686/A(E) XXIII. GP
Eingebracht am 09.04.2008
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Strache, Neubauer, Mag. Hauser, Dr. Aspöck und weiterer Abgeordneter
betreffend die Verankerung der Schutzmachtfunktion Österreichs für die Südtiroler deutscher und ladinischer Muttersprache
Seit der Streitbeilegungserklärung im Jahre 1992 wurde immer wieder über eine Verankerung der Schutzmachtfunktion Österreichs für die Südtiroler deutscher und ladinischer Muttersprache diskutiert. Mitte Jänner 2006 wurde eine entsprechende Petition vom Südtiroler Schützenbund an den damaligen Nationalratspräsidenten Khol überreicht. Die Petition hatte folgenden Inhalt:
„Die unterzeichneten Schützenkompanien und Bürgermeister aus allen Teilen des historischen, großen Tirol ersuchen den Nationalrat bei den derzeit laufenden Beratungen über eine neue österreichische Bundesverfassung auf der Grundlage der Beratungen des Österreich-Konvents in der Präambel einer solchen Verfassung folgende Worte aufzunehmen:
1. Die Republik Österreich
anerkennt die historisch gewachsenen Volksgruppen
in Österreich
und setzt sich für Schutz und Förderung der mit Österreich
geschichtlich
verbundenen deutschsprachigen Minderheiten, insbesondere
auch der Südtiroler ein.
2.
Die
Republik
Österreich
bekennt sich
zur Wahrung des
Selbstbestimmungsrechtes
des vom Land Tirol abgetrennten Tiroler Volkes
deutscher und ladinischer Sprache und zum besonderen Schutz der Rechte
der
Südtiroler auf der Grundlage des Völkerrechtes."
Die Petition war von Bürgermeistern und Schützenkommandanten von nicht weniger als 127 Nord- und Osttiroler und 113 Südtiroler Gemeinden unterzeichnet worden.
Der Petition sind damals folgende Abgeordnete als Überreicher beigetreten: Dr. Andreas Khol, Klaus Wittauer, Astrid Stadler, Georg Keuschnigg, Mag. Karin Hakl, Maria Grander, Johannes Schweisgut, Helga Machne, Hermann Gahr.
Nach der Behandlung im Petitionsausschuss, im Außenpolitischen Ausschuss und im Südtirol-Unterausschuss verabschiedete der Außenpolitische Ausschuss mit Stimmenmehrheit (gegen die Grünen) einen Ausschussentschließungsantrag (63/AEA) der wie folgt lautete:
„Der Nationalrat unterstützt bei einer Verfassungsreform die Aufnahme einer Bestimmung in die österreichische Bundesverfassung, welche die Schutzfunktion für die österreichische Volksgruppe in Südtirol verankert. Die Beachtung der Schutzfunktion anderer Staaten für ihre in Österreich lebenden Volksgruppen (Art. 8 Abs. 2 B-VG) soll gleichermaßen in die Verfassung aufgenommen werden. Die Bundesregierung wird ersucht, in diesem Sinne vorzugehen."
Dieser Antrag wurde in der 163. Sitzung (XXII. GP) gegen die Stimmen der Grünen vom Nationalrat angenommen.
Da dieser Entschließungsantrag in der XXIII. GP keiner Umsetzung durch die Bundesregierung mehr zugeführt werden kann, soll mit vorliegendem erneuerten Antrag die Verankerung der Schutzmachtfunktion Österreichs für die Südtiroler deutscher und ladinischer Muttersprache in der Bundesverfassung an die derzeitige Regierung ein neuerlicher Handlungsauftrag gegeben werden.
Frau Abg. Mag. Ulrike Lunacek (Grüne) hatte sich in der Debatte über den Ausschussentschließungsantrag am 21.9.2006 vor allem über den Zeitpunkt des damaligen Antrags echauffiert:
„Warum jetzt? Warum nicht 1992, als es die Streitbeilegung gab? Das wäre doch eine Möglichkeit gewesen, das in einer Verfassungsreform einzubringen. Warum nicht, als Österreich der EU beigetreten ist? Da hätte es auch die Möglichkeit gegeben, das als Verfassungsänderung hinzuzufügen. Nichts haben Sie getan. Also warum jetzt?"
Der Zeitpunkt der Einbringung dieses Antrags am 9. April 2008, dem Tag an dem der EU-Reformvertrag im Parlament ratifiziert wird, dürfte nach der Argumentation der Grünen aus dem Jahr 2006 also für diese Fraktion kein Hindernis mehr darstellen.
Auszug aus der österreichischen Note samt der Streitbeilegungserklärung vom 11.6.1992:
„4. Punkt 13 des genannten Operationskalenders sieht vor, daß - sobald die italienische Regierung die in der Regierungserklärung vom 3. Dezember 1969 angekündigten Maßnahmen durchgeführt hat - die österreichische Regierung eine Schlußerklärung über den Streitfall abgibt, die hiermit wie folgt abgegeben wird:
"Im Hinblick darauf, daß zwischen Österreich und Italien eine Streitigkeit über die Durchführung des Pariser Abkommens vom 5. September 1946 entstanden ist; im Hinblick darauf, daß diese Streitigkeit Gegenstand der Resolutionen 1497 (XV) und 1661 (XVI) der Vollversammlung der Vereinten Nationen war; unter Bedachtnahme darauf, daß die Vollversammlung der Vereinten Nationen Österreich und Italien in den erwähnten Resolutionen empfohlen hat, die Verhandlungen mit dem Ziel wieder aufzunehmen, eine Lösung aller Differenzen hinsichtlich der Durchführung des obengenannten Abkommens zu finden; in Anbetracht der Tatsache, daß die Wiederaufnahme der Verhandlungen stattgefunden und zur Annahme einer Methode der Beratungen geführt hat, welche geeignet war, die Beilegung der Streitigkeit ohne Präjudiz für die jeweiligen Rechtsstandpunkte der beiden Seiten herbeizuführen; mit Rücksicht darauf, daß die italienische Regierung in ihrer Regierungserklärung vom 3. Dezember 1969 detailliert aufgezählte Maßnahmen angekündigt hat, die in dauerhafter Weise die Interessen der deutschsprachigen Bevölkerung Südtirols, das friedliche Zusammenleben und die Entwicklung der Sprachgruppen Südtirols zu gewährleisten bestimmt sind; angesichts der Tatsache, daß die italienische Regierung diese in der Regierungserklärung vom 3. Dezember 1969 angekündigten Maßnahmen nunmehr verwirklicht und mit Note vom 22. April 1992 mitgeteilt hat: erklärt die österreichische Bundesregierung, daß sie die zwischen Österreich und Italien bestehende Streitigkeit, welche Gegenstand der erwähnten Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen war und den Status des
deutschsprachigen Elements der Provinz Bozen (Bolzano) - Durchführung des Pariser Abkommens vom 5. September 1946 - betrifft, als beendet erachtet."
und weiter:
„6. Die österreichische Regierung geht unter Beibehaltung ihrer Verantwortung als Unterzeichner des Pariser Abkommens davon aus, daß die von der italienischen Regierung im Interesse der Volksgruppen Südtirols durchgeführten Maßnahmen und somit das Autonomiestatut 1972 mit seinen Durchführungsbestimmungen, ordentlichen Gesetzen und Verwaltungsakten, wie es aus dem Anhang zur Note vom 22. April 1992 hervorgeht, nicht einseitig abgeändert werden, sondern, wie der italienische Ministerpräsident in seinen Parlamentserklärungen vom 30. Jänner 1992, welche der österreichischen Seite mit der genannten Note vom 22. April übermittelt wurden, festgestellt hat, nur im Rahmen der gemeinsamen Verantwortung und des bereits bisher zwischen der Zentralgewalt und den betroffenen Volksgruppen erreichten politischen Konsenses, welche auch für den Fall fortdauern müssen, daß normative Änderungen erforderlich werden sollten."
Am 19.6.1992 wurde die Notifizierungsurkunde Österreichs und Italiens zur Streitbeilegung an die UNO übermittelt.
Es ist nach 16 Jahren höchst an der Zeit, der im Jahre 1992 festgehaltenen Beibehaltung der Verantwortung Österreichs für die Südtiroler deutscher und ladinischer Muttersprache als Unterzeichner des Pariser Abkommens in der österreichischen Bundesverfassung, gerecht zu werden.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden
Entschließungsantrag
„Die
Bundesregierung wird aufgefordert, schnellst möglich dem Nationalrat eine
Regierungsvorlage
zum Bundesverfassungsgesetz vorzulegen, welche die
Verankerung der
Schutzmachtfunktion Österreichs, insbesondere das Bekenntnis zur
Wahrung des
Selbstbestimmungsrechtes des vom Land Tirol abgetrennten Tiroler
Volkes deutscher
und ladinischer Sprache, sowie ein Anerkenntnis der gewachsenen
Volksgruppen in
Österreich, an geeigneter Stelle zum Inhalt hat."
In formeller Hinsicht wird um Zuweisung an den Verfassungsausschuss ersucht