Stellungnahme zum Entwurf des Publizitätsrichtlinie-Gesetzes

 

 

Zu Artikel 1 Z 2 und Artikel 2 Z 2 (Erhöhung der Zwangsstrafen):

 

Der Gesetzesentwurf schlägt vor, dass Zwangsstrafen von Euro 5.000, Euro 10.000, Euro 20.000 und Euro 50.000 (je nach Größenklasse der Gesellschaft) auch mehrfach verhängt werden können (§ 283 UGB idF des Entwurfs). Bisher konnten Zwangsstrafen bis Euro 3.600 mehrmals verhängt werden. Es ist nach Ansicht der Kammer der Wirtschaftstreuhänder (KWT) nicht gerechtfertigt und auch nicht sinnvoll, eine Pflicht zur elektronischen Einreichung des Jahresabschlusses einzuführen und gleichzeitig die Zwangsstrafen im Fall der Nichtvorlage oder nicht rechtzeitigen Vorlage massiv zu verschärfen. Die KWT spricht sich daher gegen eine derartige gravierende Erhöhung der Zwangsstrafen aus.

 

Zu Artikel 1 Z 3 (elektronische Urkundensammlung):

 

Es wird begrüßt, dass die Urkundensammlung des Firmenbuchs zukünftig elektronisch geführt wird. Dadurch wird auch die Einsichtnahme erleichtert.

 

Zu Artikel 1 Z 7 (Möglichkeit von elektronischen Firmenbucheingaben):

 

Es ist ebenfalls zu begrüßen, dass zukünftig Firmenbucheingaben auch elektronisch möglich sein sollen.

 

Zu Artikel 2 Z 1 (Verpflichtende elektronische Einreichung von Jahresabschlüssen):

 

Die Kammer der Wirtschaftstreuhänder steht der in § 277 Abs 6 UGB idF des Entwurfs vorgesehenen elektronischen Übermittlung von Jahresabschlüssen grundsätzlich positiv gegenüber, hat sich aber, wie in unserem Schreiben an Frau Dr. Bydlinski vom 13. Februar 2006 bereits ausgeführt, in den zur identischen Thematik geführten Gesprächen mit der Finanzverwaltung (BMF) im Forum „E-Bilanz“ zum gegenwärtigen Zeitpunkt gegen eine gesetzliche Verpflichtung zur elektronischen Einreichung der Jahresabschlüsse ausgesprochen. Die Richtlinie 2003/58/EG zur Änderung der Richtlinie 68/151/EWG in Bezug auf die Offenlegungspflichten von Gesellschaften bestimmter Rechtsformen sieht nur die Möglichkeit, aber keine zwingende elektronische Einreichung des Jahresabschlusses vor. Falls politisch eine gesetzliche Verpflichtung zur elektronischen Einreichung unbedingt gewollt ist, sollte dieser Umsetzungsspielraum nach Ansicht der Kammer der Wirtschaftstreuhänder dazu genutzt werden, vor der endgültigen Entscheidung über die Einführung einer Verpflichtung einen dreijährigen Testzeitraum vorzusehen, in dem die elektronische Übermittlung zunächst auf freiwilliger Basis getestet wird. Anstelle eines Zwangs zur elektronischen Übermittlung sollten in der Testphase auch Anreizsysteme mit dem Ziel überlegt werden, die Akzeptanz der (freiwilligen) elektronischen Übermittlung zu erhöhen (zB Gebührenbefreiung im Falle der elektronischen Übermittlung).

 

Wie auch bereits in den Materialien zu § 277 Abs 6 UGB idF des Entwurfs ausgeführt wird, wurde die Möglichkeit zur elektronischen Einreichung bisher nur von wenigen publizitätspflichtigen Unternehmen angenommen (ca. 5 – 10 %). Nach den Erfahrungen der Kammer der Wirtschaftstreuhänder handelt es sich dabei nahezu ausschließlich um kleine GmbHs mit vereinfachter Offenlegungsverpflichtung gemäß Formblattverordnung.

 

Die Kammer der Wirtschaftstreuhänder weist ausdrücklich darauf hin, dass bei der elektronischen Einreichung der Jahresabschlüsse von Kapitalgesellschaften mit voller Offenlegungs­verpflichtung (AGs und mittelgroße und große GmbHs) auf Grund der bisher fehlenden Erfahrungen mit erheblichen Problemen zu rechnen ist. Auch bei all jenen dieser Gesellschaften, die ihre Jahresabschlüsse schon bisher elektronisch beim Firmenbuch eingereicht haben, hat es auch in der Vergangenheit schon technische Probleme gegeben.

 

Der Gesetzesentwurf sieht zwar für die elektronische Übermittlung keine bestimmte technische Struktur vor; für die bisherige Möglichkeit der elektronischen Übermittlung von Jahresabschlüssen an das Firmenbuch ist die Übermittlung in Form einer XML-Struktur vorgesehen. Es wird davon ausgegangen, dass dies auch in Zukunft gelten soll.

 

Die Kammer der Wirtschaftstreuhänder weist im Einzelnen auf folgende Problembereiche bei der elektronischen Übermittlung von Jahresabschlüssen hin:

 

 

Als Zwischenergebnis ist somit festzuhalten, dass nach Ansicht der Kammer der Wirtschaftstreuhänder auf Grund der vorliegenden Informationen aus den Kreisen der Mitglieder bei einer raschen Umsetzung der elektronischen Verpflichtung zur Einreichung der Jahresabschlüsse mit einem erheblichen Mehraufwand und erheblichen technischen Problemen gerechnet werden muss. Aus diesem Grund schlägt die KWT die eingangs angeführte 3-jährige Testphase vor, die der Softwareindustrie auch die Möglichkeit geben soll, entsprechende Softwareadaptierungen und Schnittstellenprogramme zu entwickeln.

 

Die Kammer der Wirtschaftstreuhänder regt weiters an, die vorgeschlagene Testphase für die Entwicklung eines gemeinsamen Systems für die elektronische Übermittlung der Jahresabschlüsse sowohl an die Finanzverwaltung als auch an das Firmenbuch zu nutzen, wodurch sich bei den betroffenen Unternehmen bzw. bei den von diesen beauftragten Wirtschaftstreuhändern nennenswerte Synergieeffekte ergeben würden.

 

Weiters erlaubt sich die Kammer der Wirtschaftstreuhänder, ergänzend noch folgende Überlegungen vorzubringen:

 

·         Nach Ansicht der Kammer der Wirtschaftstreuhänder ist die elektronische Übermittlung der Jahresabschlüsse zwar grundsätzlich ein Schritt in die richtige Richtung; im Gegenzug sollten aber für den Fall der elektronischen Übermittlung die derzeit bestehenden Veröffentlichungsverpflichtungen im Amtsblatt der Wiener Zeitung entfallen.

·         Ferner sollte aus der Sicht der KWT eine Nutzensteigerung für den Anwender durch Optimierung des technischen Prozesses der elektronischen Übermittlung angestrebt werden. Wir verweisen diesbezüglich auf unsere Ausführungen im Schreiben an Frau Dr. Bydlinski vom 13. Februar 2006. Ziel der Richtlinie 2003/58/EG ist es, den Gesellschaften die Erfüllung ihrer Offenlegungs­pflichten zu erleichtern. Zwar ermöglicht die Richtlinie den Mitgliedstaaten, den Gesellschaften aller oder bestimmter Rechtsformen die Einreichung aller oder bestimmter Kategorien der Urkunden und Angaben in elektronischer Form vorzuschreiben; diese Option der Mitgliedstaaten ist allerdings uE in Hinblick auf das Ziel der Erleichterung der Erfüllung der Offenlegungs­pflichten zu interpretieren. Wenn durch den technischen Prozess der elektronischen Übermittlung, deren sich die Gesellschaften verpflichtend zu bedienen haben, die Erfüllung der Offenlegungspflicht de facto erschwert wird, entspricht eine solche Verpflichtung uE nicht dem Zweck der Richtlinie. Daher sollte auf eine möglichst optimale und bedienerfreundliche Gestaltung des technischen Übermittlungsprozesses Bedacht genommen werden.

·         Abschließend weisen wir darauf hin, dass derzeit in den Fällen der elektronischen Einreichung des Jahresabschlusses durch einen steuerlichen Vertreter die dabei anfallenden Gebühren dem Wirtschaftstreuhänder in Rechnung gestellt werden. Der Wirtschaftstreuhänder muss die Gebühren, die er zunächst selbst zu bezahlen hat, in der Folge dem Klienten weiterverrechnen. Für den Wirtschaftstreuhänder entsteht dadurch ein administrativer Mehraufwand und im Einzelfall möglicherweise auch ein finanzielles Risiko. Diese Nachteile haben viele Wirtschaftstreuhänder bisher dazu bewogen, von der Möglichkeit der elektronischen Übermittlung der Jahresabschlüsse Abstand zu nehmen. Die Kammer der Wirtschafts­treuhänder schlägt daher vor, die Gebühren für die Einreichung der Jahresabschlüsse beim Firmenbuch im Falle der elektronischen Übermittlung gänzlich zu streichen. Dadurch könnte – wie die bisherigen Erfahrungen der Finanzverwaltung mit FinanzOnline zeigen – eine starke Motivation in Richtung elektronischer Einreichung bewirkt werden. Der Verzicht auf die Gerichtsgebühren lässt sich in diesem Fall durch die erheblichen Einsparungen im Justizbereich rechtfertigen. Sollte ein gänzlicher Verzicht nicht möglich sein, wird vorgeschlagen, die zumindest reduzierten Gebühren entweder dem betroffenen Unternehmer direkt oder im Wege seines Finanzamtkontos vorzuschreiben.

 

Zu Artikel 4 (Änderungen des GmbH-Gesetzes):

 

Die vorgeschlagenen Vereinfachungen werden von der Kammer der Wirtschaftstreuhänder begrüßt.

 

 

 

 

Referenten:

 

Prof. Mag. Dr. Karl Bruckner

Ing. Mag. Dr. Axel Kutschera

Dkfm. Dr. Heinz Manfreda

Mag. Reinhard Rudolf Mayrhofer

Univ. Doz. Mag. Dr. Reinhard Schwarz

Univ. Prof. Dkfm. Dr. Leopold Mayer