894/A(E) XXIII. GP

Eingebracht am 12.09.2008
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ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

 

der Abgeordneten Van der Bellen, Glawischnig-Piesczek, Freundinnen und Freunde

 

betreffend einkommensabhängiges Kinderbetreuungsgeld

 

Begründung

 

Nach wie vor leisten Frauen den Großteil der Kindererziehung und -betreuung. Bei Österreichs Frauen beträgt die wöchentliche gesamte Arbeitsbelastung im Schnitt 45,2 Stunden, davon entfallen fast zwei Drittel (ca. 30 Stunden) auf Haushalt und Kinderbetreuung. Bei Österreichs Männern liegt die Gesamtbelastung im Schnitt bei nur 35,1 Stunden, wobei nur ein Fünftel der Zeit (ca. 7 Stunden) auf Haushalt und Kinderbetreuung entfällt (aus der Studie "Unbezahlte Arbeit", Arbeiterkammer, 2006). Damit verbunden sind viele positive Erfahrungen, aber auch aber zahlreiche gesellschaftliche Nachteile: Berufsunterbrechung, Teilzeitarbeit, Einkommenseinbußen, Pensionseinbußen etc., manchmal bis zum Abrutschen in Armut.

 

Die geringe Beteiligung der Väter an Familien- und Hausarbeit spiegelt sich in den Zahlen des Kinderbetreuungsgeldbezugs von Vätern wieder. Aktuelle Zahlen zeigen, dass der Anteil der Väter, die das Kinderbetreuungsgeld in Anspruch nehmen, lediglich rund vier Prozent beträgt. Zwar wird die Kurz-Variante des Kinderbetreuungsgelds von Vätern deutlich besser angenommen, aber von einer gerechten Aufteilung der Karenzzeiten zwischen Vätern und Müttern sind wir noch immer weit entfernt.

 

Modelle mit einkommensabhängigen Kinderbetreuungs- bzw. Karenzgeldbezug zeigen, dass sie für Männer ein Türöffner zur Kinderbetreuung sein können.

 

Deutschland folgte im Jahr 2007 dem Beispiel einiger skandinavischer Länder (Island, Schweden) und führte ein einkommensabhängiges Elterngeld ein. Teilen sich Vater und Mutter die Betreuung des Kindes auf, so können sie 14 Monate lang 67% des durchschnittlich vor der Geburt verfügbaren laufenden Erwerbseinkommens (mind. 300 Euro, maximal 1.800 Euro) beziehen.

Der Väteranteil am aktuellen einkommensabhängigen Elterngeld hat sich im Gegensatz zum vorherigen Modell des Erziehungsgelds (Väteranteil: 3,5%) fast vervierfacht (2007: 12%). Aktuelle Zahlen bestätigen einen weiteren Anstieg des Väteranteils.

 

In Island existiert seit dem Jahr 2000 ein einkommensabhängiges Karenzmodell mit insgesamt 9 Monaten (3 für Mutter, 3 für Vater, 3 zur freien Einteilung) in denen Eltern 80% des letztes Einkommens beziehen. In Island nehmen knapp 90% der Männer, die ihnen zustehenden drei Monate in Anspruch.

 

Österreich hat mit knapp 4% Männerbeteiligung deutlichen Nachholbedarf, wenn es um gerechte Aufteilung von Familienarbeit geht. Einkommensabhängige Kinderbetreuungs- bzw. Karenzgeldmodell machen eine Beteiligung der Männer erst möglich. Das Argument des zu großen finanziellen Verlustes für die gesamte Familie, wenn der „stärkere“ Verdiener entfällt, kann nur mehr bedingt vorgebracht werden.

 

Erst wenn Väter die echte Chance haben, ihren Anteil an Familienarbeit zu übernehmen und diese Chance auch wahrnehmen, wird es zu wesentlichen gesellschaftlichen Veränderungen kommen. Die gerechte Aufteilung von Familien- und Erwerbsarbeit zwischen Männern und Frauen ist nicht nur ein Schlüssel für die Gleichstellung der Geschlechter, sondern auch für die Zufriedenheit der Familien.

 

Bei der Entwicklung von einkommensabhängigen Modellen ist wesentlich, dass es zu keiner Schlechterstellung gegenüber dem Status quo kommen darf.  Familien dürfen in einem neu entwickelten einkommensabhängigen Kinderbetreuungs- bzw. Karenzgeld nicht weniger Geld bekommen, als ihnen im derzeitigen Kinderbetreuungsgeldbezug zusteht.

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

 

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG:

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat ein Konzept eines einkommensabhängigen Kinderbetreuungsgelds vorzulegen, das folgende Zielsetzungen beinhaltet:

 

-         mehr Partnerschaftlichkeit in der Aufteilung der Familienarbeit,

-         verbesserte Vereinbarkeit von Beruf und Familie,

-         flexibel wählbare Karenzdauer,

-         keine Schlechterstellung zum Status quo im Kinderbetreuungsgeldbezug.“

 

 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Familienausschuss vorgeschlagen.