90/A(E) XXIII. GP

Eingebracht am 16.01.2007
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG

der Abgeordneten Maga. Terezija Stoisits, Freundinnen und Freunde

 

betreffend Kärntner Ortstafeln

 

I. Die Ereignisse der letzten Jahre haben deutlich gemacht, dass die Bundesangelegenheit Minderheitenschutz in Österreich dem Kärntner Landeshauptmann zur Profilierung überlassen wurde. Der bis heute anhaltende Kleinkrieg um jede einzelne Ortstafel hat namhaften Institutionen unseres Rechtsstaates schweren Schaden zugefügt und den Rechtsbruch höchster politischer Verantwortungsträger salonfähig gemacht.

 

In seinem Erkenntnis vom 13.12.2001 hat der Verfassungsgerichtshof jene Passage des Volksgruppengesetzes 1976 als verfassungswidrig aufgehoben, die für das Aufstellen von zweisprachigen Ortstafeln einen 25% Anteil von Minderheitenangehörigen vorsah. Die zur Korrektur vorgesehene Frist bis 31.12.2002 ließ die vorhergehende Bundesregierung ungenützt verstreichen. Der  Notwendigkeit zur Erlassung einer neuen Topographieverordnung wurde mit der Verordnung vom 30.06.2006, also nach 5 jähriger Verspätung, nachgekommen. Aber auch diese Verordnung trägt keinesfalls der Verfassungsrechtslage und der Rechtsprechung der Verfassungsgerichtshofes Rechnung. 

 

Wesentlich ist, dass nur in 77 der von dieser Topographieverordnung erfassten 93 Ortschaften zweisprachige Ortstafeln aufgestellt sind. In 16 Ortschaften befinden sich nur einsprachige Ortstafeln. Dies steht im Widerspruch zum unmittelbar anwendbaren Art. 7 Abs. 3 Satz 2 des Staatsvertrages von Wien und zur gültigen Topographieverordnung der Bundesregierung BGBl. Nr. 245/2006 vom 30.06.2006.

 

Die Einhaltung der gültigen Topographieverordnung stellt das absolute Mindestmaß an Respekt vor den Minderheitenrechten dar. Diese Frage ist von der notwendigen und verfassungskonformen Regelung der Ortstafelfrage zu trennen. Eine solche wird laut Regierungsprogramm bis Sommer 2007 in Aussicht genommen. Das entbindet die neue Bundesregierung, den zuständigen Verkehrsminister, jedoch nicht von der Verpflichtung, sofortige Maßnahmen zu ergreifen, die dem Rechtsstaat ein Stück weit zum Durchbruch verhelfen. 

 

Die Bundesverfassung gibt dem Bund dazu folgende Instrumentarien in die Hand:

 

·        Gemäß Art. 15 Abs. 8 B-VG steht in Angelegenheiten, die nach Artikel 11 und 12 der Bundesgesetzgebung vorbehalten sind, dem Bund das Recht zu, die Einhaltung der von ihm erlassenen Vorschriften wahrzunehmen. 

 

·        Gemäß Art 16 Abs. 4 B-VG sind die Länder verpflichtet, Maßnahmen zu treffen, die in ihrem selbständigen Wirkungsbereich zur Durchführung von Staatsverträgen erforderlich werden; kommt ein Land dieser Verpflichtung nicht rechtzeitig nach, so geht die Zuständigkeit zu solchen Maßnahmen, insbesondere zur Erlassung der notwendigen Gesetze, auf den Bund über. Eine gemäß dieser Bestimmung vom Bund getroffene Maßnahme, insbesondere ein solcher Art erlassenes Gesetz oder eine solcher Art erlassene Verordnung, tritt außer Kraft, sobald das Land die erforderlichen Maßnahmen getroffen hat.

 

·        Gemäß Art 16 Abs. 5 B-VG hat der Bund ebenso bei Durchführung völkerrechtlicher Verträge das Überwachungsrecht auch in solchen Angelegenheiten, die zum selbständigen Wirkungsbereich der Länder gehören. Hierbei stehen dem Bund die gleichen Rechte gegenüber den Ländern zu, wie bei den Angelegenheiten der mittelbaren Bundesverwaltung.  

 

Die Erlassung (rechtskonformer) Durchführungsverordnungen nach der StVO, die gleichzeitig den minderheitenrechtlichen Vorgaben Rechnung tragen müssen, ist eine Angelegenheit der Straßenpolizei und damit der selbständigen Landesvollziehung.

 

Gemäß § 94b StVO sind die Bezirkshauptmannschaften zuständig. Ihnen obliegt die Erlassung von Verordnungen im Bereich der Straßenverkehrsordnung.

Gemäß § 43 StVO hat die Bezirksverwaltungsbehörde die Verordnung betreffend die (in § 53 Abs. 1 Ziffer 17a und 17b StVO normierten) Hinweiszeichen Ortstafel und Ortsende zu erlassen und gemäß § 44 StVO durch Straßenverkehrszeichen kundzumachen, wobei die Verordnungen mit deren Kundmachung in Kraft treten. In 16 von 93 von der gültigen Topographieverordnung erfassten Ortschaften stehen lediglich einsprachige Ortstafeln. Wenn aber die straßenpolizeiliche Verpflichtung zur Aufstellung von Ortstafeln besteht, so sind diese auf Grund der Topographieverordnung der Bundesregierung und dem direkt anzuwendenden

Art. 7 Abs. 3 Satz 2 Staatsvertrag von Wien auch slowenisch zu beschriften.

 

Die Verpflichtung zur Überwachung der Einhaltung dieses Umstandes und damit die Durchsetzung der Aufstellung zweisprachiger Ortstafeln kommt auf Grund der zitierten Bestimmungen der Bundesverfassung dem Bund in der Person des Verkehrsministers zu. Gemäß Art. 16 Abs. 4 stehen dem Bund die gleichen Rechte gegenüber den Ländern zu, wie bei den Angelegenheiten der mittelbaren Bundesverwaltung. Damit ist Art. 103 Abs. 1 B – VG anwendbar. Der zuständige Bundesminister ist demnach ermächtigt, die Aufstellung zweisprachiger Ortstafeln mittels Weisung an den Landeshauptmann durchzusetzen.

 

II. Die Vollziehung der Straßenpolizei ist den Ländern nicht vollständig übertragen. Der Bund bleibt zur Erlassung von Durchführungsverordnungen zuständig, so nicht eine gesetzliche Delegation an die Landesorgane erfolgt. Die StVO könnte also so geändert werden, dass Verordnungen, für die der Staatsvertrag von Wien einschlägig ist, in der Kompetenz des Bundes verbleiben.

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

 

ENTSCHLIESSUNGSANTRAG:

 

 

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

 

 

 

Der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie wird aufgefordert,

 

 

 

I. unter Anwendung des verfassungsrechtlichen Instrumentariums der Art 15 Abs. 8, 16 Abs. 4 und Abs. 5 B-VG

-  entweder die zur Umsetzung der VO BGBl. Nr. 245/2006 notwendigen straßenpolizeilichen Durchführungsverordnungen betreffend 16 Ortschaften in Folge jahrzehntelanger (!) Säumigkeit des Landes  zu erlassen

-  oder den Landeshauptmann von Kärnten mittels Weisung dazu aufzufordern.

 

II. einen Gesetzesentwurf für eine Novelle der StVO vorzulegen, in der die Kompetenz zur Erlassung von Durchführungsverordnungen, für die der Staatsvertrag von Wien maßgeblich ist, in der Kompetenz des Bundes verbleibt.

 

 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Verfassungsausschuss vorgeschlagen.