651/A(E) XXIII. GP
Eingebracht am 13.03.2008
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Dr. Wittmann
und GenossInnen
betreffend Verwendung von Fluggastdatensätzen (PNR-Daten) zu
Strafverfolgungszwecken
Der vorliegende Vorschlag der EU-Kommission über einen Rahmenbeschluss des Rates über die Verwendung von Fluggastdatensätzen (PNR-Daten) zu Strafverfolgungszwecken wurde bereits von einigen Staaten und gesetzgebenden Körperschaften, der Artikel 29 Datenschutzgruppe, dem Europäischen Datenschutzbeauftragten und anderen Institutionen aus verschiedenen Gründen kritisiert und abgelehnt. So fehlen inhaltliche Ausführungen bzw. Begründungen zur Vereinbarkeit des vorliegenden Vorschlags mit dem Recht auf den Schutz personenbezogener Daten. Es fehlen auch konkrete Nachweise dazu, inwieweit der Vorschlag zu dem bereits bestehenden Datenaustauschsystem nach der Richtlinie 2004/82/EG (API-Daten) sowie der vorab bereits erwähnten Initiativen einen Mehrwert bei der Terrorismus- bzw. Kriminalitätsbekämpfung darstellt. Die Artikel 29 Datenschutzgruppe kam zum Schluss, dass unter den von der Kommission vorgelegten Informationen keine Hinweise zu finden gewesen waren, die die dringende Notwendigkeit der Verarbeitung der PNR-Daten zum Zweck der Vermeidung und der Bekämpfung von Terrorismus und verwandter Verbrechen belegen würden.
Sehr deutlich formulierte diese Ablehnung auch der Deutsche Bundesrat in einer umfangreichen Stellungnahme. Danach ist mit diesem Entwurf für einen Rahmenbeschluss grundsätzlich das Verhältnis zwischen Freiheitsrechten und öffentlicher Sicherheit nicht gewahrt. Auch die Notwendigkeit eines solchen Rechtsaktes wurde in Anbetracht bereits bestehender Datenübermittlungen (API) in Frage gestellt. Es gab weiters keine Begründung für die Notwendigkeit oder Verhältnismäßigkeit einer Speicherdauer von insgesamt 13 Jahren.
Der Vorschlag wird hinsichtlich der Rechtsgrundlage auf Art. 29, 30 Abs. 1 lit b und Art. 34 Abs. 2 lit b EU-Vertrag gestützt, was klarstellt, dass es sich dabei um einen Rechtsakt der Dritten Säule, nämlich um einen Rahmenbeschluss, handeln soll. Die Wahl der Rechtsgrundlage liegt wohl darin begründet, dass der EuGH in den
verbundenen Rechtssachen C-317/04 und C-318/04 die Erfassung von Flugpassagierdaten an die USA dem Ziel der Terrorismusbekämpfung und damit der 3. Säule zugehörig qualifiziert hat.
Der Vorschlag sieht u.a. vor, dass Fluglinien (entweder selbst oder über so genannte Datenmittler) die ihnen vorliegenden Flugpassagierdaten im Voraus (und zwar mindestens 24h vor dem Abflug) sowie nach Abfertigungsschluss einer in jedem Mitgliedstaat eingerichteten PNR-Zentralstelle übermitteln (Art. 5 bzw. 6 des Vorschlags). Die Aufgabe der PNR-Zentralstelle besteht darin, aus den vorhandenen Daten zum Zweck der Terrorismusbekämpfung und der Bekämpfung der organisierten Kriminalität das Risikopotential von unbekannten Fluggästen zu eruieren. Da es bei dieser Risiko-Analyse keine Einschränkung auf bestimmte im Voraus festgelegten Kriterien gibt, werden nicht nur Rechtssicherheit und Transparenz dieser Abfragen beeinträchtigt, sondern diese Analyse in den Mitgliedsstaaten in qualitativer und quantitativer Sicht zu stark divergierenden Ergebnissen führen.
Die Daten
bleiben bei der PNR-Zentralstelle, an die die Daten übermittelt wurden, fünf Jahre lang gespeichert. Nach diesem
Zeitraum werden die Daten für weitere acht Jahre „ruhend"
gestellt, dh dass sie nur unter noch strengeren
Voraussetzungen von ganz bestimmten
Personen aktiviert werden können. Die zu übermittelnden
insgesamt 19 (bzw. für unbegleitete Minderjährige um 6 weitere ergänzte) Datenarten sind in einem Anhang
zum Kommissionsvorschlag aufgelistet. Diese entsprechen im Wesentlichen den
bereits im Abkommen mit den USA enthaltenen Datenarten, dessen Abschluss
allerdings vom Europäischen Parlament - wie auch vom
Österreichischen Nationalrat - heftig kritisiert wurde. Österreich
hat sich bei der Abstimmung, im Rat
allgemeine Angelegenheiten am 23Juli 2007 der Stimme enthalten.
Der Datenschutzrat hat in seiner Sitzung vom 5.3.2008 zu dem vorliegenden Vorschlag der Kommission über einen Rahmenbeschluss des Rates über die Verwendung von Fluggastdatensätzen (PNR-Daten) zu Strafverfolgungszwecken massive datenschutzrechtliche Bedenken festgestellt und eine Zustimmung zum Vorschlag abgelehnt.
Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher folgenden
Entschließungsantrag:
Der Nationalrat wolle beschließen:
Entschließung
Der Nationalrat hat beschlossen:
Die zuständigen Mitglieder der Bundesregierung werden ersucht, gegenüber der EU-Kommission zum vorliegenden Vorschlag die Auffassung zu vertreten, dass
1. zur Klärung der Rechtsgrundlage und der anwendbaren Datenschutzbestimmungen das Urteil des EuGH in der Rechtssache C-301/06 über die Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung (2006/24/EG) abgewartet werden muss, bevor mit Verhandlungen zu dem Vorschlag fortgefahren wird;
2. im Hinblick auf den Vertrag von Lissabon (VvL), mit dem eine Änderung des Rechtssetzungsverfahrens (Übergang zum Gesetzgebungsverfahren unter Einbindung des Europäischen Parlaments) einhergeht, von einer Annahme des Rahmenbeschlusses vor dem (möglichen) Inkrafttreten des VvL abgesehen werden soll;
3. sofern die Verhandlungen fortgesetzt werden, der Vorschlag gerade im Lichte der Stellungnahmen der Artikel 29 - Gruppe und des Europäischen Datenschutzbeauftragten grundlegend überarbeitet werden, da aus datenschutzrechtlicher Sicht erhebliche Bedenken bestehen;
4. der ausstehende Rahmenbeschluss Datenschutz zwingende Voraussetzung für zukünftige Rechtsakte in der 3.Säule zu sein hat.
Zuweisung: Innenausschuss