806/A(E) XXIII. GP
Eingebracht am 06.06.2008
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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG
der Abgeordneten Lunacek, Weinzinger, Freundinnen und Freunde
betreffend Menschenrechte in China vor den Olympischen Spielen 2008 - Freilassung von Gewissensgefangenen
Der stellvertretende geschäftsführende Vorsitzende des chinesischen Bewerbungskomitees, Liu Jingming, erklärte gegenüber dem IOC im April 2001: „Mit Ihrer Entscheidung für Peking als Austragungsort der Olympischen Spiele tragen Sie auch zur Weiterentwicklung der Menschenrechte bei.“
Und der Präsident des IOC, Jacques Rogge, meinte in einem BBC-Interview am 24. April 2002: „Wir sind überzeugt, dass die Olympischen Spiele die Menschenrechtslage in China verbessern werden.“
Leider hat sich die Menschenrechtslage in China nach Berichten von Menschenrechts-Organisationen im Zuge der Vorbereitung der Olympischen Spiele nicht verbessert. Amnesty International spricht in einem an alle Abgeordneten versandten Brief von einer „gegenwärtigen Welle der Repression nicht trotz, sondern gerade wegen der bevorstehenden Olympischen Spiele (...).“
Friedliche MenschenrechtsaktivistInnen wurden vor allem während der letzten sechs Monate verhaftet oder unter Hausarrest und Polizeibewachung gestellt. Amnesty stellt im Bericht „China: The Olympics Countdown“ fest, dass jene, die Menschenrechtsverletzungen in Verbindung mit der Olympiade bringen, besonders hart bestraft werden.
Verhaftungen und Einweisungen in Umerziehungslager ohne Gerichtsurteil werden dazu benützt, Peking vor den Olympischen Spielen von BettlerInnen, HändlerInnen ohne Lizenz, illegalen TaxifahrerInnen etc. zu „säubern“.
Auch Falun Gong-AnhängerInnen sowie jene, die nach Peking gekommen waren, um Beschwerde-Petitionen einzureichen (ein verfassungsmäßiges Recht) wurden in den letzten Monaten vermehrt festgenommen oder in ihre Heimatprovinzen abgeschoben.
Ausländischen ReporterInnen werden in der Berichterstattung über sensible Themen Hindernisse in den Weg gelegt. Strenge Kontrolle und Zensur behindern die frei Berichterstattung chinesischen JournalistInnen.
Die Internet- und SMS-Zensur wurde ebenfalls verschärft, HIV/Aids-Gruppen gehörten laut AI zu den letzten Opfern dieser Kontrollen, die leider auch unter Mithilfe von westlichen Internetanbietern (Yahoo, Google) durchgeführt werden.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden
ENTSCHLIESSUNGSANTRAG:
Der Nationalrat wolle beschließen:
Die Bundesregierung, insbesondere der Bundeskanzler und die Bundesministerin für europäische und internationale Angelegenheiten, wird aufgefordert, sich im Rahmen der EU und in allen Kontakten mit der chinesischen Regierung sowie dem IOC für folgende MenschenrechtsaktivistInnen (stellvertretend für viele andere) einzusetzen und ihre unverzügliche und bedingungslose Freilassung zu fordern:
1. Hu
Jia (Menschenrechtsaktivist)
Hu Jia wurde am 27. Dezember 2007 verhaftet und am 28. Jänner 2008
angeklagt. Er hat, auch im Kontakt mit internationalen Kontakten, immer wieder
Kritik an der Menschenrechtssituation in China geübt. Vor seiner
Verhaftung stand er monatelang unter Hausarrest.
2. Zeng
Jinyan (Menschenrechtsaktivistin)
Zeng Jinyan, die Frau von Hu Jia, befindet sich seit der Inhaftierung ihres
Mannes mit ihrer neugeborenen Tochter unter Hausarrest.
3. Bu
Dongwei (Falun Gong-Mitglied)
Bu Dongwei wurde am 19. Mai 2006 verhaftet und ohne Anklage und Prozess im
Juni 2006 für zweieinhalb Jahre in ein Umerziehungslager gesperrt. Bereits
2000 war er für ein Jahr im gleichen Lager inhaftiert. Er soll im November
2008 entlassen werden. AI befürchtet, dass Bu Dongwei gefoltert und
misshandelt wird.
4. Ye
Guozhu (Menschenrechtsaktivist)
Ye Guozhus Pekinger Wohnung und Restaurant mussten 2004 einem Bauvorhaben
weichen. Entschädigung erhielt er nicht. Drei Tage nach einer von ihm
beantragten Demonstration gegen die Zwangsräumung wurde er inhaftiert und
im Dezember 2004 zu vier Jahren Haft verurteilt. In der Haft wurde er
gefoltert. Nach zweimaligem Einspruch gegen sein Urteil verwehrt man ihm
jeglichen Kontakt zur Außenwelt. Auch Ye Guozhus Sohn Ye Mingjun und sein
Bruder Ye Guoqiang wurden inhaftiert. Ersterer wurde wieder freigelassen,
während von Letzerem jede Spur fehlt.
5. Cheng
Guangcheng (Menschenrechtsverteidiger)
Chen Guangcheng ist blind und hat sich sein juristisches Wissen
autodidaktisch erworben. Er nützte es, um DorfbewohnerInnen seiner Provinz
bei einer Klage gegen lokale Behörden zu unterstützen. Im September
2005 wurde er unter Hausarrest gestellt, im August 2006 nach einem unfairen
Gerichtsvefahren zu über vier Jahren Haft verurteilt. Cheng Guangcheng
beharrt darauf, sein Urteil beim Oberen Provinzgericht anzufechten, was ihm
extrem erschwert wird.
6. Shi
Tao (Journalist)
Shi Tao versandte am 20. April 2004 eine für JournalistInnen bestimmte
restriktive Richtlinie der Kommunistischen Partei zur Berichterstattung
über den 15. Jahrestag der Demonstrationen am Tian’anmen-Platz
anonym über seinen Yahoo-Account an die Stiftung „Asia
Democracy“. Am 24. November 2004 wurde er verhaftet, sein Laptop
und Computer wurden beschlagnahmt. Der Internet-Anbieter Yahoo hatte den
Standort seines Computers herausgefunden und an die chinesischen Behörden
weitergegeben. Shi Tao wurde im April 2005 zu zehn Jahren Haft verurteilt,
seine Familie ist seither ständigen Schikanen ausgesetzt.
7. Yang
Tongyan (Schriftsteller)
Yang Tongyan ist Mitglied des chinesischen PEN-Clubs und ein scharfer Kritiker
des chinesischen politischen Systems. Deshalb war er bereits von 1990 bis 2000
wegen seiner Kritik an der blutigen Niederschlagung der Proteste vom
Tian’anmen-Platz inhaftiert. Am 23. Dezember 2005 wurde er erneut unter
Hausarrest gestellt, im Jänner 2006 inhaftiert und zu zwölf Jahren
Haft verurteilt.
8. Huang
Jinqiu (Journalist)
Huang Jinqiu schrieb während seines Studiums in Malaysia für diverse
chinesischsprachige Nachrichtenportale. Im Jänner 2003 kündigte er im
Internet an, die „Patriotische Demokratische Partei Chinas“
gründen zu wollen. Als er sieben Monate später nach China
zurückkehrte, wurde er streng überwacht und im September 2003
festgenommen. Im Juni 2004 wurde er zu mehr als zwölf Jahren
Gefängnis und vier Jahren Entzug seiner politischen Rechte verurteilt.
Dieses Urteil ist um etwas mehr als ein Jahr verringert worden. Hunag Jinqiu
soll somit 2013 entlassen werden. Während seiner Haft wurde er wiederholt
gefoltert und misshandelt.
9. Yang
Chunlin (Menschenrechtsverteidiger)
Yang Chunlin war im Juli 2007 inhaftiert worden, als er sich an der
Unterschriftensammlung für eine Petition mit der Forderung „Wir
wollen Menschenrechte und keine Olympischen Spiele“ beteiligt hatte. Am
3. August 2007 wurde er angeklagt. Während der Haft war er (und ist
wahrscheinlich noch immer) ständigen Demütigungen, Misshandlungen und
Folterungen ausgesetzt.
10. Liu Jie
(Menschenrechtsaktivistin)
Liu Jie ist seit 1997 als Menschenrechtsaktivistin tätig, als ihr
Milchgeschäft durch lokale Behörden enteignet wurde. Sie wurde im
November 2007 zu 18 Monate Haft in einem Umerziehungslager verurteilt, weil sie
in einem öffentlichen Brief an den 17. Chinesischen Volkskongress
politische und rechtliche Reformen gefordert hatte. Dieser Brief wurde von
12.000 Menschen unterzeichnet. Liu Jie leidet als Folge von Misshandlungen
während des Polizeigewahrsams an einer ernsthaften Augenverletzung, eine
Enthaftung aus medizinischen Gründen wurde verweigert.
In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Ausschuss für Menschenrechte vorgeschlagen.