GZ. BMVIT-17.956/0023-I/CS3/2005     DVR:0000175

 

 

 

 

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                                                                                                                      Wien, am 25. Jänner 2006

 

 

Betreff: Entwurf betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes
              Verfassungsgesetz und das Bundeshaushaltsgesetz geändert werden

do. GZ: BMF-111401/0011-II/1/2005

 

 

Das Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie nimmt zu oa. Betreff wie folgt Stellung:

 

Obwohl nicht direkt im Gesetzestext des Art. 13 Abs. 2 erwähnt, erfolgt durch die Normierung der Staatszielbestimmungen eine Neuorientierung des bisherigen Leistungsstaates hin in Richtung Gewährleistungsstaat. Schon aus dieser Zielbestimmung geht hervor, dass das bisherige Regime der Inputorientiertheit obsolet geworden ist.

 

Wünschenswert wäre es für den Übergangszeitraum, wenn z.B. den erläuternden Bemerkungen ein Umstellungsszenario angefügt oder ein Umstellungsplan erlassen würde, welcher der vom Verfassungsgesetzgeber geäußerten Vision  der Art.13 i.Z.m. Art. 51 (8) Rechnung trägt.

Das ho. Ministerium geht auch aufgrund der Informationsveranstaltung des BMF davon aus, dass seitens des BMF sämtliche für einen geordneten und verantwortlichen Übergang erforderlichen Schritte im Einvernehmen und unter Berücksichtigung aller erforderlicher Ressourcen sowie unter zeitgerechter und umfangreicher Einführung und Qualifikation der in den jeweiligen Ressorts Betroffenen gesetzt werden.

 

Hinsichtlich des angepeilten Zeithorizontes für den Übergang scheint nach ho. Auffassung der dafür normierte Zeitraum zwischen dem  01.01.2007 und dem 31.12.2010 als extrem ambitioniert und wird somit sämtliche Personalressourcen mehr als ausschöpfen. Beispielsweise hat der Kanton Luzern für die Einführung und das Wirksamwerden der wirkungsorientierten Verwaltungsführung insgesamt einen Zeitraum von 10 Jahren benötigt. Zum andern gilt es zu berücksichtigen, dass die bisherige Verwaltungsführung grundsätzlich neu zu organisieren ist und das bisher vorherrschende Bürokratiemodell der Verwaltung Max Weber’scher Ausprägung durch eine wirkungsorientierte Verwaltungsführung ersetzt werden muss bei gleichzeitiger Aufrechterhaltung von Verwaltungsleistungen bzw.  –produkten. Dies setzt aber eine einigermaßen vollständige Zusammenstellung staatlicher Leistungen und/oder Produkte die an Dritte abgegeben werden und genaues Aufzeigen der damit verbundenen internen Wertschöpfungsketten innerhalb der staatlichen Verwaltung voraus.

Obwohl dazu bereits Ansätze vorliegen, liegt eine derartig zusammengefasste und auf Wirkungen ausgerichtete Zusammenstellung im erforderlich erscheinenden Konkretisierungsgrad nach ho. Infostand noch nicht vor.

 

Die in den erläuternden Bemerkungen wiedergegebenen Überlegungen zur Gestaltung fixer und variabler Obergrenzen für Rubriken und Untergliederungen sind aus dem Gesetzestext nicht unmittelbar ableitbar sondern nur im Zusammenhalt mit den erwähnten EB. Da jedoch der Gesetzesentwurf selbst und auch die EB hinsichtlich der postulierten Konjunkturabhängigkeit von Obergrenzen für Rubriken und Untergliederungen keine näheren Angaben über die Feststellung der Konjunktur und die Abhängigkeit allfällig davon betroffener Grenzen enthalten, stellt sich aus ho. Sicht die grundsätzliche Frage nach der verbindlichen Festlegung der Modelle bzw. von wem die Konjunktur ermittelt werden soll – da dies wohl unmittelbare Auswirkungen auf den öffentlichen Haushalt hat.

 

Strategiebericht: Wenn jedes Ressort eigene Strategien/Visionen verfolgt und festlegt, die nicht aufeinander abgestimmt und harmonisiert sind, sich also gegenseitig durchaus widersprechen können (z.B. Einnahmensteigerung aus Tabaksteuer – Reduzierung Lungenkrebs), scheint das im Hinblick auf die verfolgte Wirkungs- und Ressourcenverantwortung problematisch.

Es werden daher auch hinsichtlich der zugrunde liegenden Strategie bzw. Vision gewisse Grundzüge zu statuieren sein, welche gewährleisten, dass die einzelnen Strategien bzw. Visionen sowohl einen zeitlichen Bestand als auch einen Verbindlichkeitscharakter aufweisen und entsprechend harmonisiert sind.

 

Im Hinblick auf die Wirkungsorientierung im Zusammenhang mit der  gewünschten Zusammenführung von Ressourcen- und Ergebnisverantwortung wird auch ein vollkommen neuer Planungsprozess, dessen Ansatzpunkt die zu erreichenden Ziele (Wirkungen und/oder Leistungen) sind,  für die Verantwortlichen in Politik und Verwaltung zu implementieren sein.  Es wird daher nach ho. Auffassung zumindest während des Umstellungszeitraumes mit einem höheren Aufwand für die Bundesverwaltung zu rechnen sein, was in den Ausführungen zu den finanziellen Auswirkungen unerwähnt bleibt (ein jährlich zweites Gesetzgebungsverfahren mit allen möglichen Änderungsmöglichkeiten, Übergangsarbeiten, etc).

Ferner gilt es dabei zu berücksichtigen, dass hinsichtlich der „Vorgaben über die mit den eingesetzten Mitteln zu erreichenden Wirkungen und/oder Leistungen“ bestimmte Qualitätsmerkmale normiert werden sollten.

 

Hinsichtlich der Grundsätze, welche bei der Haushaltsführung des Bundes anzuwenden sind kann den erläuternden Bemerkungen nur beigepflichtet werden, dass der normierte Grundsatz der Wirkungsorientierung einen fundamentalen Wandel zur bisher vorherrschenden Inputorientierung darstellt und daher einen Paradigmenwechsel in der Verwaltungsführung auslösen wird. Gerade deshalb scheint jedoch eine behutsame und verantwortliche Heranführung der gesamten staatlichen Verwaltung an diesen Grundsatz von außerordentlicher Bedeutung zu sein, so dass davon ausgegangen wird, dass bereits beginnend mit dem Jahr 2007 (oder früher) entsprechende Begleitmaßnahmen, wie beispielsweise Produktentwicklung, Strategieentwicklung, Marketing oder Geschäftsprozessentwicklung und Geschäftprozessoptimierung  bundesweit möglichst koordiniert (um unnötige Schritte in falsche Richtungen zu vermeiden) um- bzw. fortgesetzt werden. Ebenso werden neue Managementprozesse zu entwickeln sein, welche sowohl auf der Seite der Planung als auch auf der Seite der Steuerung der beabsichtigten Zusammenführung von Ergebnis- und Ressourcenverantwortung vollständig Rechung tragen.

 

Aus den vorliegenden Unterlagen könnte weiters entnommen werden, dass zumindest ab 2011 Budget und Rechnungslegung unterschiedlichen Darstellungsformen folgen würden, da im Hinblick auf den dann geltenden Haushaltsgrundsatz der Wirkungsorientierung Budgetentscheidungen als Kombination von Mittelzuweisung und Leistungs- bzw. Wirkungsbestellung gefällt werden. Es wird davon ausgegangen, dass hier noch eine einheitliche Darstellungsform erfolgen soll.

 

Der Entwurf sieht zwar begrüssenswerterweise ein echtes Doppelbudget vor (Art.51 Abs.3), es ist aber in Abs.4 weiterhin ein aufwändiger Prozess für die unbedingt abzuhaltende Budgetdebatte inkl. aller hiefür erforderlichen Aufwände vorgesehen. Dies könnte sich durch die bei einem Doppelbudget voraussichtlich ohnehin erforderlichen Novellierungen durch den Gesetzgeber relativieren und würden somit die bisherigen Bestimmungen diesbezüglich ausreichen.

 

Wenn im Art. 51b BVG die unmittelbare Möglichkeit des BMF zu Überschreitungsgenehmigungen bei gesetzlichen Verpflichtungen wegfällt - was ho. nicht als sinnvoll und aufwandsschonend gesehen wird - sollte zumindest darauf geachtet werden, dass im jährlichen Bundesfinanzgesetz eine entsprechende generelle Ermächtigung für alle gesetzlichen Verpflichtungen vorgesehen wird. Dies deshalb, weil immer wieder für gesetzliche Verpflichtungen sehr rasch gehandelt werden muss und daher die nachträgliche Aufnahme einer Ermächtigung in eine BFG-Novelle bzw. die Aufnahme in ein Budgetüberschreitungsgesetz zu lange für eine gesetzlich vorgesehene Verpflichtung dauern würde, was unter Umständen zu großem Zinsverlust für den Staat führen kann.

 

Im Übrigen sind die ho. Ausführungen zum BVG in Zusammenhalt mit den Ausführungen zum BHG zu sehen.

 

Unter Berücksichtigung obiger Ausführungen bestehen aus Sicht des ho. Ministeriums keine Bedenken gegen den vorliegenden Entwurf.

 

Die Stellungnahme wird in 25-facher Ausfertigung an das Präsidium des Nationalrates und in elektronischer Form an die Adresse begutachtungsverfahren@parlinkom.gv.at weitergeleitet.

 

 

Für den Bundesminister:

Dr. Brigitte Raicher-Siegl

Ihr(e) Sachbearbeiter(in):

Mag. Christa Wahrmann

 

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