458/A(E) XXIII. GP
Eingebracht am 07.11.2007
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Entschließungsantrag
des Abgeordneten Dr. Graf
und weiterer Abgeordneter
betreffend Endsendepraxis Staatskommissäre
Gemäß § 76 Abs. 1 Bankwesengesetz (BWG) hat der Bundesminister für Finanzen bei Kreditinstituten, deren Bilanzsumme € 375 Mio. übersteigt, einen Staatskommissär und dessen Stellvertreter für eine Funktionsperiode von längstens fünf Jahren zu bestellen.
Der Staatskommissär und sein Stellvertreter sind ein Organ der Bankenaufsicht und damit seit deren Aufnahme der operativen Tätigkeit mit 01.04.2002 ein Organ der Finanzmarktaufsichtsbehörde FMA. Sie handeln daher ausschließlich als Organe der unabhängigen und weisungsfreien Aufsichtsbehörde FMA und haben an sie zu berichten.
Der Staatskommissär ist kein Aufsichtsrat nach Aktiengesetz. Er ist zur Hauptversammlung, zu allen Aufsichtsratssitzungen sowie zu allen Sitzungen beschlussfähiger Ausschüsse des Aufsichtsrates einzuladen. Er darf sich nicht in die operative und strategische Geschäftsführung einmischen, die unternehmerische Verantwortung liegt allein beim Vorstand, dem Eigentümer und dessen Vertretern. Er stimmt daher auch in keinem der Gremien mit ab.
Der Staatskommissär hat aber gegen Beschlüsse Einspruch zu erheben, die gesetzliche Bestimmungen, die von der FMA zu beaufsichtigen sind, verletzen. Dadurch wird dieser Beschluss sistiert bis die FMA innerhalb gesetzlicher Frist inhaltlich darüber entschieden hat. Derartige Einsprüche betreffen beispielsweise Geschäfte, die den Konzessionsumfang überschreiten, oder Beschlüsse, die gesetzliche Großveranlagungsgrenzen verletzen. Er darf nicht inhaltlich über Kreditanträge und die Bonität des Kunden oder das Risiko von Veranlagungen befinden. Das liegt allein in der unternehmerischen Verantwortung des Vorstandes sowie der aufsichtlichen Verantwortung der Aufsichtsräte nach Aktienrecht.
Bei der Entsendepraxis der Staatskommissäre wurden, im Zuge des
Untersuchungsausschusses betreffend Finanzmarktaufsicht, BAWAG, Hypo-Alpe-Adria und
weitere Finanzdienstleister
(„Banken-Untersuchungsausschuss"), grundsätzlich zwei unterschiedliche „Kulturen"
festgestellt:
Vor dem Jahr 2000 wurden unter den sozialdemokratischen Finanzministern hauptsächlich Spitzenbeamte des Finanzministeriums mit Staatskommissärsposten belohnt (98 von 102).
Nach der Amtsübernahme durch Finanzminister Mag. Karl-Heinz Grasser wurde 2001 das Bankwesengesetz geändert und Kabinettsmitarbeiter wurden mit Zusatzeinkünften bedacht.
Faktum ist auch, dass die Staatskommissäre in keinem der untersuchten Fälle im Banken- Untersuchungsausschuss einen Beitrag zur Aufdeckung der Verluste und Malversationen leisten konnten. Dies zeigt, dass eine gesetzlich vorgesehene Kontrollinstanz de facto wirkungslos geblieben ist.
Die Staatskommissäre haben sich im Wesentlichen als zahnloses Aufsichtsinstrument erwiesen.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden
ENTSCHLIESSUNGSANTRAG:
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat schnellstmöglich eine Novellierung des Bankwesengesetzes zuzuleiten, die als zentrale Elemente folgende Eckpunkte beinhalten soll:
• Verrechtlichung und Schaffung von Transparenzrichtlinien des Entsendevorgangs von Staatskommissären
• Erstellung eines Qualifikationsprofils für Staatskommissäre und Neuordnung der Pflichten
• Festlegung von verpflichtender Aus- und Weiterbildung der Staatskommissäre
• Schaffung von unbürokratischen Abberufungsmöglichkeiten sowie von Haftungs- und Strafbestimmungen bei Pflichtverstößen von Staatskommissären
• Festlegung einer Rotationspflicht der Staatskommissäre; max. 3-jährige Dauer der Tätigkeit als Staatskommissär bei einem Institut
• Festlegung einer Berichtspflicht der Staatskommissäre gegenüber dem Vorstand, Aufsichtsrat, Bank- und Wirtschaftsprüfern"
In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Finanzausschuss vorgeschlagen.