84/A(E) XXIII. GP

Eingebracht am 14.12.2006
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Bettina Hradecsni, Drin. Gabriela Moser, Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber,
Freundinnen und Freunde

betreffend VerbraucherInneninformationsgesetz

Der Verbraucherinnenschutz besteht aus den großen Bereichen

i)          Gefahrenabwehr durch Gesetze und Verordnungen,

ii)         Normvollzug und Kontrolle und

iii)        VerbraucherInneninformation durch Behörden, Verbände und Unternehmen.

Die VerbraucherInneninformation ist in Österreich bislang unzureichend geregelt. Informationszugang ist ein besonders wichtiges Instrument mündiger VerbraucherInnen, das ein eigenbestimmtes Leben und eine aktive Beeinflussung der Märkte ermöglicht.

Dieser Bereich soll auch aufgrund der VerbraucherInnenpolitik der EU ausgebaut werden.

VerbraucherInnen müssen grundsätzlich Zugang zu Daten der Verwaltung erhalten. Diese Informationsquelle ist um eine aktive Informationspflicht durch die Verwaltungsbehörden und Zugang zu Informationen bei Unternehmen zu ergänzen. Die Vorteile einer solchen Regelung sind evident: Der erweiterte Zugang auf verbraucherInnenrelevante Daten bezüglich Waren und Dienstleistungen verringert das Informationsungleichgewicht zwischen Unternehmen und VerbraucherInnen, verbessert so die Marktposition der VerbraucherInnen und hat zudem den Effekt des vorbeugenden VerbraucherInnenschutzes.

Zur Umsetzung dieses Vorhabens soll das in Deutschland kurz vor der Umsetzung befindliche VerbraucherInneninformationsgesetz in seiner ursprünglichen, umfassenden Form als Muster dienen.

Die Eckpunkte eines österreichischen VerbraucherInneninformationsgesetzes haben zu umfassen:

1.   Ziel: VerbraucherInnen als informierte MarktteilnehmerInnen

Die Information der VerbraucherInnen über gewerblich angebotene Waren und Dienstleistungen

wird verbessert, damit sie in ihrer wirtschaftlichen Rolle als MarktteilnehmerInnen selbstbestimmt
handeln können.


2.   Voraussetzung: klare Definitionen

Es sind zumindest folgende Begriffe zu definieren:

i)          Behörden (Behörden des Bundes, der Länder und der Gemeinden, beliehene Unternehmen) ii)     Information (zB alle vorliegende Daten über Zustand und Beschaffenheit von Produkten

oder Umstände der Erbringung von Dienstleistungen)

iii)        Produkte und Dienstleistungen (im Sinn des Produktsicherheitsgesetzes)
iv)        Unternehmen (HerstellerIn, ImporteurIn und/oder VerwenderIn von Handelsmarken)

Dabei wird aus Gründen der Rechtssicherheit und der Einheit der Rechtsordnung auf bewährte Definitionen in vorhandenen Gesetzen (insbesondere im Produktsicherheitsgesetz, Umweltinformationsgesetz und Konsumentenschutzgesetz) zurückgegriffen.

3.   Mittel: Rechtsanspruch gegenüber Behörden und Unternehmen, aktive Informationspflicht

i)          VerbraucherInnen wird der Zugang zu behördlichen Informationen gewährleistet, welche

ihre gesundheitlichen, ökologischen und wirtschaftlichen Interessen betreffen und für sie entscheidungsrelevant sind.

ii)       Die Behörden werden verpflichtet, VerbraucherInnen von sich aus „aktiv" über bestimmte Sachverhalte zu informieren (zB zum vorbeugenden Schutz von VerbraucherInneninteressen, als Maßnahme gegen Marktversagen).

iii)        Unternehmen werden in klar abgegrenztem Umfang verpflichtet, bestimmte verbraucherInnenrelevante Informationen bereitzustellen (Herstellungsmethoden, Haltungsformen, Einhaltung internationaler Arbeitsschutzstandards, Kinderarbeit u.a.).

3.1.  Informationsanspruch gegenüber Behörden

VerbraucherInnen erhalten einen Rechtsanspruch auf freien Zugang zu jenen behördlichen Informationen, die den Schutz ihrer Gesundheit und Sicherheit, ihre wirtschaftlichen   Interessen   oder   sonstige   erhebliche   VerbraucherInneninteressen betreffen.

Die Art und Weise des Informationszugangs (Auskunftserteilung, Akteneinsicht, insbesondere auch die Beantwortungsfristen, u.a.), Rechtsschutz und Sanktionen im Falle der Verweigerung der Information sind zu regeln. Andere gesetzliche Ansprüche auf Zugang zu Informationen bleiben vom VerbraucherInneninformationsgesetz unberührt (zB Umweltinformationsgesetz, „UIG").

3.2.  Informationsanspruch gegenüber Unternehmen

Wesentliche verbraucherInnenrelevante Informationen sind nicht öffentlich zugänglich, betreffen jedoch häufig gesundheitliche Interessen (zB Vorhandensein von Allergenen, die insbesondere in Zutaten nur sehr unvollständig zu etikettieren sind), aber auch Lebensführungsinteressen der VerbraucherInnen (Holz aus nachhaltiger Bewirtschaftung, Haltungsform der Tiere). Für eine wirksame VerbraucherInneninformation ist daher ein beschränkter Informationsanspruch der VerbraucherInnen gegenüber Unternehmen erforderlich.


3.3.  Beschränkungen des Informationsanspruchs

Personenbezogene Daten, besondere öffentliche Interessen und Betriebs- bzw. Geschäftsgeheimnisse sind weiterhin geschützt. Der Auskunftsanspruch ist daher im öffentlichen Bereich ua wegen internationaler Beziehungen, anhängiger Gerichtsverfahren oder behördlicher Ermittlungen, Angelegenheiten der äußeren und inneren Sicherheit, des Schutzes interner Verwaltungsabläufe und des Kernbereichs der Regierungstätigkeit (zB Vorbereitung der Gesetzgebung) beschränkt.

Im privaten Bereich sind personenbezogene Daten sowie Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse geschützt. Eine Positivliste, welche Daten jedenfalls nicht unter das Geschäfts- und Betriebsgeheimnis fallen, ist dabei gesetzlich zu normieren.

3.4.  Aktive Informationspflicht von Behörden

Die Behörden müssen aufgrund des vorgeschlagenen Gesetzes von sich aus "aktiv" die VerbraucherInnen über bestimmte Sachverhalte informieren. Der Kreis der Produkte, über die zu informieren ist, geht dabei über das Lebensmittelgesetz hinaus.

Der Informationspflicht unterliegen jedenfalls:

i)           Fallgruppen, in welchen in erheblichem Ausmaß gegen verbraucherInnenschützende Normen verstoßen wurde (zB erhebliche Überschreitung von Grenzwerten oder sonstige Nichteinhaltung verbraucherInnenschützender Normen)

ii)         Fallgruppen, in welchen trotz hinreichender Anhaltspunkte für ein Risiko die verfügbaren technischen und/oder wissenschaftlichen Erkenntnismöglichkeiten für eine endgültige Klärung der Situation nicht ausreichen ("Risikolagen")

iii)        Fallgruppen, in welchen durch zB öffentliche Diskussionen über die Auswirkungen eines Produkts auf die Sicherheit und/oder Gesundheit von VerbraucherInnen erhebliche Verunsicherung entstanden ist („Marktversagen")

Bei der Informationspflicht ist der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz besonders zu beachten. Art und Umfang der Information müssen in einem angemessenen Verhältnis zum Anlass stehen, dabei ist eine umfassende Abwägung aller betroffenen Interessen vorzunehmen.


Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der Bundesminister für Justiz wird beauftragt, möglichst rasch den Entwurf eines VerbraucherInneninformationsgesetzes vorzulegen, das die oben genannten Punkte berücksichtigt.

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Ausschuss fürKonsumentenschutz vorgeschlagen.