71/A(E) XXIII. GP

Eingebracht am 14.12.2006
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

 

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

der Abgeordneten Lichtenecker, Freundinnen und Freunde

 

betreffend verwaltungsrechtliches Umwelthaftungsgesetz

 

 

Am 30. April 2004 ist die Richtlinie 2004/35/EG über Umwelthaftung zur Vermeidung und Sanierung von Umweltschäden in Kraft getreten. Sie von den Mitgliedstaaten bis 30. April 2007 umzusetzen.

 

Von den ursprünglichen Intentionen der Kommission, eine zivilrechtliche verschuldensunabhängige Haftung  für umweltgefährliche Anlagen und Tätigkeiten für Schäden an der Natur, der Gesundheit und dem Eigentum (siehe Grünbuch über die Sanierung von Umweltschäden, KOM (93) 47) einzuführen, ist allerdings nichts übrig geblieben.

 

Die Richtlinie bezweckt nicht die erleichterte gerichtliche Geltendmachung von Schäden durch Betroffene gegenüber den BetreiberInnen umweltgefährlicher Anlagen, sondern fordert behördliches (verwaltungspolizeiliches) Handeln ein, wenn der Betreiber/die Betreiberin dem Auftrag, Schädigungen zu vermeiden bzw zu beseitigen nicht nachkommt. Eine umfassende Umsetzung setzt in Österreich die Schaffung einer entsprechenden Bundesgesetzgebungskompetenz voraus.

 

Abgesehen von diesem Systemwechsel vom Zivilrecht ins Verwaltungsrecht werden nur ausgewählte Umweltgüter geschützt, der Schutz der Gesundheit und des Eigentums wurde völlig fallengelassen. Erfasst werden geschützte Arten und deren Lebensräume, die Gewässer und der Boden, letzterer nur sofern die Schädigung zu Gesundheitsschäden führt. Es fehlt also an einem Schutz der Natur schlechthin, auch Luftverschmutzung wird so nicht erfasst.

 

Statt einer Generalklausel werden die gefährlichen Tätigkeiten und Anlagen kasuistisch definiert. Man orientiert sich am Listensystem bereits erlassener Richtlinien. Auffällig ist, dass UVP-pflichtige Anlagen und gemäß der Seveso II-Richtlinie besonders gefahrengeneigte Anlagen nicht per se dem Haftungsregime unterstellt sind.

 

Es bedarf daher schon besonderer Künste, einen Schadensfall zu konstruieren, der unter die Richtlinie fällt. Sollte es in Österreich bloß zu einer föderalen Umsetzung kommen, so würde dieser zersplitterte Ansatz noch weiter durch die Kompetenzverteilung zwischen dem Bund und den Ländern aufgebröselt.

 

Eindeutige Vorgaben für eine verschuldensunabhängige Haftung, für Beweiserleichterungen und für eine Versicherungspflicht fehlen.

 

Die Richtlinie kann daher nur Anlass und nicht Inhaltsangabe für ein österreichisches Gesetzesvorhaben, den Schutz der Umwelt zu verbessern, sein. Der europäische Gesetzgeber war sich wohl bewusst, dass der erzielte Minimalkonsens dürftig ist und formulierte in Art 16 Abs 1 ausdrücklich: „Die Richtlinie hindert die Mitgliedstaaten nicht daran, strengere Vorschriften für die Vermeidung und Sanierung von Umweltschäden beizubehalten oder zu erlassen, einschließlich der Festlegung von  Tätigkeiten, die den Bestimmungen dieser Richtlinie über die Vermeidung und Sanierung von Umweltschäden unterliegen, und der Bestimmung zusätzlicher verantwortlicher Parteien.“ Für einen umfassenden Ansatz spricht außerdem, dass die Umsetzung der sogenannten dritten Säule der Aarhus-Konvention in Österreich nach wie vor ansteht. Die qualifizierte Öffentlichkeit muss die Möglichkeit erhalten, die Verletzung von Umweltrecht durch die Behörden oder durch Private rechtlich geltend zu machen.

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

 

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG:

 

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

1. Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft wird ersucht, dem Nationalrat eine Darstellung der im Betriebsanlagenrecht und verwandten Rechtsmaterien zum Schutz der Umwelt (Bundes- und Landesrecht) vorgesehenen behördlichen Maßnahmen zur Wahrung gesetzmäßigen Handelns Privater, insbesondere auch eine Darstellung von Haftungsregelungen in diesen Rechtsmaterien vorzulegen.

 

2. Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat einen Gesetzesentwurf für ein verwaltungsrechtliches Umwelthaftungsgesetz vorzulegen, das zumindest folgendes sichert:

 

·               Schutz der Umwelt und des Menschen (Generalklausel) -

·               vor Schäden umweltgefährlicher Anlagen und Tätigkeiten (Generalklausel);

·               klare Verpflichtung zur Schadensvorbeugung und –beseitigung seitens des Betreibers/der Betreiberin, sofern unter Heranziehung der Beweiserleichterungen Verursachung feststeht; kein Ausschluss des Normalbetriebs und des Entwicklungsrisikos, Haftung für GehilfInnen;

·               im Fall der Untätigkeit der Betreiberin/des Betreibers: Auftrag der Behörde zu Maßnahmen zur Verhinderung des Schadenseintritts bzw zur Beseitigung des Schadens inkl einstweiliger Verfügungen bzw Ersatzvornahme gegen Kostenersatz durch den Betreiber/die Betreiberin;

·               Antragsrecht auf die Erlassung von behördlichen Maßnahmen (inkl einstweiliger Verfügungen) für NachbarInnen, Bürgerinitiativen und Umweltorganisationen an die zuständige Behörde, Rechtszug an UVS und Verwaltungsgerichtshof;

·               Versicherungspflicht für umweltgefährliche Anlagen;

·               kein Abbau bestehender Schutzstandards.

 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Umweltausschuss vorgeschlagen.