548/A(E) XXIII. GP
Eingebracht am 16.01.2008
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Entschließungsantrag
der Abgeordneten Weinzinger, Hofer, Kickl
und weiterer Abgeordneter
betreffend die Durchführung einer Steuerreform im Jahr 2008 mit dem Ziel einer Entlastung der österreichischen Familien mittels Einführung eines „Familiensteuersplitting-Modells"
Mit einer Abgabenquote von 42,2 % liegt Österreich im EU-Vergleich im „schlechten" oberen Drittel. (Durchschnitt in der EU beträgt 39,3 %). Österreich sollte daher eine geringere Abgabenquote fixieren um wettbewerbsfähig zu bleiben.
Die FPÖ strebt in der Steuerpolitik eine Verringerung der Abgabenquote von derzeit 42,2 Prozent auf maximal 39 Prozent an, was durch eine Verfassungsbestimmung abgesichert werden soll (siehe 538/A(E) XXIII. GP - Entschließungsantrag).
Die FPÖ sieht die Notwendigkeit einer Entlastung unserer österreichischen Familien mittels eines „Familiensteuersplitting-Modells". Immer mehr österreichische Familien werden durch die überdurchschnittlich steigenden Preise im Bereich der Befriedigung der Grundbedürfnisse in den kommenden Jahren in die Nähe oder unterhalb der Armutsschwelle geraten: Die Ausgaben für Mobilität, Heizen, Wohnen und Lebensmittel werden auf längere Sicht noch stärker ansteigen. Die außerordentlichen Preissteigerungen speziell in diesen Bereichen können nicht allein über die Einkommensentwicklung kompensiert werden. Hier ist eine aktive Entlastungspolitik für die Familien dringend erforderlich. Des Weiteren kommt ein nicht unwesentlicher Teil der jährlichen Lohn- und Gehaltssteigerung durch die kalte Progression den Arbeitnehmern nicht zugute. Das ist aus Sicht der FPÖ ein untragbarer Zustand. Denn es handelt sich hier um einen versteckten Diebstahl des Staates an den Arbeitnehmern und belastet die österreichischen Familien enorm.
Die Gründung einer eigenen Familie stellt heute ohnehin schon die größte Armutsfalle in Österreich dar. Die derzeit geltende Individualbesteuerung behindert die Familiengründung. Das Prinzip „Besteuerung nach Leistungsfähigkeit" wird in diesem System nicht berücksichtigt. Die negativen steuerlichen Auswirkungen einer Familiengründung werden zwar durch Absetzbeträge und die Familienbeihilfe leicht abgeschwächt, dem Prinzip der Leistungsfähigkeit können diese Familienleistungen jedoch nicht zum Durchbruch verhelfen. Es macht eben einen eminenten Unterschied, ob von einem Einkommen eine oder fünf Personen leben müssen. Neben der Gleichbehandlung von Ungleichem, nämlich einerseits Kinderlosen und andererseits Familien, verlieren besonders Alleinverdienerfamilien durch die Individualbesteuerung, da sie voll von der steuerlichen Progression erfasst werden. Der Alleinverdienerabsetzbetrag vermag diese eklatante Schieflage nicht zu beheben.
Laut einer WIFO-Studie aus dem Jahr 2003 zum Thema „Schätzung der direkten und indirekten Kinderkosten", verringern Kinder den Wohlstand - das zeigt die Konsumquote, die die Relation zwischen den laufenden Konsumausgaben und dem Haushaltseinkommen abbildet. Kinderlose Haushalte weisen demnach eine niedrigere Konsumquote auf, was mehr Sparmöglichkeiten bzw. eine höhere Sparquote bedeutet (Konsumerhebung 1999/2000: Konsumquote 94 %, Sparquote 6 %). Familien mit Kindern hätten im Schnitt eine höhere Konsumquote (Konsumquote 99 %, Sparquote 1 %) und damit stärkere finanzielle Einschränkungen. Mit der Anzahl der Kinder steigt auch die Konsumquote. Einen Teil des Einkommens auf die Seite zu legen, wird damit immer schwieriger.
Familien mit Kindern haben eine geringere Pro-Kopf-Kaufkraft als Personen ohne Kinder, so die Studie weiter. Das Einkommen von Alleinerzieher mit einem Kind liegt gemessen am bedarfsgerechten Pro-Kopf-Einkommen um ein Viertel unter dem Einkommen von "Singles", mit zwei Kindern um ein Drittel darunter. Die Folge davon ist, dass ein Viertel der Alleinerziehenden mit zwei oder mehr Kindern von Einkommensarmut bedroht ist. Etwas weniger schlimm trifft es Zweierwachsenenhaushalte. Diese beziehen mit einem Kind 11 % und mit zwei oder mehr Kindern rund ein Viertel weniger Einkommen als kinderlose Haushalte. So die WIFO Studie über Zahlen von 1999/2000. Mittlerweile dürfte sich die finanzielle Situation unserer Familien weiter zugespitzt haben.
Auch unsere Nachbarn in der Bundesrepublik machen sich über eine Reform des Steuersystems Gedanken. Die „Stiftung Marktwirtschaft" hat die Kommission „Steuergesetzbuch" ins Leben gerufen. Seit dem Jahr 2004 arbeiten unter der Leitung des Kölner Steuerrechtsprofessors Joachim Lang, 76 Experten aus Wissenschaft, Recht, Unternehmen, den Kommunen und Vertretern von im Bundestag vertretenen Parteien an einer grundlegenden Reform der deutschen Steuergesetze.
Begleitet wird das Projekt vom "politischen Beirat", welcher sich wie folgt zusammensetzt: Friedrich Merz von der CDU, der rheinland-pfälzische Finanzminister Ingolf Deubel von der SPD, Hermann Otto Solms von der FDP, der bayrische Finanzminister Kurt Faltlhauser von der CSU und der Weseler Stadtkämmerer Manfred Busch von den Grünen.
Bei einer Tagung im November 2005 wurden Teile der Ergebnisse präsentiert und diskutiert. Prof. Dr. Heinz-Jürgen Pezzer, Richter am deutschen Bundesfinanzhof wies in seinem Beitrag zum Thema „Existenznotwendiger Lebensbedarf und Familie im neuen Einkommensteuergesetz" darauf hin, dass bei der Wahrung eines Familienexistenzminimums insbesondere die Unterhaltsverpflichtungen realitätsgerecht als Minderung der Leistungsfähigkeit zu berücksichtigen seien. Die wirtschaftliche Belastung durch Unterhaltsverpflichtung sei ein besonderer, die Leistungsfähigkeit beeinträchtigender Umstand. Diese unabweisbare Sonderbelastung dürfe der Gesetzgeber ohne Verstoß gegen die Steuergerechtigkeit nicht außer Acht lassen. Daraus folge auch, dass für die steuerliche Berücksichtigung zwingender Unterhaltsverpflichtungen keine realitätsfremden Grenzen gezogen werden dürften. Er folgerte daraus, dass das deutsche Steuerrecht ein Familiensplitting-Modell zu implementieren hätte und hob hervor, dass die Umsetzung des Familienrealsplittings verfahrensrechtlich in einem Familiensteuerbescheid erfolgen könne {siehe: http://neues-steuergesetzbuch.de/).
Die Kosten für die Einführung eines flächendeckenden Familiensteuersplittings in Österreich belaufen sich im Vollausbau (alle Haushalte mit Kindern) auf rund 2,5 bis 3 Mrd. Euro. Ein Teil dieser Kosten wird durch die finanzielle Stärkung der Familien über die Mittelverwendung (Konsumquote bei 99%) im Zuge der Umsatzsteuer wieder ins Budget fließen. Familien haben - wie oben dargestellt - in der Regel wenig Möglichkeiten zu sparen. Weiters ist durch die Stärkung der Familien ein Rückgang bei der Inanspruchnahme von öffentlichen Unterstützungen und Sozialleistungen zu erwarten, was sich positiv auf die Budgetausgaben auswirken dürfte.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden
ENTSCHLIESSUNGSANTRAG:
Der Nationalrat wolle beschließen:
"Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat unverzüglich eine Regierungsvorlage für eine die Bürger stark entlastende Steuerreform, deren wesentlicher Bestandteil die Verankerung des Familiensteuersplitting-System, sein soll, zuzuleiten."
In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Finanzausschuss vorgeschlagen.