FINANZPROKURATUR
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XI/29952

An das
Bundesministerium für Justiz
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Betr.:        Entwurf eines Feilbietungsrechtsänderungsgesetzes
                Begutachtungsverfahren


zu BMJ-B12.115/0034-I 5/2005



Die Finanzprokuratur beehrt sich in obiger Angelegenheit zum Entwurf eines Feilbietungs­rechtsänderungsgesetzes nachstehende Stellungnahme abzugeben:

 

Soferne besondere Bundesgesetze nichts anderes bestimmen, ist nur der Bundesminister für Finanzen ermächtigt, Verfügungen gemäß den § 61 bis 64 BHG iVm Art. 11 u. 12 BFG zu treffen. Demzufolge trifft der Bundesminister für Finanzen durch Zustimmung zu Rechtsge­schäften Verfügungen über unbewegliches Bundesvermögen, während die ansonsten für die Verwaltung zuständigen haushaltsleitenden Organe aus verwaltungstechnischen Gründen die vorbereitenden Arbeiten, wie Verhandlungen mit den Vertragspartnern, Erstellung der Unter­lagen sowie die Vertragsabschlüsse nach erfolgter Zustimmung, besorgen.

Nach den Durchführungsbestimmungen zu den jährlichen Bundesfinanzgesetzen kann der Bundesminister für Finanzen einer Verfügung über Bestandteile des unbeweglichen Bundes­vermögens grundsätzlich nur dann zustimmen, wenn das Entgelt mindestens dem gemeinen Wert ent­spricht und bei Veräußerungen selbständig verwertbarer bundeseigener Liegenschaften diese nach einem hinreichend publizierten und bedingungsfreien Bietverfahren an den Meistbietenden oder an den einzigen Bieter veräußert werden; von einem Bietverfahren kann nur aus besonderen Gründen Abstand genommen werden.

 

Mit den jeweiligen Bundesfinanzgesetzen entspricht das Bundesministerium für Finanzen einerseits den Empfehlungen der EU-Kommission für die transparente Gestaltung von Grund­stücks- und Gebäudeverkäufen der öffentlichen Hand ("Mitteilung der Kommission betreffend Elemente staatlicher Beihilfen bei Verkäufen von Bauten oder Grundstücken durch die öffent­liche Hand, ABL Nr. C 209 vom 10.7.1997, 3.), andererseits dem allgemeinen Transparenz- und Gleichbehandlungsgebot.

Bei Veräußerungen von unbeweglichem Bundesvermögen, bei denen eine öffentliche Aus­bietung der Liegenschaften erfolgt, werden seit vielen Jahren die Bieter zu Gesprächen ent­weder beim verwaltenden Ressort oder beim Bundesministerium für Finanzen eingeladen, um allen Bietern in Entsprechung des Gleichbehandlungs- und Transparenzgebotes die Möglich­keit zu gewähren, bei der Ermittlung des Meistbietenden anwesend zu sein und ihre Angebote zu verbessern.

Ziel dieser Verhandlungen ist es, einen Meistbietenden zu ermitteln, mit dem in der Folge die abschließenden Kaufvertragsverhandlungen geführt werden.

Eine endgültige Bindung der Parteien tritt erst bei Unterfertigung des ausverhandelten schrift­lichen Kaufvertrages bzw. bei Vorliegen aller gesetzlichen Voraussetzungen ein.

 

Nach Wegfall des § 271 Außerstreitgesetz (RGBl. Nr. 208/1854) erscheint es der Finanzprokuratur insbesondere im Hinblick auf die Entscheidungen des k.u.k. Obersten Gerichtshofes vom 6. April 1909 sowie vom 20. April 1909 geboten, im Feilbietungsrechtsänderungsgesetz gesetzlich klar zu stellen, dass öffentlich publizierte Bietverfahren, die auf den Abschluss eines Kaufvertrages mit dem Meistbietenden gerichtet sind, auch außerhalb des § 87a Notariatsordnung zulässig sind.

 

Dies erscheint der Finanzprokuratur vor allem deshalb notwendig, da insbesondere Gebiets­körperschaften einerseits zu einer öffentlichen Feilbietung im Rahmen des Transparenzge­botes verhalten sind, andererseits gerade bei im öffentlichen Eigentum stehenden Liegen­schaften strukturierte Verhandlungsverfahren notwendig sind, die im Rahmen einer freiwilligen Feilbietung im Sinne des § 87a Notariatsordnung nicht möglich erscheinen.

 

Da die Republik Österreich in aller Regel auch nicht über die Möglichkeit verfügt, bundes­eigene Liegenschaften in eine Projektgesellschaft einzubringen und die Anteile dieser Gesell­schaft zu veräußern, wären die Gebietskörperschaften gezwungen, sämtliche Feilbietungen im Wege eines Verfahrens gemäß § 87a ff. Notariatsordnung durchzuführen, obwohl dieses Verfahren – wie bereits oben ausgeführt – nicht immer geeignet ist, zu einem optimalen Ver­wertungsergebnis zu gelangen.

 

Die Finanzprokuratur regt daher an, die oben erwähnte gesetzliche Klarstellung, dass öffent­lich bekannt gemachte Feilbietungen, die auf den Abschluss eines Kaufvertrages zielen, nicht unter § 87a ff. Notariatsordnung fallen, bzw. eine dem § 271 (alt) Außerstreitgesetz entsprechende Norm das Feilbietungsrechtsänderungsgesetz aufzunehmen.



5. Dezember 2005
Im Auftrag:

(Dr. Klima)