818/A(E) XXIII. GP

Eingebracht am 06.06.2008
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

 

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

der Abgeordneten Brigid Weinzinger, Albert Steinhauser, Freundinnen und Freunde

 

betreffend Modernisierung des Eherechts

 

Die Definition  der  Ehe im ABGB stammt aus dem Jahr 1811.  Das  Eherecht  ist veraltet und folgt immer noch einem patriarchalen Familienbild. Im Mittelpunkt stehen religiös motivierte Moralvorstellungen.

 

Bis ins  18.  Jahrhundert  hinein war die Kirche allein zuständig für Eheschließungen. Die stark  konfessionell  motivierten  Vorstellungen  fanden  auch im mittlerweile rund 200 Jahre alten  Allgemein Bürgerlichen Gesetzbuch (ABGB) ihren Niederschlag. So war  ursprünglich  für KatholikInnen  kein  Scheidungsrecht  vorgesehen. Die progressive Familienrechtsreform in den 1970er Jahren war eine Errungenschaft der zweiten Frauenbewegung.  Erst im Zuge dieser Reform hat das partnerschaftliche Prinzip in der Ehe die Vormachtstellung des Mannes als Oberhaupt der Familie zumindest weitgehend abgelöst.

 

Im Eherecht findet sich immer noch eine Reihe völlig antiquierter Begriffe, die heutzutage kaum noch jemand kennt. Morgengabe, Widerlage oder Heiratsgut - mit diesen  Wörtern  können  junge Menschen heute kaum noch etwas anfangen. Rechtliche  Regelungen  sind jedoch nur sinnvoll, wenn sie auch verständlich sind und in einem klaren Zusammenhang zum realen Leben stehen. Das ist im Fall des Eherechts nicht mehr zutreffend, deshalb sollten diese Begriffe aus dem Gesetz gestrichen  werden.  Die Morgengabe  hat  ihren Namen von dem Brauch, sie am Morgen  nach  der Hochzeitsnacht zu überreichen. Die Morgengabe stellte ein Geschenk dar, das der Braut zur persönlichen Verfügung stand – im Gegensatz zur Widerlage,  die ebenfalls der  Bräutigam leistete, und dem Heiratsgut (der Mitgift), die die  Braut in  die  Ehe mit einbrachte, und die beide der Versorgung der Frau im Falle der Witwenschaft dienten. Die Erklärung, dass es sich bei der Morgengabe um eine Entschädigung für die verlorene Jungfräulichkeit handele, dürfte in prüderer, späterer Zeit  nachgeschoben  worden sein. Nach österreichischem Recht (§ 1232 ABGB) gibt es die Morgengabe (als ein Geschenk des Mannes an die Frau) noch immer.

 

Die  Gesellschaft  hat  sich in  den letzten  Jahrzehnten stark verändert. Für Frauen ist es längst selbstverständlich geworden, auch nach einer Heirat weiterhin in ihrem erlernten  Beruf   tätig  zu bleiben.  Im Arbeitsleben wird immer mehr örtliche und zeitliche    Flexibilität  verlangt.  Das kann auch bedeuten, dass ein einziger gemeinsamer Wohnsitz den Bedürfnissen der Eheleute nicht mehr entspricht. Viele Menschen  heiraten mehrmals, sie bringen häufig Kinder aus einer vorherigen Beziehung  in  eine Ehe  mit  und wollen oder können keine (weiteren) Kinder bekommen.  Sie  gehen  die  Ehe  jedenfalls  nicht „zum Zwecke der Kinderzeugung“ ein,  was  sie nach geltendem Gesetz aber ist.  Zu streichen wären auch Regelungen, die  ausschließlich  das Privatleben  und private  Werthaltungen zum Gegenstand haben,  etwa  das  Sexualleben  eines Paares betreffend. Aufgabe des Staates ist es, die rechtlichen Rahmenbedingungen der Ehe zu regeln, nicht jedoch moralische, religiöse oder private Wertesysteme in den Gesetzesrang zu heben.

 

Da es auch Ziel sein muss, das Scheidungsrecht in Richtung Verschuldensunabhängigkeit zu reformieren, verlieren die angesprochenen Regelungen an rechtlicher Bedeutung.

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

 

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG:

 

 

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

Die Bundesministerin für Justiz wird aufgefordert, einen Entwurf für eine Novelle des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches (ABGB) vorzulegen, die folgende Punkte vorsieht:

 

·        Streichung der Mitwirkungspflicht im Erwerb des/der EhegattIn. Falls eine Mitwirkung im Erwerb stattfindet: ausdrückliche Verankerung einer dem  

Arbeitsmarkt  angemessenen Vergütung, die während aufrechter Ehe nicht verjähren kann.

·        Streichung des Zwecks der Ehe, Kinder zu zeugen.

·        Streichung veralteter und unzeitgemäßer Begriffe wie Morgengabe, Widerlage und Heiratsgut.

 

·        Wegfall der ehelichen Treuepflicht.

 

·        Streichung des Erfordernisses des gemeinsamen Wohnsitzes.

 

·        Wegfall der Bestimmung, dass ein Ehevertrag nur von zwei Personen verschiedenen Geschlechtes eingegangen werden kann.

 

 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Justizausschuss vorgeschlagen.