gewinnes (nach KöSt) steht nichts im Weg. Es erscheint nicht konsistent,

o       die Einbringung nach Art III UmgrStG auf der einen Seite ertragsteuerrechtlich zu begünstigen (Ausnahme von einer Gewinnrealisierung nach der Tauschregel des § 6 Z 14 EStG durch ertragsteuerliche Buchwertfortführung nach § 16 UmgrStG) und

o       andererseits handelsrechtlich eine Aufwertung nach § 202 HGB zuzulassen, jedoch eine Ausschüttungssperre bis zur Liquidation zu verhängen.

2.   Der Kern des Problems

liegt in der handelsrechtlichen Aufwertung mit Gewinnausweis in der Handelsbilanz und

in der ertragsteuerlichen Buchwertfortführung (ertragsteuerliche Unterdrückung einer Gewinnrealisierung).

Will man eine handelsrechtliche Gewinnrealisierung trotz ertragsteuerlicher Gewinnunterdrückung vermeiden, so ist in § 202 HGB für Umgründungen eine handelsrechtliche Aufwertung ebenso zu unterdrücken wie in der Steuerbilanz (Gleichklang einer Fortführung der Buchwerte in Handels- und Steuerbilanz).

3.   Die Aufwertungsoption

Wird den Steuerpflichtigen nach den Ausführungen in Abschnitt V.3 eine Aufwertungsmöglichkeit eingeräumt, so ist es zweckmäßig, die Aufwertung in Handels- und Steuerbilanz grundsätzlich gleichzuschalten. Eine Ausschüttungssperre für versteuerte Aufwertungsgewinne ist nicht sinnvoll.

4.   Eine handels- und steuerrechtliche systemkonsistente Lösung

Es ist sinnvoll, den Steuerpflichtigen eine handels- und steuerrechtliche Aufwertungsmöglichkeit (V.3.) einzuräumen und dabei die Aufwertung in Handels- und Steuerbilanz grundsätzlich gleich zu schalten. Eine handelsrechtliche Ausschüttungssperre ist nicht sinnvoll; § 235 HGB kann ersatzlos aufgehoben werden, um systemwidrige Komplikationen zu vermeiden.

VII. Ein Tarifvergleich zwischen ESt und KöSt

1.   Einkommensteuer

Bei natürlichen Personen werden durch die Nulltarifzone und verschiedene Absetzbeträge zu mindest die

ersten 10.000 Euro (13.500 Euro bei Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit) ertragsteuerfrei gestellt; jede

weiteren 1.000 Euro werden bis 25.000 Euro Jahreseinkommen mit

38,33 % und

über 25.000 Euro bis 51.000 Euro Jahreseinkommen mit

43,59 %

besteuert. Jede weiteren 1.000 Euro über einem Jahreseinkommen von 51.000 Euro werden mit

50 %

ESt besteuert (§ 33 EStG).

2.   Körperschaften

Kapitalgesellschaften (AG/GmbH) werden linear mit

25 % KöSt

besteuert; Privatstiftungen mit

12,5 % (§ 22 KStG).

3.   Die extreme Belastungsungleichheit (Art 7 B-VG)

Natürliche Personen sind auf Grund ihrer existenziellen Grundbedürfnisse (Nahrung, Kleidung, Wohnung) im Umfang ihres notwendigen Unterhaltes für sich und ihre Familie ertragsteuerfrei zu stellen. Klaus Tipke, Steuergerechtigkeit in Theorie und Praxis, 96, präzisiert das so: „Was der Steuerpflichtige notwendigerweise für seine oder seiner Familie Existenz aufwenden muss, steht ihm zur Steuerzahlung nicht zur Verfügung, er muss es von der Bemessungsgrundlage abziehen können.“ Dem folgen die herrschende Lehre (Doralt, Ruppe, Grundriss des österreichischen Steuerrechts, I8, Tz 26 und Beiser, Steuern3, 22 ff) sowie die Rechtsprechung des VfGH (vgl Beiser, Steuern3, 19 ff).

Die Ertragsteuerfreistellung des notwendigen Unterhaltes für sich und die Familie ist somit kein Steuerprivileg natürlicher Personen, sondern ein verfassungsrechtlich garantiertes Grundrecht (Art 2 EMRK – Recht auf Leben, Art 5 – Recht auf Freiheit, Art 8 – Recht auf Familie).

Wenn also die derzeit bestehende Nullsteuerzone (10.000 bzw 13.500 Euro p.a.) Ausfluss des verfassungsrechtlich garantierten Existenzminimums ist, so fällt ins Gewicht:

o           Natürliche Personen werden mit einem effektiven Eingangssteuersatz von 38,33 % (bis 25.000 Euro Jahreseinkommen), dann mit
    43,59 % (bis 51.000 Euro Jahreseinkommen) und darüber mit
    50 % Einkommensteuer
belastet

o       Kapitalgesellschaften dagegen linear mit
    25 % (auch bei Millionengewinnen) und

o       Privatstiftungen nur mit
    12,5 % KöSt.

Die Belastungsgleichheit nach Art 7 B-VG ist somit schwerwiegend gestört.

4.   Vorschläge zur Belastungsgleichheit

Natürliche Personen  werden mit folgendem Tarif besteuert:

Die ersten 15.000 Euro Jahreseinkommen mit 0 % (steuerfreies Existenzminimum),

die weiteren 15.000 Euro Jahreseinkommen mit 10 % (effektiver Eingangssteuersatz),

die weiteren 15.000 Euro Jahreseinkommen mit 20 %,

die weiteren 15.000 Euro Jahreseinkommen mit 30 %,

darüber hinaus mit 33 1/3 % (Höchststeuersatz).

Nach § 1 Abs 4 EndbesteuerungsG ist die KESt für endbesteuerte Kapitalerträge in einer Bandbreite von 0,2 – 0,5 des höchsten ESt-Satzes festzusetzen. Beträgt der höchste ESt-Satz 33 1/3 %, ist die KESt von derzeit 25 % auf 0,5 x 33 1/3 = 16 2/3 % herabzusetzen.

Alternative 1:

§ 1 Abs 4 EndbesteuerungsG wird aufgehoben; das ist eine Änderung eines Bundesverfassungsgesetzes (BGBl 1993/11).

Alternative 2:

Statt des höchsten ESt-Satzes von 33 1/3 % wird in zwei weiteren 15.000-Euro-Schritten mit einem Steuersatz von 40 % und 50 % der bisherige höchste Grenzsteuersatz von 50 % beibehalten (und damit auch der bisherige KESt-Satz von 25 %). Die progressive ESt beträgt also für

 

Tarifstufe/€n

kumuliert/€

Steuer
satz/%

Stufensteuer/€

Gesamt-
belastung/€

die ersten

15.000

15.000

0

0

0

die weiteren

15.000

30.000

10

1.500

1.500

die weiteren

15.000

45.000

20

3.000

4.500

die weiteren

15.000

60.000

30

4.500

9.000

die weiteren

15.000

75.000

40

6.000

15.000

darüber hinaus

 

 

50

 

 

 

Der höchste Grenzsteuersatz greift also ab 75.000 Euro Jahreseinkommen.

Darüber hinaus wird dem Steuerpflichtigen ein Antrag auf Drittelbesteuerung (= lineare ESt von 33 1/3 % für das gesamte zu tarifierende Einkommen) eingeräumt. Im Fall eines Antrages auf Drittelbesteuerung entfallen die Progressionsstufen von 0 % bis 50 %. Die ESt ist linear und beträgt vom ersten bis zum letzten Euro Jahreseinkommen ein Drittel (33 1/3 %).

Beispiel:

        Jahreseinkommen                                        300.000  Euro

        Normaltarifsteuer

        für die ersten 75.000 Euro                             15.000  Euro

        für die weiteren 225.000 Euro                    112.500  Euro

        also für 300.000 Euro                                  127.500  Euro

Im Fall eines Antrages auf Drittelbesteuerung beträgt die ESt 100.000 Euro.

Ziele:

Die Vorschläge zur Tarifreform in der ESt verfolgen vier Ziele:

a)   Eine starke Senkung des effektiven Eingangssteuersatzes von derzeit

38,33 %

um Einkommensschwache zu entlasten;

b)   eine starke Entlastung mittlerer Einkommensschichten, um deren stark ansteigende Belastung durch die Pflichtbeiträge zur Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung abzufedern und um die Inlandsnachfrage zu stärken;

c)   die Deckelung der ESt mit linear einem Drittel des Gesamteinkommens durch eine Option zur Drittelbesteuerung für Einkommensstarke, um den Druck zur Verlagerung ihrer Einkunftsquellen in eine GmbH oder in Privatstiftungen zu nehmen, den Anreiz zur Steuervermeidung zu senken und

d)   um für alle Steuerpflichtigen die krassen Tarifunterschiede zwischen der ESt (effektive Belastung zwischen 38,33% und 50 % Grenzsteuersatz) einerseits und 25 % linearer KöSt andererseits zu verringern.

Im Segment der Einkommensstarken ist eine Erhöhung der Abgabeneinnahmen zu erwarten: Wer 1/3 lineare ESt als gerecht und sozialstaatlich ausgewogen anerkennt und deshalb zahlt, verzichtet auf Steuerminimierung via Umgründung, GmbH, Holding, Privatstiftung, Verlagerung der Einkunftserzielung ins Ausland etc.

Die Schnittstelle einer Gleichbelastung im Vergleich zwischen Einkommen- und Körperschaftsteuerpflichtigen liegt bei

90.000 Euro

Jahreseinkommen: Bis zu 90.000 Euro Jahreseinkommen ist der ESt-Tarif günstiger; bei 90.000 Euro Jahreseinkommen sind ESt und KöSt mit

22.500 Euro

gleich hoch. Über 90.000 Euro ist die KöSt vergleichsweise niedriger:

Jahreseinkommen (€)

ESt (€)

KöSt (€)

100.00

27.500

25.000

120.000

37.500

30.000

150.000

52.500

37.500

180.000

67.500

45.000

500.000

227.500

125.000

1.000.000

477.500

250.000

2.000.000

977.500

500.000

3.000.000

1.477.500

750.000

4.000.000

1.977.500

1.000.000

 

Die Schnittstelle zur Deckelung der ESt durch die Option zur linearen Drittelbesteuerung in der ESt liegt bei

135.000 Euro

Jahreseinkommen: Die Normaltarifsteuer und die lineare ESt sind bei 135.000 Euro Jahreseinkommen mit

45.000 Euro

ESt gleich hoch. Bei Jahreseinkommen über

135.000 Euro

wird die lineare ESt in Höhe von einem Drittel günstiger als die Normaltarifsteuer. Im Vergleich zur KöSt ist die lineare ESt um 8 1/3 % höher. Im Vergleich zu Ausschüttungen aus Kapitalgesellschaften fällt jedoch keine KESt in Höhe von 25 % an. Die kumulierte Steuerlast aus KöSt und KESt liegt im Fall einer Sofortausschüttung bei

                      100       Euro         Gewinn vor Steuern

              -         25        Euro         KöSt

                        75        Euro         nach KöSt

              -         18 3/4 Euro         KESt (25 % von 75 Euro)

                        56 1/4      Euro    nach KöSt und KESt

              =        43 3/4      Steuerlast aus KöSt + KESt

              =      43 3/4   %  kumulierte Steuerlast

und liegt somit 10 5/12 % ≈ 10,42 % höher als die lineare ESt von 33 1/3 %. Allerdings ist zu beachten:

a)   Im Regelfall wird nur ein Teil des Gewinnes ausgeschüttet; für auf Dauer gespeicherte Gewinne ist die KöSt von 25 % günstiger.

b)   Im Fall einer Jahre späteren Ausschüttung bringt der zeitliche Aufschub der KESt auf den Ausschüttungszeitpunkt erhebliche Zinsvorteile; die KESt wäre somit abzuzinsen, um einen Barwertvergleich der kumulierten Steuerlast in wirtschaftlicher Sicht zu erhalten.

c)   Die KESt entfällt für einen Großteil der Ausschüttungen:

o       auf Grund des nationalen Schachtelprivilegs (der innerstaatlichen Beteiligungsertragsbefreiung) nach § 10 KStG;

o       auf Grund der körperschaftsteuerfreien Ausschüttung in österreichische Privatstiftungen in Kombination mit steuergünstigen Veranlagungen in Finanzanlagen mit 12,5 % Zwischensteuer (Kombination des Schachtelprivilegs mit der halben KESt nach §§ 10, 13, 21 und 22 KStG einerseits und der KESt-Freistellung nach § 94 EStG andererseits) und der Anrechnung der 12,5 % Zwischensteuer auf die KESt in Höhe von 25 % im Fall späterer Zuwendungen der Privatstiftung an die Begünstigten (mit Endbesteuerungswirkung nach § 97 EStG);

o       auf Grund der KESt-Freistellung nach der Mutter-Tochter-Richtlinie (90/435/EWG) und deren Umsetzung in Form einer KESt-Freistellung in § 94 a EStG: Schüttet eine österreichische Tochterkapitalgesellschaft ihren in Österreich erwirtschafteten und mit 25 % KöSt versteuerten Gewinn an ihre deutsche, französische oder an eine sonstige in der EG ansässige Mutter aus, so ist diese Ausschüttung in der Regel nach § 94 a EStG KESt-frei zu stellen (jedenfalls ab einer Beteiligungshöhe der Mutter von 25 %; ab 10 % Beteiligungshöhe im Fall der Reziprozität). In solchen Fällen beträgt die KESt auf Ausschüttungen 0 Euro, die kumulierte Steuerlast beträgt somit 25 % KöSt;

o       auf Grund von Doppelbesteuerungsabkommen ist die österreichische KESt in vielen Fällen zu reduzieren (zB auf 0 % nach Art 10 DBA-Österreich/Schweiz bei Ausschüttungen an eine Schweizer Mutter ab einer Beteiligung von 20 %).

Im Fall nationaler und internationaler Verflechtungen von Körperschaften ist die österreichische Gesamtsteuerlast mit 25 % KöSt und 0 % KESt im Vergleich zu Einkommensteuerpflichtigen nach wie vor günstig.

Im Vergleich natürlicher und juristischer Personen ist außerdem zu bedenken: Nur natürliche Personen müssen für existenzielle Bedürfnisse für sich und ihre Familie sorgen. Die zivilrechtlichen Unterhaltspflichten steigen nach der Anspannungsjudikatur mit steigendem Einkommen. Wirtschaftlich steigert eine Steuerentlastung von Einkommensteuerpflichtigen die Nachfrage nach Konsumgütern (Nahrung, Kleidung, Wohnung etc) und belebt somit die Inlandsnachfrage.

Für Rückfragen stehe ich gerne zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen