1256/AB XXIII. GP
Eingelangt am 05.09.2007
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
BM für Verkehr, Innovation und Technologie
Anfragebeantwortung
Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 1195/J-NR/2007 betreffend Schließungen von Bahnhöfen und Haltestellen, die die Abgeordneten Dr. Johann Georg Schelling, Kolleginnen und Kollegen am 5. Juli 2007 an mich gerichtet haben, beehre ich mich wie folgt zu beantworten:
Fragen 1 und 3:
Ist es richtig, dass die ÖBB Haltestelle Schildberg bei Böheimkirchen geschlossen werden soll?
Zu welchem Zeitpunkt ist die Schließung geplant?
Antwort:
Nach Auskunft durch den ÖBB Konzern wird die schienenverkehrsmäßige Bedienung der Haltestelle Schildberg mit Fahrplanwechsel Dezember 2007 eingestellt.
Fragen 2 und 9:
Sollte dies der Fall sein, welches sind die Gründe?
Welche konkreten Parameter werden für die Beurteilung solcher Schließungen herangezogen?
Antwort:
Die ÖBB-Personenverkehr AG berichtete mir, dass die schienenverkehrsmäßige Bedienung mit der Begründung des krassen Missverhältnisses der Reisendenfrequenz zu den
Aufwendungen eingestellt wird. In Schildberg halten an Werktagen täglich rund 40 Züge (in beide Richtungen), die von durchschnittlich 50 Reisenden pro Tag angenommen werden (1,2 Reisende pro Zug). Durchschnittlich frequentieren 550 Reisende eine Haltestelle auf der Westbahn zwischen Wien und St. Pölten (ohne St. Pölten Hbf. und Wien Westbahnhof). Weiters sind in den nächsten Jahren Investitionskosten von rund € 700.000,— erforderlich, pro Jahr fallen Betriebskosten von rund € 15.000,- an. Durch den Halt gehen bei einem Regionalzug ca. 6 Minuten Fahrzeit im Vergleich zu einem Durchfahren verloren (Bremsen, eigentlicher Halt, Beschleunigen). Dieser Halt (bei derzeit 40 am Tag) verursacht jährliche Stromkosten von rund € 116.500,-. Dies betrifft täglich rund 1.700 Reisende in den betreffenden Regionalzügen, die eine längere Fahrzeit in Kauf nehmen müssen. Darüber hinaus berichtet mir die ÖBB-Personenverkehr AG, dass der Ärger bei den betroffenen Reisenden groß ist, wenn eine Haltestelle angefahren wird, wo augenscheinlich kaum jemand ein- oder aussteigt. Dies ist in zahlreichen Beschwerdebriefen dokumentiert. Betrachtet wird dabei:
Ø Reisendenfrequenz derzeit.
Ø Reisendenfrequenz Prognose.
Ø Örtliche Lage der Haltstelle.
Ø Demografische Entwicklung.
Ø Anstehende Reinvestitionen in die Infrastruktur.
Ø Anstehende Investitionen (Wegeleitsystem, Lautsprecher, Zugzielanzeigen).
Ø Betriebskosten Infrastruktur (Erhaltung, Instandsetzung, Winterdienst, Stromkosten, Reinigung, Grünschnitt, etc.).
Ø Fahrzeitverkürzung im jeweiligen Gesamtabschnitt St. Pölten - Wien.
Ø Fahrplansystematik und Netzwirkung auch für alle übrigen Zugsysteme.
Ø Fahrzeugbedarf.
Ø Nutzenstiftende Wirkungen in anderen Bereichen.
Frage 4:
Welche konkreten Ersatzmaßnahmen für Schüler und Pendler sind angedacht?
Antwort:
Die ÖBB-Personenverkehr AG wird als Ersatzmaßnahme ein Buskonzept vorlegen, wo zwei morgendliche Direktbusse nach St. Pölten (v.a. für Schüler) eingeführt werden. Weiters wird Mittags- und Nachmittags ebenfalls eine Taktanbindung mit einem Bus installiert. Pendler nach Wien nutzen schon heute den REX Halt Böheimkirchen, da dort beschleunigte Züge in die Bundeshauptstadt fahren.
Fragen 5 und 6:
Gibt es weitere Bahnhöfe oder Haltestellen in Niederösterreich, die geschlossen werden sollen?
Gibt es konkret in den Politischen Bezirken St. Pölten, Tulln und Lilienfeld Bahnhöfe oder Haltestellen, die geschlossen werden sollen?
Antwort:
Die ÖBB-Personenverkehr AG berichtet mir, dass die Bedienung von Haltestellen naturgemäß stark von den sich ändernden Marktbedürfnissen abhängig ist. In Niederösterreich gibt es insgesamt 464 Verkehrsstationen; es ist außer Schildberg nicht geplant, in diesem Bundesland eine weitere Station aufzulassen.
Frage 7:
Wie viele Haltestellen und Bahnhöfe sollen in ganz Österreich geschlossen werden?
Antwort:
Die ÖBB-Personenverkehr AG berichtet mir, dass Maßnahmen nur in Abstimmung mit den betroffenen Ländervertretern vorgenommen werden. In ganz Österreich gibt es insgesamt 1.400 Bahnhöfe und Haltestellen. Davon sollen inkl. Schildberg in den nächsten Jahren fünf geschlossen werden. Die Argumente für die Schließung sind die gleichen.
Frage 8:
Wie viele Bahnkunden sind von diesen Schließungen betroffen:
a) In Schildberg?
b) In den Politischen Bezirken St. Pölten, Tulln und Lilienfeld?
c) In Niederösterreich?
d) In Österreich?
Antwort:
Durch die Schließung dieser Haltestellen haben 1.700 Bahnkunden (wie oben erwähnt, gewinnen diese 1.700 Bahnkunden pro Fahrt eine Fahrzeitverkürzung von 6 Minuten), die den Streckenabschnitt St. Pölten -Wien benutzen, einen unverhältnismäßig größeren Vorteil in ihrem Schienenangebot.
In Schildberg sind Werktags (außer Samstag) ca. 50 Reisende betroffen, denen in Zukunft Busverbindungen direkt aus dem Ortszentrum angeboten werden. An Sonn- und Feiertagen liegt die Frequenz weit darunter bei ca. 25.
Frage 10:
Welche Markt- und Potentialstudien liegen dessen Schließungen zu Grunde?
Antwort:
Aktuell wird allen künftigen Planungen die seitens des bmvit federführend betreute „Verkehrsprognose 2025+" unterstellt.
Frage 11:
Welche Maßnahmen werden Sie setzen, um sicherzustellen, dass die bei ihrem Amtsantritt in einem Interview getätigte Aussage, dass es zu keinen Verschlechterungen für die Bahnkunden kommen wird, tatsächlich eingehalten wird?
Antwort:
Durch die Schließung der Haltestelle kommt es zu einer massiven Verbesserung der täglich 1.700 Pendler, die in diesem Abschnitt unterwegs sind. Durch die Zeitersparnis kommen sie schneller zur und von der Arbeit, was eine Qualitätsverbesserung darstellt.
Es gilt, die gesamte Mobilitätskette zu betrachten und jenen Verkehrsträger einzusetzen, der in den konkreten Anwendungsfällen die größeren Vorteile bieten kann. Das kann sein: Schiene oder Schiene +Bus oder nur Bus.
Frage 12:
Wie weit sind Ihre Gespräche mit den ÖBB fortgeschritten, um die Schließungen zu verhindern oder durch ausreichende Ersatzmaßnahmen abzufedern?
Antwort:
Hierzu fanden Gespräche statt, inwiefern ein Halt eingeschränkt auf die Morgen- und Abendspitzen aufrechterhalten werden kann. Jedoch muß gesagt werden, dass hier die größte Verkehrsdichte herrscht und die Halte Engpässe auf der ohnedies überlasteten Westbahn in diesem Abschnitt aufrecht erhalten würden, die das gesamte neue Fahrplangefüge (Takt 0912) rund um St. Pölten gefährden.