Stellungnahme des
ÖAMTC
zu dem Entwurf des
Bundesgesetzes,
mit dem das
Kraftfahrgesetz 1967 (27. KFG-Novelle),
geändert wird
A. Allgemeines:
Der ÖAMTC begrüßt prinzipiell die bereits mehrmals geforderte
Initiative, für die Wintermonate verpflichtende Bestimmungen hinsichtlich der
Winterausrüstung für Schwerfahrzeuge einzuführen. Damit soll eine weitere
eklatante Lücke im Rahmen der allgemeinen Verkehrssicherheit geschlossen
werden.
Gerade bei Schwerfahrzeugen musste in der letzten Zeit wieder vermehrt
festgestellt werden, dass eine schlechte bzw. gar keine Winterausrüstung
verheerende Folgen bei einem Verkehrsunfall haben kann (abgesehen von den
zahlreichen Verkehrsbehinderungen aufgrund hängen gebliebener Fahrzeuge). Die
möglichen Auswirkungen auf andere Verkehrsteilnehmer, vor allem gegenüber
Insassen von Personenkraftwagen, müssen hier wohl nicht näher ausgeführt
werden. Ausschlaggebend für eine in Österreich geltende einheitliche Regelung
ist vor allem auch die Tatsache, dass die Mindestprofiltiefe von Fahrzeugreifen
national unterschiedlich geregelt ist und somit bereits diesbezüglich kein
Standard vorliegt. In weiterer Folge gilt dies auch für die Bauart der Reifen,
insbesondere die Gummimischungen, die unterschiedlich bezüglich der gerade
vorherrschenden Fahrbahntemperaturen für eine optimale Haftung der Reifen zu
sorgen haben.
In Fällen, in denen trotz optimaler wintertauglicher Bereifung diese
alleine nicht mehr genügt, ist jedenfalls eine verpflichtende Verwendung von
geeigneten Schneeketten (unter möglichster Schonung des Straßenbelages) durch
die Aufstellung entsprechender Verkehrszeichen gem § 52 Z 22 StVO
vorzuschreiben.
Kritisch ist allerdings anzumerken, dass vor allem die zum Teil
chaotischen Verkehrssituationen mit stundenlangen Sperren von - vor allem
Kärntner - Autobahnabschnitten am Beginn des Winters 2005/06 vermieden werden
hätten können, wenn unsere wiederholt (zB im Rahmen unserer Stellungnahmen zur
25. und 26. KFG-Nov, aber auch in separaten Interventionsschreiben)
vorgetragenen Vorschläge zur Einführung einer generellen Ketten-Mitnahmepflicht
für Schwerfahrzeuge rechtzeitig aufgegriffen worden wären.
Wie wir im Teil B unserer Ausführungen noch im Detail darlegen
werden, ist die landläufige Meinung, durch die Verwendung von
M+S-"Winterreifen" könnten die bekannten Probleme mit "hängen
gebliebenen", die Autobahnen und Passstraßen blockierenden LKWs künftig
verhindert werden, nicht haltbar: Als M+S-Reifen gekennzeichnete Reifen müssen
nämlich keine definierten Winterfahreigenschaften aufweisen. Daher schlagen wir
- wie bereits im Vorjahr im Wege von Presseaussendungen angeregt - vor, dass
das österreichische BMVIT Initiativen im Rahmen der EU-Präsidentschaft
unternimmt, um zumindest EU-weit verbindliche Standards für Reifen mit
ausreichenden Winterfahreigenschaften und deren spezieller
Kennzeichnung festzulegen.
Skeptisch ist der ÖAMTC jedoch in Bezug auf die Durchsetzbarkeit der
neuen Bestimmungen gegenüber im Ausland zugelassenen Fahrzeugen, wie im Teil
B dieser Stellungnahme noch näher ausgeführt wird. Gerade aber bei diesem
Punkt ist eine sorgfältige legistische Prüfung angeraten, denn was würden gute
im österreichischen Kraftfahrgesetz umgesetzte Bestimmungen nützen, wenn diese
dann letztendlich bei Fahrzeugen mit einer ausländischen Zulassung wiederum
nicht exekutierbar wären, wie dies bei Ausrüstungsbestimmungen der Fall ist.
Letztendlich ist noch auf die ergänzenden Ausführungen und Anregungen
zu weiteren Bestimmungen des KFG im Teil C hinzuweisen, die zwar von
dieser Novelle nicht umfasst, jedoch trotzdem von hoher Aktualität sind (z.B.
Anmerkungen zu Problemen rund um „Licht bei Tag“). Auch auf das latente
Problem wegen - als schikanös empfundene - Strafen bei unvollständiger
Lenkerauskunft (gem § 103 Abs 2 KFG) wollen wir bereits jetzt hinweisen.
Hinsichtlich dieser - teilweise bereits mehrmals im Rahmen von Stellungnahmen zu
KFG-Novellen eingebrachten - Vorschläge des ÖAMTC wird um wohlwollende Prüfung
und Berücksichtigung ersucht.
B. Besonderer Teil:
Zu Z 1 (§ 102 Abs. 9; Winterreifen/Schneeketten):
Der Begriff „echter Winterreifen“ ist in weiterer Folge an die
Bestimmungen des § 4 Abs. 4 KDV geknüpft, somit ist diesbezüglich die
Verwendung von Schnee- und Matschreifen (M+S) oder Schnee-, Matsch- und
Eisreifen (M+S+E) vorgesehen. Für diese Reifenart ist - nach österreichischem
Recht - eine Mindestprofiltiefe von 5 mm (Diagonalbauart) bzw. 4 mm
(Radialbauart) normiert. Für die Kennzeichnung als M+S-Reifen gibt es aber
keine einheitliche Definition oder ein Testverfahren, das festlegt, welche
Eigenschaften ein Reifen aufweisen muss, um solcher Art gekennzeichnet werden
zu dürfen. Auch in Österreich können und werden Reifen mit einer
M+S-Kennzeichnung am Markt angeboten, die über ungenügende bis gar keine
Wintergrip-Eigenschaften verfügen. In den USA etwa ist gar fast jeder am Markt
befindliche Reifen - egal ob Sommer- oder Winterreifen - mit M+S
gekennzeichnet. Die Wintertauglichkeit vieler solcher Reifen ist
trotzdem gleich null.
Gleiches gilt auch für Ganzjahresreifen mit M+S-Kennung. Ganzjahresreifen
- in der Regel für PKW - sind ohnehin immer nur ein Kompromiss zwischen
Sommer- und Winterreifen und werden vor allem bei Allradfahrzeugen verwendet.
Auch Ganzjahresreifen können dem Sicherheitsniveau und Grip von
"richtigen" Winterreifen meist nicht standhalten.
In den USA gibt es - für PKW-Reifen - seit 1999 ein standardisiertes
Testverfahren (Traktionstest) für Winterreifen. Reifen, die dieser Prüfung
standhalten, sind mit dem "Schneeflocken-Symbol" (oder „Three Peak
Mountain - Symbol“) gekennzeichnet, das auch von der europäischen
Reifenindustrie zur Kennzeichnung von wintertauglichen Reifen verwendet wird.
Solange aber - zumindest innerhalb der EU - keine einheitliche Definition für
tatsächlich wintertaugliche Reifen - sowohl für PKW-Reifen als auch für Reifen
von Schwerfahrzeugen - existiert, ist auch eine während der Wintermonate
vorgesehene Verwendungspflicht von M+S oder M+S+E - Reifen (gem. eigentlich
nicht wirklich vorhandener Definition im österreichischen Recht) hinsichtlich
der Effizienz zur Steigerung der Verkehrssicherheit in Frage zu stellen. Der
österreichische Gesetzgeber sollte gerade jetzt während des EU-Vorsitzes
Einfluss darauf nehmen, für eine einheitliche Regelung zu sorgen.
Für Omnibusse sollten darüber hinaus verpflichtend auf der
Antriebsachse montierte Traktionsreifen mit quer verlaufendem Profil und
Lamellen vorgeschrieben werden.
Hinsichtlich der Beschaffenheit von Schneeketten ergeben sich
keine Bedenken, da diese bereits auf gesetzlicher Basis an konkrete Normen
gebunden sind.
Bezüglich der legistischen Verankerung der neuen
Winterreifenpflicht als Verwendungsbestimmung ist zu sagen, dass seitens des
ÖAMTC in Frage gestellt wird, ob es sich dabei nicht um eine nach
internationalem Recht (Wiener/Genfer Übereinkommen) unzulässige Umgehung von
eigentlich nur national anwendbaren Ausrüstungsbestimmungen handelt
(bezüglich der Mitführverpflichtung von Schneeketten wird dies nicht
angezweifelt, da diese nur zusätzlich von Hand aus leicht montiert werden
können und daher nicht als Ausrüstung im eigentlichen Sinn angesehen werden
können; Reifen sind jedoch als
Einheit mit den Felgen als Rad fest mit dem Fahrzeug verbunden, sieht man
letztlich von der Tatsache ab, dass auch Räder abmontiert werden können).
Würde dies in einem Anlassfall in letzter Konsequenz vom Verwaltungsgerichtshof
als nicht auf Lenker von im Ausland zugelassenen Kraftfahrzeugen anwendbar
festgestellt werden, wäre dieser Teil der neuen Bestimmungen größtenteils
wirkungslos.
Deshalb wäre die bisherige - sicherlich nur im geringfügigen Ausmaß
angewandte - österreichische Praxis (wie auch in sehr vielen anderen
europäischen Ländern), Straßenabschnitte für Fahrzeuge ohne geeigneter
Winterausrüstung durch Verkehrszeichen i.S.d. StVO zu sperren, auch
hinsichtlich im Ausland zugelassener Fahrzeuge sinnvoller und würde keiner
Gesetzesanpassung bedürfen. Auch nach den bisherigen gesetzlichen Bestimmungen
wäre bereits eine diesbezügliche Ausdehnung auf ganze Bundesländer möglich.
Aus praktischer Sicht weisen wir darauf hin, dass die Einhaltung einer Kettenanlegepflicht
wesentlich einfacher und im Vorbeifahren kontrolliert werden kann, während eine
Winterreifenkontrolle nur bei Anhalten des Schwerfahrzeuges möglich ist.
Im Hinblick auf die Lastverteilung bei einem Sattelzug werden
Winterreifen oft nicht ausreichen, diesen unter Kontrolle zu halten. Auch muss
berücksichtigt werden, dass vor allem zu Winteranfang auf - noch - warme
Straßen gefallener Schnee meist glitschigen Matsch bildet, sodass Winterreifen
keinen "Grip" finden. Hier wird den zuständigen Straßenverwaltungen
die Anordnung einer Kettenverwendungspflicht gem StVO nicht erspart bleiben.
Zusammenfassend kann daher gesagt werden, dass der ÖAMTC die
vorgesehene Mitführverpflichtung von Schneeketten ausdrücklich begrüßt und
sich auch keinesfalls gegen eine sinnvoll normierte Winterreifenpflicht - wie
oben erwähnt - für alle Omnibusse und LKW ab 3,5t ausspricht. Eine derartige
Regelung macht allerdings nur dann Sinn, wenn entsprechende Kontrollen
verschärft durchgeführt und ausreichende Abstellmöglichkeiten für mangelhaft
ausgerüstete Lkw bereitgestellt werden.
C. Ergänzungsvorschläge:
Zu § 48a;
Privatisierung der Vergabe der Wunschkennzeichen:
Aus Gründen der Einheitlichkeit und der Transparenz für die betroffenen Zulassungsbesitzer - aber auch zur Aufgabenentlastung des Staates - sollten die Zuweisung und Reservierung von Wunschkennzeichen in den Aufgabenbereich der beliehenen (privaten) Zulassungsstellen übertragen werden. Lediglich die Abweisung oder Zurückweisung eines Antrages auf Zuweisung oder Reservierung eines Wunschkennzeichens sollte der Kraftfahrbehörde vorbehalten bleiben, da gegen deren negative Entscheidung der betroffenen Partei der Rechtsweg offen steht.
Zu § 49 Abs.
6 und 7; Dritte Kennzeichentafel für Fahrradträger:
Die Regelungen, wonach Kennzeichentafeln
abzunehmen und auf Fahrradheckträger zu montieren sind, erscheinen nicht mehr
zeitgemäß und führen in der Praxis oft dazu, dass die Kennzeichen verdeckt und
daher schwer sichtbar sind. Im
Interesse des Schutzes aller anderen Straßenbenützer sollte das kurzfristige
An- und Abmontieren von Heckradträgern durch die fakultative Ausgabe einer
dritten Kennzeichentafel erleichtert werden.
Zu § 82 Abs. 8; Fahrzeug-Standortverlegung:
Der Begriff der „Dauernden Verlegung des Standortes des Fahrzeuges ins Inland“ sollte durch eine exakte Definition im Gesetz klargestellt werden (z.B. für Lenker von Fahrzeugen im Bestand eines ausländischen Unternehmens ist die derzeitige Rechtslage trotz eines entsprechenden Erlasses unklar).
Zu § 99 Abs 1a; Tagfahrlicht in gut
beleuchteten Tunnels:
Mit der 25. KFG Novelle wurde die Verpflichtung eingeführt, in Tunnels stets das Abblendlicht einzuschalten. Diese Verpflichtung erscheint dem ÖAMTC in Hinblick auf jene Tunnels oder tunnelartigen Lawinenschutzbauten, in denen bei Tag hinreichende Lichtverhältnisse herrschen, im Ergebnis überzogen. Die Bestimmung sollte daher an die neuen Vorschriften angepasst werden, wonach nur in Tunnels, die nicht über eine ausreichende Beleuchtung verfügen, das Abblendlicht einzuschalten ist. Aufgrund der allgemeinen „Lichtvorschrift“ ist ohnehin zumindest das Tagfahrlicht einzuschalten. Begründet wird dies u.a. auch damit, dass Fahrzeuge mit Lichtsensoren (z.B. Audi A6) automatisch unzureichende Lichtverhältnisse erkennen. Gut ausgeleuchtete Tunnels aktivieren daher nicht zwingend das Abblendlicht. Auch um die Gefahr schikanöser Vollziehung zu vermeiden, sollte daher die Bestimmung dahingehend abgeschwächt werden.
An dieser Stelle sei erwähnt, dass der ÖAMTC auch aus Anlass der Stellungnahme zum Entwurf eines Straßentunnel-Sicherheitsgesetzes im Jänner 2006 dieses Anliegen an das BMVIT herangetragen hat.
Zu
§ 99 Abs 5a; Licht bei Tag/Abblendlicht:
Aufgrund der durch die 26. Novelle eingeführten Ausnahmebestimmung, dass bei der Verwendung von Abblendlicht tagsüber als Tagfahrlicht die Schaltung wie bei Tagfahrleuchten erfolgen kann (somit Licht nur nach vorne ausgestrahlt werden muss), sind bereits jetzt schon in der Praxis schwerwiegende Folgen bei plötzlich eintretenden schlechten Sicht-/Lichtverhältnissen zu erkennen. Sehr viele Schaltungen von Abblendlicht als Tagfahrlicht sind derart, dass auch die Armaturenbeleuchtung eingeschaltet ist, obwohl keine Heckleuchten Licht nach hinten ausstrahlen. Treten nun auf Fahrten bei Tag plötzlich schlechte Lichtverhältnisse (z.B. Einfahren in eine Nebelwand) oder gar beinahe Dunkelheit (wie leider noch immer in vielen Tunnels) ein, bedenken viele Lenker aufgrund des eingeschalteten Abblendlichts und der Armaturenbeleuchtung nicht, dass kein Licht nach hinten ausgestrahlt wird und betätigen daher nicht die normale Schaltung für Abblendlicht. Gerade aber dieser Umstand kann aufgrund der mangelhaften Sichtverhältnisse hinsichtlich des Folgeverkehrs schwerwiegende Auswirkungen haben, wenn die Vorderfahrzeuge zu spät erkannt und dadurch Auffahrunfälle verursacht werden.
Der ÖAMTC tritt daher massiv für die Forderung ein, die Verwendung von Tagfahrleuchten oder die Schaltung „Abblendlicht als Tagfahrlicht“ ohne Heckleuchten nur dann zu erlauben, wenn die Fahrzeuge mit automatischen Lichtsensoren ausgestattet sind, die bei schlechten Lichtverhältnissen bzw. Dunkelheit sofort die normale Schaltung für Abblendlicht (somit zusätzlich die vorderen Begrenzungsleuchten und die Heckleuchten) aktivieren.
Zu § 102 Abs.
2; Einschalten der Alarmblinkanlage:
Unter gewissen Umständen (z.B. bei Stillstand der Fahrzeuge nach einem Verkehrsunfall oder bei einer Panne, auf Autobahnen etc.) soll das Einschalten der Alarmblinkanlage nicht bloß erlaubt, sondern verpflichtend vorgeschrieben sein. In diesem Zusammenhang wird auch eine gesetzliche Klarstellung im Falle des Abschleppens von Fahrzeugen gefordert. Auf Autobahnen und anderen Schnellverkehrstraßen geht vom langsamen Abschlepp-Gespann infolge hoher Geschwindigkeitsdifferenz eine Gefahr aus, die das Einschalten der Alarmblinkanlage jedenfalls rechtfertigen kann.
Zu § 102
Abs. 3 (Telefonieren):
Zur Herbeiholung von Rettungsdiensten oder der
Durchgabe von Stau- oder Unfallmeldungen soll das Telefonieren „bei geringer
Gefahr“ (vgl. dazu die Bestimmungen hinsichtlich Sicherheitsgurten- und
Sturzhelme) auch ohne Freisprecheinrichtung ausdrücklich erlaubt werden.
Zu § 103 Abs. 2 (Bürgerfreundlichere Lenkerauskunft
gegenüber Behörden):
Diese Bestimmung sollte i.S. einer fairen und bürgerfreundlicheren Gesetzgebung reformiert werden, so dass künftig Nachbesserungen bei nicht offenkundig vorsätzlich unvollständigen oder unklaren Auskünften straffrei möglich sein werden (vgl. dazu die divergierende Rechtssprechung). Insbesondere sollte daher eine Verpflichtung der Behörde im KFG verankert werden, einen Verbesserungsauftrag (analog § 13 Abs 3 AVG) mit angemessener Fristsetzung zu geben. Überdies sollte gesetzlich klar vorgegeben werden, dass bereits im Stadium der Lenkerauskunft Akteneinsicht gewährt werden muss, um unnötige Verfahren zu vermeiden. Eventuell könnte noch im Stadium der Lenkerauskunft die Möglichkeit zur nachträglichen Zahlung der Anonymverfügung geboten werden.
Wie unbefriedigend die derzeitige bürgerfeindliche Handhabung der gesetzlichen Auskunftspflicht zu beurteilen ist, wird durch zwei ziemlich neue Entscheidungen des EGMR verdeutlicht:
Sowohl im Fall Weh gg Österreich (ÖJZ-MRK 2004/24) als auch Rieg gg Österreich (63207/00 vom 24.6.2005) haben die Zulassungsbesitzer die Lenkerauskunft nicht verweigert, sondern eine unvollständige Adresse des Lenkers angegeben. In beiden Fällen haben alle Strafinstanzen (incl VfGH und VwGH) die Bestrafung bestätigt und der EGMR keine Verletzung von Art 6 Abs 1 MRK festgestellt. Durch die vom ÖAMTC vorgeschlagene Verpflichtung zu einem Verbesserungsauftrag iSd § 13 Abs 3 AVG könnte in zahlreichen Fällen eine Bestrafung wegen Verletzung der Auskunftspflicht vermieden werden.
Zu § 106 Abs. 1; Personenbeförderung in Bussen/Zählregel:
So sehr der ÖAMTC im Rahmen der 26. Novelle ausdrücklich begrüßen konnte, dass die Zählregel in Bussen, die im (nicht täglichen) Gelegenheitsverkehr eingesetzt sind, endlich auf die 1+1 Formel geändert wurde, ist jedoch die Ausnahmebestimmung hinsichtlich der Zählregel für Omnibusse, die im Kraftfahrlinienverkehr bzw. im täglichen Gelegenheitsverkehr – zumindest solche im Überlandverkehr - eingesetzt sind, weiterhin massiv zu kritisieren. Da rein sachlich keine Unterschiede zu Fahrten mit Omnibussen im Überlandverkehr bestehen, die nicht im Kraftfahrlinienverkehr eingesetzt werden (z.B. Reisebusse), wird erneut gefordert, die bestehende Ausnahme gänzlich entfallen zu lassen oder zumindest im § 106 Abs. 1 letzter Satz den Zusatz „sofern es sich um keine Überlandfahrten handelt“ aufzunehmen.
Der ÖAMTC konnte hinsichtlich dieser Problematik eindeutig feststellen, dass diese Ausnahmebestimmung bei den Eltern der betroffenen Kinder zunehmend auf stärkere Kritik stößt. Angeheizt wird dieser Ärger von Eltern durch die Tatsache, dass die nicht vorschriftsmäßige Beförderung von Kindern in PKWs nicht nur zu Vormerkungen, sondern bei Wiederholungen sogar zum Führerscheinentzug führen kann; sie orten - wohl mit Recht - zweierlei Maß der verantwortlichen Politiker. Da immer mehr (neue) Autobusse - verpflichtend - mit Sicherheitsgurten ausgerüstet sind, verhindert die "3:2-Zählregel" (als europäisches Unikum!), dass Kinder diese elementaren Sicherheitseinrichtungen bestimmungsgemäß verwenden können. Aus Sicht des ÖAMTC ist diese Haltung des Gesetzgebers schlicht und einfach als unverantwortlich zu bezeichnen.
Zu § 134 Abs. 1; Strafrahmen:
Auf die bereits im Rahmen der Stellungnahme zur 26. Novelle gestellten Forderung nach einem bundeseinheitlichen, differenzierten System von Regelbußen - anstelle zum Teil absurd hoher Strafdrohungen auch für geringfügige Übertretungen - wird erneut hingewiesen.
Mag. Karl-Heinz
Wegrath
ÖAMTC-Rechtsdienste
Wien, im Jänner
2006