Landgutstraße 17

A-4040 Linz

 

 

An das

Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft

z.Hd. Fr. Dr. Anna Zauner

Stubenring 1

A-1010 Wien                                                                                                            24. April 2006

 

 

Betreff:             Stellungnahme zum Entwurf eines Bundesgesetzes über die Durchführung der gemeinsamen Marktorganisationen (Marktordnungsgesetz 2006 – MOG 2006),

über das Marktordnungs-Überleitungsgesetz sowie über die Änderung des AMA-
Gesetzes 1992;  (Zl.BMLFUW-LE.4.1.8/0002-I/7/2006)

 

 

Sehr geehrte Damen und Herren,

sehr geehrte Fr. Dr. Zauner,

 

als bäuerliche Interessensorganisation erlauben wir uns in Bezugnahme zum Ministerialentwurf 405/ME vom 6. 4. 2006 (vgl. Homepage des Parlamentes) eine Stellungnahme zu oben angeführtem Gesetzesvorschlag vorzubringen.

 

Grundsätzlich begrüßen die Grünen Bäuerinnen und Bauern die vollständige Überarbeitung des Marktordnungsgesetzes MOG 1985 und dessen Außerkraftsetzung durch diese Novelle.

 

Auf Grundlage des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes betreffend „Tierprämien-Verordnung 2000“ und dessen Aufhebung durch den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft vom 30. 1. 2006 (BGBL. II Nr. 35/2006)  ergeben sich jedoch eine Zahl umfassender Fragestellungen, die durch den vorliegenden Entwurf nicht ausreichend klargestellt werden können.

 

1)      Die im § 1 dargelegte grundsätzliche Ermächtigung zum Umsetzung der gemeinsamen Marktorganisation durch Bundesbehörden, wird durch den § 2 (3) Ziffer 4 widersprochen, der besagt, dass Regelungen zur Umsetzung von § 2 (3) Ziffer 1 bis 3 sehr wohl durch Bundesgesetze erfolgen, d.h. das Parlament für die Umsetzung der gemeinsamen Marktorganisation zuständig ist. Der Verfassungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis zur Tierprämienverordnung eindeutig klargelegt in welchen Fällen eine solche Ermächtigung nicht ausreicht ( Zitat VfGH-Erkenntnis vom 13. 12. 2005, G104/05 Hervorheb. d. A.): „Eine derartige gesetzliche Ermächtigung scheint aber nur dann bzw. nur insoweit dem aus Art18 B-VG abzuleitenden, an den Gesetzgeber gerichteten Gebot zu genügen, das Verwaltungshandeln inhaltlich hinreichend vorherzubestimmen, wenn bzw. als diese gesetzliche Ermächtigung iVm. der durchzuführenden gemeinschaftsrechtlichen Norm den Inhalt der zur Durchführung vorgesehenen - österreichischen - Verordnung in einer dem Art18 B-VG entsprechenden Weise vorherbestimmt (ähnlich VfSlg. 15.354/1998: hinreichende Determinierung des Verordnungsgebers durch eine Bestimmung des - österreichischen - GüterbeförderungsG im Hinblick auf deren gemeinschaftsrechts-konforme Auslegung). Wenn hingegen der Spielraum, den die durchzuführende gemeinschaftsrechtliche Norm den sie durchführenden mitgliedstaatlichen Regelungen gewährt, jenen überschreitet, den das österreichische Verfassungsrecht mit Blick auf Art18 B-VG der Verwaltung einräumt, dann dürfte eine gesetzliche Regelung wie die hier in Rede stehende - als eine bloß 'formalgesetzliche Delegation' - dem aus Art18 B-VG abzuleitenden, an den Gesetzgeber gerichteten Determinierungsgebot widersprechen. Stellt also die durchzuführende gemeinschaftsrechtliche Norm den Mitgliedstaaten ausdrücklich mehrere Möglichkeiten zur Wahl, die eine Entscheidung des Gesetzgebers erfordern würde, oder machte die durchzuführende gemeinschafts-rechtliche Norm Maßnahmen erforderlich, die nach innerstaatlichem Recht dem Gesetzgeber vorbehalten wären [wie im vorliegenden Zusammenhang die Entscheidung für die Prämiengewährung an einen beschränkten Erzeugerkreis und somit die Differenzierung zwischen Mitgliedern anerkannter Zuchtorganisationen und anderen Rinderzuchtbetrieben], so dürfte eine gesetzliche Verordnungsermächtigung wie die des §99 MarktordnungsG 1985 als gesetzliche Ermächtigung für die Durchführung gemeinschaftsrechtlicher Regelungen im Verordnungswege gemessen an Art18 B-VG nicht ausreichen. Bei all dem ist zu berücksichtigen, dass Art18 B-VG ein an den österreichischen Gesetzgeber gerichtetes Gebot ist und dessen mangelnde Beachtung daher diesem Gesetzgeber anzulasten sein wird.“ (Ende des Zitates)

Auf Grundlage dieses Erkenntnisses schiene es daher zweckmäßiger im Artikel 1 diese spezifischen Fälle der Einschränkung der direkten Umsetzung von Gemeinschaftsrecht im Hinblick auf das Vorliegen von Umsetzungsspielraum klarer zu präzisieren.

 

2)      Die Herausnahme von Maßnahmen zur „Förderung der Entwicklung des ländlichen Raums“ in §2 (2) aus dem Definitionsrahmen der Direktzahlungen im Sinne dieses Bundesgesetzes wäre nur zweckmäßig, wenn es ein entsprechendes Rahmengesetz für die ländliche Entwicklung gäbe. Da dies nicht der Fall ist, das obige Erkenntnis des VfGH aber ebenso darauf anzuwenden wäre, kann diese Vorgangsweise durch die Grünen Bäuerinnen und Bauern nicht nachvollzogen werden.

 

3)      § 7 (1) 2. Punkt „Regelungen Direktzahlungen“ klärt in keiner Weise, wann der Gesetzgeber (Parlament) einzuschalten ist. Dies wäre unmissverständlich klarzulegen und müsste entsprechend dem VfGH-Urteil präzisiert werden.

 

4)      § 30 (Ersatzvornahme bei Dringlichkeit) suggeriert einen „potentiellen Gesetzes-Notstand“ bei agrarpolitischen Maßnahmen. Dieser Sachverhalt ist weder in den Erläuterungen mit Beispielen belegt noch entsprechend glaubwürdig, außer das EU-Gemeinschaftsrecht wäre permanenten ad-hoc Änderungen unterworfen, wofür es keine Anzeichen gibt.

 

5)      Artikel 2 – Marktordnungs-Überleitungsgesetz erhebt eine Reihe von Verordnungen in den Gesetzesrang. Dies kann insbesondere nicht für Verordnungen gelten, die auf EU-Recht basieren, welches mehrere Umsetzungsmöglichkeiten vorsieht und die wesentliche Relevanz für die von den Verordnungen betroffenen Bäuerinnen und Bauern haben. Insbesondere sei diesbezüglich auf Punkt 35 Betriebsprämie-Verordnung vom 26. August 2004 verwiesen, die aus Sicht der Grünen Bäuerinnen und Bauern explizit durch ein Bundesgesetz zu regeln wäre, da die entsprechende EU-Verordnung den Mitgliedsstaaten mehrere Möglichkeiten der Umsetzung vorschlägt (Regional-Modell, historisches Modell, Kombi-Modell).

 

6)      Zu Artikel 3 – Änderung des AMA-Gesetzes ist anzumerken, dass weder die Einrichtung einer Schiedsstelle für die Klärung von strittigen Fällen vorgesehen ist noch die dringend erforderliche explizite Darstellung der Aufgaben der AMA im Rahmen des Bio-Marketings noch eine Präzisierung der Mitarbeit der entsprechenden VertreterInnen dieses Sektors im Rahmen der AMA.

 

 

Mit freundlichen Grüßen,

 

Michael Johann e.h.

Obmann Grüne Bäuerinnen und Bauern Österreich