418/A(E) XXIII. GP

Eingebracht am 17.10.2007
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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

des Abgeordneten Pirklhuber, Grünewald, Freundinnen und Freunde

 

betreffend Aktionsplan für gesunde Ernährung und Bewegung

 

 

Jahrelange Fehlernährung bei gleichzeitigem Bewegungsmangel führt zu Übergewicht und in der Folge zu Adipositas. In der Europäischen Union sind Schätzungen zufolge knapp 22 Millionen Kinder übergewichtig, jährlich kommen etwa 400.000 dazu. EU-Gesundheitskommissar Kyprianou warnte vor einem starken Anstieg der Zahl übergewichtiger oder fettleibiger Europäer. In Österreich sind laut einem Bericht des Instituts für Sozialmedizin aus dem Jahr 2006 37 Prozent der Erwachsenen übergewichtig, bei den Sieben- bis Zehnjährigen ist laut Österreichischem Ernährungsbericht 2003 bereits jedes zehnte Kind übergewichtig.

 

Die Ergebnisse des Österreichischen Ernährungsberichtes bestätigen Fett als kritischen Nährstoff bei beinahe allen Bevölkerungsgruppen. Der durchschnittliche Fettverzehr liegt zwischen 35 und 40 Prozent der Gesamtenergiezufuhr und somit weit über den Empfehlungen der Ernährungsgesellschaften. Generell werden Lebensmittel mit einer hohen Nährstoffdichte, wie Gemüse, Obst, Brot und andere Getreideprodukte, Hülsenfrüchte, fettarme Milch und Milchprodukte in viel zu geringem Umfang konsumiert. Im Gegensatz dazu ist der Verzehr an tierischen Nahrungsmitteln (besonders in Form von Fleisch und Wurstwaren) sowie von Zucker viel zu hoch.

 

Aufgrund der zahlreichen ernährungsbedingten Folgeerkrankungen wie Übergewicht, Adipositas, erhöhte Blutfettwerte, Bluthochdruck, Diabetes mellitus, bestimmte Krebsarten, Arteriosklerose, Herz-Kreislauferkrankungen etc. ist durch geeignete Maßnahmen der Gesundheitsförderung und einer umfassenden Primärprävention für die jeweiligen Zielgruppen eine Umstellung der Ernährungsgewohnheiten anzustreben.

 

Auch Bewegungsarmut ist neben anderen Risikofaktoren mitverantwortlich für Übergewicht, ein erhöhtes Herzinfarkt- und Schlaganfallrisiko, Bluthochdruck, Haltungsschäden, Osteoporose und Fettstoffwechselstörungen. Die Studie „Sport und Gesundheit – eine sozio-ökonomische Analyse“ der Österreichischen Bundessportorganisation unterteilt die österreichische Bevölkerung aufgrund ihres Sportverhaltens in drei Gruppen: 60 Prozent sind inaktiv bis gering (1-2 Mal monatlich) aktiv, 22 Prozent sind moderat (1-2 Mal wöchentlich) und 18 Prozent sind aktiv bis hoch aktiv (3 Mal wöchentlich oder öfter) sportlich.[1]

 

Die Weltgesundheitsorganisation WHO fordert in ihrer „Globalen Strategie für Ernährung, körperlicher Aktivität und Gesundheit“ die Mitgliedstaaten auf, Maßnahmen gegen die „Epidemie“ Übergewicht zu ergreifen. Sowohl das WHO- Forum zum Lebensmittelmarketing als auch das Europäische Parlament sehen einen Zusammenhang zwischen Werbung für ausschließlich für Kinder bestimmte Lebensmittel und dem Konsumverhalten und fordern Werbeeinschränkungen beim Marketing für zu kalorienhaltige bzw. nährstoffarme Lebensmittel. Das Europäische Parlament fordert z.B. die Einführung eines Verhaltenskodex für Werbung für stark fett- oder zuckerhältige Lebensmittel für Kinder. 

 

In England wurde aufgrund wissenschaftlicher Studien ein Kennzeichnungssystem entwickelt, das einfach und leicht verständlich ist und den KonsumentInnen die Kaufentscheidung erleichtern soll: Rote, gelbe oder grüne Punkte weisen auf einen hohen, mittleren oder niedrigen Gehalt an Fett (gesamt), gesättigten Fettsäuren, Zucker oder Salz in den  Lebensmitteln hin.

 

Die EU-Kommission hat mit ihrem „WEISSBUCH: Ernährung, Übergewicht, Adipositas: Eine Strategie für Europa“ den eindeutigen politischen Auftrag zu umfassenden nationalen Aktivitäten erteilt. Die von der EU-Kommission geforderten Maßnahmen sollen durch unterschiedlichste Akteure umgesetzt werden.

 

Im österreichischen Regierungsprogramm, Kapitel Gesundheit, werden insbesondere auch Maßnahmen zur Prävention angekündigt. Darin heißt es:

„Eine ausgeweitete Prävention und Gesundheitsförderung auf inhaltlicher, struktureller und finanzieller Ebene soll die Menschen in ihren Lebensumwelten, wie Arbeit, Kindergarten, Schule oder Gemeinde erreichen. Folgende Maßnahmen werden daher gesetzt:

-         Ein Gesundheitsförderungsgesetz als 4. Säule Prävention und Gesundheitsförderung;

o       orientiert an den vereinbarten Zielen in bezug auf Zivilisationserkrankungen, die Förderung gesunder Lebensumwelt und Lebensstile (Bewegung, Ernährung......)...“

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

 

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG:

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

Die zuständigen Mitglieder der Bundesregierung wird aufgefordert,

 

1.      gesetzliche Regelungen für die Werbung mit Kinderlebensmitteln zu schaffen, die Werbeeinschränkungen beim Marketing für zu kalorienhaltige bzw. nährstoffarme Lebensmittel vorsehen;

 

2.      eine verbraucherfreundliche Kennzeichnung auf Lebensmitteln verbindlich vorzuschreiben, die wie die Ampelkennzeichnung der britischen Lebensmittelbehörde klar und einfach vermittelt, welchen Beitrag das Lebensmittel zu einer gesunden Ernährung leisten kann („sign posting“);

 

3.      im Mutter-Kind-Pass eine verpflichtende Beratungseinheit für gesunde Ernährung und Bewegung vorzusehen;

 

4.      dafür einzutreten, dass bekannte Dickmacher wie Süß- und Snackwaren, süße Erfrischungsgetränke  etc. nicht mehr in Verkaufsautomaten, Schulkantinen oder Jugendeinrichtungen angeboten werden;

 

5.      ein Präventionsgesetz vorzulegen und für die finanzielle Ausstattung von Strukturen Sorge zu tragen, die eine umfassende, lebensweltbezogene Prävention voranbringen und u.a. auch Maßnahmen zu gesunder Ernährung, Bewegung und Stressbewältigung berücksichtigen;

 

6.      sich dafür einzusetzen, dass die gesetzlichen Krankenkassen stärker in lebenswelt- und zielgruppenorientierte Präventionsprogramme investieren und Ernährung und Bewegung einbeziehen;

 

7.      ein Maßnahmenpaket vorzulegen, das sich verstärkt an sozial und ökonomisch schwache Zielgruppen richtet;

 

8.      auf EU-Ebene alle Förderungsangebote im Zusammenhang mit Ernährung und körperlicher Bewegung auszuschöpfen (z.B. ein von der Europäischen Union kofinanziertes Projekt „Obst in der Schule“ etc.);

 

9.      in den Lehrplänen verpflichtend tägliche Bewegungseinheiten vorzuschreiben; 

 

10.    jährlich einen Bericht über die Entwicklung der Maßnahmen und die Anzahl übergewichtiger und fettleibiger Personen vorzulegen.

 

Die zuständigen Mitglieder der Bundesregierung werden ferner ersucht, in Zusammenarbeit mit den Ländern und Gemeinden

 

1.      eine verbindliche Beratung für die Schulen auf den Weg zu bringen, die Unterstützung in Fragen zu Ernährung, Bewegung und Gesundheit anbietet;

 

2.      das Ziel zu verfolgen, möglichst flächendeckend gesunde Essen an Kindergärten und Schulen anzubieten, wobei regionalen Produkten der Vorzug gegeben wird sowie ein Mindestanteil von Bioprodukten von 30 Prozent angestrebt werden soll;

 

3.      Maßnahmen im schulischen Umfeld, in Kindertagesstätten und Jugendeinrichtungen zu entwickeln, die den kindlichen bzw. jugendlichen Geschmackssinn durch einführende Kochkurse und praktische Lebensmittelkunde anregen und die regelmäßige körperliche Bewegung und eine gesunde Lebensweise und Esskultur bewerben;

 

4.      eine Fortbildung von Lehrerinnen, Lehrern und anderem pädagogischem Personal sicherzustellen, die Unterrichtsinhalte wie Gesundheit, gesunde Ernährung, Bewegungsförderung und innovative Hauswirtschaft in Ausbildung und Lehrinhalten von Lehr- und Erziehungskräften sowie den medizinischen Berufen stärkt;

 

5.      Unterrichtsmaterialien zum Themenbereich gesunde Ernährung und Bewegung für die verschiedenen Schultypen anzubieten;

 

6.      im Bildungsplan für Kindergärten den Themenbereich gesunde Ernährung und Bewegung verstärkt zu berücksichtigen;

 

7.      den Gesundheits- und Breitensport umfassender als bisher zu fördern und die Bewegungserziehung in den Schulalltag einzubauen;

 

8.      in erhöhtem Ausmaß Förderung für Kinder aus ärmeren Familien zu gewähren, um diesen die Teilnahme an Schulsportwochen, Schikursen und erweitertem Sportangebot zu ermöglichen;

 

9.      sich für eine Stärkung der Familienbildung bzw. von Elternkompetenzen ein- zusetzen und dort als einen Schwerpunkt die Bedeutung von Gesundheitsprävention, gesunder Ernährung und Bewegung zu vermitteln;

 

10.    die lokale Vernetzung und das Zusammenführen der verschiedenen Akteure auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene zu fördern .

 

 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Gesundheitsausschuss vorgeschlagen.



[1] Sh. dazu Jahresbericht 2006 des Fonds Gesundes Österreich S 119 ff.