50/A(E) XXIII. GP

Eingebracht am 29.11.2006
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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

der Abgeordneten Dr Gabriela Moser, Freundinnen und Freunde

 

betreffend verstärkte Berücksichtigung der Klimaschutz- und Energiesparmaßnahmen im Wohnrecht

 

 

 

 

Die Studie von Nicholas Stern, einem namhaften Ökonomen der Weltbank und britischen Regierungsberater, über die ökonomischen Folgen des Klimawandels und die Ergebnisse der Klimaschutzkonferenz in Nairobi empfiehlt ein sofortiges Maßnahmenpaket zur Reduzierung des klimaschädigenden CO2-Ausstoßes.

 

Zur Erreichung des Kyoto-Klimaschutzziels sind vor allem auch Maßnahmen zur ökologischen Modernisierung des Wohngebäudebestands notwendig. Die vom Ministerrat im Juni 2002 beschlossene Nationale Klimastrategie hält dazu u.a. fest:

 

„Der weitaus größte Raumwärmebedarf fällt in Gebäuden für Wohnzwecke an (ca. 75%). Die Treibhausgas-Reduktionspotentiale können in diesem Bereich sowohl durch ordnungspolitische Maßnahmen als auch durch zielgerichtete Anreizfinanzierungen (Wohnbauförderung) sowie Änderung sonstiger Rahmenbedingungen mobilisiert werden. Um das angestrebte Reduktionspotential von 1,6 Mio t CO² -Äquivalent pro Jahr durch (zusätzliche) thermisch-energetische Sanierungsmaßnahmen erreichen zu können, muss über einen Zeitraum von 10 Jahren die thermisch-energetische Sanierungsrate von (in den 90er Jahren) etwa 1% auf zumindest 2% des Altbestandes angehoben, und eine Verknüpfung mit energetischen Verbesserungen/Optimierungen vorgenommen werden.

 

(....)

 

Als Alternative oder als Ergänzung zum förderungspolitischen Ansatz eignet sich auch der Eingriff über das Ordnungsrecht. So sind von verschärften bauordnungsrechtlichen Wärmeschutzanforderungen bei Sanierung bestimmter Gebäudeteile bzw. für Generalsanierungen der Gebäudehülle längerfristig erhebliche Energieeinsparungen zu erwarten. Anreize für wärmetechnische Sanierungen im zivilrechtlichen Wohnrecht (§ 3 Abs. 2 Z 5 MRG; Ausschussfeststellung zu § 31 Abs. 1 WEG 2002) können ebenso dazu beitragen, die Sanierungsraten auf das für die Erreichung der Klimaschutzziele erforderliche Ausmaß zu erhöhen. Auch im Neubausektor wären die in der Wohnbauförderung bestehenden Anreize im Hinblick auf Ökologie und Energieeinsparung weiter zu verstärken bzw. als allgemeine Förderungsvoraussetzung zu gestatten, und besondere Anreize für Niedrigstenergie- und Passivhäuser zu schaffen.“

 

Im Regierungsübereinkommen findet sich dazu nur folgender allgemeiner Satz:

 

„Thermisch-energetische Maßnahmen im Wohnhausbereich sind vor allem durch entsprechende Umschichtungen innerhalb der Wohnbauförderung zu forcieren..“

 

Der Raumwärmebereich stellt mit einem Reduktionspotential von ca. vier Mio Tonnen CO2-Äquivalent einen wichtigen Bereich im Hinblick auf die Erreichung des österreichischen Klimaschutzzieles dar.

 

Neben den ökologischen Aspekten sprechen vor allem beschäftigungs- und wirtschaftspolitische Argumente für eine thermische Sanierungsoffensive.

 

Das WIFO schätzt das Investionsvolumen im Bereich der thermischen Sanierung zur Erreichung des Kyoto-Ziels auf jährlich 530 Mio €. Bis 2010 wären insgesamt 5.109 Mio € notwendig, was einen Aufwand von 2.044 Mio € an öffentlichen Mitteln allein für die thermische Sanierung voraussetzt. Dies bedeutet auf Basis der derzeitigen Förderintensität einen zusätzlichen jährlichen Förderaufwand von 200 Mio €.

 

Damit könnten die Sanierungsrate von den derzeitig 0,5% auf die notwendige 2% erhöht, jährlich 750.000 t CO2-Emissionen und 120 Mio € Energiekosten eingespart werden. Außerdem entstünden 11.400  Arbeitsplätze jährlich!

 

Wohnrechtliche Ansatzpunkte

 

Neben den förderungsrechtlichen Möglichkeiten des Klimaschutzes erscheinen bau- und wohnrechtliche Novellen als Ergänzung erforderlich. In der Wirtschaftkammerstudie „Innovation und Klima“ werden detaillierte Vorschläge zur Verbesserung des Mietrechts vorgeschlagen, um den Einsatz von Energieträgern und damit auch Emissionen zu verringern.

 

a)             Berücksichtigung des Energiebedarfs bei der Bewertung von Gebäuden

 

Für die Bewertung von Liegenschaften (Ermittlung des Verkehrswertes) sind Wertermittlungsverfahren anzuwenden, die dem jeweiligen Stand der Wissenschaft entsprechen. Als solche Verfahren gelten das Vergleichswertverfahren, das Ertragswertverfahren und das Sachwertverfahren. Die Immobilie soll durch niedrige Betriebskosten eine Wertsteigerung erfahren. Dadurch wird ein Anreiz geschaffen, den Energiebedarf möglichst gering zu halten, wodurch wiederum die CO2-Emissionen sinken. Eine sinnvolle Maßnahme für die Bewertung von Liegenschaften wäre es, auch jene Betriebskosten, die direkt vom Mieter oder Pächter zu bezahlen sind, in der Bewertung zu berücksichtigen.

 

Dies würde einen Trend in Richtung energiesparendere Gebäude ergeben, da diese eine bessere Bewertung bekämen. Die Bewertung würde nach einzelnen gesellschaftspolitisch relevanten Werten (CO2-Emissionen, Energiebedarf eines Gebäudes,…) durchgeführt.

 

Die Bewertung würde z.B. durch die Kombination der Errichtungskosten mit den Betriebskosten in einem bestimmten Zeitraum erfolgen. Diese Aspekte wären in der Gebäudebewertung zu berücksichtigen.

 

b)             MRG - Mietrechtsgesetz

 

Im Mietrechtsgesetz werden wärmedämmende Investitionen als Erhaltungsmaßnahmen definiert und zählen damit zur mietrechtlichen Erhaltungspflicht des Vermieters. Zur Finanzierung kann der Mietzins bei bestehenden Mietverträgen erhöht werden. Erhaltungsmaßnahmen können bei Untätigkeit des Vermieters auch durch die Mehrheit der Mieter erzwungen werden. Hemmnisse für die thermische Sanierung von Mietwohnungen sind derzeit unklare Kriterien im Mietzinserhöhungsverfahren. Für die Zinserhöhung ist eine Entscheidung der Gemeinde oder des Gerichts notwendig. Eine Erhöhung für wärmedämmende Sanierung ist nur dann möglich, wenn die hierfür erforderlichen Kosten in einem wirtschaftlichen Verhältnis zu den erwarteten Einsparungen stehen. Die Definition für den Wirtschaftlichkeits- und Kosten/Nutzen Vergleich ist weitgehend unklar. Hier sollte der Gesetzgeber klarer formulieren.

 

Spekulative Gründe, wie hohe Renditen durch Vermietung von abgewohnten Häusern an ausländische Mitbürger oder hohe Grundkostensteigerung im dicht bebauten Gebiet, sind oft Gründe für unterlassene Sanierungsmaßnahmen. Hier würde eine verpflichtende thermische Sanierung (nach Abnützung oder Energiekennwerte) ähnlich der Einführung des Katalysators Abhilfe schaffen.

 

Die meisten Mietwohnungen der Bauperiode von 1945 bis 1980 („kritische Periode“) stehen im Eigentum von Gemeinden oder sonstigen Gebietskörperschaften und werden zum überwiegenden Anteil an einkommensschwächere Familien vermietet. Eine zusätzliche Mietzinsanhebung zur Finanzierung der Wärmedämminvestitionen stellt ein soziales Problem dar, über niedrigere Betriebskosten würde dies jedoch ausgeglichen. Darüber hinaus kann durch Wohnbeihilfen ein Ausgleich erzielt werden

 

c)             WGG - Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz:

 

Im Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz zählen wärmedämmende Sanierungskosten, wie beim MRG zu Erhaltungsarbeiten, und es besteht ein Antragsrecht der Mehrheit der Mieter für derartige Investitionen. Die Rahmenbedingungen zur Durchführung von wärmedämmenden Maßnahmen sind durch die Zweckbindung von Erhaltungs- und Verbesserungsbeiträgen günstiger als bei Mietwohnungen.

 

d)             WEG - Wohnungseigentumsgesetz:

 

Im WEG ist die ordnungsgemäße Erhaltung der gemeinsamen Teile und Anlagen der Liegenschaften über einen Verweis auf § 3 MRG definiert. Damit sind wärmedämmende Maßnahmen Erhaltungsmaßnahmen. Über die Durchführung von Erhaltungsmaßnahmen und Verbesserungsarbeiten entscheidet die Mehrheit der Wohnungseigentümer.

 

Eigentumswohnungen sind jedoch oft vermietet, und die Eigentümer kümmern sich selten um Angelegenheiten des Hauses, weil sie nicht direkt betroffen sind. Sie entscheiden aber über Erhaltungsmaßnahmen und Verbesserungsarbeiten. Wohnungseigentümer wollen die laufenden Kosten möglichst gering halten und entscheiden sich deshalb für niedrige Beiträge zur Rücklage, die nur für die laufend anfallenden Erhaltungsarbeiten ausreicht. Für zusätzliche Verbesserungsarbeiten (Wärmedämmung) müsste der monatliche Beitrag erhöht werden, eine solche Erhöhung erfordert aber einen Mehrheitsbeschluss. Mangelndes Know-How und wenig informierte Hausverwaltungen tragen nicht zu einer Verbesserung der Wärmedämminvestitionen bei Wohnungseigentumshäusern bei.

 

Hier wäre eine verpflichtende Qualifikation für Hausverwaltungen ab einer gewissen Objektgröße eine sinnvolle Gegenmaßnahme.

 

Zusammenfassung

 

Die drei Wohnrechtsgesetze (MRG, WGG und WEG) spielen bei der Durchführung von Sanierungen eine wichtige Rolle. Es fehlt vor allem an wirksamen und zwingenden Vorschriften (ähnlich wie im Neubau), die bestimmte Standards bzgl. des Energiebedarfs eines Gebäudes vorschreiben. Solche Standards wären im zeitlichen Zusammenhang mit der Umsetzung der EU Gebäuderichtlinie zu fixieren.

 

Anzudenken wäre eine „zwingende Sanierung“ (nach Energiekennwerten), ähnlich der Einführung des Katalysators beim PKW, oder die Verpflichtung, einen gewissen Prozentsatz der Rücklagen für thermische und Anlagensanierung  zu verwenden.

 

Problematisch sind Gebäude mit geteilten Eigentumsverhältnissen, wo MRG und WEG nebeneinander gelten. Hier müsste mit besonderen legistischen Instrumenten agiert werden, um Sanierungen voranzutreiben.

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

 

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG:

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

Die Bundesregierung wird aufgefordert, im Hinblick auf Energieeinsparungen und der Erreichung des Kyoto- Klimaschutzziels entsprechende förderungs-, bau- und wohnrechtliche Maßnahmen zu treffen, um die Rahmenbedingungen für eine Intensivierung und Ausweitung von Erhaltungs- und Verbesserungsmaßnahmen im Bereich der Wohngebäude zu schaffen bzw. zu verbessern.

 

Im Zuge der nächsten Novellierungen von MRG, WGG und WEG (bzw. in einem neuen Gebäudebewirtschaftungs-G) werden daher die folgenden Aspekte berücksichtigt:

 

-        Klarere Ausgestaltung des Begriffs der Erhaltungsmaßnahme nach § 3 (2) Z 5 MRG unter Berücksichtigung der neueren höchstgerichtlichen Judikatur (thermische Sanierung wird als ortsübliche Erhaltungsmaßnahme definiert);

 

-        Verbesserung der ökonomischen Grundlage für die Sanierung im Wohnungseigentumsrecht (Präzisierung des Begriffs „angemessene Rücklage" im WEG);

 

-        Verlängerung der Refinanzierungszeiträume bei erhöhtem Mietzins im MRG bzw. erhöhtem Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrag im WGG (dzt. 10 Jahre).

 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Justizausschuss vorgeschlagen.