1143/AB XXIII. GP

Eingelangt am 28.08.2007
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BM für europäische und internationale Angelegenheiten

 

Anfragebeantwortung

Die Abgeordneten zum Nationalrat Dr. Gerhard Kurzmann, Kolleginnen und Kollegen haben am 28. Juni 2007 unter der Nr. 1106/J-NR/2007 an mich eine schriftliche parlamentarische Anfrage betreffend „den Verkauf von ehemals deutschem Ackerboden in der Tschechischen Republik" gerichtet.

Diese Anfrage beantworte ich wie folgt:

Zu Frage 1:

Die Beneš-Dekrete, auf deren Grundlage unmittelbar nach dem 2. Weltkrieg die deutschsprachige Bevölkerung der damaligen Tschechoslowakei enteignet und vertrieben wurde, können aus heutiger Sicht nur als Völkerrechts- und menschenrechtswidrig bewertet werden.

Es gibt noch keine zufrieden stellende Lösung der Problematik der deutschsprachigen Vertriebenen aus der ehemaligen Tschechoslowakei. Daher arbeitet mein Ressort im Sinne der Entschließungen des Nationalrats vom 9. Juli 2003 und 3. Dezember 2003 weiter darauf hin, „dass in weiteren Gesprächen mit der Tschechischen Republik über die Frage jener Gesetze und Dekrete aus den Jahren 1945 und 1946, die sich auf die


Vertreibung von einzelnen Volksgruppen in der ehemaligen Tschechoslowakei beziehen, unter Einbindung der betroffenen Interessensvertretungen eine

menschenrechtskonforme Lösung erzielt wird". Dabei konzentrieren sich unsere Bemühungen insbesondere auf die Aufhebung des sog. „Amnestiegesetzes" (Gesetz Nr. 115 vom 8. Mai 1946, auch „Straffreistellungsgesetz"), mit dem gewisse nach dem

2. Weltkrieg begangene Straftaten pauschal legitimiert wurden.

Zu Frage 2:

Unseren Informationen zufolge ist die Äußerung von Landwirtschaftsminister Gandalovic so zu verstehen, dass in Zukunft häufiger Grundstücke zum Verkauf ausgeschrieben werden. Es ist jedoch keine Novellierung des tschechischen Gesetzes über den Bodenfonds beabsichtigt. An den gesetzlichen Bedingungen für den Erwerb wird sich daher nichts ändern.

Zu Frage 3:

Die Bundesregierung ist bestrebt, die Interessen der im Gefolge des 2. Weltkriegs aus ihrer früheren Heimat vertriebenen österreichischen Staatsbürger bestmöglich zu vertreten. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass ihre rechtlichen Möglichkeiten beschränkt sind, da das Völkerrecht die Ausübung des diplomatischen Schutzrechts an die Staatsbürgerschaft zum Zeitpunkt der völkerrechtswidrigen Enteignung knüpft.

Österreich ist daher schon bisher im Rahmen seines Dialogs mit der Tschechischen Republik zur Aufarbeitung der mittelosteuropäischen Zwischen- und Nachkriegsgeschichte stets für die Setzung von möglichst großzügigen Gesten der Versöhnung eingetreten.


Zu Frage 4:

Das Europäische Parlament wie auch die Europäische Kommission haben sich mit dem Thema vor dem EU-Beitritt der Tschechischen Republik und der Slowakei eingehend befasst, wobei umfassende Rechtsgutachten erstellt wurden. Die Experten sind dabei zum Schluss gekommen, dass diese Akte der Vergangenheit dem EU-Beitritt dieser Länder nicht entgegenstehen.