REPUBLIK ÖSTERREICH

BUNDESKANZLERAMT

 

Geschäftszahl:

BKA-600.440/0001-V/A/5/2005

An das

Bundesministerium für

Verkehr, Innovation und Technologie

Abteilung ST 3

 

st3@bmvit.gv.at

 

Sachbearbeiter:

Herr MMag Dr Patrick SEGALLA

Pers. e-mail:

patrick.segalla@bka.gv.at

Telefon:

01/53115/2353

Ihr Zeichen
vom:

324.100/0003-II/ST3/2005   
23.09.2005

Antwortschreiben bitte unter Anführung der Geschäftszahl an:

v@bka.gv.at

 

 

 

Betrifft:  Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Bundesstraßengesetz 1971, das Bundesgesetz über die Mauteinhebung auf Bundesstraßen (Bundesstraßen-Mautgesetz 2002 – BStMG) und das ASFINAG-Gesetz geändert werden);

Begutachtung; Stellungnahme

 

 

Zum mit der do. oz. Note übermittelten Gesetzesentwurf samt Beilagen nimmt das Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst wie folgt Stellung:

I. Allgemeines:

Zu legistischen Fragen darf allgemein auf die Internet-Adresse http://www.bundeskanzleramt.at/legistik hingewiesen werden, unter der insbesondere

·      die Legistischen Richtlinien 1990 (im Folgenden zitiert mit „LRL ...“),

·      das EU-Addendum zu den Legistischen Richtlinien 1990 (im Folgenden zitiert mit „RZ .. des EU-Addendums“),

zugänglich sind.

Die Gemeinschaftsrechtskonformität des im Entwurf vorliegenden Bundesgesetzes ist vornehmlich vom do. Bundesministerium zu beurteilen.

II. Zu Artikel I des Entwurfs (Bundesstraßengesetz):

Zu Z 4 (§ 1 Abs. 3):

In der Novellierungsanordnung wäre zwischen „§“ und „1“ ein gesperrter Leerschritt einzufügen.

Im Gesetzestext wird angeordnet, dass die Übernahme der Straße durch ein Übereinkommen zu erfolgen hat. In den Erläuterungen wird ausgeführt, dass „ein Übereinkommen zwischen der ASFINAG für den Bund und dem bisherigen Eigentümer abzuschließen“ sei. Es wäre zu prüfen, ob diese Ermächtigung im ASFINAG-Ermächtigungsgesetz 1997 bzw. im ASFINAG-Gesetz eine Grundlage hat, andernfalls müsste eine gesetzliche Ermächtigung zum Abschluss eines Übereinkommens geschaffen werden.

Zu Z 5 (§ 2 Abs. 1):

In der Wortfolge „im Sinne straßenpolizeilichen Vorschriften“ wäre nach „Sinne“ das Wort „der“ einzufügen.

Es wird darauf hingewiesen, dass das Gesetz in der novellierten Fassung keinerlei Kriterien mehr vorgeben wird, anhand derer zwischen Bundesautobahnen und Bundesschnellstraßen unterschieden werden kann (in der geltenden Fassung besteht noch dahingehend ein Unterschied, dass nur Autobahnen keine höhengleichen Überschneidungen aufweisen dürfen). Dies ist angesichts der Tatsache, dass sich an die Einstufung weiterhin unterschiedliche Rechtsfolgen (vgl. etwa der novellierte § 15 Abs. 2) knüpfen, im Hinblick auf den verfassungsrechtlichen Gleichheitssatz nicht unproblematisch.

Zur Z 7 (§ 4 Abs. 1):

Die Novellierungsanordung ist legistisch inkorrekt, führt sie doch dazu, dass das Wort „bestimmen.“ in der novellierten Fassung im Text doppelt vorkommen würde. Daher sollte die anzufügende Textstelle derart gestaltet werden, dass nur der neu hinzukommende Text angefügt wird.

Im Übrigen geht aus der Bestimmung nicht eindeutig hervor, wie im Falle der Bewilligung in Stufen und Abschnitten mit der Zehn-Jahres-Frist zum Baubeginn umzugehen ist. Eine Klarstellung wird angeregt.

Zu Z 12 (§ 7 Abs. 5):

Es erscheint durch die getroffene Regelung nicht klar geregelt, ob, wenn eine Gefährdung oder Belästigung der Nachbarn gem. § 7a nicht vorliegt, und deshalb Maßnahmen nach Abs. 3 und 4 nur dann in Frage kommen, wenn ein Erfolg mit wirtschaftlich vertretbarem Aufwand erreicht werden könnte, eine Einlösung nach Abs. 5 erfolgen kann. Diese darf nämlich gerade nur erfolgen, wenn mit Maßnahmen nach Abs. 3 und 4 mit wirtschaftlich vertretbarem Aufwand kein Erfolg erreicht werden kann. Unklar bleibt deshalb, ob in den Fällen des Abs. 3 letzter Satz eine Vorgehensweise nach Abs. 5 in Frage kommt, oder nicht.

Zu Z 13 (§ 7a Abs. 5):

Das Verhältnis des zweiten Satzes zum ersten Satz erscheint unklar. Nach dem ersten Satz sind Rechte nach Abs. 1 lit. c (Schutz vor Gefährdung des Eigentums) abzuweisen, wenn das öffentliche Interesse an der Errichtung der Bundesstraße größer ist als die zu erwartenden Nachteile des Nachbarn. Nach Satz 2 können derartige subjektiven Rechte „jedoch“ nach Maßgabe der Bestimmungen über die Enteignung eingeschränkt werden. Nicht geklärt ist damit das wechselseitige Verhältnis dieser beiden Möglichkeiten, nämlich einer Abweisung der Rechte nach Satz 1 oder einer Einschränkung der Rechte durch Enteignung nach Satz 2: Kann die Einschränkung der Rechte durch Enteignung als Alternative zur Abweisung erfolgen, oder setzt sie voraus, dass eine Abweisung nicht in Frage kommt? Auch die Erläuterungen helfen bei der Auslegung dieser Bestimmung nicht weiter. Die Bestimmung sollte unbedingt präzisiert werden, ergeben sich doch aus den Unklarheiten Unsicherheiten darüber, wie mit subjektiven Rechten nach Abs. 1. lit. c. im Einzelfall tatsächlich zu verfahren ist, und welche Rechtsansprüche betroffenen Nachbarn dabei zukommen.

Zu Z 16 (§ 10 Abs. 2):

Das Abstellen auf „den überwiegenden Nutzen für den Bund (Bundesstraßenverwaltung)“ bei der Frage nach der Finanzierung von Ausbaumaßnahmen von Bundesstraßen erscheint missverständlich, weil Straßen nicht deshalb zu Bundesstraßen erklärt werden, weil der Nutzen daraus dem Rechtsträger Bund zukommt. Ganz offenkundig bringen Bundesstraßen vielmehr einen Nutzen für Straßenbenutzer ganz allgemein.

Es erscheint deshalb zweckmäßiger, bei der Formulierung dieses Absatzes auf jene Überlegung zurückzugreifen, die bereits ausweislich der Kompetenznorm des Art. 10 Abs. 1 Z 9 B-VG als maßgeblich für die Erklärung zu Bundesstraßen zu gelten hat, nämlich die Bedeutung für den Durchzugsverkehr.

Zu Z 27 (§ 26 Abs. 1):

Da § 26 Abs. 4 keine Zu- und Abfahrten regelt, scheint der Verweis auf diese Bestimmung in § 26 Abs. 1 ins Leere und sollte korrigiert werden.

III. Zu Artikel II des Entwurfs (Bundesstraßen-Mautgesetz):

Zu Z 9 (§ 13 Abs. 1):

In der Novellierungsanordnung ist das Wort „ersetzt“ am Satzende überflüssig.

Zu Z 15 (§ 18 Abs. 2):

Das Wort „sogenannte“ in der Wortfolge „sogenannte Geschwindigkeitstrichter“ sollte entfallen. Gegebenenfalls wäre der Begriff des Geschwindigkeitstrichters in den Erläuterungen zu präzisieren.

Zu Z 16 (§ 19):

Nach den Erläuterungen soll mit dieser Neuregelung klargestellt werden, dass kein subjektives Recht des Lenkers oder Zulassungsinhabers auf Aufforderung zur Entrichtung einer Ersatzmaut besteht. Die Formulierung ist erkennbar an Regelungen zur Befugnisausübung orientiert (siehe etwa §§ 27, 28 BStMG sowie entsprechende Befugnisse der Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes nach dem VStG oder dem SPG). Da allerdings die Entrichtung der Ersatzmaut gemäß § 20 Abs. 3 BStMG als Rechtsfolge die Straflosigkeit nach sich zieht, stellt sich die Frage, ob den Mautorganen bloß eine Ermächtigung zum Tätigwerden eingeräumt werden soll, die überdies ein – undeterminiertes – Ermessen vorsieht; es liegt wohl näher – wie bisher – eine Verpflichtung der Mautorgane zu normieren. Dem dargestellten rechtspolitischen Problem könnte insofern Genüge getan werden, indem eigens geregelt wird, dass keine subjektiven Rechte bestehen.

Zu Z 26 (§ 33 Abs. 4):

In Abs. 4 hätte es richtig zu lauten: „mit 1. März 2006“.

III. Zum Vorblatt und zum Allgemeinen Teil der Erläuterungen:

Die mangelnde optische Unterscheidung von Über- (z.B. „Probleme“) und Untertiteln (z.B. „Bundesstraßengesetz 1971“) – beide werden in Fettdruck dargestellt –  macht die Erläuterungen unübersichtlich.

Im Allgemeinen Teil der Erläuterungen wäre zusammengefasst und (für Zwecke der Gestaltung des Stirnbalkens im Bundesgesetzblatt) unter Angabe der CELEX-Nummer anzugeben, welche Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaften durch das im Entwurf vorliegende Bundesgesetz umgesetzt werden sollen (vgl. das Rundschreiben des Bundeskanzleramtes-Verfassungsdienst vom 10. Juni 1992, GZ 671.804/10-V/8/92).

Gemäß § 14 Abs. 1 BHG ist jedem Entwurf für (ua.) ein Bundesgesetz von dem Bundesminister, in dessen Wirkungsbereich der Entwurf ausgearbeitet wurde, eine den Richtlinien gemäß § 14 Abs. 5 BHG entsprechende Darstellung der finanziellen Auswirkungen anzuschließen, aus der insbesondere hervorzugehen hat, wie hoch die durch die Durchführung der vorgeschlagenen Maßnahmen voraussichtlich verursachten Ausgaben oder Einnahmen sowie Kosten oder Erlöse für den Bund im laufenden Finanzjahr und mindestens in den nächsten drei Finanzjahren zu beziffern sein werden. Eine solche Darstellung kann dem vorliegenden Entwurf nicht entnommen werden.

Auf die finanziellen Folgen einer Missachtung von Verpflichtungen nach der Vereinbarung zwischen dem Bund, den Ländern und den Gemeinden über einen Konsultationsmechanismus und einen künftigen Stabilitätspakt der Gebietskörperschaften, BGBl. I Nr. 35/1999, muss hingewiesen werden.


Diese Stellungnahme wird im Sinne der Entschließung des Nationalrates vom 5. Juli 1961 u.e. auch dem Präsidium des Nationalrats zur Kenntnis gebracht.

 

24. Oktober 2005

Für den Bundeskanzler:

Georg LIENBACHER

 

 

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