An das

Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie

II/SCH1 (Abteilung Sch 1 - Recht)

 

Radetzkystraße 2

A - 1030 Wien

 

 

 

                                      Zeichen                                  DW:                       Wien am 20.01.2006

                                      FÜ/HA                                    10                                                20.01.2006

 

 

 

Betrifft:  Stellungnahme zum Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Eisenbahngesetz 1957 und das Bundesbahngesetz geändert werden.

        GZ. BMVIT-210.501/0016-II/Sch 1/2005

 

 

 

Mit Schreiben des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie (BMVIT) vom 09.12.2005, GZ. BMVIT-210.501/0016-II/Sch 1/2005, bei der Schienen-Control GmbH (SCG) eingelangt am 14.12.2005, wurde der SCG unter dem im Betreff genannten Titel der Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem Ersuchen um Abgabe einer Stellungnahme bis spätestens 20.01.2006, übermittelt.

 

 

Die SCG erlaubt sich dazu wie folgt Stellung zu nehmen:

 

 

Durch das Eisenbahnrechtsanpassungsgesetz 1997 und das Schienenverkehrsmarktregulierungsgesetz hat Österreich die ersten grundlegenden Voraussetzungen für die Entstehung eines Schienenverkehrsmarktes in Österreich geschaffen. Die SCG begrüßt das Bestreben mit dem vorliegenden Entwurf die weiteren in den Richtlinien 2001/12/EG, 2001/13/EG, 2001/14/EG, 2001/16/EG (idF 2004/50/EG) und 2004/49/EG der Europäischen Union festgelegten Reformschritte im Bereich des Schienenverkehrsmarktes auch in Österreich umzusetzen.

 

Das vorliegende Gesetzesvorhaben sieht deutliche Änderungen hinsichtlich der Aufgabenbereiche von SCG und SCK (Schienen-Control Kommission) vor. Für den daraus vermutlich resultierenden Vollziehungsaufwand wurde in der SCG bereits Vorsorge getroffen.

Die Mitglieder der Schienen-Control Kommission (SCK) haben den Begutachtungsentwurf in der Sitzung der SCK vom 21.12.2005 diskutiert und die die SCK betreffenden Änderungen grundsätzlich begrüßt.

Zu den einzelnen Bestimmungen:

 

 

Zu §14c

 

 

Diese Bestimmung ist zwar gegenüber dem geltenden §17(5) unverändert, es darf jedoch angeregt werden, hier für den Fall des Erwerbs einer Strecke der ÖBB Infrastruktur Bau AG, die ebenso wie die ÖBB Infrastruktur Betrieb AG gemäß §51 Bundesbahnstrukturgesetz keine Konzessionen für die einzelnen Strecken besitzen, durch Dritte in sinngemäß ähnlicher Form Vorsorge für einen nahtlosen Weiterbetrieb zu treffen.

 

 

Zu §15j und anderen:

 

 

In den unten angeführten Paragraphen bestehen gewisse Mitteilungspflichten des BMVIT gegenüber der Europäischen Kommission und der Europäischen Eisenbahnagentur. Es wäre wünschenswert, auch die SCG über diese Dokumente zu informieren, da z.B.: gerade die Ausstellung, die Änderung oder der Entzug einer Sicherheitsbescheinigung für die SCG und auch die SCK von wesentlicher Bedeutung sind:

 

§15j Abs. 1 Erteilung, Entziehung und Einschränkung der Verkehrsgenehmigung

§37d Ausstellung, Neuausstellung und Entzug der Sicherheitsbescheinigung (Sibe)

§38d Ausstellung, Neuausstellung und Entzug der Sicherheitsgenehmigung                        §39c Zertifikat Sicherheitsmanagement                                   

 

 

§26 Abs. 2 - statistische Angaben

 

 

Diese Bestimmung wird ausdrücklich begrüßt, da damit die Erhebung von für die Marktbeobachtung erforderlichen Daten eine eindeutige Grundlage erhält.

 

Es darf jedoch angeregt werden, den Begriff ’angemessene Frist’ zu konkretisieren, bzw. der SCG die Möglichkeit einzuräumen, eine konkrete Frist festzulegen und gegebenenfalls auch Sanktionen für die Nichteinhaltung (§§124 ff ) vorzusehen. Dies, um das Ziel der Bestimmung, einen aktuellen Bericht über die Situation am Eisenbahnmarkt, der auch Teile der früher vom BMVIT erstellten Eisenbahnstatistik (geltende Fassung des durch diese Bestimmung ersetzen § 27 EisbG)  abdeckt, zu erstellen, bestmöglich erfüllen zu können.

 

 

 

 

 

 

§53e - Zwangsmaßnahmen

 

 

Die Anwendung  von § 53e und § 75 ist in der Praxis kaum durchführbar. Gemäß den EB zum Schienenverkehrsmarkt-Regulierungsgesetz (§ 75) soll durch diese Bestimmungen die Möglichkeit einer Sonderverwaltungsvollstreckung mit Zuständigkeit der SCG normiert werden, da die Mittel des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes bzw. der gerichtliche Weg zur adäquaten raschen Durchsetzung eines Anspruches auf Anschluß, Mitbenützung und Zurverfügungstellung von sonstigen Leistungen und Anlagen und den Zugang zur Schieneninfrastruktur gegebenenfalls nicht ausreichen könnten. § 53e und § 75 berechtigen die SCG jedoch ausschließlich zur Erlassung von Bescheiden, in welchen die für die Herstellung des entsprechenden Zustandes notwendigen Maßnahmen bzw. die Setzung eines Zwangsaktes angeordnet werden. Eine darüber hinausgehende Vollstreckungskompetenz zur weiteren Durchsetzung dieser Bescheide wurde der SCG (trotz Wortlaut der Überschrift) nicht eingeräumt. Die SCG ist nicht zur Anwendung des VVG berufen.

 

Um dennoch das Ziel einer raschen und effizienten Durchsetzung der entsprechenden gesetzlichen oder sonstigen Anordnungen zu erreichen, wäre es wünschenswert, entweder direkt entsprechende Kompetenzen der SCG/SCK zu schaffen oder zumindest den Informationsfluß über die fraglichen Materie zwischen der mit dem Vollzug der Strafbestimmungen betrauten Eisenbahnbehörde und der SCG/SCK in der Weise zu institutionalisieren, daß beide stets über alle diesbezüglich relevanten Sachverhalte informiert sind.

 

 

§57 Erweiterung des Kreises der Zugangsberechtigten

 

 

Es darf angeregt werden, die Zulassung weiterer Antragsteller für Zugtrassen gemäß der Richtlinie 2001/14/EG Art. 2 Buchst. b (‚authorized applicants’) vorzusehen.

 

Zitat: "Antragsteller" ein zugelassenes Eisenbahnunternehmen und/oder eine internationale Gruppierung von Eisenbahnunternehmen und - in Mitgliedstaaten, die eine solche Möglichkeit vorsehen - andere natürliche und/oder juristische Personen, die ein einzelwirtschaftliches oder gemeinwirtschaftliches Interesse am Erwerb von Fahrwegkapazität für die Durchführung eines Eisenbahnverkehrsdienstes in ihrem jeweiligen Hoheitsgebiet haben, wie Behörden im Rahmen der Verordnung (EWG) Nr. 1191/69(12), Verlader, Spediteure und Unternehmen im Rahmen des kombinierten Verkehrs;

 

Dies bietet insbesondere den Vorteil, daß künstliche Trassenkonflikte im Fall, daß sich mehrere Eisenbahnunternehmen um einen nicht duplizierbaren Transportauftrag bewerben, vermieden werden können, die derzeit zu einem Koordinierungsverfahren, ja sogar zu einer fiktiven Überlastung einer Strecke führen können. Dies kann aufgrund der Regeln für das Koordinierungsverfahren z.B. im Fall eines angestrebten Personenverkehrstaktes letztlich zu suboptimalen Fahrplänen führen.

 

 

 

§59 - Schienennetz – Nutzungsbedingungen (SNNB):

 

 

Die bisherigen Erfahrungen mit SNNB haben gezeigt, daß Eisenbahninfrastruktur­unternehmen, welche eine externe Trassenzuweisungsstelle beauftragt haben, diese in den SNNB nicht explizit angeführt haben. Für einen Zugangsberechtigten ist es dann nicht ersichtlich, wer die zuständige Trassenzuweisungsstelle ist. Die SCG regt daher an, §59 Abs. 1 Zif.3 um eine lit. h zu ergänzen, wonach die Trassenzuweisungsstelle inkl. Adresse und Ansprechpartner genannt werden soll. Entsprechend sollte auch ein Verweis in §62 Abs. 2 und 3 vorgesehen werden.

 

 

§65 Abs. 6 und §65b Abs. 1 - Beobachterstatus

 

 

Die Einräumung eines Beobachterstatus sowohl beim Netzfahrplanentwurf als auch im Koordinierungsverfahren ist aus Sicht der SCG sehr wünschenswert, um im Fall einer Beschwerde entsprechend rasch und sachkundig agieren zu können. Bisherige Erfahrungen in Deutschland, wo eine vergleichbare Regelung ebenfalls eingeführt wurde, lassen jedenfalls positive Auswirkungen erwarten. Klar ist allerdings, daß sich die SCG alleine aus Kapazitätsgründen auf die Beobachtung von bereits absehbaren Problemfällen bzw. im Sinne von Stichproben beschränken wird. In diesem Zusammenhang wäre eine frühzeitige Informationspflicht der Trassenzuweisungsstelle auf entstehende Problemfälle, wie in Deutschland vorgesehen,  zu erwägen.

 

 

§65c - Überlastete Schieneninfrastruktur:

 

 

a) Abs. 1 und 2 enthalten fast wortwörtlich die Regelung des Art. 22 Abs. 1 und 2 der RL 2001/14/EG. Es scheint daher wünschenswert, näher zu definieren, wann (Schwellenwerte, Kriterien etc.) eine zeit- und kostenintensive Kapazitätsanalyse durchzuführen ist.

 

b) Gemäß Abs. 3 sind im Falle von überlasteter Schieneninfrastruktur Begehren auf Zuweisung von Zugtrassen, die nicht die Zuweisung von Zugtrassen zur Erbringung gemeinwirtschaftlicher Verkehrsdienste zum Gegenstand haben, in der Rangfolge des „gesellschaftlichen Nutzens" der ihnen zugrunde liegenden Verkehrsdienste zu erledigen. Dieser unbestimmte Gesetzesbegriff erfährt eine Konkretisierung lediglich dahingehend, daß Güterverkehrsdiensten, insbesondere grenzüberschreitenden ein höherer gesellschaftlicher Nutzen zukommt.

In der österreichischen Praxis gibt es allerdings zumindest im Personenverkehr derzeit nur sehr wenige Züge, die nicht (auch) der Erbringung gemeinwirtschaftlicher Leistungen dienen, auch im Güterverkehr ist der Anteil beträchtlich und vielfach schwer zu beurteilen (z.B. Gefahrguttransporte im Wagenladungsverkehr)

Eine Präzisierung der Kriterien, eventuell auch im Wege einer Verordnung erscheint daher im Interesse der Rechtssicherheit wünschenswert. Jedenfalls sollten die Trassenzuweisungsstellen dazu verpflichtet werden, ihre (beabsichtigte oder tatsächliche) Auslegungspraxis der Prioritätenregeln in den Schiennetznutzungsbedingungen zu veröffentlichen.

 

§75a Abs.1-3 Zugangsberechtigte auf andere Eisenbahnen

 

 

Der Vorschlag, auf verästelten Anschlußbahnen ein grundsätzliches Zugangsrecht zu normieren, von dem die SCK Erleichterungen gewähren kann, wird im Hinblick auf die bisherigen regulatorischen Erfahrungen ausdrücklich begrüßt.

Aus verwaltungstechnischer Sicht wäre jedoch, um unnötige Belastungen jener Anschlußbahnunternehmen zu vermeiden, die ohnedies mangels Zugangsbegehren Anspruch auf eine Erleichterung haben, eine Umkehrung des Vorganges insofern zu erwägen, daß nicht jedes Anschlußbahnunternehmen gesondert um eine Erleichterung ansuchen muß, sondern erst das Vorhandensein eines Zugangsbegehrens die entsprechenden Pflichten auslöst.

Jedenfalls wäre es aber erforderlich, festzulegen, wo und wie ein Zugangsbegehren einzubringen ist, da ja im Fall des Nichtvorhandenseins einer Trassenzuweisungsstelle ein solcher Antrag formal nirgends einzubringen ist. Dies könnte zweckmäßigerweise einerseits beim Anschlußbahnunternehmen, gleichzeitig aber auch bei der SCG erfolgen, sodaß letztere die entsprechenden Unterlagen für eine daraufhin zu treffende Entscheidung der SCK auf direktem Wege erhält.

 

 

§75b freiwilliger Zugang

 

 

Die Möglichkeit eines freiwilligen Zugangs erscheint durchaus begrüßenswert, es ist aber aus Sicht der SCG zu befürchten, daß die Schaffung von Sonderverträgen, die das normale Regulierungsregime ersetzen, nicht unbedingt der Transparenz dienen.

Jedenfalls sollten entsprechende Vereinbarungen grundsätzlich immer (und nicht nur im Fall der Unterwerfung unter das SCK-Regime) der SCG vorgelegt werden.

 

 

§75e Ausbildungsverträge

 

 

Es wird von der SCG vorgeschlagen, daß solche Ausbildungsverträge meldepflichtig sein müssen, damit diese bei einem etwaigen Streitfall schon bei der Behörde vorliegen bzw. daß Diskriminierungen schon im Vorfeld ausgeschlossen werden können! Dies wäre durch eine entsprechende Ergänzung im §59a Abs. 1+2 mit Bezug auf §58 Abs. 6 möglich: „Für die Zurverfügungstellung von Serviceleistungen haben Eisenbahnverkehrsunternehmen und Dritte gem. §58 Abs. 6 AGB zu erstellen, …“.

 

 

§§124ff - Strafen:

 

 

a) Die in §126 genannten strafrechtlichen Bestimmungen in Zusammenhang mit Aufgaben von SCG und SCK sind nicht vollständig. Es wurden nicht berücksichtigt Verpflichtungen gemäß §§26Abs.2, 62 Abs.3, 64 Abs. 3, 65e Abs. 5, 72 Abs. 2, 73 Abs. 2 und hinsichtlich „Zuweisungsstellen" 74a Abs. 1.

 

 

Aus Anlaß der Novelle erlaubt sich die SCG über den vorgeschlagenen Text hinaus folgende weitere Vorschläge für Neuregelungen zu übermitteln:

 

 

Einrichtung eines Sicherheits-Überwachungskörpers

 

 

Die im Rahmen der gegenständlichen Novelle umzusetzenden Sicherheitsmanagementsysteme werden zweifelsfrei zu einer Standardisierung und Verbesserung der entsprechenden Vorkehrungen in den einzelnen Unternehmen führen. Erfahrungen mit den bislang eingerichteten unternehmensinternen Kontrollsystemen zeigen allerdings, daß diese einer Ergänzung durch stichprobenartige Kontrollen durch Überprüfungsorgane, die völlig von den jeweiligen internen Vorgängen unabhängig agieren, bedarf, um eine optimale Wirkung der Kontrolltätigkeit zu gewährleisten. Hinsichtlich der Überwachung der Einhaltung von Vorschriften durch Eisenbahnverkehrsunternehmen hat z.B. die Infrastruktur Betrieb AG bereits die sogenannte ‚Technische Überwachung’ geschaffen, zu deren Kompetenzen allerdings nicht die Kontrolle der Vorschriftenerfüllung des eigenen Unternehmens zählt.

 

Um diesem Ziel zu entsprechen, darf die Einrichtung einer von allen Eisenbahnunternehmen völlig unabhängigen Überwachungseinheit mit ähnlichen, aber auch auf die Infrastrukturunternehmen und alle Eisenbahnen in Österreich ausgedehnten  Kompetenzen wie die genannte ‚Technische Überwachung’ vorgeschlagen werden.

 

 

Einrichtung eines Netzbeirates nach deutschem Vorbild

 

 

Die Erfahrungen in Deutschland zeigen, daß rigorose Redimensionierungs­maßnahmen durch DB-Netz von den nicht im DB-Konzern integrierten Eisenbahnverkehrsunternehmen als diskriminierend empfunden werden, weil mitunter genau dort, wo private EVUs Transporte aquirieren wollen, Rückbaumaßnahmen gesetzt wurden.

Um diesem Problem zu begegnen, wurde in Deutschland kürzlich ein sogenannter Netzbeirat eingerichtet, der in strukturierter Form Empfehlungen zur Netzdimensionierung aus der Sicht aller betroffenen EVUs erarbeiten soll.

Um derartigen Problemen in Österreich – nicht zuletzt auch im Zusammenhang mit den geplanten Änderungen des §29 EisbG  - vorzubeugen sollte die Einrichtung eines entsprechenden Gremiums auch in Österreich ins Auge gefaßt werden .

 

 

 

 

 

Georg Fürnkranz

Geschäftsführer der SCG