6/SPET XXII. GP

Eingebracht am 25.11.2003
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Stellungnahme zu Petititon

 

Parlamentsdirektion
Dr. Karl-Renner-Ring 3
1017 Wien


 

 

Betreff: ZI. 17010.0005/10-L1.3/2003; 10/PET (XXII. GP) - Resolution des GR St. Pölten „gegen die Abschaffung der NH und deren Ersatz durch die SH-neu und damit gegen weitere finanzielle Belastungen für Städte und Gemeinden"

 

Die im Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit für Angelegenheiten der Sozialen Sicherheit zuständige Abteilung II/1 übermittelt zu der im Betreff genannten Resolution die nachfolgende Stellungnahme:

 

Die österreichische Bundesregierung hat im Regierungsprogramm für die XXII. Ge- setzgebungsperiode unter der Überschrift "Überführung der Notstandshilfe in eine "Sozialhilfe neu"" vereinbart, dass geprüft werden soll, "die Notstandshilfe von der Zuständigkeit des AMS in die Sozialhilfe der Länder zu verlagern". Wesentliche Voraussetzung dafür ist eine durch ein Sozialhilfegrundsatzgesetz oder eine Artikel 15-a-Vereinbarung harmonisierte Regelung der gesamten "Sozialhilfe neu".

Diese Prüfung soll mit der Zielrichtung erfolgen, Vollbeschäftigung unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Bedürfnisse nach Flexibilität und Wahrung des Anspruchs auf Sicherheit und Solidarität im Zusammenhang mit einem gerechten Zugang zum Arbeitsmarkt wiederzugewinnen.

 


Aus Sicht des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit zeichnen sich unter Berücksichtigung der Ergebnisse der auf Wunsch der Länder unter dem Vorsitz des nunmehrigen Bundesministeriums für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz und mit wissenschaftlicher Begleitung durch Herrn Prof. Dr. Pfeil eingerichteten Arbeitsgruppe zur umfassenden Analyse der Sozialhilfe folgende Eckpunkte einer Reform ab.

         Erarbeitung   der   Reform   unter   Einbeziehung   aller   relevanten   Akteure, insbesondere der Länder, Sozialpartner und NGOs

         Sozial   ausgewogene   einheitliche    Existenzsicherung   zur   Abwehr   von Armutsgefährdung

         Gleichbehandlung  gleich  gelagerter Problemlagen  (bspw.  Arbeitslosigkeit mit/ohne Leistungsanspruch nach dem Arbeitslosenversicherungsgesetz)

         Bereinigung  von  Schnittstellen  zwischen  Sicherungssystemen  und   ihren Trägerorganisationen

         Verfahrenssicherheit, -rationalisierung und -beschleunigung

         One Desk Prinzip

Dabei ist zu berücksichtigen, dass

         erwerbsfähige, arbeitslose Sozialhilfeempfänger im Erwerbsalter durch das AMS   beraten   und   vermittelt  werden,   wobei  die  Vormerkung   bei  den Geschäftsstellen   des  AMS   eine  Voraussetzung   des   Sozialhilfebezuges darstellt und entsprechend dem Arbeitsmarktservicegesetz und den dazu ergangenen    Richtlinien    den   vorgemerkten    Sozialhilfeempfängern    das gesamte Dienstleistungs- und Beihilfenangebot des AMS zur Integration in den Arbeitsmarkt zur Verfügung steht

         Personen    mit    Erreichen    des    Regelpensionsalters    einheitlich    beim Pensionsversicherungsträger   betreut   und    unter   Berücksichtigung    des Ausgleichzulagensystems   materiell   abgesichert   werden;   die   budgetäre


Beteiligung der Länder erfolgt über Gegenverrechnung des tatsächlichen Aufwandes

    erwerbsunfähige Personen im Erwerbsalter rasch und einfach lokalen Zugang zur Sozialhilfe finden.

Dabei steht eine noch bessere Betreuung der arbeitsfähigen Erwerbsbevölkerung, unabhängig davon, ob die einzelnen Personen nun eine Leistung aus der Arbeitslosenversicherung oder der Sozialhilfe erhalten, im Vordergrund. Naheliegend bedeutet dies, dass nach dem auch in anderen Bereichen forcierten, kundenorientierten „One-Desk-Prinzip" auch die existenzsichernden Einkommensersatzleistungen bei Arbeitslosigkeit von einer Stelle ausbezahlt werden. Wer zur Leistung nicht oder nicht mehr fähig ist oder beispielsweise durch eine familiäre Krise in finanzielle Notlage geraten ist, soll zunächst Anspruch auf Hilfe und Existenzsicherung ohne Rücksicht auf die Ursache haben. Statt wie in der BRD die Arbeitslosenhilfe auf das niedrigere Niveau der Sozialhilfe zu senken, wird in Österreich eine „Sozialhilfe neu" angestrebt, die Synergien zwischen der vom AMS gewährten Notstandshilfe und der vom Land und den Kommunen betreuten Sozialhilfe bewirken soll.

Es ist nicht daran gedacht, das mit der Notstandshilfe verbundene Niveau und Verfahren materieller Unterstützung aufzugeben. Immerhin beträgt der Notstandshilfeaufwand bspw. im Bundesland Wien nahezu das Doppelte des Sozialhilfeaufwandes (rd. 343 Mio € zu 179 Mio € im Jahr 2000); dies bedeutet eine massive Entlastung der Länderbudgets zu Lasten der Beitragszahler zur Arbeitslosenversicherung und dementsprechender Teillast bei den Lohnnebenkosten. Allerdings sind erhebliche, auch budgetär wirksame Einsparungseffekte in der Art und Weise der Leistungserbringung und der Synergien in der Verfahrensabwicklung zu erwarten.


 

Jedenfalls soll die Sozialhilfe zu einem effizienten Mittel gegen Armut ohne bürokratische „Hürdenläufe" werden.

Damit verbindet sich nicht nur die nachhaltige Sicherung im Rahmen der sozialen Marktwirtschaft (wirtschaftlich verantwortungsvoller Umgang mit erforderlichen Lebensressourcen), sondern insbesondere auch die Schaffung der Grundlagen zur verlässlichen und berechenbaren finanziellen Sicherung des Solidarsystems. Dieser Grundsatz bezieht sich insbesondere auch auf die Neugestaltung der Sozialhilfe als wirkungsvolles Instrument zur Abwendung von Verarmungsgefährdung und materieller Notlage.

Mit freundlichen Grüßen
Wien, am 7. November 2003

Für den Bundesminister:
                                                         Mag. Sauer