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Bundeskanzleramt Ballhausplatz 2 1014 Wien E-Mail: v@bka.gv.at |
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ZAHL |
DATUM |
CHIEMSEEHOF |
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2001-BG-1/202-2006 |
14.4.2006 |
* POSTFACH 527, 5010
SALZBURG |
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landeslegistik@salzburg.gv.at |
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FAX
(0662) 8042 - |
2164 |
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TEL (0662) 8042 - |
2290 |
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Herr Mag. Feichtenschlager |
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BETREFF
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Entwurf eines
Verfahrens- und Zustellrechtsänderungsgesetzes 2006; Stellungnahme |
Bezug: Zl BKA-600.127/0004-V/1/2006
Sehr
geehrte Damen und Herren!
Zu dem im Gegenstand bezeichneten Gesetzentwurf gibt das Amt der Salzburger
Landesregierung folgende Stellungnahme bekannt:
I. Zu den finanziellen Auswirkungen:
1. Das Land Salzburg hat mit Schreiben vom 4. November
2003 (Zl 2001-BG-4/4-2003) gemäß Art 2 Abs 1 der Vereinbarung zwischen dem Bund,
den Ländern und den Gemeinden über einen Konsultationsmechanismus und einen
künftigen Stabilitätspakt der Gebietskörperschaften (im Folgenden als „Vereinbarung“
bezeichnet) die Aufnahme von Verhandlungen in einem Konsultationsgremium zur
Regierungsvorlage eines Bundesgesetzes, mit dem das E-Government-Gesetz
erlassen wird sowie das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, das
Zustellgesetz, das Gebührengesetz 1957, das Meldegesetz 1991 und das
Vereinsgesetz 2002 geändert werden (do Zl 631 456/1-V/6/03), verlangt. Als ein
wesentlicher Kosten verursachender Faktor wurde der damals geplante (und
unverändert in Kraft getretene) § 18 Abs 2 AVG erkannt, der die elektronische
Beurkundung interner Erledigungen mittels einer elektronischen Signatur
festlegt. Das erfordert – so das damalige Verlangen weiter – die Integration
der elektronischen Signatur in allen Anwendungen und Verfahren.
Entgegen der sich aus Art 4 der Vereinbarung
ergebenden Verpflichtung zur unverzüglichen Einberufung und Konstituierung des
Konsultationsgremiums durch den Bundeskanzler wurden am 3. Dezember 2003
lediglich Beratungen auf Beamtenebene geführt und das Vorhaben nach
parlamentarischer Behandlung im Wesentlichen unverändert kundgemacht (BGBl I Nr
10/2004). Das nunmehr aktuell geplante Vorhaben hält unverändert an der
Beurkundung interner Erledigungen durch eine Amtssignatur fest (vgl die
geplanten §§ 14 Abs 7, 16 Abs 2 und 18 Abs 2 AVG). Die daraus entstehenden
Kosten sind daher von dem seinerzeitigen Verlangen mit umfasst.
2. Neben dem bereits in der Darstellung der
finanziellen Auswirkungen erwähnten § 51a AVG ziehen vor allem die in den §§
14, 16, 18 und 46 Abs 1 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991
sowie die in den §§ 4 Abs 2, 5 Abs 1, 18a, 18b, 52b, 52c und 67d des Verwaltungsstrafgesetzes
1991 geplanten Änderungen erhebliche Kostenfolgen nach sich. Gemäß Art 1 Abs 3
der Vereinbarung ist in Gesetzesentwürfen der Bundesministerien eine
Darstellung der finanziellen Auswirkungen aufzunehmen. Eine solche
vereinbarungskonforme Darstellung fehlt in den Erläuterungen und wird daher in
einer allfälligen Regierungsvorlage erwartet. Die knappen Behauptung, dass
„insbesondere durch die vorgeschlagene Ausweitung der Zeugengebühr (§ 51a) für
alle Verwaltungsverfahren es zu finanziellen Mehrbelastungen kommen (wird)“,
umgekehrt aber zahlreiche Maßnahmen geplant sind, die entweder eine Erhöhung
der Einnahmen oder eine Verringerung der Ausgaben mit sich bringen, lässt eine
auch nur grobe Abschätzung der finanziellen Auswirkungen nicht zu.
Das Land Salzburg behält sich die Stellung eines
Verlangens nach Aufnahme von Verhandlungen in einem Konsultationsgremium gemäß
Art 2 Abs 1 der Vereinbarung bis zum Vorliegen einer der Vereinbarung
entsprechenden Kostendarstellung vor.
II. Zu Artikel 1 (Änderung des Bundes-Verfassungsgesetzes):
Zu Art 117 Abs 8:
Die Umformulierung bewirkt eine Einschränkung der
Ermächtigung, indem von einer unmittelbaren Teilnahme der Wahlberechtigten
nicht mehr die Rede ist. Die Erläuterungen führen dazu nichts aus. Es wäre
daher beim Ausdruck „unmittelbare Teilnahme und Mitwirkung“ zu verbleiben.
III. Zu Artikel 3 (Änderung des Allgemeinen
Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991):
Zu § 5:
Die bisher vor allem in der Lehre verwendeten Begriffe
des „positiven Kompetenzkonflikts“ und des „negativen Kompetenzkonflikts“
sollten beibehalten werden.
Die Zuständigkeit zur Durchführung der notwendigen
Maßnahmen bei Gefahr im Verzug sollte weiterhin nach dem Vorbild der geltenden
§§ 4 Abs 3 und 5 Abs 2 AVG geregelt werden, da diese Maßnahmen von den
untergeordneten Behörden auf Grund ihrer besseren Kenntnis der maßgeblichen
Verhältnisse in aller Regel schneller getroffen werden können.
Zu § 13 Abs 1:
1. Gemäß dem letzten Satz des Abs 1 ist dem
Einschreiter, wenn ein mündliches oder telefonisches Anbringen der Sache nach
nicht tunlich erscheint oder es inhaltlich unklar ist, die schriftliche
Abfassung des Anbringens aufzutragen. Den Erläuterungen folgend gilt das
mündliche Anbringen bei fristgerechter schriftlicher Abfassung als wirksam
eingebracht.
Unklar ist zunächst, in welcher Form der behördliche
Auftrag zu erfolgen hat – ist die Erteilung eines diesbezüglichen Auftrags in
mündlicher oder telefonischer Form und die Dokumentation der Auftragserteilung
an den Einschreiter in einem Aktenvermerk gemäß § 16 AVG ausreichend?
Da eine dem letzten Satz des geplanten Abs 4
vergleichbare Regelung fehlt, ist auch unklar, ab wann ein ursprünglich
„untunliches“ mündliches oder telefonisches bzw ein inhaltlich unklares Anbringen
im Fall seiner fristgerechten schriftlichen Abfassung als eingebracht gilt. Ist
das der Zeitpunkt der Einbringung des ursprünglichen „untunlichen“ bzw
inhaltlich unklaren Anbringens oder etwa doch der Zeitpunkt des Einlangens der
beauftragten schriftlichen Abfassung bei der Behörde?
Auch wenn sich der letzte Satz des Abs 1 nicht auf
solche Anbringen gemäß dem zweiten Satz, die jedenfalls schriftlich
einzubringen sind, bezieht, so kommt dieser Frage vor dem Hintergrund des § 73
AVG und des durch das geplante Vorhaben noch weiter ausgebauten Säumnisschutzes
eine entscheidende Bedeutung zu.
2. Im Gegensatz zum letzten Satz des geltenden § 13
Abs 4 AVG bzw zum letzten Satz des geplanten Abs 4 bleibt auch offen, wie
seitens der zuständigen Behörde zu verfahren ist, wenn der Einschreiter einem
behördlichen Auftrag gemäß Abs 1 nicht oder nicht fristgerecht nachkommt. Eine
diesbezügliche gesetzliche Klarstellung ist erforderlich.
Zu § 13 Abs 1b:
Den Erläuterungen folgend handelt es sich bei der
Verpflichtung der Behörde, bestimmte Adressen, unter denen Anbringen
rechtswirksam eingebracht werden können, um keine Verordnungsermächtigung oder
Kundmachungsvorschrift im technischen Sinn, „sondern um eine Vorschrift, der
zufolge der Inhalt bestimmter organisationsrechtlicher Regelungen in bestimmter
Form bekannt gemacht werden muss.“ Die Bekanntmachung bestimmter Adressen durch
Anschlag an der Amtstafel und kumulativ dazu auch im Internet bewirkt, dass
Anbringen nur mehr unter diesen Adressen rechtswirksam eingebracht werden
können. Der Kundmachung von Rechtsvorschriften (im weitesten Sinn) kommt aus
rechtsstaatlicher Sicht besondere Bedeutung zu: So hat der
Verfassungsgerichtshof bereits in VfSlg 3.130 ausgeführt, dass den Vorschriften
über die Publikation der Gesetze „der rechtsstaatliche Gedanke der Publizität
des Gesetzesinhaltes“ zugrunde liegt und daraus gefolgert, dass „der
Gesetzgeber der breiten Öffentlichkeit den Inhalt seines Gesetzesbeschlusses in
klarer und erschöpfender Weise zur Kenntnis bringen muss. Wenn der Zweck der
Rechtsordnung darin besteht, den Menschen durch die Vorstellung der Norm zu
einem normgemäßen Verhalten zu veranlassen, so ist der Gesetzgeber gehalten,
die Möglichkeit einer solchen Vorstellung zu geben.“ Eine diesem
rechtsstaatlichen Gebot entsprechende Kundmachung von Rechtsvorschriften soll
dem Normadressaten nicht nur Rechtssicherheit geben, sondern ihn auch vor
staatlicher Willkür schützen.“
Es ist daher fraglich, ob die angeordnete
Bekanntmachung der Adressen im Internet diesem rechtsstaatlichen Gebot genügt:
Es fällt auf, dass die Bezeichnung eines klar
bestimmten und bestimmbaren Kundmachungsortes (URL) fehlt. Das führt
unmittelbar zu der Frage, wann eine Bekanntmachung der Adressen im Internet die
daran anknüpfenden verwaltungsverfahrensrechtlichen Rechtswirkungen auslöst.
Nach
ständiger Rechtssprechung des VfGH fehlt es einer Verordnung an ihrer
notwendigen Existenzvoraussetzung nur dann, wenn keine (gehörige) Kundmachung
erfolgt ist. Überträgt man diesen Gedanken auf die Bekanntmachung der
Einbringungsadressen im Internet, müsste jede Publikation im World Wide Web
(egal wo) genügen, um die verwaltungsverfahrensrechtlichen Rechtswirkungen
auszulösen. Dem folgend käme es nicht darauf an, unter welcher konkreten
Adresse (URL) diese aufgefunden werden können. Gerade darin liegt aber auch das
wirkliche (rechtsstaatliche) Defizit des geplanten Abs 1b: Der Einschreiter
kann sich nicht darauf verlassen, ob die Einbringungsadressen überhaupt im
Internet bekannt gemacht wurden, weil der Bekanntmachungsort der Adressen im
Internet für ihn nicht vorhersehbar und auch nicht leicht auffindbar ist. Das
gilt vor allem dann, wenn die Behörde über keinen Internetauftritt verfügt.
Zu § 13 Abs 5:
1. Die im Abs 5 geplante Aufnahme einer dem (durch das
Gesetz BGBl I Nr 10/2004 „versehentlich eliminierten“) § 13 Abs 9 AVG
vergleichbaren Bestimmung sowie die Ausdehnung ihres Anwendungsbereichs auch
auf „andere eingereichte Unterlagen“ wird ausdrücklich begrüßt.
Den eingescannten schriftlichen Anbringen und
eingereichten Unterlagen kommt jedoch nur dann die Beweiskraft der
Originalurkunde zu, wenn sichergestellt ist, dass „die in Kopie erfassten
Unterlagen nachträglich nicht verändert werden können“. Da auch bei den
Originalurkunden eine nachträgliche Manipulation niemals gänzlich
ausgeschlossen werden kann, wird daher vorgeschlagen, dass den eingescannten
Unterlagen die Beweiskraft des Originals bereits dann zukommt, wenn
nachträgliche Manipulationen mit an hoher Sicherheit grenzender
Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden können. In technischer Hinsicht kann
das im geplanten Abs 5 geforderte
Sicherheitsniveau nur dadurch erreicht werden, indem jedes eingescannte
Dokument signiert und zur durchgehenden Aufrechterhaltung des
Sicherheitsniveaus nachsigniert wird (vgl die technische Lösung dieser Frage im
Berufsrecht-Änderungsgesetz für Notare und Rechtsanwälte, BGBl I Nr 164/2005).
Das eingangs vorgeschlagene Sicherheitsniveau kann jedoch auch durch andere
geeignete technische und organisatorische Verfahren hergestellt und
gewährleistet werden: So gewährt das bereits derzeit in elektronischen
Aktenverwaltungssystemen verwendete Dateiformat „pdf“ ausreichenden und
effizienten Schutz vor nachträglichen Veränderungen der mittels Kopie zum Akt
genommenen Unterlagen.
Im Hinblick darauf wird sowohl das festgelegte
Sicherheitsniveau als auch eine Sicherstellung der Unverfälschbarkeit des
Dokuments ausschließlich im Weg einer Signatur bzw Nachsignatur abgelehnt und
die Zulassung auch anderer Systeme gefordert, die einen ausreichenden Schutz
vor nachträglichen Veränderungen gewährleisten.
2. Unklar ist, wie mit von Computerviren verseuchten
elektronischen Anbringen bzw Anbringen von Absenderadressen, die sich auf
„Blacklists“ befinden, umzugehen ist.
Zu § 13 Abs 9:
1. Gemäß dem geplanten § 13 Abs 9 AVG hat der
Bundeskanzler durch Verordnung die technischen Voraussetzungen, unter denen
Anbringen rechtswirksam eingebracht werden können und die technischen
Voraussetzungen, denen Anbringen entsprechen müssen, um in Behandlung genommen
zu werden, festzulegen. Die Erläuterungen zu dieser Bestimmung sind trotz ihres
Umfangs wenig aufschlussreich und führen lediglich aus, dass „sich der
Anwendungsbereich des vorgeschlagenen § 13 Abs 9 auf die „technischen
Voraussetzungen, unter denen Anbringen bei der Behörde eingebracht werden können“,
beschränkt. Diesem Einleitungssatz konsequent folgend beschäftigen sich die
Erläuterungen in weiterer Folge auch ausschließlich mit dieser Frage. Eine
ausdrückliche Erörterung der davon zu unterscheidenden Frage der Festlegung der
„technischen Voraussetzungen, denen Anbringen entsprechen müssen, um in
Behandlung genommen zu werden“ fehlt dagegen. Das Fehlen von ausführlichen Erläuterungen
lässt jedoch eine Reihe von diese zentrale Bestimmung betreffenden Fragen
offen.
2. Die Bestimmungen des dritten Abschnitts des
Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 regeln den Verkehr zwischen
Behörden und Beteiligten, wobei § 13 den von den Beteiligten ausgehenden
Verkehr und die §§ 18 bis 20 den von der Behörde ausgehenden Verkehr regeln.
Abs 9 enthält in Wahrheit zwei getrennt voneinander zu beurteilende
Verordnungsermächtigungen, die – wenn überhaupt – insofern in einem (rein
faktischen) Zusammenhang miteinander stehen, als sich die jeweiligen technischen
Voraussetzungen wechselseitig bedingen.
Die systematische Einordnung der geplanten
Verordnungsermächtigung in den § 13 AVG würde nun auch dafür sprechen, dass
sich eine auf der Grundlage des Abs 9 erlassene Verordnung ausschließlich an
die Beteiligten wendet, indem festgelegt wird, welche Voraussetzungen ein
Anbringen aufweisen muss, um zunächst rechtswirksam eingebracht und in weiterer
Folge auch behandelt werden zu können. Als Regelung der (von den Beteiligten zu
erfüllenden) Voraussetzungen eines rechtswirksamen und behandelbaren Anbringens
ist diese Bestimmung vom Art 11 Abs 2 B-VG gedeckt. Ein solches Verständnis
dieser Bestimmung kann den Erläuterungen jedoch nicht entnommen werden. Ein
erstes Indiz dafür ist das Fehlen jeglicher Aussage darüber, was mit einem
Anbringen zu geschehen hat, das zwar die festgelegten technischen
Voraussetzungen für sein rechtswirksames Einbringen, nicht jedoch auch die
Voraussetzungen für seine Behandlung erfüllt. Die Erläuterungen unterscheiden
nicht zwischen den festzulegenden Einbringungs- und den
Behandlungsvoraussetzungen, obwohl beide Voraussetzungen nicht notwendigerweise
ident sein müssen. Vor allem wird die Festlegung der Voraussetzungen für die Behandlung
des Anbringens wesentlich von den Möglichkeiten seiner weiteren
(elektronischen) Bearbeitung abhängen. Die Erläuterungen lassen auch die Frage
offen, ob in einer Verordnung die Einbringungs- und die
Behandlungsvoraussetzungen nur gemeinsam festzulegen sind oder ob etwa auch nur
die Behandlungsvoraussetzungen allein festgelegt werden können.
3. Der systematischen Stellung der
Verordnungsermächtigung im § 13 AVG und dem klaren Wortlaut folgend (arg:
„denen Anbringen entsprechen müssen“) wendet sich eine auf dessen Grundlage
erlassene Verordnung, soweit darin die „technischen Voraussetzungen, denen
Anbringen entsprechen müssen, um in Behandlung genommen zu werden“ festgelegt
werden, ausschließlich an die Beteiligten. Als Regelung der von den Beteiligten
zu erfüllenden Voraussetzungen für ein behandelbares Anbringen bestehen gegen
diese Bestimmung keine verfassungsrechtlichen Bedenken.
Die im Abs 9 enthaltene weitere Ermächtigung zur
Festlegung der „technischen Voraussetzungen, unter denen Anbringen
rechtswirksam eingebracht werden können“ ist jedoch zweideutig: Gemäß dem geltenden
§ 13 Abs 1 AVG hat die Behörde die Adressen sowie die allenfalls bestehenden
besonderen technischen Voraussetzungen, unter welchen Anbringen rechtswirksam
eingebracht werden können, kundzumachen. (Die Verpflichtung der Behörde zur
Kundmachung der Adressen, unter welchen Anbringen rechtswirksam eingebracht
werden können, ist im geplanten § 13 Abs 1b AVG enthalten.) Im Gegensatz zum
geltenden § 13 Abs 1 AVG sind jedoch die „technischen Voraussetzungen, unter
denen Anbringen rechtswirksam eingebracht werden können“ nicht mehr bloß
kundzumachen, sondern gemäß dem geplanten Abs 9 vom Bundeskanzler mit
Verordnung festzulegen. Der Wortlaut dieser Bestimmung erlaubt daher auch eine
unmittelbare Verpflichtung der Behörden zur Herstellung der festgelegten technischen
Voraussetzungen und begegnet daher gravierenden verfassungsrechtliche Bedenken:
Die Entscheidung darüber, ob und welche Hilfsmittel zur Abwicklung des Verkehrs
zwischen den Beteiligten und der Behörde zur Verfügung gestellt werden, ist –
ausgehend von der Stammfassung des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes
(BGBl Nr 273/1925), die den Inhalt des Kompetenztatbestandes
„Verwaltungsverfahren“ prägende Versteinerungsmaterial darstellt – keine
Angelegenheit des Art 11 Abs 2 B-VG. Nicht zugestimmt werden kann daher der in
den Erläuterungen enthaltenen Feststellung, dass „die Organisationshoheit der
Länder und der Gemeinden durch eine Rechtsvorschrift des Bundes, die die
technischen Voraussetzungen, unter denen Anbringen bei der Behörde eingebracht
werden können, unter verwaltungsverfahrensrechtlichen Gesichtspunkten regelt,
von vorneherein nicht berührt ist.“ Die zum Beweis für die Richtigkeit dieser
Behauptung in den Erläuterungen enthaltene weitere Aussage, dass „die
Anordnung, dass elektronische Dokumente, die Anbringen enthalten, bestimmte
Dateiformate aufweisen müssen, die Behörde ebenso wenig zur Anschaffung der
entsprechenden Hardware oder Software verpflichtet wie § 13 Abs 1 AVG 1925 die
Behörde zur Herstellung eines Telefonanschlusses verpflichtete“ übersieht, dass
auch eine gegenteiligen Anordnung, nämlich eine entsprechende Verpflichtung der
Behörde, vom Wortlaut des Abs 9 gedeckt ist.
4. Eine Pflicht des Trägers der Organisationsgewalt
zur Einrichtung der in einer Verordnung gemäß § 13 Abs 9 AVG festgesetzten
technischen Voraussetzungen für die Rechtswirksamkeit der Einbringung besteht
nicht. Das anerkennen auch die Erläuterungen, die darauf hinweisen, dass selbst
dann, wenn in einer Verordnung gemäß § 13 Abs 9 bestimmte Formate für zulässig
erklärt werden, „für den einzelnen Bürger letztlich keine Gewissheit (besteht),
dass eine konkrete Behörde tatsächlich über die dafür nötige Software verfügt,
um das entsprechende Dokument empfangen bzw lesen zu können.“ Damit stellen die
Erläuterungen die Sinnhaftigkeit des geplanten Abs 9 selbst in Frage.
Auch besteht keine dem geplanten § 13 Abs 1b
vergleichbare Pflicht der Behörden zur Bekanntmachung der jeweils aktuell
vorhandenen und eingesetzten technischen Infrastruktur.
Der Einschreiter kann sich daher nicht darauf
verlassen, dass sein Anbringen auch dann, wenn es die in einer Verordnung gemäß
§ 13 Abs 9 AVG festgesetzten technischen Voraussetzungen erfüllt, in Behandlung
genommen werden kann. Unklar ist in diesem Zusammenhang auch, wie ein Anbringen
zu behandeln ist, dass zwar die in einer Verordnung festgelegten technischen
Voraussetzungen erfüllt, das aber auf Grund der technischen Möglichkeiten der
konkreten Behörde weder empfangen noch gelesen und weiterbehandelt werden kann.
5. Letztlich wird auf die Länder durch die
Festlegungen seitens des Bundes ein Druck zur Anschaffung und zum Angebot der
entsprechenden Hard- und Software
erzeugt und werden Erwartungshaltungen der Beteiligten geweckt: Die Behörden werden gegenüber den
Beteiligten in einen Begründungsnotstand kommen, wenn sie entgegen den in einer
Verordnung gemäß dem geplanten § 13 Abs 9 AVG getroffenen Festlegungen eine
bestimmte technische Infrastruktur nicht schaffen. Erklärungsversuche gegenüber
den Beteiligten mit dem Argument der Technologieoffenheit des Allgemeinen
Verwaltungsverfahrensgesetzes und die durch eine Verordnung gemäß § 13 Abs 9
AVG nicht berührte Organisationshoheit der Länder und Gemeinden werden kaum
verstanden.
Zu den §§ 14, 16 und 18 AVG:
1. Gemäß § 14 Abs 7 hat die Beurkundung einer
elektronisch erstellten Niederschrift mit einer Amtssignatur gemäß § 19 Abs 1
des E-Government-Gesetzes zu erfolgen, die zumindest den Anforderungen des § 2
Z 3 lit a, b und d des Signaturgesetzes zu entsprechen hat. Gleiches gilt gemäß
§ 16 Abs 2 für die Beurkundung eines elektronisch erstellten Aktenvermerks bzw
gemäß § 18 Abs 2 für die Beurkundung einer elektronisch erstellten Erledigung.
Im Zusammenhang mit diesen Bestimmungen wird
allerdings zu bedenken gegeben, dass die elektronische Aktenführung und damit
die Abbildung der erforderlichen Prozesse nicht nur in herkömmlichen
Workflow-Systemen ( ELAK-Systemen), sondern in einem nicht zu
vernachlässigbaren Teil auch in speziellen Fachanwendungen oder
Fachinformationssystemen, die speziell an bestimmte Verfahren angepasst sind,
erfolgt und hier weder eine papierene noch elektronische Dokumentenübernahme
stattfindet. Der Verfahrensakt wird in diesen Systemen lediglich durch Einträge
in verschiedene Tabellen bzw Datenbanken generiert. Die Anträge existieren hier
daher – technisch betrachtet – nur als Datenbankeinträge. Ein Signieren ist
hier nicht möglich.
Auf derartige Fachanwendungen nehmen die geplanten §§
14 Abs 7, 16 Abs 2 und 18 Abs 2 AVG nicht gebührend Rücksicht, indem sie für
die Beurkundung und damit für die Determinierung des Dokumenteninhalts, des
Genehmigungsvorgangs und der Identität des Genehmigenden ausschließlich die Amtssignatur
vorsehen.
2. Gemäß dem geltenden § 44 Abs 1 AVG ist über jede
mündliche Verhandlung eine Verhandlungsschrift gemäß den §§ 14 und 15 AVG
aufzunehmen. § 44 Abs 1 AVG verweist auch auf den geplanten § 14 Abs 7: Eine
elektronisch erstellte Verhandlungsschrift ist daher vom Verhandlungsleiter mit
einer Amtssignatur zu beurkunden. Die Vollziehung dieser Bestimmungen, etwa bei
der elektronischen Aufnahme einer Verhandlungsschrift an Ort und Stelle und
deren Beurkundung durch eine Amtssignatur verursacht einen hohen technischen
und finanziellen Aufwand: Bei der Verwendung einer serverseitigen Amtssignatur
ist bei den Außendienst-Notebooks die Signatursoftware zum elektronischen
Signieren der Verhandlungsschriften nicht verfügbar. Im Fall einer Realisierung
des geplanten § 14 Abs 7 AVG ist daher die technisch und finanziell aufwändige
Ausstattung aller Außendienst versehenden Sachbearbeiter mit einem
transportablen Zertifikat samt der dazu erforderlichen technischen Einrichtung
zum Aufbringen der Signatur erforderlich.
Es wird daher ein generelles Abgehen von der
Verwendung jedweder Art von Signatur zu Beurkundungszwecken und die dauernde
Zulassung anderer geeigneter technischer und organisatorischer Maßnahmen, die –
genauso wie die gemäß § 82 Abs 14 AVG zugelassenen Verfahren – die
Nachweisbarkeit der eindeutigen Identität des Genehmigenden, die Authentizität
des Genehmigungsvorgangs sowie die Unverfälschbarkeit des genehmigten Inhalts
mit ausreichender Sicherheit gewährleisten, gefordert. Dies ist auch deswegen
sinnvoll, weil das Problem der eindeutigen Identifikation des Genehmigenden
innerhalb einer Behörde relativ leicht bewerkstelligt und mittels einer
entsprechenden Berechtigungsvergabe sichergestellt werden kann, dass nur
ausgesuchte Personen, deren Identität auch jederzeit feststellbar ist, auf die
Aufnahme und Speicherung der Daten Einfluss nehmen können. Auch durch die
Zulassung anderer geeigneter technischer Maßnahmen kann gewährleistet werden,
dass das archivierte Datenmaterial nur gelesen, nicht aber verändert werden
kann. Inhaltliche Änderungen können darüber hinaus durch die Technik der
„Versionierung“ nachverfolgt und einer bestimmten Person zugeordnet werden. Im
Fall einer elektronischen Aufnahme einer Verhandlungsschrift an Ort und Stelle
sollte von der Verpflichtung des Verhandlungsleiters zur Beurkundung mittels
einer Amtssignatur überhaupt Abstand genommen werden.
3. Den Erläuterungen folgend soll durch die in den
geplanten §§ 14 Abs 7, 16 Abs 2 und 18 Abs 2 AVG enthaltene Verweisung auf § 19
Abs 1 E-GovG klar gestellt werden, dass das Signaturzertifikat das Attribut
„Verwaltungseigenschaft“ aufweisen muss, um die Herkunft des Dokuments aus dem
Behördenbereich zu dokumentieren. Gemäß § 20 E-GovG haben auf Papier
ausgedruckte elektronische Dokumente von Behörden die Vermutung der Echtheit
(nur dann) für sich, wenn das Dokument mit einer Amtssignatur signiert ist und
die Überprüfbarkeit der Signatur auch in der ausgedruckten Form durch Rückführbarkeit
in das elektronische Dokument gegeben ist. Dazu ist anzumerken, dass die in §
20 E-GovG zur Überprüfung der Signatur vorgesehene Rückführbarkeit von auf
Papier ausgedruckten elektronischen Dokumenten in das elektronische Original
bislang technisch noch nicht zufrieden stellend gelöst werden konnte.
Es wird daher vorgeschlagen, die im § 82 Abs 14 AVG
festgelegte Übergangsfrist zumindest um weitere 3 Jahre zu verlängern, um in
dieser Zeit die Frage der Rückführbarkeit in das elektronische Original auch
aus Kundensicht zufrieden stellend lösen zu können.
4. Gemäß dem durch das Gesetz BGBl I Nr 10/2004
geänderten § 18 Abs 2 AVG hat die elektronische Beurkundung interner
Erledigungen mit elektronischer Signatur zu erfolgen. Den Erläuterungen (BlgNr
252, XXII. GP) folgend soll durch diese Bestimmung „der Einsatz der
elektronischen Signatur zur Genehmigung festgeschrieben werden“, die Art der im
Einzelnen verwendeten elektronischen Signatur wurde jedoch bewusst offen
gelassen, „um die interne Organisationshoheit nicht unnötig zu beschränken.“
Ziel dieser Bestimmung ist, so die Erläuterungen weiter, „einen angemessenen
Standard der Sicherheit hinsichtlich der Authentizität und Integrität zu
erreichen, wofür im internen Behördenbereich nicht unbedingt nur eine sichere
Signatur tauglich ist.“ Die im geplanten § 18 Abs 2 AVG enthaltenen
Verpflichtung, auch elektronisch erstellte interne Erledigungen mit einer
Amtssignatur gemäß § 19 Abs 2 E-GovG zu beurkunden, greift daher in die
Organisationskompetenz der Länder ein.
Gemäß § 19 Abs 2 E-GovG dient die Amtssignatur der
erleichterten Erkennbarkeit der Herkunft eines Dokuments von einer Behörde. Der
Zweck einer Amtssignatur besteht also darin, das Dokument, dem diese beigefügt
ist, für einen außenstehenden Dritten als behördliches Dokument erkennbar zu
machen. Das bestätigen auch die Erläuterungen zum § 19 Abs 2 E-GovG (BlgNr 252,
XXII. GP). Vor diesem Hintergrund kann ein überzeugendes Argument für die
verpflichtende Verwendung der Amtssignatur für lediglich interne Dokumente
nicht gefunden werden.
5. Gemäß dem geplanten § 18 Abs 4 AVG hat die
Ausfertigung einer schriftlichen Erledigung entweder die Unterschrift des
Genehmigenden oder die Beglaubigung der Kanzlei, dass die Ausfertigung mit der
vom Genehmigenden beurkundeten Erledigung übereinstimmt, zu enthalten. Die
Verwendung einer Amtssignatur gemäß § 19 Abs 1 E-GovG, die zumindest den
Anforderungen des § 2 Z 3 lit a, b und d des Signaturgesetzes entspricht,
entfaltet jedenfalls die Wirkung einer Beglaubigung durch die Kanzlei. Im Fall
einer Massendatenverarbeitung (Batchabläufe mit einer großen, nicht von
vorneherein bekannten Anzahl von Ausdrucken) kann die Amtssignatur jedoch nicht
die im letzten Satz des geplanten § 18 Abs 4 AVG festgelegte Wirkung entfalten,
sondern sie kann nur bestätigen, dass der Ausdruck einem DV-System der Behörde
entstammt.
Eine Unterscheidung der Wirkung der Amtssignatur nach
ihrer Verwendung (im Einzelfall oder im Fall von Massenausfertigungen) ist
daher erforderlich.
Zu § 51a:
Die geplante Ausdehnung des Gebührenanspruchs auf
Zeugen in sämtlichen Verfahren wird abgelehnt. Der für die Berechnung der
Zeugengebühren erforderliche (Zeit-)Aufwand wird in vielen Fällen, vor allem
im Verwaltungsstrafverfahren, in keinem Verhältnis zu dem für die Erledigung
der Hauptfrage des Verfahrens erforderlichen Aufwand stehen.
Zu § 57:
Da die Vorstellung gegen einen Mandatsbescheid keiner
Begründung bedarf, besteht auch keine Notwendigkeit, die Rechtsmittelfrist auf
vier Wochen zu verlängern. Auf die vergleichbare Bestimmung des § 550 Abs 2 ZPO
wird hingewiesen.
Zu § 62:
1. Der geltende § 62 Abs 1 AVG war bereits in der Stammfassung
des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes, BGBl Nr 274/1925 enthalten. Der
mündlichen Verkündung eines Bescheides kommt in der Verwaltung eine überragende
Bedeutung zu – in einzelnen Vollziehungsbereichen, etwa der Straßenpolizei oder
dem Gewerberecht, bildet die schriftliche Erlassung eines Bescheides eine
seltene Ausnahme. Es wird keine Notwendigkeit gesehen, von dem bewährten und
effizienten Institut der mündlichen Verkündung eines Bescheides abzugehen. Das
auf Grund des in den Erläuterungen geschilderten Anlassfalls offenkundig
gewordene Defizit könnte auch dadurch beseitigt werden, indem die Behörden verpflichtet
werden, innerhalb einer bestimmten Frist auch ohne diesbezügliches Verlangen
gemäß § 62 Abs 3 AVG eine schriftliche Ausfertigung zuzustellen.
2. Gemäß dem dritten Satz des geplanten Abs 1 bewirkt
eine mündliche Verkündung des Bescheides, dass die Behörde ab diesem Zeitpunkt
an ihre Entscheidung gebunden ist. Dadurch wird die Frage aufgeworfen, ob und
welche Wirkungen eine mündlich verkündete Entscheidung (bis zur Zustellung der
schriftlichen Ausfertigung) für den Bescheidadressaten entfaltet. Ist dem
Bescheidadressaten vor allem noch ein neues Vorbringen möglich? Ein solches
neues Vorbringen kann jedoch von der Behörde nicht mehr berücksichtigt werden,
da sie ja an den Inhalt der mündlichen Verkündung bereits gebunden ist.
Ergänzender Vorschlag:
Der Stellungnahme des Bundeskanzleramtes vom 1. Juli
2003 (GZ 600.127/018-V/1/2003) zur Frage der Zulässigkeit der Aufnahme von
kommissionellen Verhandlungen durch einzelne Verhandlungsteilnehmer mit
Videokameras oder Tonaufzeichnungsgeräten folgend wird vorgeschlagen, das im §
22 des Mediengesetzes enthaltene Verbot auch auf mündliche Verhandlungen in Großverfahren,
die gemäß § 44e Abs 1 AVG durch Edikt anberaumt wurden und daher öffentlich
sind, auszudehnen.
IV. Zu Artikel 4 (Änderung des Verwaltungsstrafgesetzes 1991):
Zu den §§ 18a und 18b:
1. Zweck des geplanten Rechtsinstituts der „Abschöpfung
der Bereicherung“ ist den Erläuterungen folgend sicherzustellen, dass sich
Straftaten nicht lohnen: Der Täter soll einen deliktisch erlangten Vermögensvorteil
in jedem Fall wieder verlieren. Wenn sich auch trotz des Entfalls der
betraglichen Untergrenze für Abschöpfungen im gerichtlichen Strafverfahren die
in diesem Zusammenhang geäußerte Befürchtung einer Vielzahl von
Abschöpfungsverfahren für den Bereich des gerichtlichen Strafrechts nicht bewahrheitet
hat, so kann diese Erfahrungstatsache nicht so einfach auch auf den Bereich des
Verwaltungsstrafrechts umgelegt werden: Eine Vielzahl von
Verwaltungsübertretungen wird nur deshalb begangen, um sich in letzter
Konsequenz einen Vermögensvorteil zu verschaffen: man denke etwa an Überschreitungen
des höchst zulässigen Gesamtgewichts durch die überschwere Beladung eines
Lastkraftfahrzeuges, die illegale Beschäftigung eines Ausländers oder die
Missachtung der Ladenöffnungszeiten oder von Umweltauflagen. In all diesen
Fällen ist die Behörde verpflichtet, den durch die Übertretung einer
Verwaltungsvorschrift erzielten Vermögensvorteil entweder konkret zu ermitteln
oder nach eigener Überzeugung festzusetzen. Bisher wird das hinter einer
Verwaltungsübertretung stehende Motiv einer Gewinnerzielungsabsicht oder der Absicht,
sich einen Vermögens- oder Konkurrenzvorteil zu verschaffen, im Rahmen der
Strafbemessung als Erschwerungsgrund berücksichtigt.
2. Die Festlegung des Abschöpfungsbetrags „nach
Überzeugung“ der Behörde begegnet erheblichen verfassungsrechtlichen Bedenken:
Letztlich bedeutet die Abschöpfung der Bereicherung stets auch immer einen
Eingriff in das verfassungsrechtlich geschützte Eigentumsrecht.
3. Der Grundgedanke des geplanten Abs 6 ist unklar.
Auch im gerichtlichen Strafrecht wird eine verhängte Geldstrafe nicht aus der
abgeschöpften Bereicherung gedeckt! Sollte jedoch davon ausgegangen werden,
dass eine durch eine Verwaltungsübertretung erzielte Bereicherung viel eher und
auch leichter einbringlich sei als die Geldstrafe, weil im Fall der Uneinbringlichkeit
der Geldstrafe diese aus der abgeschöpften Bereicherung gedeckt werde, so kann
dieser Auffassung schlichtweg nicht zugestimmt werden.
Zu § 25:
Die im geltenden § 21 Abs 1b VStG den Verwaltungsbehörden eingeräumte Möglichkeit, unter
bestimmten Voraussetzungen von der Erstattung einer Anzeige abzusehen, sollte
unbedingt beibehalten werden. Die eine Übertretung feststellende Fachbehörde,
etwa die zur Vollziehung des Abfallwirtschaftsgesetzes zuständige Behörde, wird
viel eher in der Lage sein, das Vorliegen der im geltenden § 21 Abs 1b VStG
festgelegten Voraussetzungen für ein Absehen von einer Anzeige festzustellen
als die Strafbehörde.
Zu § 29:
Diese Bestimmung ist in sich widersprüchlich.
Zu § 54b:
1. Die im geplanten Abs 1a enthaltene Regelung wird im
Hinblick auf die im Art 9 Abs 1 des Vertrages zwischen der Republik Österreich
und der Bundesrepublik Deutschland über Amts- und Rechtshilfe in
Verwaltungssachen, BGBl Nr 526/1990, festgesetzte Betragsgrenze begrüßt:
Mehrmalige Mahnungen werden dazu führen, dass auch der Gesamtbetrag der
Geldforderung die im Art 9 Abs 1 des Vertrages festgelegte Betragsgrenze
übersteigt und daher auch in der Bundesrepublik Deutschland vollstreckbar wird.
Bisher konnten säumige Angehörige der Bundesrepublik Deutschland in
Bagatellfällen darauf vertrauen, trotz Mahnungen seitens der
Vollstreckungsbehörden niemals mit einer Vollstreckung des Strafbetrags
konfrontiert zu werden.
2. Die im zweiten Satz des geplanten Abs 3 enthaltene
Regelung (Stichwort: Terminverlust) wird begrüßt. Es sollte jedoch zusätzlich
ausdrücklich klar gestellt werden, dass hinsichtlich der vom Terminverlust
betroffenen Teilbeträge die Zeit vom Eintritt der Rechtskraft der Bewilligung
der Teilzahlung bis zum Eintritt des Terminverlusts in die Vollstreckungsverjährungfrist
(§ 31 Abs 3 VStG) nicht einzurechnen ist.
V. Zu Art 6 (Änderung des Zustellgesetzes):
Zu § 22:
1. Gemäß dem geplanten Abs 3 können die auf dem
Zustellnachweis enthaltenen, den Zustellvorgang dokumentierenden Daten auf
zweierlei Weise an die Behörde übermittelt werden: Durch (körperliche)
Übersendung des Zustellnachweises oder durch elektronische Weiterleitung einer
Kopie des Zustellnachweises. Nach dem gegenwärtigem Stand der Technik können
solche Kopien etwa durch Einscannen des Zustellnachweises erstellt werden.
Die Reichweite und der Inhalt der Verweisung auf den
ersten Satz des § 13 Abs 5 AVG ist unklar. Der erste Satz des § 13 Abs 5
enthält in seinem ersten Halbsatz die Ermächtigung der Behörden, Unterlagen in
Kopie zum Akt zu nehmen und in seinem zweiten Halbsatz eine Begriffsbestimmung
für „Kopie“. Der Wortlaut des geplanten Abs 3 (arg: „die auf dem
Zustellnachweis enthaltenen, den Zustellvorgang dokumentierenden Daten“) lässt
auch eine Übermittlung der Daten in formatierter Form über die für
elektronische Zustelldienste genormte technische Schnittstelle an die Behörde
zu.
Der geplante Abs 3 sollte durch eine dem zweiten Satz
des § 13 Abs 5 AVG vergleichbaren Beweiskraftregel – etwa durch eine
ausdrückliche Verweisung auch auf diese Bestimmung – ergänzt werden: Der letzte
Satz des geplanten Abs 3 lässt den Schluss zu, dass elektronisch übersandten
(eingescannten) Zustellnachweisen nicht die Beweiskraft der Originalurkunde
zukommt, auch wenn sichergestellt ist, dass diese nachträglich nicht verändert
werden können.
2. Die mit der Zustellung betraute Einrichtung hat
unverzüglich „die auf dem Zustellnachweis enthaltenen, den Zustellvorgang
dokumentierenden Daten“ an die Behörde zu übermitteln. Den Erläuterungen
folgend sind darunter Angaben über Zeitpunkt und Vorgänge im Zusammenhang mit
Zustellversuchen, Übernahme, Annahmeverweigerung und Hinterlegung zu verstehen.
Gerade in Fachinformationssystemen wird jedoch nicht mit gescannten Dokumenten
im herkömmlichen Sinn, sondern mit Einträgen in verschiedene Tabellen
gearbeitet und so der Verfahrensakt hergestellt bzw der Verfahrensablauf dokumentiert.
Es ist daher auch klarzustellen, welche Beweiskraft
den in formatierter Form übermittelten Daten zukommt und ob diese in Bezug auf
ihre Beweiskraft der Originalurkunde gleichgestellt sind: Im Rahmen von
Fachinformationssystemen mit Aktenverwaltungskomponente muss es möglich sein,
die für den Zustellvorgang relevanten Daten in formatierter Form auch über die
für elektronische Zustelldienste genormte technische Schnittstelle an die
Behörde weiterzuleiten, ohne dass dadurch die Beweiskraft der so übermittelten
Zustellnachweise geschmälert ist.
Zu § 29:
An der im Abs 1 enthaltenen Regelung, den
Bundeskanzler als die zur Zulassung eines elektronischen Zustelldiensts
kompetente Behörde zu berufen, bestehen erhebliche verfassungsrechtliche
Bedenken: Die Bestimmungen des geplanten Art 6 stützen sich in
kompetenzrechtlicher Hinsicht, soweit sie das Verwaltungsverfahren betreffen, auf
Art 11 Abs 2 B-VG. Demnach liegt die Zuständigkeit zur Vollziehung bei den
Ländern. Nur zur Erlassung von Durchführungsverordnungen – im geplanten Abs 1
ist aber ausdrücklich von einem Bescheid die Rede – besteht eine Zuständigkeit
des Bundes. Auch Art 11 Abs 4 B-VG, der die Handhabung der nach Art 11 Abs 2
B-VG ergehenden Gesetze dem Bund oder den Ländern zuweist, je nachdem, ob die
den Gegenstand des Verfahrens bildende Angelegenheit der Vollziehung nach
Bundes- oder Landessache ist, verfängt nicht, da damit die Sachmaterie gemeint
ist, innerhalb der sich das konkrete Verwaltungsverfahren abspielt bzw die
Zustellung erfolgt. Anstelle des Bundeskanzlers müsste daher verfassungskonform
die Landesregierung zur Anerkennung des Zustelldienstes berufen werden.
VI. Zu Artikel 7 und 8 (Änderungen des Verwaltungsgerichtshofgesetzes
1985 und des Verfassungsgerichtshofgesetzes 1953)
Zu § 38 Abs 2 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 und den §§ 15 Abs
3, 20 Abs 2 und 94 Abs 23 des Verfassungsgerichtshofgesetzes 1953:
Die §§ 15 Abs 3 und 94 Abs 23 des
Verfassungsgerichtshofgesetzes 1953 werden begrüßt. Allerdings: Schriftsätze
(Gegenschriften, Äußerungen) einer Behörde im Rahmen eines
verfassungsgerichtlichen Verfahrens bedürfen ebenso wie verfahrenseinleitende Schriftsätze
von Gebietskörperschaften unverändert einer eigenhändigen Unterschrift sowie
eines Beglaubigungsvermerks der Kanzlei (§ 35 Abs 1 VfGG iVm § 75 Z 3 ZPO).
Unverändert bestehen bleibt auch die Aktenvorlagepflicht der Behörde, die nach
herrschender Ansicht eine elektronische Aktenvorlage (per Email, via
elektronischen Datenträger) ausschließt (§ 20 Abs 2 VfGG). Der
Verfassungsgerichtshof akzeptiert die derzeit geübte Praxis der Vorlage eines
Aktes als Ausdruck nur und fordert bei der Vorlage von Schriftsätzen jedenfalls
eine eigenhändige Unterschrift.
Ebenso wenig können dem Verwaltungsgerichtshof Akten
in elektronischer Form übermittelt werden (§ 38 Abs 2 VwGG).
Es wird daher vorgeschlagen, auch in Verfahren vor den
Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts eine elektronische Aktenvorlage zu
ermöglichen.
Zu § 24 Abs 3 Z 2 VwGG und § 17a Z 1 VfGG:
Die Valorisierung sollte jeweils auf der Basis des
ungerundeten letzten Betrages erfolgen.
Gleichschriften dieser Stellungnahme ergehen ue an
die Verbindungsstelle der Bundesländer, an die übrigen Ämter der
Landesregierungen, 25 Ausfertigungen an das Präsidium des Nationalrates
und an das Präsidium des Bundesrates.
Mit freundlichen Grüßen
Für die Landesregierung:
Dr.
Ferdinand Faber
Ergeht nachrichtlich an:
1. – 8. E-Mail
an: Alle Ämter der Landesregierungen
9. E-Mail
an: Verbindungsstelle der Bundesländer vst@vst.gv.at
10. Präsidium
des Nationalrates
11. E-Mail
an: Präsidium des Bundesrates peter.michels@parlament.gv.at
12. E-Mail
an: Bundeskanzleramt vpost@bka.gv.at
13. E-Mail
an: Institut für Föderalismus institut@foederalismus.at
14. E-Mail
an: Parlament begutachtungsverfahren@parlinkom.gv.at
15. E-Mail an:
Landesamtsdirektion zu do Zl 20002-2001/3/423-2006
16. E-Mail
an: Landesinformatik zu do Zl 2002-105/554-2006
17. E-Mail
an: Abteilung 8 zu do Zl 20801-46.265/42-2006
18. E-Mail
an: Abteilung 16 zu do Zl 21601-589/47-2006
19. E-Mail
an: Unabhängiger Verwaltungssenat zu do Zl UVS-2/10011/ -2006
zur gefl Kenntnis.