244/A(E) XXIII. GP
Eingebracht am 06.06.2007
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Entschließungsantrag
der Abgeordneten Hofer, Dr. Graf, Weinzinger und weiterer Abgeordneter
betreffend die Abstimmung im Rat Wirtschaft und Finanzen über den Beitritt der Tschechischen Republik zur Euro-Zone
Die demokratische Einstellung einer Regierung spiegelt sich in der Frage wider, wie sich ein Land zu den dunklen Kapiteln seiner Geschichte und der Aufarbeitung der Vergangenheit verhält. Hier ist Österreich als Vorbild in Europa vorangegangen. Leider hat dies die Tschechische Republik, die schon Mitglied in der Europäischen Union ist, noch nicht begriffen. So sind etwa jene diskriminierenden Benes-Dekrete, die sich auf Enteignung und Vertreibung einzelner Volksgruppen beziehen, nie formal aufgehoben worden und damit weiterhin Bestandteil der tschechischen Rechtsordnung.
Im Dreithaler-Prozeß - ein Tscheche deutscher Nationalität fordert die Rückgabe seines aufgrund der Benes-Dekrete enteigneten Elternhauses und stellt die Dekrete als solche in Frage - hatte das tschechische Verfassungsgericht 1995 festgestellt, die Benes-Dekrete widersprächen keinen grundlegenden Rechtsgrundsätzen der zivilisierten europäischen Gesellschaft. Das Benes-Dekret 108, das die Enteignung der Sudetendeutschen begründete, habe, so Tschechiens Oberste Richter, "die Wiederherstellung grundlegender demokratischer und rechtlicher Prinzipien zum Ziel gehabt."
Die Tschechische Republik will 2010 der Euro-Zone beitreten. Die tschechische Regierung weigert sich aber nach wie vor, die Interessen Österreichs in Bezug auf das Atomkraftwerk Temelin zu berücksichtigen. Die tschechische Regierung war noch nicht einmal dazu bereit, das Melker Abkommen umzusetzen. Ministerpräsident Mirek Topolanek begründet dies damit, dass das Abkommen weitgehend überholt sei, was allerdings nicht den Tatsachen entspricht, da es sich beim Melker Abkommen um einen Vertrag handelt, der völkerrechtlich bindend ist.
Wie auch öffentlich bekannt ist, kommt es im Kernkraftwerk nach wie vor immer wieder zu Zwischenfällen. Das durch das AKW hervorgerufene Risiko für Sicherheit und Gesundheit der österreichischen Bevölkerung ist inakzeptabel und darf von Österreich nicht länger toleriert werden.
Von österreichischer Seite wurde es beim EU-Beitritt Tschechiens verabsäumt, vom Veto-Recht gebrauch zu machen, um Tschechien dazu zu bewegen, eine Korrektur dieses Unrechtzustandes vorzunehmen sowie die österreichischen Interessen betreffend das AKW Temelin zu berücksichtigen. Daher soll der Finanzminister im Rat für Wirtschaft und Finanzen gegen den Beitritt Tschechiens zur Euro-Zone stimmen, wenn Tschechien den österreichischen Forderungen weiterhin nicht nachkommt.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden
ENTSCHLIESSUNGSANTRAG:
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Der Finanzminister wird aufgefordert, im Rat für Wirtschaft und Finanzen gegen den Beitritt der Tschechischen Republik zur Euro-Zone zu stimmen, wenn jene, die in der Folge des 2. Weltkrieges Unrecht durch Enteignung und Vertreibung erfahren haben, nicht durch Entschädigung und Restitution zu ihrem Recht kommen sollten und die Interessen Österreichs im Zusammenhang mit dem Atomkraftwerk Temelin weiter ignoriert werden."
In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Finanzausschuss vorgeschlagen.