528/A(E) XXIII. GP

Eingebracht am 06.12.2007
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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

des Abgeordneten Albert Steinhauser, Freundinnen und Freunde

 

betreffend gesetzliche Regelung der Videoüberwachung durch Private an öffentlichen Orten bzw. in öffentlich zugänglichen Räumen

 

 

Schätzungen zur Folge filmen in Österreich über 250 000 Privatkameras an öffentlich zugänglichen Plätzen. Wie viele es tatsächlich sind, ist nicht bekannt, da nur ein kleiner Bruchteil gesetzeskonform angemeldet ist. Bei einem Spaziergang durch die Wiener Innenstadt ist davon auszugehen, dass man ungefähr 50 Mal von einer privaten Videokamera gefilmt wird. Die Wiener Kärntnerstraße wird nahezu flächendeckend überwacht, Schätzungen zu Folge sind aber rund 90% der Videokameras nicht ordnungsgemäß gemeldet. Immer öfter wird in Trafiken, Boutiquen und Supermärkten gefilmt. Zuletzt haben ÖBB, Wiener Wohnen und die Wiener Taxis Initiativen in Richtung privater Videoüberwachung gesetzt.

 

Für die Videoüberwachung durch Private gibt es in Österreich zur Zeit keine explizite Regelung. Für die Klärung sich daraus ergebender Rechtsfragen ist zur Zeit auf das Datenschutzgesetz in seiner geltenden Fassung bzw. der Rechtssprechung der Datenschutzkommission und der Höchstgerichte abzustellen. Videoüberwachung stellt einen Eingriff in mehrere Grundrechte (Datenschutz, Recht auf Privatleben gem. Art. 8 EMRK) dar. Das uferlose Ausmaß der privaten Videoüberwachung macht eine detaillierte Regelung notwendig. Darüber hinaus haben die Sicherheitsbehörden das Recht auf die Aufzeichnungen der privaten Videoüberwachung zu zugreifen. Solange sich die private Videoüberwachung in einem Graubereich befindet besteht die Gefahr, dass es durch diese Zugriffsmöglichkeit zu Rechtsschutzlücken kommt bzw. heikle Missionen in den Graubereich der privaten Videoüberwachung ausgelagert werden.

 

Im Datenschutzbericht 2007 der DSK wird auf Seite 47 ebenfalls ein dringendes Bedürfnis nach näherer gesetzlicher Regelung hinsichtlich der Durchführung von Videoüberwachung für nichtbehördliche („private“) Zwecke erkannt. Konkret heißt es:

 

(… )Im Spannungsverhältnis zwischen der Privatautonomie, die den Schutz der eigenen Sicherheit z.B. vor Einbruch oder Sachbeschädigung durch Videoüberwachung, als selbstverständlich zulässig postuliert, und den Datenschutzinteressen von gefilmten Personen muss ein Gleichgewicht geschaffen werden. Dabei ist angesichts der Allgemeinheit der zugrunde liegenden geltenden Regelungen ein so großer Interpretationsspielraum gegeben, dass die Vollziehung mangels ausdrücklicher gesetzlicher Regelungen überfordert erscheint. Die DSK hofft daher, dass das im Regierungsprogramm in Aussicht gestellte Gesetz über die Videoüberwachung bald vorliegen wird.

 

Der Datenschutzrat hat sich mit dem Begutachtungstext für eine Sicherheitspolizeigesetz-Novelle 2006 beschäftigt. In seiner Stellungnahme vom 8. November 2005 im Zusammenhang mit der Ermächtigung von Sicherheitsbehörden, von Privaten oder anderen Behörden mittels Einsatz von Bild- und Tonaufzeichnungsgeräten er- und übermittelte Daten für die Abwehr gefährlicher Angriffe, die Abwehr krimineller Verbindungen, die erweiterte Gefahrenerforschung sowie zur Fahndung zu verwenden, wurde ausgeführt:

 

Eine solche Ermächtigung ist in engem Zusammenhang mit der grundsätzlichen Frage der datenschutzrechtlichen Zulässigkeit von Überwachungsmaßnahmen Privater mit Bild- und Tonaufzeichnungsgeräten an öffentlichen Orten bzw. in öffentlich zugänglichen Räumen zu sehen.

 

Die Datenschutzkommission hat in ihrer jüngsten Spruchpraxis (vgl. etwa DSK 21.6.2005, K507.515-021/0004-DVR/2005) insbesondere klargestellt, dass im Falle einer Videoüberwachung mit digitaler Bildaufzeichnung eine Datenanwendung im Sinne des § 4 Z 7 DSG 2000 stattfindet, welche einer Vorabkontrollpflicht nach § 18 Abs. 2 iVm § 20 DSG 2000 unterliegt. Wiewohl in diesem Punkt also insofern Rechtsklarheit herrscht, ist nicht zu verkennen, dass auf Seiten der Betroffenen ein Informationsdefizit verbunden mit Unsicherheit über die Voraussetzungen und Grenzen der Zulässigkeit privater Videoüberwachung besteht. Aus der Erwägung heraus, dass einer qualifizierten Diskussion über jede generelle Regelung die Sammlung und Aufbereitung einer gewissen Zahl an konkreten Einzelfallentscheidungen vorausgehen sollte, scheint es zweckmäßig, zunächst die Spruchpraxis der Datenschutzkommission in der unmittelbaren Zukunft zu beobachten. Dies umso mehr, als derzeit gehäufte Meldungen von Datenanwendungen im vorstehenden Sinne bei der Datenschutzkommission einlangen. Auf Basis einer entsprechenden Analyse des innerhalb einer Jahresfrist angefallenen Materials bzw. der dann vorliegenden Erfahrungen der Datenschutzkommission wäre sodann zu beurteilen, ob auch eine detaillierte generelle Regelung hinsichtlich der Zulässigkeit der Videoüberwachung durch Private im DSG 2000 verankert werden soll.

 

Eine solche generelle Regelung hätte folgende Aspekte zu beinhalten bzw. zu berücksichtigen:

-      Kriterien der Zulässigkeit der Videoüberwachung durch Private als solche;

-      Regelung der Berechtigung zur Weitergabe von im Zuge privater Videoüberwachung ermittelten Daten;

-      Klärung der Frage, ob, inwieweit und für welche Zwecke es Rechtsansprüche Dritter auf Herausgabe dieser Daten geben kann;

-      Regelungen zum Umfang der zulässigen Verwertung der Daten durch Behörden;

-      Regelungen betreffend den Rechtsschutz Betroffener.

 

Erst auf Basis der Lösung der skizzierten Grundsatzfragen bezüglich der Videoüberwachung durch Private sollte eine weitergehendere Verwendungsregelung für privates Videomaterial im SPG eingeführt werden.

 

Bei einer solchen Neuregelung wäre eine klare Abgrenzung der Norminhalte von § 53 Abs. 4 und § 54 Abs. 1 SPG vorzunehmen. Weiters wäre darauf zu achten, dass auch zulässige Videoüberwachungen den potentiell Betroffenen anzukündigen sind. Klärungsbedürftig wäre außerdem, inwieweit es auch Regelungsinhalte für analoge Aufzeichnungen geben soll.

 

Darüber hinaus heißt es im aktuellen Regierungsprogramm 2007 – 2010 auf Seite 136, dass „taugliche Rechtsgrundlagen für Videoüberwachung durch private im öffentlichen Raum geschaffen“ würden, damit „sowohl dem Rechtsstaat wie auch dem Grundrecht auf Datenschutz und Privatsphäre entsprechrochen (sic!) wird und diese Materialien für die Verfolgung von Straftaten verwenden werden können.“

 

 

 

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

 

 

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG:

 

 

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

Die Bundesregierung wird ersucht, ehestmöglich eine Regierungsvorlage betreffend eine Novelle zum Datenschutzgesetz vorzulegen, die die grundsätzliche Frage der datenschutzrechtlichen Zulässigkeit von Überwachungsmaßnahmen Privater mit Bild- und Tonaufzeichnungsgeräten an öffentlichen Orten bzw. in öffentlich zugänglichen Räumen einer Lösung im Sinne nachstehender Kriterien zuführt.

 

1.) Kriterien zur Zulässigkeit Privater Videoüberwachung:

 

Private sollen überhaupt nur dort Videoüberwachung betreiben, wo das Bestehen bzw. der Schutz eines „Hausrechts im weiteren Sinn“ überhaupt denkbar ist, also nicht im „öffentlichen Raum“.

 

Voraussetzung für die Zulässigkeit privater Videoüberwachung: 

·         eine konkrete Gefährdung (z.B. bereits erfolgte Straftaten und hohe Wahrscheinlichkeit künftiger weiterer Straftaten) oder ein immanentes Gefährdungspotenzial (z.B. Juwelier) muss vorliegen;

·         der Zweck der Überwachung kann nicht durch andere Maßnahmen mit geringerer Eingriffsintensität erreicht werden;

·         eine Überwachung der privaten Lebensführung (beispielsweise der MieterInnen) muss ausgeschlossen sein.

·         es muss gewährleistet sein, dass unbeteiligte Dritte (PassantInnen) nicht mitgefilmt werden.

·         eine Überwachung und Aufzeichnung von Bilddaten muss zur Erreichung der Schutzzwecke zwingend erforderlich ist;

·         der Zweck des Schutzes bzw. der Strafverfolgung überhaupt möglich ist;

 

 

2.) Maximale Speicherdauer

 

Aufnahmen sollen maximal 48 Stunden gespeichert werden dürfen. BetreiberInnen haben nachzuweisen, dass eine automatische Überschreibung der aufgenommenen Bilddaten nach diesem Zeitraum erfolgt. Die für die Beweissicherung notwendigen Daten müssen extra auf DVD oder CD gespeichert werden.

 

 

3.) Weitergabe an Dritte

 

Die Verwendung der ermittelten Daten ist ausschließlich zum in der Genehmigung festgeschriebenen Zweck zulässig. Eine Weitergabe an Dritte ist unzulässig. Die Sicherheitsbehörden dürfen bei Begehung eines Verbrechens zum Zweck der Strafverfolgung auf die privat aufgezeichneten Bilder zur Klärung und Beweissicherung zugreifen.

Die BetreiberInnen haben nachzuweisen, dass die Aufzeichnung verschlüsselt erfolgt und nur mit einer speziellen Software ausgewertet werden können. Der Zugang zu dieser Software darf nur wenigen, besonders geschulten und verpflichteten Personen (MitarbeiterInnen) möglich sein. Damit soll allein die Möglichkeit einer unbefugten Weitergabe an Dritte erschwert werden.

Ein direkter Zugriff Dritter auf die gewonnenen Bilddaten muss daher jedenfalls technisch ausgeschlossen sein

 

 

4.) Informationspflicht

 

Ausbau eines öffentlich zugänglichen Register genehmigter privater Videoüberwachungsanlagen im Internet und bei der Behörde mit folgenden Informationen: Betreiber, Zweck, Ort und technische Methoden.

Vor Ort rechtzeitig sichtbare Information, dass „videoüberwacht“ wird und genauer Hinweis über den überwachten Bereich, sowie Hinweis auf Registernummer und Genehmigung.

 

 

5.) Genehmigungspflicht

 

Die Zulässigkeit der privaten Videoüberwachung muss beantragt werden. Dann erfolgt eine Prüfung, ob die private Videoüberwachung dem Zweck nach notwendig ist. Bei einer Genehmigung soll stichprobenartig eine Überprüfung erfolgen, ob die gesetzlichen Bestimmungen eingehalten werden.

 

 

6.) Ausbau des Rechtsschutzes

 

Anzeigemöglichkeit bei nicht genehmigter privater Videoüberwachung. Behörde (Bezirkshauptmannschaft bzw. Magistrat) verhängt Strafe, wobei der bisherige Strafrahmen deutlich anzuheben ist. Darüber hinaus ist die Möglichkeit eines Beseitigungsauftrages durch die Behörde vorzusehen.

Weiters soll eine Strafbestimmung vorgesehen werden, die die rechtswidrige Weitergabe von durch Private ermittelte Ton- und Bilddaten durch MitarbeiterInnen der Sicherheitsbehörden oder anderer Behörden wegen des sensiblen Eingriffes in das Recht auf Datenschutz unter eine besondere Strafe stellt.

 

 

 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Verfassungsausschuss vorgeschlagen.