300/A(E) XXIII. GP
Eingebracht am 06.07.2007
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Entschließungsantrag
der Abg. Sigisbert Dolinschek, Ing. Peter Westenthaler, Ursula Haubner
und Kollegen
betreffend Rundfunkgebühren-Reformpaket
Obwohl
Menschen mit besonderen Bedürfnissen aus gutem Grund von diversen
Gebühren befreit sind,
wird ihnen dies
im Zusammenhang mit der Befreiung von den Rundfunkgebühren mit allen
möglichen
Mitteln
erschwert wenn nicht sogar unmöglich gemacht.
Gemäß § 51
Abs. 2 der Fernmeldegebührenordnung ist die Gebührenbefreiung mit
höchstens fünf
Jahren zu
befristen. Nach Auskunft unmittelbar Betroffener ist es jedoch gelebte Praxis,
dass eine
Befreiung seitens
der zuständigen GIS Gebühren Info Service GmbH auf maximal ein bis
zwei Jahre
befristet wird,
so dass fast alljährlich neu angesucht werden muss. Zudem wird seitens der
GIS
Gebühren
Info Service GmbH mit allen Mitteln versucht, Befreiungen abzulehnen. Den
unterzeichneten
Abgeordneten sind nahezu einhundert Fälle von Personen bekannt, welche
jahrelang
im Genuss einer
Befreiung gestanden sind und deren Antrag auf Rundfunkgebührenbefreiung,
ohne
dass sich ihre Lebensumstände geändert hätten, dennoch abgelehnt
wurde.
Unter diesen befinden sich
auch Personen mit erhöhtem Betreuungsbedarf und somit höheren
Lebenserhaltungskosten. Manche haben zudem trotz Behinderung eine Familie mit
ein oder mehreren
Kindern zu versorgen, wo jede Mehrbelastung für jedes Familienmitglied
spürbar ist. In vielen Fällen
scheitert eine Befreiung daran, dass die Existenzminimumgrenze (=
Haushalts-Nettoeinkommen unter
Ausgleichszulagenrichtsatz
zuzüglich 12 %) knapp überschritten wird, weil diese aufgrund des
höheren
Bedarfs viel zu
niedrig angesetzt ist. Menschen mit Seh- oder Hörbehinderungen müssen
bei
Überschreitung der Einkommensgrenzen volle Gebühren entrichten,
obwohl nur zehn Prozent der
ausgestrahlten Sendungen barrierefrei mit Untertitel oder akustischen und
grafischen Bildsignalen
ausgestattet sind (und dabei handelt es sich meist um veraltete
Wiederholungen). Insbesondere
Nachrichtensendungen sollten verpflichtend Gebrauch von einer Übersetzung
in die Gebärdensprache
machen
müssen.
Immer wieder fragen sich Konsumenten,
die ihr Fernsehprogramm über Satellit beziehen und damit
ORF 1 und ORF 2
nicht empfangen können, ob sie denn verpflichtet wären, die Fernseh-
und
Rundfunkgebühren zu begleichen. Denn warum für den ORF bezahlen, wenn
man doch gar keine
Gegenleistung erhält?
Die Antwort
lautet bedauerlicherweise: ja. Die Rundfunkverordnung, welche die Vorschreibung
der
Rundfunk- und Fernsehgebühr regelt, legt fest, dass bereits bei der
Errichtung (in diesem Fall das
Aufstellen eines Fernsehers oder Radios) und beim Betrieb einer Empfangsanlage
(Empfang des
Fernseh- oder Radioprogramms) die Verrechnung der Rundfunkgebühr
gerechtfertigt ist. Das heißt,
unabhängig
davon, ob man den ORF überhaupt empfangen kann oder das ORF-Programm nutzt
oder
nicht, die
Rundfunk- und Fernsehgebühr wird fällig.
Ebenso unbefriedigend
verhält es sich für Private, die einen Computer mit Internetanschluss
besitzen.
Da man damit
über das Internet Radiosendungen empfangen kann, handelt es sich hierbei
um eine
Rundfunkempfangseinrichtung, deren Betriebsbereitschaft (!)
gebührenpflichtig macht.
Bei Unternehmen wird für
betriebseigene Radios und Fernseher die Gebühr nach der so genannten
Zehnerregel berechnet (pro zehn Geräte muss nur einmal bezahlt werden). In
Unternehmen ist daher
pro zehn „Rundfunkempfangseinrichtungen" eine Gebühr zu
entrichten, obwohl der Gesetzgeber nie
daran gedacht
hat, pro zehn PCs in einem Unternehmen eine Gebühr zu fordern. Die GIS hiezu:
„Es ist
nicht im Interesse der GIS, sämtliche in Unternehmen und Institutionen
befindlichen internettauglichen
Geräte
mit einer Rundfunkgebühr zu belegen. Ein genereller Verzicht auf PCs, die
Rundfunkempfang
ermöglichen, ist nicht möglich, da einerseits vom Gesetzgeber nicht
vorgesehen und andererseits
hinsichtlich
der künftigen "All-in-one-Units" nicht präzisierbar und
offen für Missbrauch." Es werde
daher an einer
eindeutigen, für alle akzeptablen Regelung gearbeitet.
Die Situation verschärft
sich durch die Möglichkeit des Empfangs von Radio- und (durch die
Regierungsvorlage) Fernsehsendungen z.B. mit Handies oder anderen
Multifunktionsgeräten. Der
Konsument kann bei derartigen Geräten einzelne Funktionen derzeit nicht
ablehnen und wird daher
schon durch den
Besitz eines derartigen Gerätes GIS-gebührenpflichtig. Dies alles
obwohl es dem ORF
durchaus
möglich wäre, den Zugang zu seinen im Internet gebotenen Leistungen
nur berechtigten
Nutzern zu eröffnen.
Aus diesen Gründen stellen die unterzeichneten Abgeordneten folgenden
Entschliessungsantrag:
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Der Bundesminister
für Verkehr, Innovation und Technologie wird aufgefordert, umgehend ein
Rundfunkgebühren-Reformpaket
vorzulegen, welches mindestens folgende Punkte umfasst:
•
angemessene
Anhebung der Einkommensgrenze für die Gebührenbefreiung behinderter,
oder
pflegebedürftiger
Menschen;
• dauerhafte Gebührenbefreiung für dauerhaft behinderte oder pflegebedürftige Menschen;
• Gebührenbefreiung auch für durch die Behinderung notwendige Zweitwohnsitze;
•
Erhöhung
der barrierenfreien Sendungen auf mindestens 50% des Programmangebotes;
Verpflichtende
Einführung der Gebärdensprache bei Nachrichtensendungen;
•
Sicherstellung,
dass nur derjenige rundfunkgebührenpflichtig ist, der das Programmangebot
des
ORF auch tatsächlich empfangen kann;
•
Sicherstellung,
dass das Programmangebot des ORF durch geeignete Methoden der
Verschlüsselung bzw. Anmeldung nur Rundfunkgebührenpflichtige
empfangen können, und
damit
Gebühren nicht durch bloße technische Empfangsmöglichkeiten
wie insbesondere
Computer mit Internetanschluss oder TV-Karte fällig werden."
In formeller Hinsicht wird um Zuweisung des ggstdl. Antrages an den Verfassungsausschuß ersucht.