Bundesministerium für Justiz

Museumstraße 7

1070 Wien

 

 

 

 

 

 

 

Abteilung für Rechtspolitik

Wiedner Hauptstraße 63 | Postfach 195

1045 Wien

T + 43 (0)5 90 900DW | F + 43 (0)5 90 900114080

E  katharina.krickl@wko.at

W  http://wko.at/rp

Ihr Zeichen, Ihre Nachricht vom                                Unser Zeichen, Sachbearbeiter                                Durchwahl                                Datum

BMJ-B10.070E/0001-I3/2006                   RP 765/06/CN/KK                   4298                   20.03.2006

 

 

 

Publizitätsrichtlinie-Gesetz - PuG, Stellungnahme

 

 

Sehr geehrte Damen und Herren,

 

Der Gesetzesentwurf enthält Bestimmungen, gegen die aus Sicht der WKÖ massive Bedenken bestehen. Besonders spricht sich die WKÖ gegen die verpflichtende elektronische Einreichung von Jahresabschlüssen mit gleichzeitiger Erhöhung der Zwangsstrafen bei Nichtvorlage aus. Weiters ist nicht nachvollziehbar, wieso die Veröffentlichungsverpflichtungen im Amtblatt zur Wiener Zeitung aufrechterhalten werden.

 

 

Zu den Bestimmungen im Einzelnen:

 

Zu Art 1 Z 1 (§ 12 FBG):

Die Bestimmung sieht vor, dass Urkunden, auf deren Grundlage eine Eintragung im Hauptbuch vorgenommen wird, in die Urkundensammlung aufzunehmen sind. Es sollte klargestellt werden, dass auch eine beglaubigte Abschrift ausreichend ist und mit „Aufnahme in die Urkundensammlung“ nicht die physische Hinterlegung der Urkunde gemeint ist, sondern das Firmenbuchgericht auch Kopien eintragungsrelevanter Urkunden anfertigen kann.

 

Beim HG Wien ist mitunter das Problem aufgetreten, dass akademische Grade als Firmenbestandteile nur bei Hinterlegung des Originals der Verleihungsurkunde eingetragen wurden, obwohl ein Nachweis auch durch andere amtliche Dokumente (z.B. Reisepass) möglich war.

 

Zu Art 1 Z 2 und Art 2 Z 2 („Erhöhung von Zwangsstrafen“):

Es ist nicht gerechtfertigt und auch nicht sinnvoll, eine Pflicht zur elektronischen Jahresabschlusseinreichung vorzusehen und gleichzeitig die Zwangsstrafen im Falle der Nichtvorlage oder nicht rechtzeitigen Vorlage massiv zu verschärfen: Nach dem Entwurf können Zwangsstrafen von Euro 5.000, Euro 10.000, Euro 20.000, Euro 50.000, je nach Größenklasse der Gesellschaft, auch mehrfach verhängt werden (§ 283 UGB idF d Entwurfs). Bisher konnten nur Zwangsstrafen bis Euro 3.600 mehrmals verhängt werden.

 

Anstelle der Erhöhung von Zwangsstrafen sollte ein Anreiz für Betriebe geschaffen werden, die elektronische Form der Eingabe zu nutzen. Anreize könnten sein:

 

Die Beschwerden unserer Mitglieder lauten auch dahingehend, dass die (europäischen) Veröffentlichungsverpflichtungen von Jahresabschlüssen in anderen Mitgliedstaaten weniger effektiv als in Österreich geregelt sind und vollzogen werden. Die strenge österreichische Linie führt daher oft zu Wettbewerbsnachteilen für österreichische Unternehmen. Bevor in Österreich noch strengere Bestimmungen eingeführt werden, sollte der Druck auf andere Mitgliedstaaten erhöht werden, das österreichische Vorlage- und Vollzugsniveau zu erreichen.

 

Zu Art 1 Z 3 („elektronische Urkundensammlung“):

Es wird begrüßt, dass die Urkundensammlung des Firmenbuchs zukünftig elektronisch geführt wird. Dadurch wird auch die Einsichtnahme erleichtert.

 

Zu Art 1 Z 7 („Möglichkeit von elektronischen Firmenbucheingaben“):

Es ist ebenfalls zu begrüßen, dass zukünftig Firmenbucheingaben auch elektronisch möglich sind. Es sollte aber auch zukünftig die Wahlmöglichkeit zwischen elektronischer Eingabe und Eingabe in Papierform bestehen bleiben.

 

Zu Art 2 Z 1 („verpflichtende elektronische Einreichung von Jahresabschlüssen“):

Gegen diese Bestimmung bestehen gravierende Bedenken. Es ist die Verpflichtung vorgesehen, dass Jahresabschlüsse ausschließlich in elektronischer Form beim Firmenbuch einzureichen sind (§ 277 Abs 6 UGB idF des Entwurfs). Diese Verpflichtung soll bereits mit 1.7.2007 in Kraft treten (§ 906 Abs 15 UGB idF des Entwurfs). Es sind daher bereits Jahresabschlüsse des derzeit laufenden Jahres (2006) betroffen.

 

Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass bei sämtlichen betroffenen Unternehmen (GmbH, GmbH & Co KG, GmbH & Co KEG, AG) eine entsprechende EDV-Infrastruktur besteht, einen elektronischen Rechtsverkehr einzurichten. Auch dürfen Unternehmen nicht gezwungen werden, einen beruflichen Parteienvertreter - mit Zugang zum elektronischen Rechtsverkehr - zu beauftragen. Jedenfalls tritt diese Bestimmung viel zu früh in Kraft und wäre eine ausreichend lange Übergangsfrist erforderlich. Für sehr kleine Unternehmen ist eine elektronische Vorlage grundsätzlich nicht zumutbar: Für Gesellschaften, die eine bestimmte Umsatzgrenze nicht überschreiten, sollte daher generell eine Ausnahme vorgesehen werden.

 

Auch im Bereich des Umsatzsteuerrechts besteht eine Verpflichtung zur elektronischen UVA-Erklärung nur dann, wenn die Übermittlung zumutbar ist (vgl dazu § 21 (4) UStG (…) Die Übermittlung der Steuererklärung hat elektronisch zu erfolgen. Ist dem Unternehmer die elektronische Übermittlung der Steuererklärung mangels technischer Voraussetzungen unzumutbar, hat die Übermittlung der Steuererklärung auf dem amtlichen Vordruck zu erfolgen.(…))

 

Durch eine verpflichtende elektronische Einreichung von Jahresabschlüssen wird weiterer Aufwand auf die Unternehmen verlagert. Dadurch entstehen für die Unternehmen höhere Kosten. Es ist nicht rechtfertigbar, dass Unternehmen zwar elektronische Eingabeverpflichtungen auferlegt werden, gleichzeitig aber veraltete und überkommene Veröffentlichungsverpflichtungen in Papierform im Amtsblatt zur Wiener Zeitung beibehalten werden.

 

Im ursprünglichen Entwurf des BMJ zum PuG wurde noch vorgeschlagen, wenigstens zwei Veröffentlichungsverpflichtungen im Amtsblatt zur Wiener Zeitung aufzuheben:

-         Veröffentlichung von Jahresabschlüssen großer Aktiengesellschaften

-         Veröffentlichung des „Tags der Einreichung des Jahresabschlusses zum Firmenbuch“ (Hat keinerlei Informationswert und schürt jedes Jahr den Unmut der Unternehmen.)

 

Beide Bestimmungen sind im jetzigen Entwurf aber nicht mehr enthalten. Man kann doch nicht einerseits Unternehmen zwingen, elektronische Eingabeformen zu verwenden und gleichzeitig ein Amtsblatt in Papierform aufrechterhalten.

 

Unstreitig ist doch, dass Veröffentlichungen im Amtsblatt der Wiener Zeitung teuer sind, nur bescheidene Publizitätswirkung haben, dass keine Recherche im Amtsblatt möglich ist und dass selbst das BGBl elektronisch publiziert wird. Weiters ist doch auch eine elektronische Internet-Plattform der Papierform überlegen (Verbreitung, Aktualität, Recherchemöglichkeit,  Dokumentation, Kostenstruktur). Bereits derzeit werden sämtliche Firmenbucheintragungen unter www.edikte.justiz.gv.at veröffentlicht. Auch Deutschland setzt zukünftig auf den elektronischen Bundesanzeiger als Internet-Publikationsplattform; auf Veröffentlichungen in Printmedien wird gänzlich verzichtet.

 

Es macht auch ein besonders schlechtes Bild, eine Pflicht zur elektronischen Jahresabschlusseinreichung vorzusehen und gleichzeitig die Zwangsstrafen im Falle der Nichtvorlage oder nicht rechtzeitigen Vorlage massiv zu verschärfen.

 

Zu Art 4 (Änderungen des GmbHG):

Positiv ist anzumerken, dass der Entwurf das GmbH-Recht vereinfacht und auf verschiedene Listen (Gesellschafterliste, GF-Liste, AR-Liste, Liste der Übernehmer) verzichtet wird.

 

Auch die Klarstellung, dass Liquidatoren ihre Stellung selbst beim FB anmelden können, ist zu begrüßen.

 

Diese Schritte gehen in die richtige Richtung. Es sollten aber weitere Vereinfachungen und Flexibilisierungen erfolgen, damit der Wirtschaft als Basis für die unternehmerische Tätigkeit ein leitungsfähiges Gesellschaftsrecht zur Verfügung steht.

 

Zu Art 4 Z 1 (§ 9 Abs 2 Z 1 GmbHG):

Die Bestimmung sollte lauten:“1. der Gesellschaftsvertrag in notarieller Ausfertigung oder beglaubigter Abschrift;“

 

25 Ausfertigungen der Stellungnahme wurden an das Präsidium des Nationalrates übersandt. Die Stellungnahme wurde auch an die Adresse „begutachtungsverfahren@parlament.gv.at“ elektronisch übermittelt.

 

Freundliche Grüße

 

 

 

Dr. Christoph Leitl         Dr. Reinhold Mitterlehner

Präsident Generalsekretär-Stv.