861/A XXIII. GP

Eingebracht am 09.07.2008
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Antrag

der Abgeordneten Christine Lapp
Kolleginnen und Kollegen

betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundespflegegeldgesetz geändert wird

Der Nationalrat wolle beschließen:
Bundesgesetz, mit dem das Bundespflegegeldgesetz geändert wird

            Der Nationalrat hat beschlossen:

Änderung des Bundespflegegeldgesetzes

Das Bundespflegegeldgesetz, BGBl. 110/1993, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 57/2008, wird wie folgt geändert:

1. § 4 Abs. 3 bis 7 lauten:

„(3) Bei der Beurteilung des Pflegebedarfes von Kindern und Jugendlichen bis zum vollendeten 15. Lebensjahr ist nur jenes Ausmaß an Pflege zu berücksichtigen, das über das erforderliche Ausmaß von gleichaltrigen nicht behinderten Kindern und Jugendlichen hinausgeht. Hiebei ist auf die besondere Intensität der Pflege bei schwerst behinderten Kindern und Jugendlichen bis zum vollendeten 7. bzw. bis zum vollendeten 15. Lebensjahr Bedacht zu nehmen. Um den erweiterten Pflegebedarf schwerst behinderter Kinder und Jugendlicher zu erfassen, ist abgestimmt nach dem Lebensalter jeweils zusätzlich ein Pauschalwert hinzuzurechnen, der den Mehraufwand für die pflegeerschwerenden Faktoren der gesamten Pflegesituation pauschal abzugelten hat (Erschwerniszuschlag).

(4) Der Pauschalwert gemäß Abs. 3 ist in Fällen einer Mehrfachbehinderung anzuwenden, wobei zumindest zwei     voneinander    unabhängige,     schwere     Funktionseinschränkungen     vorliegen     müssen.     Solche Funktionseinschränkungen   sind   insbesondere   schwere   Ausfälle   im   Sinnesbereich,   schwere   geistige Entwicklungsstörungen, schwere Verhaltensauffälligkeiten oder schwere körperliche Funktionseinschränkungen.

(5)  Bei der Beurteilung des Pflegebedarfes von pflegebedürftigen Personen ab dem vollendeten 15. Lebensjahr  mit  einer  schweren  geistigen  oder schweren psychischen Behinderung,  insbesondere  einer demenziellen Erkrankung, ist auf die besondere Intensität der Pflege in diesen Fällen Bedacht zu nehmen; um den erweiterten Pflegebedarf von pflegebedürftigen Personen mit einer schweren geistigen oder schweren psychischen Behinderung, insbesondere einer demenziellen Erkrankung, entsprechend zu erfassen, ist zusätzlich jeweils ein Pauschalwert hinzuzurechnen, der den Mehraufwand für die aus der schweren geistigen oder schweren    psychischen    Behinderung,    insbesondere    einer    demenziellen    Erkrankung,    erfließenden pflegeerschwerenden Faktoren der gesamten Pflegesituation pauschal abzugelten hat (Erschwerniszuschlag).

(6)  Pflegeerschwerende Faktoren gemäß Abs. 5 liegen vor, wenn sich Defizite der Orientierung, des Antriebes, des Denkens, der planerischen und praktischen Umsetzung von Handlungen, der sozialen Funktion und der emotionalen Kontrolle in Summe als schwere Verhaltensstörung äußern.

(7)  Der Bundesminister  für  Soziales  und Konsumentenschutz  ist ermächtigt,  nach Anhörung  des Bundesbehindertenbeirates (§ 8 des Bundesbehindertengesetzes, BGBl. Nr. 283/1990) nähere Bestimmungen für die Beurteilung des Pflegebedarfes durch Verordnung festzulegen. Die Verordnung kann insbesondere festlegen:

 


 

1.    eine Definition der Begriffe „Betreuung“ und „Hilfe“,

2.    Richtwerte für den zeitlichen Betreuungsaufwand, wobei verbindliche Mindestwerte zumindest für die tägliche Körperpflege, die Zubereitung und das Einnehmen von Mahlzeiten sowie für die Verrichtung der Notdurft festzulegen sind,

3.    verbindliche   Pauschalwerte   für   den   Zeitaufwand   der   Hilfsverrichtungen,   wobei   der   gesamte Zeitaufwand für alle Hilfsverrichtungen mit höchstens 50 Stunden pro Monat festgelegt werden darf, und

4. verbindliche Pauschalwerte (Erschwerniszuschläge) für den zusätzlichen Pflegeaufwand schwerst behinderter Kinder und Jugendlicher bis zum vollendeten 7. bzw. bis zum vollendeten 15. Lebensjahr gemäß Abs. 3 sowie für den zusätzlichen Pflegeaufwand pflegebedürftiger Personen mit einer schweren geistigen oder schweren psychischen Behinderung, insbesondere einer demenziellen Erkrankung, ab dem vollendeten 15. Lebensjahr gemäß Abs. 5.“

2. § 5 lautet:

„§ 5. Das Pflegegeld gebührt zwölf Mal jährlich und beträgt monatlich

in Stufe 1...................................................................... 155,70 Euro,

in Stufe 2...................................................................... 287,10 Euro,

in Stufe 3...................................................................... 442,90 Euro,

in Stufe 4...................................................................... 664,30 Euro,

in Stufe 5...................................................................... 902,30 Euro,

in Stufe 6................................................................... 1 230,30 Euro und

in Stufe 7................................................................... 1 640,20 Euro."

3. § 13 Abs. 1 lautet:

„(1) Wird eine pflegebedürftige Person auf Kosten oder unter Kostenbeteiligung eines Landes, einer Gemeinde oder eines Sozialhilfeträgers

1.    in einem Pflege-, Wohn-, Alten- oder Erziehungsheim,

2.    in einer Sonderkrankenanstalt für Psychiatrie oder in einer ähnlichen Einrichtung,

3.    außerhalb einer der in Z 1 und 2 angeführten Einrichtungen im Rahmen eines Familienverbandes,

4.    auf einer von einem Träger der öffentlichen Wohlfahrtspflege, einer kirchlichen oder anderen karitativen Vereinigung geführten Pflegestelle oder

5.    in einer Krankenanstalt, sofern der Aufenthalt nicht durch die Notwendigkeit ärztlicher Behandlung bedingt ist (Asylierung),

stationär gepflegt, so geht für die Zeit dieser Pflege der Anspruch auf Pflegegeld bis zur Höhe der Verpflegskosten, höchstens jedoch bis zu 80 vH, auf den jeweiligen Kostenträger über. Die genannten Kostenträger sind verpflichtet, den jeweiligen Entscheidungsträger (§ 22) über eine solche stationäre Pflege von Amts wegen unverzüglich zu verständigen. Im Fall der Z 5 erfolgt der Anspruchsübergang höchstens für die Dauer von drei Monaten. Für die Dauer des Anspruchsüberganges gebührt der pflegebedürftigen Person ein Taschengeld in Höhe von 10 vH des Pflegegeldes der Stufe 3; im Übrigen ruht der Anspruch auf Pflegegeld. Übersteigt die Summe aus Taschengeld und übergehendem Anspruch die gebührende Pflegegeldleistung, so ist der übergehende Anspruch entsprechend zu kürzen.“

4. § 21a Abs. 1 Z 1 lautet:

„1. als naher Angehöriger seit mindestens einem Jahr

a)  eine pflegebedürftige Person, der zumindest ein Pflegegeld der Stufe 3 nach diesem Bundesgesetz gebührt, oder

b) eine nachweislich demenziell erkrankte pflegebedürftige Person, der zumindest ein Pflegegeld der Stufe 1 nach diesem Bundesgesetz gebührt, oder

c)  einen pflegebedürftigen Minderjährigen, dem zumindest ein Pflegegeld der Stufe 1 nach diesem Bundesgesetz gebührt,

überwiegend pflegt, und“

5. (Verfassungsbestimmung) § 22 Abs. 1 Z 4 lautet:

„4. § 3 Abs. 1 Z 4 lit. d die Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter;“

6. Dem § 44 wird folgender Abs. 6 angefügt:

„(6) Die Ausgleiche gemäß Abs. 1 sind mit Wirkung vom 1.November 2008 von Amts wegen um 5% zu erhöhen und gemäß § 18 Abs. 4 auf Beträge von vollen 10 Cent zu runden. Der Vervielfachung sind die für das Jahr 2008 gebührenden Beträge zugrunde zu legen.“

7.   In § 47 Abs. 1 letzter Satz wird der Ausdruck „195,30 Euro“ durch den Ausdruck „205,10 Euro“ ersetzt.

8.   Dem § 47 wird folgender Abs. 5 angefügt:

„(5) § 22 Abs. 1 Z 4 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxx/2008 ist nicht anzuwenden, wenn die Antragstellung oder die Einleitung des amtswegigen Verfahrens vor dem 1. Jänner 2009 erfolgt ist und das Verfahren noch nicht rechtskräftig abgeschlossen ist. Das Verfahren ist von jenem Entscheidungsträger zu Ende zu führen, der bis zum 31. Dezember 2008 zuständig war.“

9. Nach § 48 wird folgender § 48a samt Überschrift eingefügt:

„Übergangsbestimmungen zur Novelle BGBl. I Nr. XXX/2008

§ 48a. (1) Bringen Bezieher eines Pflegegeldes nach diesem Bundesgesetz bis 30. April 2009 einen Antrag auf Erhöhung des Pflegegeldes ein und liegen die Voraussetzungen des § 4 Abs. 3 oder 5 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XXX/2008 vor, ist das höhere Pflegegeld ab 1. Jänner 2009 unter der Annahme, dass die Voraussetzungen des § 4 Abs. 3 oder 5 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XXX/2008 auch schon zu diesem Zeitpunkt vorgelegen haben, ohne weitere Prüfung zu leisten.

(2) Die Entscheidung in Verfahren nach Abs. 1 hat ohne neuerliche ärztliche Untersuchung zu erfolgen, wenn durch die aktenkundigen Tatsachen und die in früheren Verfahren eingeholten Gutachten der Sachverhalt ausreichend geklärt ist.

(3) Allen am 1. Jänner 2009 noch nicht rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren auf Zuerkennung oder Erhöhung des Pflegegeldes sind für die Zeit bis zum 31. Dezember 2008 die bis zu diesem Zeitpunkt jeweils für die Beurteilung des Anspruches geltenden Bestimmungen dieses Bundesgesetzes zugrunde zu legen.

(4) Die Bestimmungen der Abs. 1 und 3 gelten auch für gerichtliche Verfahren.“

10. Dem § 49 werden folgende Abs. 13, 14 und 15 angefügt:

„(13) §4 Abs. 3 bis 7, § 13 Abs. 1, § 21a Abs. 1 Z l, §47 Abs. 5 und § 48a in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XXX/2008 treten mit 1. Jänner 2009 in Kraft.

(14) § 5, § 44 Abs. 6 und § 47 Abs. 1 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBL I Nr. XXX/2008 treten mit 1. November 2008 in Kraft.

(Verfassungsbestimmung) (15) § 22 Abs. 1 Z 4 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XXX/2008 tritt mit 1. Jänner 2009 in Kraft.“

 

 

 

 

 

 

 

Zuweisungsvorschlag: Sozialausschuss


 


Begründung:

Hauptgesichtspunkte des Entwurfes:

Die Pflege und Betreuung älterer Menschen ist zu einem zentralen Thema der österreichischen Sozialpolitik geworden. Derzeit beziehen rd. 400.000 Frauen und Männer, das sind immerhin rd. 5% der österreichischen Bevölkerung, ein Pflegegeld nach dem Bundes- oder einem Landespflegegeldgesetz. Und diese Zahl wird infolge der demographischen Entwicklung und der erfreulicherweise steigenden Lebenserwartung in den nächsten Jahren weiter zunehmen.

Rund 80% der pflegebedürftigen Menschen werden zu Hause von ihren Angehörigen gepflegt und betreut, die damit große Belastungen auf sich nehmen und einen gesellschaftspolitisch äußerst wertvollen Beitrag leisten. Es ist daher eine Notwendigkeit, die pflegenden und betreuenden Angehörigen bei ihrer schwierigen Tätigkeit zu unterstützen und deren Position zu stärken.

Auch wenn durch das derzeitige Pflegevorsorgesystem die Lage der pflegebedürftigen Menschen und ihrer Betreuungspersonen deutlich verbessert wurde, ist es zweifellos erforderlich, dieses System weiter zu entwickeln und weitere Schritte zu setzen, um das hohe Niveau der österreichischen Pflegevorsorge auch in Hinkunft zu gewährleisten.

Entsprechend dem Regierungsprogramm wurde bereits im Februar 2007 beim Bundesministerium für Soziales und Konsumentenschutz eine Arbeitsgruppe unter dem Titel „Neugestaltung der Pflegevorsorge“ eingerichtet, der insb. der Bund, die Länder und Gemeinden, der Städtebund, die Sozialpartner und Interessensvertretungen angehören und die sich mit den verschiedensten Problembereichen des bestehenden Pflegevorsorgesystems auseinandersetzt, um insgesamt zu einem nachhaltig gesicherten System leistbarer Pflege zu gelangen.

In dieser Arbeitsgruppe wurden auch als erstes die Rahmenbedingungen für eine 24-Stunden-Betreuung diskutiert und Fördermodelle erarbeitet.

In einem nächsten Schritt auf dem Weg zu einer Optimierung der Pflege- und Betreuungslandschaft in Österreich wurden von der Arbeitsgruppe in ihrer Sitzung am 10. Oktober 2007 drei Untergruppen eingerichtet. Diese themenspezifischen Arbeitsgruppen befassen sich u.a. mit Fragen der langfristigen Finanzierung und Organisation der Pflegevorsorge, des Pflegegeldes, der Verbesserung der Unterstützung von betreuenden Angehörigen sowie einer Weiterentwicklung und eines Ausbaus der Sozialen Dienste.

Die Untergruppe 2 „Pflegegeld (incl. Qualitätssicherung) und betreuende Angehörige“ hat in bislang vier Arbeitssitzungen insb. nachstehende Themenbereiche erörtert:

-           Erhöhung des Pflegegeldes: Das Pflegegeld wurde zuletzt mit Wirkung vom 1. Jänner 2005 um 2% erhöht. Hierzu vertrat die Arbeitsgruppe überwiegend den Standpunkt, dass das Pflegegeld so rasch wie möglich erhöht und die Verankerung einer laufenden Erhöhung angestrebt werden sollte. Die Ar-beitsgruppenmitglieder sprachen sich ferner überwiegend für eine lineare Erhöhung aller Pflegegeldstufen mit dem gleichen Prozentsatz aus, wobei auch der bisherige Kaufkraftverlust seit Einführung des Pflegegeldes so weit als möglich abgegolten werden sollte.

-           Unterstützung für betreuende Angehörige: Pflegende Angehörige sind in der Regel in erheblichem Ausmaß Mehrfachbelastungen ausgesetzt. Die lange und intensive Betreuung von pflegebedürftigen Menschen bringt pflegende Angehörige oftmals an die Grenzen ihrer psychischen und physischen Belastbarkeit. Bei pflegebedürftigen Menschen mit hohem Pflegebedarf, die von Angehörigen gepflegt werden, ist es aus finanziellen Gründen oft sehr schwierig bis unmöglich, eine Ersatzpflege zu organisieren, um zumindest vorübergehend für eine Entlastung des Angehörigen sorgen zu können. In diesem Kontext wurde in der Arbeitsgruppe angeregt, den Zugang zu den Förderungen für Kurzzeit-/Ersatzpflege gemäß § 21a BPGG auch auf weitere Personenkreise auszuweiten, wie z. B. auf Bezieher eines Pflegegeldes der Stufe 3 -bislang ab Stufe 4.

-           Pflegegeld — Einstufung betreffend Menschen mit demenziellen Erkrankungen: Schätzungen zufolge leiden in Österreich rd. 100.000 Personen an demenziellen Erkrankungen (Daten Volkszählung 2000, Demenzklassifikation nach ICD10), wobei Demenz alterskorrelierend ist und sich typischerweise durch einen schleichenden Verlauf mit variablen Defizitmustern, abhängig von der Art und Schwere der Erkrankung, auszeichnet. Eine erhebliche Anzahl demenziell erkrankter Menschen steht auch im Bezug eines Pflegegeldes. Die Arbeitsgruppe hielt fest, dass diese Personengruppe tendenziell zu niedrig eingestuft würde, da der in diesen Fällen erschwerte Pflegebedarf nicht hinreichend berücksichtigt werde. Einvernehmen wurde in der Arbeitsgruppe erzielt, dass auf Basis der Ergebnisse der von Jänner bis März 2008 durchgeführten Probebegutachtung (Feldstudie) mit den drei in der Arbeitsgruppe entwickelten Modellvarianten einer Verbesserung der Einstufung dieser Personengruppe die Variante 2 legistisch umgesetzt werden sollte, also ein neuer Pauschalwert (Fixwert) zur Berücksichtigung der pflegeerschwerenden Faktoren der gesamten Pflegesituation geschaffen werden sollte. Einvernehmen wurde ferner dahingehend erzielt, dass der Personenkreis über die demenziell erkrankten pflegebedürftigen Menschen hinaus auch um Personen erweitert werden soll, bei denen gleichzuachtende Umstände wie bei einer demenziellen Erkrankung feststellbar sind, wie etwa bei anderen geistigen oder psychischen Erkrankungen.

-           Pflegegeld - Einstufung betreffend Kinder und Jugendliche: Die Pflegegeldeinstufung von Kindern und Jugendlichen ist seit geraumer Zeit Gegenstand von Arbeitsgesprächen zwischen Bund und Ländern. Die Erfahrungen bei der Vollziehung der Pflegegeldgesetze haben nämlich gezeigt, dass das derzeitige Einstufungssystem in verschiedenen Teilbereichen nur schwer auf die Lebens- und Pflegebedarfssituation von Kindern und Jugendlichen übertragbar ist, was sich auch in zahlreichen Entscheidungen des OGH zu diesem Thema widerspiegelt. Bei der Landessozialreferentenkonferenz am 28. und 29. Juni 2007 wurde be-schlossen, zur Einstufung von Kindern und Jugendlichen unter dem Vorsitz des Landes Steiermark und unter allfälliger Beiziehung von Vertretern des Bundes eine neue Arbeitsgruppe einzusetzen, um eine Lösung für diese Problematik zu erarbeiten. Die Pflegegeldeinstufung von Kindern und Jugendlichen stellt aufgrund der geltenden Kompetenzlage jedoch primär eine Angelegenheit der Länder dar. Zur gegenständlichen Problematik stellte die Untergruppe 2 der Arbeitsgruppe „Neugestaltung der Pflegevorsorge“ fest, dass schwerst behinderte Kinder und Jugendliche tendenziell zu niedrig eingestuft würden, da in diesen Fällen der erschwerte Pflegebedarf nicht hinreichend berücksichtigt werde. Der Bericht über die bisherigen Arbeitsergebnisse der Arbeitsgruppe Kindereinstufung, die aufgrund des obgenannten diesbezüglichen Beschlusses der Landessozialreferentenkonferenz vom Juni 2007 unter dem Vorsitz des Landes Steiermark eingerichtet wurde, wurde seitens der Untergruppe 2 der Arbeitsgruppe „Neugestaltung der Pflegevorsorge“ zur Kenntnis genommen und eingehend diskutiert.

Das Regierungsprogramm für die XXIII. Gesetzgebungsperiode sieht zahlreiche Maßnahmen zur Weiterentwicklung der Pflegevorsorge vor, unter anderem auch,

-           das Pflegegeld des Bundes in dieser Gesetzgebungsperiode einmal selektiv nach Pflegestufe zu valorisieren,

-           die Weiterentwicklung von bedarfsgerechten Betreuungs- und Pflegemodellen nach den Bedürfnissen von Betroffenen und Angehörigen wie z. B. für spezifische Alterserkrankungen wie Demenz oder Alzheimer sowie

-           die Einteilung der Pflegestufen zu überprüfen.

Darüber hinaus hat sich auch der Rechnungshof in verschiedenen Prüfverfahren mit der Vollziehung des Pflegegeldrechtes des Bundes auseinandergesetzt, woraus sich Feststellungen und Anregungen ergeben haben, aus denen sich ein legistischer Handlungsbedarf im Bereich des Bundespflegegeldgesetzes ableiten lässt:

-           Seitens des Rechnungshofes wurde in seinem Prüfbericht betreffend den Sozialhilfeverband Spittal an der Drau aus dem Jahr 2006 kritisiert, dass das Bundespflegegeldgesetz (BPGG) keine Verpflichtung enthält, bei einer stationären Pflege unter Kostenbeteiligung eines Sozialhilfeträgers iS  § 13 diese Kostenbeteiligung der das Pflegegeld auszahlenden Stelle zu melden.

-           Der Rechnungshof hielt im Bericht über den Vollzug des BPGG bei der SVA der gewerblichen Wirtschaft, Reihe Bund 2007/12, fest, dass eine Zersplitterung der Entscheidungsträger auf Bundesebene festzustellen sei und regte an, die derzeit 25 Entscheidungsträger gemäß § 22 BPGG zu vermindern sowie jene Entscheidungsträger mit einer nur geringen Anzahl an Pflegegeldbeziehern von der Vollziehung des Bundespflegegeldgesetzes zu entlasten.

Vor diesem Hintergrund sollen mit dem gegenständlichen Gesetzesvorschlag folgende Maßnahmen im Bereich des Bundespflegegeldgesetzes gesetzt werden:

-           die Verankerung von gesetzlichen Grundlagen für Pauschalwerte zur pauschalierten Berücksichtigung der pflegeerschwerenden Faktoren der gesamten Pflegesituation von schwerst behinderten Kindern und Jugendlichen bis zum vollendeten 7. bzw. 15. Lebensjahr und von schwer geistig oder schwer psychisch behinderten, insb. demenziell erkrankten Personen ab dem vollendeten 15. Lebensjahr einschließlich einer entsprechenden Erweiterung der Verordnungsermächtigung in § 4;

-           die lineare Erhöhung des Pflegegeldes um 5% mit Wirkung ab 1.11.2008;

-           die Verpflichtung der in § 13 Abs. 1 genannten Körperschaften, den Entscheidungsträgern gem. § 22 eine stationäre Pflege auf Kosten oder unter Kostenbeteiligung eines Landes, einer Gemeinde oder eines Sozialhilfeträgers zu melden;

-           die Ausweitung des förderbaren Personenkreises gem. § 21a;

-           die Entlastung kleinerer Entscheidungsträger gem. § 22 Abs. 1 Z 4 durch die Übertragung der Vollziehungs- und Auszahlungskompetenz auf die Versicherungsanstalt Öffentlich Bediensteter;

-           Übergangsregelungen.


Finanzielle Erläuterungen:

Im Regierungsprogramm für die XXIII. Gesetzgebungsperiode finden sich zahlreiche Maßnahmen zur Verbesserung der Situation pflegebedürftiger Menschen und ihrer betreuenden Angehörigen, die im Rahmen der Arbeitsgruppe „Neugestaltung der Pflegevorsorge“ von Experten diskutiert wurden.

1. Erhöhung des Pflegegeldes

Das Pflegegeld aller Stufen sowie die Ausgleiche nach dem Bundespflegegeldgesetz sollen mit Wirkung vom 1. Jänner 2009 im Ausmaß von 5% erhöht werden. Für die Zunahme der Anzahl der Pflegegeldbezieher infolge der demografischen Entwicklung wurde der Berechnung ein Wert in der Höhe von 4,5% zugrunde gelegt.

Daraus resultieren folgende Mehrkosten im Bereich des Bundes

Jahr

 

2008

2009

2010

2011

2012

Summe    der    Mehraufwen­dungen

in        Mill. Euro

14,7

92,2

96,4

100,7

105,2

2. Verbesserungen bei der Pflegegeldeinstufung von Menschen mit einer schweren geistigen oder schweren psychischen Behinderung, insbesondere einer demenziellen Erkrankung

Im Rahmen der Untergruppe 2 „Pflegegeld (incl. Qualitätssicherung) und betreuende Angehörige“ der Arbeitsgruppe „Neugestaltung der Pflegevorsorge“ wurde Einvernehmen darüber erzielt, dass auf Basis der Ergebnisse einer durchgeführten Probebegutachtung (Feldstudie) mit drei in der Arbeitsgruppe entwickelten Modellvarianten eine Verbesserung der Pflegegeldeinstufung von Personen mit einer schweren geistigen oder schweren psychischen Behinderung, insbesondere einer demenziellen Erkrankung, durchgeführt werden soll.

Dazu wurden im Rahmen dieser Feldstudie im Zeitraum 21. 01. 2008 bis 31. 03. 2008 insgesamt 1.328 Fälle zusätzlich zur aktuellen Pflegegeldeinstufung eingeschätzt und die Ergebnisse gesondert ausgewertet.

An dieser Feldstudie haben die Pensionsversicherungsanstalt, die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, die Sozialversicherungsanstalt der Bauern, die Versicherungsanstalt für Eisenbahnen und Bergbau sowie die Länder Wien und Vorarlberg teilgenommen.

Die Ergebnisse der Feldstudie wurden für den Bereich aller Bundespflegegeldbezieher hochgerechnet, wobei sich ergeben hat, dass bei rund 9,7% der Pflegegeldbezieher der Stufen 1 bis 4 pflegeerschwerende Faktoren zum Tragen kommen. Ausgehend vom Stand der Bundespflegegeldbezieher im Monat Februar 2008, entspricht das einer Anzahl von rund 28.600 Personen.

Durch die in der Novelle vorgesehene Berücksichtigung eines zusätzlichen Pauschalwertes in der Höhe von 30 Stunden monatlich als Erschwerniszuschlag bei der Pflegegeldeinstufung dieses Personenkreises, wird es in rund 50% der Fälle zu einer stufenrelevanten Änderung kommen. Dabei wird es in der Mehrzahl der Fälle zur Erhöhung um eine Pflegegeldstufe sowie in einer geringen Anzahl von Fällen zur Erhöhung um zwei Pflegegeldstufen kommen.

Bei der Berechnung der Mehrkosten wurde dabei angenommen, dass sämtliche Veränderungen bei den Pflegegeldstufen von Pflegegeldbeziehern, die sich bereits im System befinden, im Jahr 2009 erfolgen werden. Darüber hinaus wurden auch jene Mehrkosten berücksichtigt, die sich aus dem jährlichen Neuzugang an Pflegegeldbeziehern ergeben, bei deren Pflegegeldeinstufung ein Erschwerniszuschlag zum Tragen kommen wird.

Zu bedenken ist auch, dass es durch die Umsetzung dieser Maßnahme bei den Pflegegeldentscheidungsträgern des Bundes auch zu einer Erhöhung der Verwaltungskosten kommen wird.

Es ergeben sich folgende Mehrkosten im Bereich des Bundes durch die Veränderungen bei den Zuordnungen zu den Pflegegeldstufen:

Jahr

 

2009

2010

2011

2012

Summe     der     Mehraufwen­dungen

in Mill. Euro

33,0

36,4

39,8

43,2

3. Verbesserungen bei der Pflegegeldeinstufung von Kindern und Jugendlichen

Zur Verbesserung der Pflegegeldeinstufung von Kindern und Jugendlichen soll die Verankerung von gesetzlichen Grundlagen für Pauschalwerte zur Berücksichtigung der pflegeerschwerenden Faktoren der gesamten Pflegesituation von schwerst behinderten Kindern und Jugendlichen bis zum vollendeten 15. Lebensjahr erfolgen.

In dieser Altersgruppe bezieht im Bereich des Bundes nur eine geringe Anzahl von Personen Pflegegeld. Aufgrund der bestehenden Kompetenzverteilung im Pflegegeldbereich fällt der weitaus größere Anteil dieser Personengruppe in den Vollziehungsbereich der Länder.

Nach einer Auswertung des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger haben im Monat Dezember 2007 insgesamt 163 Personen ein Pflegegeld in dieser Altersgruppe bezogen. Nach den Erfahrungen bei der Vollziehung im Bereich der erhöhten Familienbeihilfe kann angenommen werden, dass es sich bei rund 20% dieses Personenkreises um schwerst behinderte Kinder und Jugendliche handelt.

Diese Werte wurden der weiteren Berechnung der budgetären Mehrkosten zugrunde gelegt. Ebenso wurde der Anteil von 20% bei den jährlichen Neuzugängen berücksichtigt. Bei der Berechnung der Mehrkosten wurde dabei angenommen, dass sämtliche Veränderungen bei den Pflegegeldstufen von Pflegegeldbeziehern, die sich bereits im System befinden, im Jahr 2009 erfolgen werden.

Es ergeben sich folgende budgetäre Mehrkosten im Bereich des Bundes:

Jahr

 

2009

2010

2011

2012

Summe der Mehrauf­wendungen

in Mill. Euro

0,13

0,14

0,15

0,16

4. Ausweitung der Fördermöglichkeiten von Kurzzeitpflege

Die Entlastung pflegender Angehöriger soll durch die Ausweitung der Fördermöglichkeiten von Kurzzeitpflege aus dem Unterstützungsfonds für Menschen mit Behinderung weiterentwickelt werden.

Ausgehend von den bisherigen Erfahrungen wird die Ausdehnung der Fördermöglichkeit gemäß § 21a des Bundespflegegeldgesetzes auf die Pflegegeldstufe 3 dazu führen, dass zusätzlich rund 1.400 Personen jährlich eine Förderung in Anspruch nehmen werden. Für die Berechnung wurde dabei ein maximaler Förderbetrag in der Höhe von € 1.200.- jährlich angenommen.

Die beabsichtigte Fördermöglichkeit von Angehörigen, die Pflegegeldbezieher mit demenziellen Erkrankungen ab der Pflegegeldstufe 1 betreuen, wird auf Basis der Erfahrungen beim Projekt „Unterstützung für pflegebedürftige Menschen mit demenziellen Erkrankungen und deren pflegende Angehörige“, das in Kooperation des BMSK mit der Bundesarbeitsgemeinschaft freie Wohlfahrt (BAG) und dem Verein Alzheimer Angehörige Austria seit Februar 2007 durchgeführt wird, zu einer Ausweitung des förderbaren Personenkreises in der Höhe von rund 340 Personen jährlich fuhren.

Die Ausdehnung der Fördermöglichkeit auf Angehörige, die pflegebedürftige Minderjährige ab der Pflegegeldstufe 1 betreuen, wird nur zu marginalen Mehrkosten führen.

Es ergeben sich die nachstehenden Mehrkosten im Bereich des Bundes:

Jahr

 

2009

2010

2011

2012

Summe der Mehrauf­wendungen

in Mill. Euro

2,0

2,1

2,2

2,3

5. Gesamtkosten

Aus den angeführten Maßnahmen ergeben sich folgende budgetäre Mehrkosten im Bereich des Bundes:

Jahr

 

2008

2009

2010

2011

2012

Erhöhung des Pflegegeldes

in Mill. Euro

14,7

92,2

96,4

100,7

105,2

Verbesserung bei der Einstu­fung von Personen mit einer schweren geistigen oder schweren psychischen Behinderung, insbesondere einer demenziellen Er­krankung

in Mill. Euro

 

33,0

36,4

39,8

43,2

Verbesserung der Einstufung von Kindern und Ju­gendlichen

in Mill. Euro

 

0,13

0,14

0,15

0,16

Ausweitung der Förder­möglichkeiten von Kurz­zeitpflege

in Mill. Euro

 

2,0

2,1

2,2

2,3

Gesamt

in Mill. Euro

14,7

127,33

135,04

142,85

150,86

Kompetenzgrundlage:

In kompetenzrechtlicher Hinsicht gründet sich die vorgeschlagene Änderung des Bundespflegegeldgesetzes auf die Kompetenzbestimmungen des Art. I BPGG und der Art. 10 Abs. 1 Z 1 B-VG (Bundesverfassung) und 17 B-VG (Privatwirtschaftsverwaltung).

Zu Z 1 (§ 4 Abs. 3 bis 7):

Wie schon bislang soll mit § 4 Abs. 3 klargestellt werden, dass - entsprechend auch der diesbezüglichen Judikatur des Obersten Gerichtshofes - bei der Beurteilung des Pflegebedarfes von Kindern und Jugendlichen nur jenes Ausmaß an Pflege zu berücksichtigen ist, das über das erforderliche Ausmaß von gleichaltrigen nicht behinderten Kindern und Jugendlichen hinausgeht. Die Klarstellung, dass diese Beurteilung bis zum vollendeten 15. Lebensjahr erfolgt, hat keine wesentliche Änderung auf die Einstufung, da sich - wie die Einstufungspraxis zeigt - bei Vollendung des 15. Lebensjahres der Pflegebedarf ohnedies bereits im Wesentlichen dem eines erwachsenen Behinderten angeglichen hat. Diese Änderung fügt sich zudem auch nahtlos mit den weiteren im Entwurf enthaltenen Änderungen (§ 4 Abs. 3 bis 6 BPGG), bei denen ebenfalls das vollendete 15. Lebensjahr der maßgebliche Stichtag für die geplanten Erschwerniszuschläge sein soll, zusammen. Somit würde das Alter für die besondere Einstufung von Kindern und Jugendlichen (Differenzrechnung) mit dem des Erschwerniszuschlages für Kinder und Jugendliche zusammenfallen.

Nunmehr soll § 4 Abs. 3 aber entsprechend dem obskizzierten politischen Auftrag dahingehend ergänzt werden, dass hierbei auf die besondere Intensität der Pflege bei schwerst behinderten Kindern und Jugendlichen bis zum vollendeten 7. bzw. bis zum vollendeten 15. Lebensjahr Bedacht zu nehmen ist. Um den erweiterten Pflegebedarf schwerst behinderter Kinder und Jugendlicher zu erfassen, soll abgestimmt nach dem Lebensalter jeweils zusätzlich ein Pauschalwert hinzugerechnet werden, der den Mehraufwand für die pflegeerschwerenden Faktoren der gesamten Pflegesituation pauschal abzugelten hat (Erschwerniszuschlag). Dabei sollen nun pflegeerschwerende Faktoren berücksichtigt werden, die bislang - auch durch die Zusatzkriterien für § 4 Abs. 2 Stufen 5 bis 7 - noch nicht Berücksichtigung fanden, so dass eine allfällige Doppelverwertung hintangehalten wird und die vorgeschlagene Ergänzung des § 4 Abs. 3 als systemkonform anzusehen ist.

Unter Schwerstbebinderung im Sinn des Abs. 3 versteht man, dass mindestens zwei von einander unabhängige schwere Funktionseinschränkungen vorliegen (Abs. 4), die in ihrem Zusammenwirken die Pflegesituation aufgrund ihrer Auswirkungen gesamtheitlich betrachtet erheblich erschweren. Diesem Mehraufwand der Pflege soll durch die vorgeschlagene neue zusätzliche Betreuungsmaßnahme Rechnung getragen werden.

Bei dieser Gruppe an pflegebedürftigen Kindern und Jugendlichen, die einen zusätzlichen überproportionalen Pflegebedarf hat, liegt in der Regel neben sonstigen schweren Defiziten eine beträchtliche Verhaltensstörung vor. Diese kann sich durch massiven Antriebsverlust, massive Rückzugstendenz oder durch aggressives Verhalten, Getriebensein, Kontrollverlust und hohes Potential an Eigen- und Fremdgefährdung äußern.

Zweifelsfrei ist Blindheit eine schwere Behinderung. Bedingt durch den immer weitgehend gleichartigen Pflegebedarf ist eine diagnosebezogene Mindesteinstufung zulässig. Liegen jedoch neben der Blindheit noch eine oder mehrere andere schwere funktionelle Einschränkung/en vor - beispielsweise anzuführen wäre eine zusätzliche schwere geistige Behinderung - so wäre bei der deswegen unumgänglichen funktionellen Begutachtung jedenfalls der neue Pauschalbetrag zu berücksichtigen. Die Blindheit in Kombination mit den Auswirkungen der schweren geistigen Behinderung erfordert eine zusätzliche besondere Betreuung. Die eingeschränkte Wahrnehmung der Umwelt in Kombination mit der ausgeprägten Einschränkung geistiger Fähigkeiten führt zu unkontrollierten, nicht kontrollierbaren Ängsten, Desorientierung oder auch resignativem sozialem Rückzug. In der Folge ist mit nicht abschätzbaren Reaktionen des schwerst behinderten Kindes zu rechnen. Hilfestellung bei den einzelnen Betreuungsmaßnahmen wie z.B. bei der Einnahme von Mahlzeiten oder beim An- und Auskleiden alleine deckt diesen besonderen Bedarf nicht ab.

Der bisher systemimmanent praktizierten pauschalierten Abgeltung des Pflegebedarfes wird auch in diesem Bereich gefolgt. Die generell üblichen Schwankungen der Leidensausprägung und damit der Pflegebedürftigkeit sollen dem durchschnittlichen Bedarf entsprechend als pauschaler Zeitwert definiert werden.

Bei Kindern bis zum vollendeten 7. Lebensjahr haben die beschriebenen pflegeerschwerenden schweren Funktionseinschränkungen auf Grund der körperlichen Entwicklung - Größe, Gewicht und Kraft - generell weniger Auswirkung, weshalb eine altersmäßige Abstufung des berücksichtigbaren Erschwerniszuschlages zunächst für die Gruppe schwerst behinderter Kinder bis zum vollendeten 7. Lebensjahr und dann für die Gruppe schwerst behinderter Kinder und Jugendlicher vom vollendeten 7. bis zum vollendeten 15. Lebensjahr als gesonderte Pauschalwerte vorgesehen werden soll.

Mit den in § 4 vorgeschlagenen Abs. 5 und 6 soll nun ferner eine gesetzliche Grundlage dafür geschaffen werden, dass auch bei der Beurteilung des Pflegebedarfes von pflegebedürftigen Personen ab dem vollendeten 15. Lebensjahr mit einer schweren geistigen oder schweren psychischen Behinderung, insbesondere einer demenziellen Erkrankung, auf die besondere Intensität der Pflege in diesen Fällen Bedacht genommen werden kann; um dem erweiterten Pflegebedarf von pflegebedürftigen Personen mit einer schweren geistigen oder schweren psychischen Behinderung, insbesondere einer demenziellen Erkrankung, entsprechend zu erfassen, soll zusätzlich jeweils ein Pauschalwert hinzugerechnet werden, der den Mehraufwand für die aus der schweren geistigen oder schweren psychischen Behinderung, insbesondere einer demenziellen Erkrankung, erfließenden pflegeerschwerenden Faktoren der gesamten Pflegesituation pauschal abgelten soll (Erschwerniszuschlag). Dieser erweiterte Pflegebedarf liegt typischerweise bei Personen mit einer schweren geistigen oder schweren psychischen Behinderung, insbesondere einer demenziellen Erkrankung vor und wurde bisher im Pflegegeldsystem nicht entsprechend erfasst. Aufgrund dieser Besonderheit liegt keine Ungleichbehandlung anderer Personengruppen, wie etwa körper- oder sinnesbehinderter Menschen vor, deren Pflegebedarf durch das bestehende System, auch durch die systemimmanente Möglichkeit der Über- und Unterschreitung von Richtwerten bzw. der Überschreitung von Mindestwerten, ausreichend erfasst wird.

Wie auch in der Stellungnahme der Vereinigung der österreichischen Richterinnen und Richter im Begutachtungsverfahren darauf hingewiesen wurde, sollen auch dabei, wie bei der Pflegegeldeinstufung schwerst behinderter Kinder und Jugendlicher, nun pflegeerschwerende Faktoren berücksichtigt werden, die bislang - auch durch die Zusatzkriterien für § 4 Abs. 2 Stufen 5 bis 7 - noch nicht Berücksichtigung fanden.

 

Dieser Erschwerniszuschlag soll zum Zweck der Verhinderung von Doppelverwertungen hinsichtlich des vorgeschlagenen Erschwerniszuschlages für schwerst behinderte Kinder und Jugendliche erst ab dem vollendeten 15. Lebensjahr berücksichtigbar sein und damit einen nahtlosen Übergang der Berücksichtigbarkeit von Erschwernisfaktoren der gesamten Pflegesituation im Kindes- bzw. Jugendlichenalter zum Erwachsenenalter bewirken.

Nach Abs. 6 liegen pflegeerschwerende Faktoren gemäß Abs. 5 vor, wenn sich Defizite der Orientierung, des Antriebes, des Denkens, der planerischen und praktischen Umsetzung von Handlungen, der sozialen Funktion und der emotionalen Kontrolle in Summe als schwere Verhaltensstörung äußern. Die Gewichtung des Ausmaßes der einzelnen Defizite wird sich im Einzelfall unterscheiden. Damit pflegeerschwerende Faktoren vorliegen, müssen jedenfalls mehrere dieser einzelnen Defizite im relevanten Ausmaß bestehen.

Störung der Orientierung in diesem Sinn bedeutet, dass ein Zurechtfinden in zeitlicher, räumlicher und situativer Dimension nicht mehr gegeben ist.

Störungen des Antriebs bedeutet, dass die Aktivität verändert ist. Es kommt entweder zu Überreaktionen bis hin zu Aggressivität oder zu fehlender Reaktion bis hin zum vollkommenen Rückzug.

Störungen des Denkens bedeutet, dass Gedächtnisleistung, Konzentration und Auffassungsfähigkeit eingeschränkt sind und daher logische Abfolgen nicht entwickelt und erfasst werden können.

Störungen der emotionalen Kontrolle bedeutet, dass die Reaktion auf Situationen, Herausforderungen, Belastungen, äußere Eindrücke nicht angemessen ist.

Störung der sozialen Funktion bedeutet, dass die zwischenmenschlichen Beziehungen (z. B. Familie, Freundeskreis, Arbeitswelt) beeinträchtigt sind.

Die angeführten Bereiche steuern in Summe das Verhalten. Schwere Störungen im Verhalten führen zu bedrohlich wahrgenommenen Reaktionen im Alltag und massiven Belastungen sozialer Gefüge.

In systemkonformer Weise soll auch hinsichtlich der näheren Regelung der verbindlichen Pauschalwerte (Erschwerniszuschläge) für den zusätzlichen Pflegeaufwand schwerst behinderter Kinder und Jugendlicher bis zum vollendeten 7. bzw. bis zum vollendeten 15. Lebensjahr sowie für den zusätzlichen Pflegeaufwand pflegebedürftiger Personen mit einer schweren geistigen oder einer schweren psychischen Behinderung, insb. einer demenziellen Erkrankung, der Bundesminister für Soziales und Konsumentenschutz als Verordnungsgeber gemäß Abs. 7 nach Anhörung des Bundesbehindertenbeirates ermächtigt werden.

Zu Z 2, Z 6 und Z 7 (§ 5, § 44 Abs. 6 und § 47 Abs. 1):

Das Bundespflegegeld wurde zuletzt mit Wirkung vom 1. Jänner 2005 um 2% erhöht.

Das Regierungsprogramm für die XXIII. Gesetzgebungsperiode sieht vor, das Pflegegeld des Bundes in dieser Legislaturperiode einmal zu erhöhen.

In der Arbeitsgruppe „Neugestaltung der Pflegevorsorge“ wurde dazu überwiegend der Standpunkt vertreten, dass das Pflegegeld wieder so rasch wie möglich linear erhöht werden sollte. Auch wird laufend seitens diverser Stellen - insbesondere der Interessenvertretungen behinderter Menschen und der Pensionistenverbände - eine Erhöhung des Pflegegeldes verlangt. Diesem berechtigten Verlangen soll nunmehr mit dem vorliegenden Entwurf Rechnung getragen werden und im Bundespflegegeldgesetz eine Erhöhung der Pflegegeldbeträge mit Wirkung vom 1.November 2008 um 5% normiert werden. Die Erhöhungen mit Wirkung vom 1. November 2008 sollen auch sinngemäß für das Pflegegeld der Stufe 1 nach § 47 Abs. 1 BPGG und die Ausgleiche nach § 44 BPGG gelten.

Zu Z 3 (§ 13 Abs. 1):

Nach § 13 Abs. 1 geht für die Zeit der stationären Pflege einer pflegebedürftigen Person auf Kosten oder unter Kostenbeteiligung eines Landes, einer Gemeinde oder eines Sozialhilfeträgers der Anspruch auf Pflegegeld bis zur Höhe der Verpflegskosten, höchstens jedoch bis zu 80 vH, auf den jeweiligen Kostenträger über. Für die Dauer des Anspruchsüberganges gebührt der pflegebedürftigen Person ein Taschengeld in Höhe von 10 vH des Pflegegeldes der Stufe 3 (= € 42,20 mtl.); im Übrigen ruht der Anspruch auf Pflegegeld.

Ist aus der Aktenlage ersichtlich, dass sich der Pflegebedürftige in einem Heim befindet, erfolgt grundsätzlich nach der Praxis der Versicherungsträger eine Prüfung durch die Versicherungsanstalt, ob sich die pfle-gebedürftige Person auf Kosten oder unter Kostenbeteiligung eines Landes, einer Gemeinde oder eines Sozialhilfeträgers im Heim befindet und somit die Voraussetzungen für die Anwendbarkeit des § 13 gegeben sind. In diesem Fall wird der Anspruchsübergang durchgeführt, der Ruhensbetrag einbehalten und das Taschengeld an den Anspruchsberechtigten in der richtigen Höhe ausbezahlt.

Seitens des Rechnungshofes wurde in seinem Prüfbericht betreffend den Sozialhilfeverband Spittal an der Drau aus dem Jahr 2006 kritisiert, dass das Bundespflegegeldgesetz (BPGG) keine Verpflichtung enthält, bei einer stationären Pflege unter Kostenbeteiligung eines Sozialhilfeträgers iS § 13 diese Kostenbeteiligung der das Pflegegeld auszahlenden Stelle zu melden.

Mit dem gegenständlichen Vorschlag zur Ergänzung der Regelung des § 13 Abs. 1 soll der Anregung des Rechnungshofes, die Sozialhilfeträger zu verpflichten, die entsprechenden Meldungen gegenüber den das Pflegegeld auszahlenden Stellen unverzüglich zu erstatten, Rechnung getragen werden.

Zu Z 4 (§ 21a Abs. 1 Z 1):

Pflegende und betreuende Angehörige sind in der Regel in erheblichem Ausmaß Mehrfachbelastungen ausgesetzt. Die lange und intensive Betreuung von pflegebedürftigen Menschen bringt pflegende und betreuende Angehörige oftmals an die Grenzen ihrer psychischen und physischen Belastbarkeit.

Bei pflegebedürftigen Menschen mit hohem Pflegebedarf, die von Angehörigen gepflegt werden, ist es aus finanziellen Gründen oft sehr schwierig bis unmöglich, eine Ersatzpflege zu organisieren, um zumindest vorübergehend für eine Entlastung des Angehörigen sorgen zu können.

Mit der am 1. Jänner 2004 in Kraft getretenen Novelle zum Bundespflegegeldgesetz, BGBl. I Nr. 71/2003, wurde die Möglichkeit geschaffen, einem nahen Angehörigen, der eine im Bezug eines Pflegegeldes zumindest der Stufe 4 nach dem Bundespflegegeldgesetz stehende pflegebedürftige Person seit mindestens einem Jahr überwiegend pflegt und an der Erbringung der Pflegeleistung wegen Krankheit, Urlaub oder aus sonstigen wichtigen Gründen verhindert ist, bei Vorliegen einer sozialen Härte eine finanzielle Zuwendung aus dem Unterstützungsfonds für Menschen mit Behinderung zu gewähren.

Die Zuwendung soll einen Beitrag zur Abdeckung jener Kosten darstellen, die wegen der Verhinderung der Hauptpflegeperson für eine professionelle oder private Ersatzpflege anfallen.

Die Erfahrungen, die aus der Vollziehung des § 21a in den letzten vier Jahren gezogen werden konnten, und die Ergebnisse der Diskussionen in der Arbeitsgruppe „Neugestaltung der Pflegevorsorge“, die seit Februar 2007 beim Bundesministerium für Soziales und Konsumentenschutz eingerichtet ist, haben gezeigt, dass ein Anpassungsbedarf hinsichtlich des förderbaren Personenkreises in mehrfacher Hinsicht besteht. Mit dem gegenständlichen Novellierungsvorschlag soll der förderbare Personenkreis in dreierlei Hinsicht erweitert werden:

a) Erweiterung auf Pflegegeldbezieher der Stufe 3

Zunächst sollen nach dem vorgeschlagenen § 21a Abs. 1 Z 1 lit. a auch jene pflegenden nahen Angehörigen gefördert werden können, die als Hauptpflegeperson eine pflegebedürftige Person, der zumindest ein Pflegegeld der Stufe 3 nach dem Bundespflegegeldgesetz gebührt - bislang ab Stufe 4 - , seit mindestens einem Jahr zu Hause pflegen und an der Erbringung der Pflege vorübergehend wegen Krankheit, Urlaub oder aus sonstigen wichtigen Gründen verhindert sind.

Damit soll einerseits eine Gruppe pflegender naher Angehöriger erfasst werden, die ebenfalls schon relativ hochgradig pflegebedürftige Personen - der Pflegegeldstufe 3 - zu Hause pflegen und andererseits nicht zuletzt auch eine Harmonisierung mit anderen Unterstützungsbereichen, die als Leistungsvoraussetzung ebenfalls an den Anspruch auf ein Pflegegeld zumindest in Höhe der Stufe 3 anknüpfen, wie z. B. die Förderung der 24-Stunden-Betreuung gemäß § 21b oder die begünstigte Selbst- und Weiterversicherung in der Pensionsversicherung für Zeiten der Pflege naher Angehöriger nach den Sozialversicherungsgesetzen, erreicht werden.

Aber auch eine Harmonisierung mit gleichartigen Förderangeboten der Länder soll mit dieser Maßnahme bewirkt werden; so gewährt etwa das Land Tirol ab 1. Mai 2008 entsprechende finanzielle Zuwendungen für Kurzzeitpflege an Bezieher von Pflegegeld ab der Stufe 3.

b) Erweiterung auf demenziell erkrankte Pflegebedürftige ab Stufe 1

Weiters sollen nach dem vorgeschlagenen § 21a Abs. 1 Z 1 lit. b auch jene pflegenden nahen Angehörigen gefördert werden können, die als Hauptpflegeperson eine nachweislich demenziell erkrankte pflegebedürftige Person, der zumindest ein Pflegegeld der Stufe 1 nach dem Bundespflegegeldgesetz gebührt, seit mindestens ei-nem Jahr zu Hause pflegen und an der Erbringung der Pflege vorübergehend wegen Krankheit, Urlaub oder aus sonstigen wichtigen Gründen verhindert sind.

Sämtliche wissenschaftliche Studien bestätigen nämlich, dass gerade die Pflege von Menschen mit demenziellen Erkrankungen, die häufig über viele Jahre erfolgt, oftmals psychisch und physisch besonders belastend ist und hohe Anforderungen an die Pflegepersonen stellt.

Das Thema Demenz sowie die Betreuung demenziell erkrankter Menschen stellt somit eine große Herausforderung für die Zukunft dar, wobei neben dem Pflegegeld auch andere Bereiche der Unterstützung für diesen Personenkreis betroffen sind. So wurde bereits in der 2005 veröffentlichten Studie „Situation pflegender Angehöriger“ die Wichtigkeit betont, Unterstützungsmaßnahmen auf verschiedenen Ebenen zu setzen, um den pflegebedürftigen Menschen ein selbstbestimmtes und eigenständiges Leben so lange wie möglich zu Hause zu ermöglichen.

Auch in der jüngst zu dieser Thematik stattgefundenen Diskussion in der Arbeitsgruppe „Neugestaltung der Pflegevorsorge“ beim Bundesministerium für Soziales und Konsumentenschutz wurde festgestellt, dass ein Bedarf an speziellen Maßnahmen für pflegebedürftige Personen mit demenziellen Erkrankungen besteht, wobei vor allem die Belastungssituation pflegender und betreuender Angehöriger als ein wesentlicher Problembereich diagnostiziert wurde.

Da die oftmals lange und intensive Betreuung von pflegebedürftigen Menschen mit demenziellen Erkrankungen deren pflegende Angehörige in vielen Fällen an die Grenzen ihrer Belastbarkeit bringt, ist gerade die Möglichkeit, sich von der Pflege kurzfristig erholen zu können, von besonderer Wichtigkeit und Bedeutung.

Um insbesondere jenen Angehörigen, die demenziell erkrankte pflegebedürftige Menschen betreuen, eine möglichst rasche und unbürokratische Unterstützung zukommen zu lassen, wird seit Februar 2007 im Rahmen des Projektes „Unterstützung für pflegebedürftige Menschen mit demenziellen Erkrankungen und deren pfle-gende Angehörige“, das in Kooperation des BMSK mit der Bundesarbeitsgemeinschaft freie Wohlfahrt (BAG) und dem Verein Alzheimer Angehörige Austria durchgeführt wird, diese Finanzierung von Ersatzpflege für Zeiten der Verhinderung dieser Pflegepersonen aus dem Unterstützungsfonds für Menschen mit Behinderung unter erleichterten Bedingungen gefördert. Die Förderung im Rahmen dieses Projektes soll nun in eine Regelförderung dieser Personengruppe übergeleitet und mit dem vorgeschlagenen § 21a Abs. 1 Z 1 lit. b auch auf eine entsprechende gesetzliche Grundlage gestellt werden.

Mit dem Abstellen auf den Anspruch auf Bundespflegegeld zumindest in der Höhe der Stufe 1 sollen ferner die Förderbedingungen des Bundes mit gleichartigen Fördermöglichkeiten der Länder harmonisiert werden.

c) Erweiterung auf Minderjährige ab Stufe 1

Letztlich sollen nach dem vorgeschlagenen § 21a Abs. 1 Z 1 lit. c auch jene pflegenden nahen Angehörigen gefördert werden können, die als Hauptpflegeperson einen pflegebedürftigen Minderjährigen, dem zumindest ein Pflegegeld der Stufe 1 nach dem Bundespflegegeldgesetz gebührt, seit mindestens einem Jahr zu Hause pflegen und an der Erbringung der Pflege vorübergehend wegen Krankheit, Urlaub oder aus sonstigen wichtigen Gründen verhindert sind.

Auch die Pflege und Betreuung pflegebedürftiger Minderjähriger stellt die pflegenden Angehörigen oftmals vor große Herausforderungen und ist über viele Jahre sowohl physisch als auch psychisch zumeist sehr belastend.

Der vorgeschlagene § 21a Abs. 1 Z 1 lit. c orientiert sich hinsichtlich des Abstellens auf Minderjährige an der dem § 21a BPGG vergleichbaren, seit 1. Oktober 2006 bestehenden Zuwendung zur Unterstützung pflegender Angehöriger von Landespflegegeldbeziehern des Landes Kärnten. Unter Minderjährigen im Sinne des vorge-schlagenen § 21a Abs. 1 Z l lit. c sind dabei Personen gemäß § 21 Abs. 2 des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches (ABGB) zu verstehen, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben.

Zu Z 5 und Z 8 (§ 22 Abs. 1 Z 4 und § 47 Abs. 5):

Der Rechnungshof hielt im Bericht über den Vollzug des BPGG bei der SVA der gewerblichen Wirtschaft, Reihe Bund 2007/12, fest, dass eine Zersplitterung der Entscheidungsträger auf Bundesebene festzustellen sei.

Mit der vorgeschlagenen Änderung des § 22 Abs. 1 Z 4 soll in Entsprechung der diesbezüglichen Anregung des Rechnungshofes eine Verminderung der derzeit 25 Entscheidungsträger gem. § 22 BPGG erzielt werden, und die Entscheidungsträger mit einer nur geringen Anzahl an Pflegegeldbeziehern von der Vollziehung des BPGG entlastet werden und die Zuständigkeit des Präsidenten des Nationalrates sowie der Bundesregierung in den in § 22 Abs. 1 Z 4 BPGG normierten Fällen zur Durchführung des Verfahrens und zur Auszahlung des Pflegegeldes auf die Versicherungsanstalt Öffentlich Bediensteter (BVA) übertragen werden.

Laut Stellungnahme des Bundeskanzleramtes-Verfassungsdienst muss die vorgesehene Vollziehung des BPGG durch die Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter nicht durch Verfassungsbestimmung angeordnet werden, auch wenn Mitglieder des Nationalrates oder Bundesrates (§ 22 Abs. 1 Z 4 lit. a) oder Mitglieder der Volksanwaltschaft oder der Präsident oder Vizepräsident des Rechnungshofes (§ 22 Abs. 1 Z 4 lit. c) betroffen sind. Da § 22 Abs. 1 Z 4 lit. a und c BPGG aber nach der geltenden Rechtslage im Verfassungsrang stehen, hat ihre „Entkleidung“ vom Verfassungsrang durch Verfassungsbestimmung zu erfolgen. Das bedeutet, dass zwar die Novellierungsanordnung als Verfassungsbestimmung zu bezeichnen ist nicht aber die geänderten Bestimmungen. Außerdem ist auf Grund der nunmehr einheitlichen Zuständigkeit der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter die Untergliederung in literae entbehrlich und soll entfallen.

Im § 47 Abs. 5 soll eine Übergangsbestimmung in der Weise normiert werden, dass zum 1. Jänner 2009 offene Pflegegeldverfahren von dem Entscheidungsträger zu Ende zu führen sind, der bis zum 31. Dezember 2008 zuständig war.


Zu Z 9 (§ 48a samt Überschrift):

Mit dem vorgeschlagenen § 48a sollen Übergangsbestimmungen zu den mit § 4 Abs. 3 bis 7 neu zu schaffenden Erschwernisfaktoren für schwerst behinderte Kinder und Jugendliche bis zum vollendeten 7. bzw. bis zum vollendeten 15. Lebensjahr sowie für schwer geistig oder schwer psychisch behinderte, insb. demenziell erkrankte Personen normiert werden.

Bringen demnach Bezieher eines Pflegegeldes nach diesem Bundesgesetz bis 30. April 2009 einen Antrag auf Erhöhung des Pflegegeldes ein und liegen die Voraussetzungen des § 4 Abs. 3 oder 5 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XXX/2008 vor, ist das höhere Pflegegeld ab 1. Jänner 2009 unter der Annahme, dass die Voraussetzungen des § 4 Abs. 3 oder 5 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XXX/2008 auch schon zu diesem Zeitpunkt vorgelegen haben, ohne weitere Prüfung zu leisten.

Im Rahmen der Pflegegeldbegutachtung wird im Regelfall wegen geistiger Behinderungen oder psychiatrischer Erkrankungen - insbesondere auch beim Krankheitsbild Demenz - innerhalb eines Zeitrahmens von 4 bis 6 Monaten keine signifikante Änderung der erforderlichen Hilfe und Betreuung auftreten; gleiches gilt für die Beurteilung der Erschwernisfaktoren schwerst behinderter Kinder und Jugendlicher. Es kann daher von einer individuellen Stellungnahme im Einzelfall zur Frage der rückwirkenden Anerkennung des Vorliegens der Voraussetzungen für die Berücksichtigbarkeit der Erschwernisfaktoren gemäß § 4 Abs. 3 bis 6 Abstand genommen werden. Aus ärztlicher Sicht ist in einem hohen Prozentsatz mit hoher Wahrscheinlichkeit anzunehmen, dass der im Rahmen der Begutachtung festgestellte Pflegebedarf in gleichem Ausmaß bereits 4 bis 6 Monate vorher bestanden hat. Vor diesem Hintergrund erscheint die Normierung einer gesetzlichen Vermutung des Vorliegens der Voraussetzungen bereits im Inkrafttretenszeitpunkt als sachlich gerechtfertigt.

Nach Abs. 2 hat die Entscheidung in Verfahren nach Abs. 1 (Fälle eines zwischen 1.1.2009 und 30.4.2009 eingebrachten Erhöhungsantrages) ohne neuerliche ärztliche Untersuchung zu erfolgen, wenn durch die aktenkundigen Tatsachen und die in früheren Verfahren eingeholten Gutachten der Sachverhalt ausreichend geklärt ist.

Ob der Sachverhalt durch die Aktenlage ausreichend geklärt ist, ist im Einzelfall zu beurteilen; so wird unter Umständen dann doch eine neuerliche Sachverständigenbegutachtung durchzuführen sein, wenn die im Akt erliegenden Vorgutachten bereits zu weit zurück liegen oder keine hinreichenden Aussagen zu den erforderlichen festzustellenden Kriterien für die Berücksichtigung der Erschwernisfaktoren enthalten.

Abs. 3 legt klar, dass allen am 1. Jänner 2009 noch nicht rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren auf Zuerkennung oder Erhöhung des Pflegegeldes für die Zeit bis zum 31. Dezember 2008 die bis zu diesem Zeitpunkt jeweils für die Beurteilung des Anspruches geltenden Bestimmungen dieses Bundesgesetzes zugrunde zu legen sind.

Mit Abs. 4 soll klargestellt werden, dass die Bestimmungen der Abs. 1 und 3 auch für gerichtliche Verfahren gelten.

Zu Z 10 (§ 49 Abs. 13, 14 und 15):

Die Erhöhung des Pflegegeldes soll mit 1. November 2008 in Kraft treten, die übrigen Änderungen des Bundespflegegeldgesetzes sollen mit 1. Jänner 2009 in Kraft treten. Für das Inkrafttreten des § 22 Abs. 1 Z 4 ist eine Verfassungsbestimmung erforderlich.