817/A(E) XXIII. GP

Eingebracht am 06.06.2008
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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

der Abgeordneten Albert Steinhauser, Brigid Weinzinger, Freundinnen und Freunde

 

betreffend Reform des Scheidungs- und Unterhaltsrechts

 

Während die Eheschließung als scheinbar an Beliebtheit verliert, lässt sich bei den Ehescheidungen ein entgegen gesetzter Trend feststellen. Die Zahl der Ehescheidungen hat sich von fast 9.000 im Jahr 1955 auf über 20.000 im Jahr 2006 erhöht. Beinahe jede zweite Ehe wird geschieden. Die mittlere Dauer der geschiedenen Ehen hat sich von 7,7 Jahren (1981) auf 9,2 Jahre (2005) erhöht. Es lässt sich also der Trend beobachten, dass sich Paare immer öfter auch nach vielen gemeinsamen Ehejahren scheiden lassen.

 

Der Großteil der Scheidungen erfolgt einvernehmlich. Wo das nicht möglich ist, führt der Weg meist direkt in finanziell ruinöse und emotional aufwendige Rosenkriege. Meist sind diese Ehen hoffnungslos zerrüttet. Jeder hat das Ziel dem jeweils anderen das Verschulden daran nach zu weisen. Das soll sich ändern:

 

Durch Abschaffen des Verschuldensprinzips können Scheidungsverfahren weniger emotional abgewickelt werden, da ein Verschulden am Scheitern der Ehe nicht mehr nachgewiesen werden muss. In Europa ist das Standard. Nur in Italien, England, Wales, Frankreich, Griechenland und eben Österreich gilt nach wie vor das Verschuldensprinzip.

 

Bei der Aufhebung der Ehe soll nur mehr auf den Tatbestand der Zerrüttung abgestellt werden. Eine Ehe gilt als zerrüttet, wenn die typischen wechselseitigen ehelichen Beistandspflichten nicht mehr gegeben sind.

 

Mit der Einbringung des Scheidungsantrags wird die Zerrüttung gerichtlich angezeigt. Die Einbringung des Scheidungsantrags löst eine Einjahresfrist aus. Nach diesem Jahr ist die Ehe rechtskräftig geschieden. Ändert sich an der ehelichen Situation nichts dokumentiert die Einjahresfrist die Zerrüttung und soll den Ehegatten Zeit geben, sich auf die geänderte Situation einzustellen.

           

Seitens des Gerichts kann bei Einbringung der Scheidungsklage ein Mediationsverfahren angeregt werden. Die Mediation soll versuchen die Situation zu klären, eine geordnete Trennung ermöglichen und die Trennungssituation aufarbeiten. Es besteht aber kein Zwang zur Mediation, da diese prinzipiell Freiwilligkeit voraussetzt.

 

Eine schnellere Scheidung soll vor Ablauf der Jahresfrist möglich sein, wenn  eine rechtskräftige Verurteilung eines Ehegatten wegen eines Deliktes gegen Leib und Leben gegenüber dem anderen Ehegatten oder eines Angehörigen im Sinne des Strafgesetzbuches (StGB) vorliegt.

 

 

Der nacheheliche Unterhaltsanspruch soll vom Verschulden am Scheitern der Ehe entkoppelt werden und das Versorgungsprinzip dem Bedarfsprinzip weichen. Österreich würde damit eine Empfehlung des Europarats aus 1989 (!) auf „verschuldensunabhängiger Regelung der Scheidungsfolgen“ entsprechen.

 

Auch der Unterhalt soll verschuldensunabhängig sein und nicht mehr als Strafe für eheliche Fehltritte entzogen oder als Entschädigung für Fehler des anderen gewährt werden. Ob ein Unterhaltsanspruch besteht und wie hoch dieser ist wird auf Antrag vom Gericht festgelegt. Nachehelicher Unterhalt soll künftig an soziale Kriterien geknüpft werden und nach Bedarf zustehen. Wer keine der Ausbildung und der bisherigen Berufslaufbahn weitgehend entsprechende Beschäftigung finden kann, soll künftig Unterhaltsansprüche haben. Betreuungspflichten sind zu berücksichtigen.

 

Damit soll Unterhalt vor allem in jenen Fällen zustehen, in denen die Gestaltung der ehelichen Gemeinschaft kausal dafür ist, dass nach der Auflösung der Ehe die Erwerbschancen herabgesetzt sind. Bei kurzer Dauer der Ehe ist davon auszugehen, dass der während der Ehe nichterwerbstätige Ehegatte sich schnell wieder ins Berufsleben integrieren kann. Einkommensverlust und Arbeitsmarktrisiken, die ihre Ursache nicht in der familiären Aufgabenteilung haben, sollen nur bei sehr lang andauernden Ehen Unterhaltsansprüche auslösen.

 

Der in obigen Sinn bedarfsorientierte Unterhalt richtet sich bezüglich der Höhe nach dem, was man verdienen hätte können, wenn durch die eheliche Aufgabenverteilung keine beruflichen Nachteile eingetreten wären. Der maximale Rahmen entspricht dem angemessenen Unterhalt (33% des Nettoeinkommens).

 

Insbesondere von der ehelichen Situation unabhängige Risken, wie Arbeitslosigkeit müssen über Grundsicherungsmodelle angemessen abgefedert werden. Auch im Pensionsrecht sind eigenständige Pensionsansprüche sicherzustellen um unerwünschte Härten aus einer Trennung zu vermeiden.

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

 

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG:

 

 

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

Die Bundesministerin für Justiz wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Novelle des Ehegesetzes (EheG) entsprechend nachstehender Ausführungen vorzulegen:

 

·        Bei der Aufhebung der Ehe wird nur mehr auf den Tatbestand der Zerrüttung abgestellt. Eine Ehe gilt als zerrüttet, wenn die typischen wechselseitigen ehelichen Beistandspflichten nicht mehr gegeben sind.

 

·        Mit der Einbringung des Scheidungsantrags wird die Zerrüttung gerichtlich angezeigt. Die Einbringung des Scheidungsantrags löst eine Einjahresfrist aus. Nach diesem Jahr ist die Ehe rechtskräftig geschieden. Ändert sich an der ehelichen Situation nichts, dokumentiert die Einjahresfrist die Zerrüttung und soll den Ehegatten Zeit geben, sich auf die geänderte Situation einzustellen.

          

·        Seitens des Gerichts soll bei Einbringung der Scheidungsklage ein Mediationsverfahren angeregt werden. Die Mediation soll versuchen die Situation zu klären, eine geordnete Trennung ermöglichen und die Trennungssituation aufarbeiten. Es besteht aber kein Zwang zur Mediation, da diese prinzipiell Freiwilligkeit voraussetzt.

 

·        Eine schnellere Scheidung soll unter bestimmten Voraussetzungen auch schon vor Ablauf der Jahresfrist möglich sein. Dies soll vor allem dann der Fall sein, wenn eine rechtskräftige Verurteilung eines Ehegatten wegen eines Deliktes gegen Leib und Leben gegenüber dem anderen Ehegatten oder eines Angehörigen im Sinne des Strafgesetzbuches (StGB) vorliegt.

 

·        Der Unterhalt wird verschuldensunabhängig gewährt. Entscheidend für nachehelichen Unterhalt sollen künftig soziale Kriterien sein. Unterhalt soll vor allem in jenen Fällen zustehen, in denen die Gestaltung der
ehelichen Gemeinschaft kausal dafür ist, dass nach der Auflösung der Ehe die Erwerbschancen herabgesetzt sind. Zu prüfen ist,  ob eine der Ausbildung und der bisherigen Berufslaufbahn weitgehend entsprechende Beschäftigung gefunden werden kann. Aktuelle Betreuungspflichten, die die Erwerbstätigkeit beeinflussen, sind ebenfalls zu berücksichtigen.

 

·        Der Unterhalt richtet sich bezüglich der Höhe nach dem, was man verdienen hätte können, wenn durch die eheliche Aufgabenverteilung keine beruflichen Nachteile eingetreten wären. Der maximale Rahmen entspricht dem angemessenen Unterhalt (33% des Nettoeinkommens).

 

 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Justizausschuss vorgeschlagen.