1211/AB XXIII. GP
Eingelangt am 03.09.2007
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BM für Soziales und Konsumentenschutz
Anfragebeantwortung

DR. ERWIN BUCHINGER
Bundesminister
Frau
Präsidentin des Nationalrates (5-fach)
Parlament
1010 Wien
GZ: BMSK-10001/0214-I/A/4/2007 Wien,
Sehr geehrte Frau Präsidentin!
Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 1172/J der Abgeordneten Werner Neubauer, Herbert Kickl und Kollegen wie folgt:
Frage 1 bis 11 sowie 13, 14, 18, 20:
Hinsichtlich dieser Fragen verweise ich auf den
Umstand, dass Angelegenheiten
des Arbeitsvertragsrechts sowie der kollektiven Rechtsgestaltung auf dem Gebiet
des Arbeitsrechts nach dem Bundesministeriengesetz 1986 in den Wirkungsbereich
des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit fallen.
Frage 12:
Es ist für einen Sozialminister nicht möglich, das Ergebnis sozialpartnerschaftlicher Verhandlungen vorherzusehen. Die Inhalte eines Kollektivvertrags sind von vielen verschiedenen Komponenten wie z.B. der Konjunkturlage abhängig, daher kann eine eindeutige und einheitliche Wirkung der bedarfsorientierten Mindestsicherung auf die zukünftige Ausgestaltung der Kollektivverträge generell nicht festgemacht werden. Gleichzeitig ist darauf hinzuweisen, dass durch den neuen kollektivvertraglich zu vereinbarenden Mindestlohn die Wahrung des Abstandnahmegebotes – d.h. dass die Leistung aus der Mindestsicherung deutlich unter dem am Arbeitsmarkt erzielbaren Mindestlohn bei Vollzeitbeschäftigung liegen soll ‑ gewahrt bleibt.
Frage 15 bis 17:
Hinsichtlich der bei diesen Fragen angesprochenen Entlohnung im öffentlichen Dienst verweise ich auf die diesbezügliche Zuständigkeit der Bundesministerin für Frauen, Medien und Öffentlichen Dienst.
Frage 19:
Im österreichischen Sozialversicherungsrecht besteht nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz (ASVG) grundsätzlich dann eine Versicherungspflicht, wenn die Dienstnehmereigenschaft gegeben ist. Darüber hinaus sind auch so genannte freie Dienstnehmer/innen, das sind Personen, die sich auf Grund freier Dienstverträge zur Erbringung von Dienstleistungen verpflichten, den Dienstnehmern/Dienstnehmer-innen im sozialversicherungsrechtlichen Sinn gleichgestellt.
Zur Problematik der atypischen Beschäftigten ist darauf zu verweisen, dass die Grenze zwischen freien Dienstnehmern/Dienstnehmerinnen und den so genannten neuen Selbstständigen ‑ das sind Personen, die einer selbstständigen freiberuflichen Erwerbstätigkeit nachgehen ‑ oftmals fließend erscheint: Beschäftigte werden häufig als Neue Selbständige ausgegeben, obwohl ihre Tätigkeit in Bezug auf die soziale und arbeitszeitliche Eingebundenheit in den Betrieb, die Substituierbarkeit (Ersetzbarkeit) ihrer Arbeitskraft und die Verwendung von Arbeitsmitteln einer unselbständigen Erwerbstätigkeit, also Lohnarbeit, in überwiegendem Maße entspricht. Es handelt sich hier nur um eine Scheinselbständigkeit, so dass die einschlägigen Regelungen des Arbeits- und Sozialversicherungsrechts anzuwenden sind.
Im Falle einer tatsächlich ausgeübten freiberuflichen Tätigkeit besteht für diese so genannten „Neuen Selbständigen“ eine sozialversicherungsrechtliche Lösung nach dem gewerblichen Sozialversicherungsgesetz (GSVG). Der Begriff der „Neuen Selbständigen“ meint dabei – in seiner weitesten Verwendung – jene Personen, die durch die Einführung der umfassenden Sozialversicherung durch das Arbeits- und Sozialrechts-Änderungsgesetz 1997 (ASRÄG 1997) neu in die Versicherungspflicht nach dem GSVG eingegliedert wurden.
Hinsichtlich der Anwendung sozialversicherungsrechtlicher Bestimmungen hängt es somit davon ab, ob der/die Auftragnehmer/in als Dienstnehmer/in, dienstnehmerähnlich oder als neue/r Selbstständige/r anzusehen ist. Hervorzuheben ist dabei, dass die Einbeziehung sämtlicher Erwerbstätigkeiten in die Pflichtversicherung bereits im ASRÄG 1997 ihren Ursprung findet.
Das derzeitige Regierungsprogramm für die XXIII. Gesetzgebungsperiode sieht unter dem Kapitel: „Soziale Absicherung von atypisch Beschäftigten und Selbständigen“ die Einbeziehung von Selbständigen in die Arbeitslosenversicherung im Rahmen eines Optionen-Modells vor. Diesbezüglich verweise ich auf die Zuständigkeit des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit.
Für Freie Dienstnehmer/innen ist im Regierungsprogramm unter demselben Kapitel die Etablierung des gleichen Sozialversicherungsschutzes wie für echte Dienstnehmer/innen im ASVG vorgesehen. Hier besteht neben der fehlenden Arbeitslosenversicherung vor allem Handlungsbedarf hinsichtlich der Schaffung einer Anspruchsvoraussetzung auf Krankengeld und Verbesserungen beim Wochengeld. Hier ist auf die Zuständigkeit der Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend zu verweisen.
Mit freundlichen Grüßen