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An das
Bundeskanzleramt
Wien, am 6. April 2006
Zl.:
B,K-026/060406/SCH
GZ.
BKA-600.127/0004-V/1/2006
Betr.:
Verfahrens- und Zustellrechtsänderungsgesetz
Sehr geehrte Damen und Herren!
Grundsätzliche Erwägungen:
Der Österreichische Gemeindebund ist sich bewusst, dass die Änderungen des obig angeführten Gesetzesentwurfes offensichtlich durch die
enormen sachlichen, technischen und rechtlichen Normenbedürfnisse erforderlich
sind. Diese Vielfalt der Änderungen bringt aber nicht nur für
"Zentralstellen" viele Probleme. Insbesondere problematisch ist die
theoretische und praktische Umsetzung und deren Verständnis für die
"Gemeindeuniversalisten" im täglichen Anwendungsbereich.
Zu den Bestimmungen
im Einzelnen:
Fristverlängerungen:
Im gegenständlichen Entwurf werden Berufungs- und
sonstige Rechtsmittelfristen im AVG von zwei auf vier Wochen verlängert. Dabei
ist zu kritisieren, dass eine derart weit reichende Änderung lediglich mit zwei
Sätzen begründet wird. Es wird nur auf die Fristen in der ZPO und der BAO
verwiesen. Darüber hinaus gibt es keine sachliche Begründung (es gibt viele
Unterschiede zwischen AVG und ZPO bzw. BAO). Da ja bekannt ist, dass Rechtsmittel zumeist am
letzten Tag eingebracht werden, führt dies letztendlich zu
Verfahrensverlängerungen, die aber von den Betroffenen nicht dem Gesetzgeber,
sondern den Behörden zugerechnet werden. In Zeiten in denen immer von einer Beschleunigung
und Vereinfachung von Verwaltungsverfahren gesprochen wird, wird diese Regelung
– noch dazu ohne Begründung – vom Österreichischen Gemeindebund abgelehnt.
Verwendung der Amtssignatur:
Vorab wird festgehalten, dass die Vorgangsweise des Gesetzgebers,
gravierende Änderungen in einem Entwurf mehr oder weniger zu
"verstecken" (in den Vorbemerkungen findet sich kein Hinweis auf die
aufgezeigten Themen) zu kritisieren ist.
Eine bedenkliche Änderungen betrifft die Beurkundung von Niederschriften (§
14 Abs. 7), Aktenvermerken (§ 16 Abs. 2) und Erledigungen (§18 Abs. 2). Diese
Beurkundungen haben nach dem vorliegenden Entwurf mittels Amtssignatur zu
erfolgen. Es bezieht sich diese Verpflichtung auf alle elektronisch erstellten
Dokumente und damit de facto auf alle Dokumente der Verwaltung. Dies führt zu
einer Vielzahl organisatorischer Schwierigkeiten, denen kein erkennbarer
Mehrnutzen gegenüber steht.
Das Inkrafttreten des § 16 AVG wurde zur großen
Verwunderung mit 1. 1. 2007 festgesetzt. Verwunderlich und bedenklich ist dies
insofern, als § 82 Abs. 14 AVG bisher normiert, dass elektronisch erstellte
Erledigungen (ein Aktenvermerk wird gegenwärtig als „interne“ Erledigung
anzusehen sein) erst ab 1. 1. 2008 mit einer elektronischen Signatur zu
versehen sind. Es kommt durch die Änderung des § 16 Abs. 2 AVG somit zu einer
Verschärfung der Beurkundungspflicht, die mit der in den letzten Jahren
gemeinhin geäußerten Intention, für die vollinhaltliche Umsetzung des
E-Governmentgesetzes eine Übergangsfrist bis zum Beginn des Jahres 2008
vorzusehen, nicht vereinbar ist.
Der Österreichische Gemeindebund fordert daher den
Entfall dieser Änderungen.
§ 13 AVG:
Gemäß § 13 Abs. 1 AVG sind Rechtsmittel und
Anbringen, die an eine Frist gebunden sind oder durch den Lauf der Frist
bestimmt werden, jedenfalls schriftlich einzubringen. Laut den Erläuternden
Bemerkungen handelt es sich dabei um eine zwingende Vorschrift, die bewirkt,
dass die mündliche Einbringung, wie bisher unwirksam ist. Es geht diese
Rechtsfolge aus der Textierung nicht entsprechend klar hervor. Da das AVG
anders als z.B. die ZPO oder die StPO auch von nicht juristisch gebildeten
Personen zu vollziehen ist, erscheint eine klarere und deutlichere Rechtsfolge
unabdingbar.
Die im § 13 Abs. 9 des Entwurfes vorgesehene Möglichkeit, dass der
Bundeskanzler die technischen Voraussetzungen, unter denen Anbringen
rechtswirksam eingebracht werden können, und die technischen Voraussetzungen,
denen Anbringen entsprechen müssen, um in Behandlung genommen zu werden, durch
Verordnung näher festlegen kann, birgt einen ungeklärten Mehraufwand. Es wäre
zu prüfen, ob mit der derzeitigen Regelung das Auslangen gefunden werden kann.
Telefonische
Antragseinbringung:
Der Österreichische Gemeindebund
lehnt diese Neuerung ab, da ein erheblicher Mehraufwand durch die Führung eines
Gesprächsprotokolls ja bei jedem Telefonat dadurch notwendig wird, um
gegebenenfalls den Antrag festzuhalten. Außerdem ist die Identität des
Antragstellers nicht feststellbar, und es werden daher die behördlichen
Tätigkeiten ins Leere gehen. Dies betrifft insbesondere die Gemeinden, die –
wie die Praxis zeigt – oft der erste Ansprechpartner sind. Es ist sicherlich
zumutbar, einen Antrag entweder mündlich bzw. schriftlich einzubringen.
Ausweitung der
Zeugengebühren:
Die Regelung des § 51a Abs. 1, wonach Zeugen für
Aussagen in allen Verwaltungsverfahren eine Zeugengebühr zusteht, hat zur
Folge, dass sich in zahlreichen Verwaltungseinrichtungen, insbesondere in den
Gemeinden, Mehraufwendungen ergeben. Da es sinnvoll ist, die
Anspruchsbegründung auf Vergütung an die tatsächliche Vollendung der Vernehmung
im Verfahren zu knüpfen und daher den Anspruch bei Unterbleiben der Vernehmung
zu streichen, fordert der Österreichische Gemeindebund eine dementsprechende
Berücksichtigung.
§ 48 AVG:
Gemäß § 48 Abs 3 dürfen als Zeugen
nicht vernommen werden: Organe des Bundes, der Länder und der Gemeinden, wenn
sie durch ihre Aussage die ihnen obliegende Amtsverschwiegenheit verletzen
würden, insofern sie von der Pflicht zur Geheimhaltung nicht entbunden sind. In
der Aufzählung fehlen Organe der Gemeindeverbände. Um diese ist die Bestimmung
zu erweitern.
Akteneinsicht via Internet:
Abgesehen davon, dass dies zur
Spielwiese für Verfahrensverzögerer werden könnte, ist dafür die Zeit noch
nicht reif. Zahlreiche Akte gibt es nur in Papierform (z.B. auswärtige
Gutachten) und müssten lediglich für den Zweck der Akteneinsicht gescannt
werden. Weiters muß auch die datenschutzrechtliche Situation bei einem
derartigem Vorhaben geklärt werden.
§ 62 AVG (§ 44 Abs. 3 AVG):
Aufgrund der vorliegenden Regelung ist nicht klar, ob
auch die Parteien nach der mündlichen Verkündung eines Bescheides an diesen
gebunden sind oder ob sie bis zur schriftlichen Bescheiderlassung noch etwas
vorbringen dürfen. Dieses Vorbringen könnte die Behörde jedoch im schriftlichen
Bescheid nicht mehr berücksichtigen. Es stellt sich daher die Frage, ob bei
Nichtberücksichtigung des Parteienvorbringens ein solcher Bescheid rechtswidrig
wäre.
Im AVG wird geregelt, was geschehen muss, wenn eine
Rechtsmittelbelehrung falsch angegeben ist, nicht jedoch wenn ein Rechtsmittel
zuerkannt wird, welches gesetzlich nicht vorgesehen ist. Eine diesbezügliche
Regelung ist erforderlich und wird vom Österreichischen Gemeindebund angeregt.
Nach derzeitiger Rechtslage gilt für das Einbringen
von Anbringen mehrerer Parteien gemeinsam, die keinen Zustellbevollmächtigten
genannt haben, dass der an erster Stelle genannte als Zustellbevollmächtigter
gilt. Anders ist diese Situation im Abgabenverfahren.
Ist eine schriftliche Ausfertigung an mehrere
Personen gerichtet, mit denen ihnen entweder eine Pflicht auferlegt oder ein
Recht verliehen wird und haben diese der Behörde keinen gemeinsamen Zustellbevollmächtigten
bekannt gegeben, so soll eine dem § 101 Bundesabgabenordnung vergleichbare
Regelung (z.B. „… mit Zustellung einer Ausfertigung an eine dieser Personen
gilt die Zustellung an alle als vollzogen, wenn darauf hingewiesen wurde…“)
normiert werden.
Der Österreichische Gemeindebund verlangt, dass
die oben angeführten Punkte in dem Entwurf Berücksichtigung finden und möchte
im Zuge der beabsichtigten Novellierung des VStG eine Anregung des
Österreichischen Gemeindebundes zu den §§ 47 und 49a erneuern, dass die
automatische Überwachung auch auf private Verkehrsüberwachungen ausgedehnt
werden soll.
Für den Österreichischen Gemeindebund:
Der Generalsekretär: |
Der Präsident: |
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Hink e.h. |
Mödlhammer e.h. |
vortr. HR Dr. Robert Hink |
Bgm. Helmut Mödlhammer |