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BMJ-B10.070E/0001-I3/2006 RP
765/06/CN/KK 4298 20.03.2006
Publizitätsrichtlinie-Gesetz - PuG, Stellungnahme
Sehr
geehrte Damen und Herren,
Der Gesetzesentwurf enthält Bestimmungen, gegen
die aus Sicht der WKÖ massive Bedenken bestehen. Besonders spricht sich die WKÖ
gegen die verpflichtende elektronische Einreichung von Jahresabschlüssen mit
gleichzeitiger Erhöhung der Zwangsstrafen bei Nichtvorlage aus. Weiters ist nicht
nachvollziehbar, wieso die Veröffentlichungsverpflichtungen im Amtblatt zur
Wiener Zeitung aufrechterhalten werden.
Zu den Bestimmungen im Einzelnen:
Zu Art 1 Z 1 (§ 12 FBG):
Die Bestimmung sieht vor, dass Urkunden, auf
deren Grundlage eine Eintragung im Hauptbuch vorgenommen wird, in die
Urkundensammlung aufzunehmen sind. Es sollte klargestellt werden, dass auch
eine beglaubigte Abschrift ausreichend ist und mit „Aufnahme in die
Urkundensammlung“ nicht die physische Hinterlegung der Urkunde gemeint ist,
sondern das Firmenbuchgericht auch Kopien eintragungsrelevanter Urkunden
anfertigen kann.
Beim HG Wien ist mitunter das Problem
aufgetreten, dass akademische Grade als Firmenbestandteile nur bei Hinterlegung
des Originals der Verleihungsurkunde eingetragen wurden, obwohl ein Nachweis
auch durch andere amtliche Dokumente (z.B. Reisepass) möglich war.
Zu Art 1 Z 2 und Art 2 Z 2 („Erhöhung von
Zwangsstrafen“):
Es ist nicht gerechtfertigt und auch
nicht sinnvoll, eine Pflicht zur elektronischen Jahresabschlusseinreichung
vorzusehen und gleichzeitig die Zwangsstrafen im Falle
der Nichtvorlage oder nicht rechtzeitigen Vorlage massiv zu verschärfen:
Nach dem Entwurf können Zwangsstrafen von Euro 5.000, Euro 10.000, Euro 20.000,
Euro 50.000, je nach Größenklasse der Gesellschaft, auch mehrfach verhängt
werden (§ 283 UGB idF d Entwurfs). Bisher konnten nur Zwangsstrafen bis
Euro 3.600 mehrmals verhängt werden.
Anstelle der Erhöhung von
Zwangsstrafen sollte ein Anreiz für Betriebe geschaffen werden, die
elektronische Form der Eingabe zu nutzen. Anreize könnten sein:
Die Beschwerden unserer Mitglieder lauten auch
dahingehend, dass die (europäischen) Veröffentlichungsverpflichtungen von
Jahresabschlüssen in anderen Mitgliedstaaten weniger effektiv als in Österreich
geregelt sind und vollzogen werden. Die strenge österreichische Linie führt
daher oft zu Wettbewerbsnachteilen für österreichische Unternehmen. Bevor in
Österreich noch strengere Bestimmungen eingeführt werden, sollte der Druck auf
andere Mitgliedstaaten erhöht werden, das österreichische Vorlage- und
Vollzugsniveau zu erreichen.
Zu Art 1 Z 3 („elektronische
Urkundensammlung“):
Es wird begrüßt, dass die Urkundensammlung des
Firmenbuchs zukünftig elektronisch geführt wird. Dadurch wird auch die
Einsichtnahme erleichtert.
Zu Art 1 Z 7 („Möglichkeit von elektronischen
Firmenbucheingaben“):
Es ist ebenfalls zu begrüßen, dass zukünftig
Firmenbucheingaben auch elektronisch möglich sind. Es sollte aber auch
zukünftig die Wahlmöglichkeit zwischen elektronischer Eingabe und Eingabe in
Papierform bestehen bleiben.
Zu Art 2 Z 1 („verpflichtende elektronische
Einreichung von Jahresabschlüssen“):
Gegen diese Bestimmung bestehen gravierende
Bedenken. Es ist die Verpflichtung vorgesehen, dass Jahresabschlüsse
ausschließlich in elektronischer Form beim Firmenbuch einzureichen sind
(§ 277 Abs 6 UGB idF des Entwurfs). Diese Verpflichtung soll bereits mit
1.7.2007 in Kraft treten (§ 906 Abs 15 UGB idF des Entwurfs). Es sind daher
bereits Jahresabschlüsse des derzeit laufenden Jahres (2006) betroffen.
Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass
bei sämtlichen betroffenen Unternehmen (GmbH, GmbH & Co KG, GmbH & Co
KEG, AG) eine entsprechende EDV-Infrastruktur besteht, einen elektronischen
Rechtsverkehr einzurichten. Auch dürfen Unternehmen nicht gezwungen werden, einen
beruflichen Parteienvertreter - mit Zugang zum elektronischen Rechtsverkehr -
zu beauftragen. Jedenfalls tritt diese Bestimmung viel zu früh in Kraft und
wäre eine ausreichend lange Übergangsfrist erforderlich. Für sehr kleine
Unternehmen ist eine elektronische Vorlage grundsätzlich nicht zumutbar: Für
Gesellschaften, die eine bestimmte Umsatzgrenze nicht überschreiten, sollte
daher generell eine Ausnahme vorgesehen werden.
Auch im Bereich des Umsatzsteuerrechts besteht
eine Verpflichtung zur elektronischen UVA-Erklärung nur dann, wenn die
Übermittlung zumutbar ist (vgl dazu § 21 (4) UStG (…) Die Übermittlung der
Steuererklärung hat elektronisch zu erfolgen. Ist dem Unternehmer die
elektronische Übermittlung der Steuererklärung mangels technischer
Voraussetzungen unzumutbar, hat die Übermittlung der Steuererklärung auf dem
amtlichen Vordruck zu erfolgen.(…))
Durch eine verpflichtende elektronische
Einreichung von Jahresabschlüssen wird weiterer Aufwand auf die
Unternehmen verlagert. Dadurch entstehen für die Unternehmen höhere Kosten. Es
ist nicht rechtfertigbar, dass Unternehmen zwar elektronische
Eingabeverpflichtungen auferlegt werden, gleichzeitig aber veraltete und
überkommene Veröffentlichungsverpflichtungen in Papierform im Amtsblatt zur
Wiener Zeitung beibehalten werden.
Im ursprünglichen Entwurf des BMJ zum PuG wurde
noch vorgeschlagen, wenigstens zwei Veröffentlichungsverpflichtungen im
Amtsblatt zur Wiener Zeitung aufzuheben:
-
Veröffentlichung
von Jahresabschlüssen großer Aktiengesellschaften
-
Veröffentlichung
des „Tags der Einreichung des Jahresabschlusses zum Firmenbuch“ (Hat keinerlei
Informationswert und schürt jedes Jahr den Unmut der Unternehmen.)
Beide Bestimmungen sind im jetzigen Entwurf
aber nicht mehr enthalten. Man kann doch nicht einerseits Unternehmen zwingen,
elektronische Eingabeformen zu verwenden und gleichzeitig ein Amtsblatt in
Papierform aufrechterhalten.
Unstreitig ist doch,
dass Veröffentlichungen im Amtsblatt der Wiener Zeitung teuer
sind, nur bescheidene Publizitätswirkung haben, dass
keine Recherche im Amtsblatt möglich ist und dass selbst das
BGBl elektronisch publiziert wird. Weiters ist doch auch eine
elektronische Internet-Plattform der Papierform überlegen (Verbreitung, Aktualität,
Recherchemöglichkeit, Dokumentation, Kostenstruktur). Bereits
derzeit werden sämtliche Firmenbucheintragungen unter www.edikte.justiz.gv.at
veröffentlicht. Auch Deutschland setzt zukünftig auf den
elektronischen Bundesanzeiger als Internet-Publikationsplattform; auf
Veröffentlichungen in Printmedien wird gänzlich verzichtet.
Es macht auch ein besonders
schlechtes Bild, eine Pflicht zur elektronischen Jahresabschlusseinreichung
vorzusehen und gleichzeitig die Zwangsstrafen im Falle
der Nichtvorlage oder nicht rechtzeitigen Vorlage massiv zu verschärfen.
Zu Art 4 (Änderungen des GmbHG):
Positiv ist anzumerken, dass der
Entwurf das GmbH-Recht vereinfacht und auf verschiedene Listen
(Gesellschafterliste, GF-Liste, AR-Liste, Liste der Übernehmer) verzichtet
wird.
Auch die Klarstellung, dass Liquidatoren ihre
Stellung selbst beim FB anmelden können, ist zu begrüßen.
Diese Schritte gehen in die richtige Richtung. Es
sollten aber weitere Vereinfachungen und Flexibilisierungen erfolgen, damit der
Wirtschaft als
Basis für die unternehmerische Tätigkeit ein leitungsfähiges Gesellschaftsrecht
zur Verfügung steht.
Zu
Art 4 Z 1 (§ 9 Abs 2 Z 1 GmbHG):
Die
Bestimmung sollte lauten:“1. der Gesellschaftsvertrag in notarieller
Ausfertigung oder beglaubigter Abschrift;“
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Ausfertigungen der Stellungnahme wurden an das Präsidium des Nationalrates
übersandt. Die Stellungnahme wurde auch an die Adresse „begutachtungsverfahren@parlament.gv.at“
elektronisch übermittelt.
Freundliche Grüße
Dr. Christoph Leitl Dr.
Reinhold Mitterlehner
Präsident Generalsekretär-Stv.