1106/AB XXIII. GP

Eingelangt am 22.08.2007
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BM für Inneres

Anfragebeantwortung

 

 

Frau

Präsidentin des Nationalrates

Mag. Barbara Prammer

Parlament

1017 Wien     

                                                                              

 

 

Die Abgeordneten Laura Rudas, Genossinnen und Genossen haben am 27. Juni 2007 unter der Nummer 1094/J an mich eine schriftliche parlamentarische Anfrage betreffend „e-Voting“ gerichtet.

 

Diese Anfrage beantworte ich nach den mir vorliegenden Informationen wie folgt:

 

Zu den Fragen 1 bis 5:

 

Die Ergebnisse der „Arbeitsgruppe E-Voting“, die im Jahr 2004 im Bundesministerium für Inneres getagt hat, sind eine wichtige Grundlage für weiterführende Überlegungen und die meinem Ressort mit Ministerratsbeschluss anvertraute Prüfung der elektronischen Stimmabgabe. Darüber hinaus werden jedoch auch alle anderen dem Bundesministerium für Inneres zur Kenntnis kommenden Erfahrungsberichte, Studien und Praxisbeispiele untersucht, um Fachwissen über die Machbarkeit und die Voraussetzungen von E-Voting-Systemen sammeln zu können.

In der derzeitigen Phase werden im Bundesministerium für Inneres sorgfältig die bisherigen europaweiten bzw. weltweiten Entwicklungen im Bereich des E-Voting studiert. Mein Ressort beobachtet und evaluiert eine eventuelle zukünftige Umsetzbarkeit bereits bekannter oder in Planung befindlicher Modelle in Österreich und versucht, „best practices“ herauszukristallisieren, ohne den Entscheidungen des Gesetzgebers in irgendeiner Weise vorzugreifen. Für Herbst dieses Jahres ist die Einsetzung einer parlamentarischen Arbeitsgruppe zum Thema E-Voting geplant, der es unbenommen bleiben wird, konkretere Empfehlungen abzugeben.

 

Zu Frage 6:

Die Ermöglichung von E-Voting bei Wahlen der einzelnen Gebietskörperschaften wäre erst mit einer Änderung des Bundesverfassungs-Gesetzes realisierbar. Selbst für Pilotprojekte findet sich derzeit in Österreich keine verfassungsrechtliche Grundlage. Die Arbeitsgruppe im Bundesministerium für Inneres befand 2004, dass die Vornahme eines E-Voting-Vorgangs, der sich im Rahmen von Wahlen einer Gebietskörperschaft nur auf einen kleinen Personenkreis erstreckt, nicht für Ziel führend erachtet wird, weil ein solcher Vorgang einerseits Probleme mit der Wahrung des Wahlgeheimnisses, andererseits mit der Wahrung des Gleichheitsgrundsatzes nach sich ziehen könnte. Nicht verbindliche E-Voting-Tests zur Vorbereitung eines E-Voting-Echteinsatzes wären nur zu nicht politischen Fragestellungen – und erst nach Schaffung entsprechender gesetzlicher Grundlagen auf behördlicher Ebene – denkbar. Bereits gesetzlich vorgesehen ist die elektronische Stimmabgabe hingegen bei Wirtschaftskammer-Wahlen und Wahlen der Österreichischen HochschülerInnenschaft; die Vornahme eines Pilotversuches wäre hier prinzipiell denkbar, sofern Vorkehrungen zur Wahrung des Stimmgeheimnisses und des Gleichheitsgrundsatzes getroffen werden.

 

Zu den Fragen 7 und 8:

Die Ergebnisse der Arbeitsgruppe aus 2004 sind weiterhin von Relevanz für die Prüfungstätigkeit des Bundesministeriums für Inneres. Derzeit besteht zudem im Bundeskanzleramt eine Arbeitsgruppe zu „E-Democracy und E-Participation“, die sich mit verschiedenen Formen von demokratischer Beteilung (außer Wahlen) auf elektronischem Weg beschäftigt. Für Herbst dieses Jahres ist die Einsetzung einer parlamentarischen Arbeitsgruppe zum Thema E-Voting vorgesehen. Derzeit ist daher zu
E-Voting nicht an die Formierung einer neuen Arbeitsgruppe im Bundesministerium für Inneres gedacht. Eine solche wäre jedoch zu begrüßen, wenn die Resultate der vorgenannten Gremien einen solchen Schritt in der Folge als zweckmäßig anzeigen würden.

 

 

Zu den Fragen 9 bis 21:

Zu diesen Fragen halte ich generell fest, dass deren Beantwortung zum jetzigen Zeitpunkt nicht möglich ist, da Beschlüsse über prozedurale Wege, Systeme und Detailfragen klar dem Gesetzgeber vorbehalten sind. Dem Bundesministerium für Inneres kommt in der jetzigen Phase insbesondere die Evaluierung der Machbarkeit von E-Voting und die Prüfung möglicher „best practice“-Modelle zu.

 

In der Folge möchte ich dennoch ein paar Einzelaspekte hervorheben:

 

Zu Frage 15:

Die Arbeitsgruppe zu E-Voting im Bundesministerium für Inneres hat 2004 in ihrem Abschlussbericht festgehalten, dass auf Grund der in Österreich herrschenden Gegebenheiten (teilweise sehr kleine Gemeinden; zahlreiche Wahllokale mit geringer Auslastung und kurzen Öffnungszeiten; kostengünstige Abwicklung durch ehrenamtliche Tätigkeit) davon auszugehen ist, dass elektronische Stimmabgabegeräten in den Wahlzellen kein anzustrebendes Ziel in Zusammenhang mit E-Voting sind. Eine Vernetzung aller Wahllokale erschien der Arbeitsgruppe kurzfristig nicht realisierbar.

 

Zu Frage 18:

Die Ausgestaltung eines E-Voting-Modells bleibt dem (Verfassungs-)Gesetzgeber vorbehalten, der bislang keine Regelungen getroffen hat. In der Arbeitsgruppe E-Voting im Bundesministerium für Inneres wurde einhellig davon ausgegangen, dass die Möglichkeit der Überwachung eines E-Voting durch Wahlbehörden eine unabdingbare Voraussetzung sein müsse.

 

Zu den Fragen 9 und 21:

Die Arbeitsgruppe zu E-Voting im Bundesministerium für Inneres ging in ihrem Abschlussbericht davon aus, dass für die Abwicklung eines E-Voting-Vorgangs auf einfachgesetzlicher Ebene die Schaffung einer E-Voting-tauglichen Zentralen Wählerevidenz eine Grundvoraussetzung wäre, dass aber bei der Konfiguration dieser Evidenz berücksichtigt werden müsse, dass auf lange Sicht die Stimmabgabe mittels E-Voting nur eine zusätzliche Möglichkeit neben einer Stimmabgabe in der traditionellen Papierform sein könne. 

 

Zu Frage 22:

Eine individuell aufgegliederte Besprechung der 112 Punkte des Europarates ist in diesem Stadium nicht Ziel führend, da derzeit in Österreich kein praktisches E-Voting-Modell besteht, an Hand dessen überprüft werden könnte, welche  Mindeststandards bereits erfüllt sind und welche noch umgesetzt werden müssten. Da Vertreter(innen) der Republik Österreich, insbesondere auch aus meinem Ressort, maßgeblich an der Erarbeitung der „Recommendation“ des Europarates mitgewirkt haben, kann ich allerdings festhalten, dass die österreichische Rechtslage in Konformität mit den Empfehlungen steht und zahlreiche infrastrukturelle und sicherheitstechnische Anliegen der österreichischen Delegation konkret ihren Niederschlag im Text der „Recommendation“ gefunden haben.