1272/AB XXIII. GP

Eingelangt am 05.09.2007
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BM für Verkehr, Innnovation und Technologie

Anfragebeantwortung

 

 

 

GZ. BMVIT-10.000/0036-I/PR3/2007     DVR:0000175

 

An die

Präsidentin des Nationalrates

Mag. Barbara Prammer

 

Parlament

1017 W i e n

 

 

Wien,    4. September 2007

 

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin!

 

 

Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 1353/J-NR/2007 betreffend „Mega-Bahnhof“ – gehörige Zahlenverwirrung und sonstige Unklarheiten beim Projekt Hauptbahnhof/Zentralbahnhof Wien, die die Abgeordneten Dr. Moser, Freundinnen und Freunde am 10. Juli 2007 an mich gerichtet haben, beehre ich mich, auch unter Verwendung von Informationen der ÖBB, wie folgt zu beantworten:

 

Frage 1:

In einigen Ihnen noch aus beiderseits vorteilhaften Wiener Zeiten oder über persönliche Bezüge verbundenen Medien wie „Österreich“ oder „Kronen Zeitung“ wurde am 13.6.2007 beispielsweise von „145.000 Passagieren pro Tag“ am Bahnhof berichtet sowie davon, dass täglich „auf den künftig fünf überdachten Doppelbahnsteigen 1.000 Züge und 145.000 Passagiere abgefertigt“ würden.

 

In der Berichterstattung der Austria Presse Agentur zum selben Anlass war hingegen zu lesen „Am neuen Bahnhof werden 40.000 Reisende täglich erwartet“.

 

Welche dieser Zahlen können Sie auf welcher Grundlage bestätigen? Bedeutet dies, dass pro Bahnsteig und Tag im Durchschnitt 100 Züge (also einer etwa alle 13 Minuten, rund um die Uhr) abgefertigt werden sollen? Bedeutet dies, dass am Hauptbahnhof mit jedem Zug durchschnittlich 40 Reisende ankommen oder abfahren werden?

 

Antwort:

Das Österreichische Institut für Raumplanung hat im Jahr 2006 im Auftrag der ÖBB eine Verkehrsstromanalyse erstellt. Diese ergab auf Basis des Verkehrsszenarios 2025E für den Hauptbahnhof Wien für das Jahr 2025 eine Prognose von 145.000 Kunden täglich. Diese 145.000 Kunden setzen sich zusammen aus: 

-       105.000 reisenden Kunden also Aus-,  Ein-  und Umsteigern am Hauptbahnhof) einschließlich der beiden S-Bahnsteige Stammstrecke (Verbindung Meidling – Wien Mitte – Praterstern), wobei durchreisende Kunden nicht berücksichtigt wurden und

-       40.000 nicht reisenden Kunden am Bahnhof.

 

Die Ergebnisse dieses Szenarios wurden für die Bemessung der Dimensionierung der Bahnsteige, Treppen und Hallen verwendet.

 

Derzeit werden am Süd- und Ostbahnhof einschließlich der S-Bahn durchschnittlich 40.000 reisende Bahnkunden pro Tag gezählt.

 

Frage 2:

Betragen  - bezugnehmend auf dieselben Medienbericht – die Mittel, die für den Bahnhof eingesetzt werden, 800, 886 oder 2000 Mio Euro?

 

Antwort:

Gemäß genehmigten Rahmenplan 2007-2012 betragen die Gesamtkosten für den Bhf. Wien € 886,4 Mio. Dieser Betrag setzt sich zusammen aus den Planungskosten, den Umbau des Südtirolerplatzes und des Bahnhofes. In dieser Gesamtsumme ist auch die Hochvalorisierung von jährlich 2,5% auf das Bauende enthalten.

Die € 886,4 Mio. sind Bruttokosten, von denen noch Immobilienerlöse, EU-Förderungen, etc. abgezogen werden, wodurch der Bahnhof netto weniger kosten wird. Die genaue Höhe dieser sogenannten Erlöse Dritter stehen noch nicht fest, da z.B. die EU-Kommission erst im Frühjahr 2008 über die tatsächliche Förderhöhe, die dem Projekt zufließen werden, entscheiden wird.

 

Die genannten 2 Mrd. € beziehen sich auf die Gesamtinvestitionen des Projektes, inklusive des Stadtentwicklungsprojektes um den Hauptbahnhof Wien in Kooperation mit der Stadt Wien und privaten Investoren.

 

Frage 3:

Können Sie bestätigen, dass bestimmte Konglomerate aus der Immobilienbranche, die im Nahfeld zur Stadt Wien stehen, bei der Verwertung der Grundstücke in der künftigen Bahnhofs-City bevorzugt zum Zug gekommen sind bzw. kommen werden?

 

Antwort:

Die ÖBB teilten mir mit, dass bei der Verwertung der Grundstücke keine Interessenten bevorzugt werden. Zudem werden diese zu bestmöglichen Konditionen für die ÖBB verkauft, um maximale Verwertungserlöse zu erzielen. Hinsichtlich der Wohnbauflächen laufen Verhandlungen mit dem Wohnfonds Wien, um diese Flächen in Form von Bauträger wettbewerben zu den im geförderten Wohnbau üblichen Grundstückspreisen zu verwerten.

 

Frage 4:

Welchen Beitrag zum Bahnhofsprojekt werden die Nutznießer der Immobiliengeschäfte auf den derzeitigen ÖBB-Arealen aus der Differenz zwischen Kaufpreisen und Verwertungserträgen leisten?

 

Antwort:

Die Erlöse aus der Verwertung der Grundstücke – derzeit werden ca. 120 Mio. € erwartet  bzw. sind geplant – fließen in das Projekt Hauptbahnhof Wien und reduzieren die unter Antwort 2 genannten Bruttokosten.

 

Fragen 5 und 6:

Warum gab es trotz der gewaltigen investierten Summen und der städtebaulichen Prominenz des Objekts keinen ArchitektInnenwettbewerb für die Gestaltung des Bahnhofs („Aufnahmegebäude“) selbst?

 

Werden Sie diese nachholen, wenn nein warum nicht?

 

Antwort:

Grundlage des Entwurfes des Hauptbahnhofes ist gemäß Information der ÖBB das Projekt des Architektenteams Hotz – Hoffmann - Wimmer, das in einem zweistufigen städtebaulichen, und internationalen Expertenverfahren unter zehn Architektenteams als Sieger hervorging.

 

Darüber hinaus werden gemäß ÖBB für Investorenprojekte an markanten Stellen in Abstimmung mit der Stadt Wien weitere Architekturwettbewerbe bzw. Expertenverfahren durchgeführt. Damit wird angestrebt, ein zeitgemäß modernes und lebenswertes Stadtviertel zu verwirklichen.

 

Frage 7:

Welche Maßnahmen zur ökologisch-energetischen Optimierung des künftigen Bahnhofsgebäudes – beispielsweise auch betreffend der Nutzung der gewaltigen Dachflächen für solarenergetische Zwecke – sind a) fixiert, b) vorgesehen?

 

Antwort:

Alle Anlagen der Bahninfrastruktur -  wie z.B.: Außenreinigungsanlagen – werden gemäß ÖBB nach ökologisch schonenden Gesichtspunkten geplant. Im Bereich der Verkehrsstation wird zur zusätzlichen Energieversorgung eine Photovoltaik-Anlage und zur Einsparung von Energie für die Konditionierung des Bahnhofsgebäudes die Nutzung von Geothermie auf Machbarkeit und Wirtschaftlichkeit untersucht. Darüber hinaus wird derzeit ein Gesamtenergieeffizienzkonzept für das Projekt ausgearbeitet.

 

Fragen 8 und 9:

Warum gab es trotz der gewaltigen investierten Summen und der anerkannt hohen Bedeutung eines „einladenden“ baulichen Umfelds keinen ArchitektInnenwettbewerb und überhaupt bislang keinerlei präzisere Gestaltungsvorstellung für das Bahnhofsvorfeld, das nach den derzeitigen Visualisierungen und Simulationen eher einer Beton- und Verkehrswüste im Schatten der Hochhäuser als einem irgendwie einladenden Platz ähnelt?

 

Werden Sie dies nachholen, wenn nein warum nicht?

 

Antwort:

Die architektonische Gestaltung der Bahnhofsvorfelder ist gemäß Auskunft der ÖBB Gegenstand eines Expertenverfahrens für die BahnhofsCity.

 

Frage 10:

Halten Sie angesichts der inzwischen international gängigen Standards bei großen Bahnhofsneubauprojekten, wo Schienenverkehr und städtischer Personennahverkehr im Sinne kurzer Wege möglichst vertikal übereinander angeordnet werden, die Anbindung des geplanten Bahnhofs an den städtischen Nahverkehr mit einer Straßenbahn am einen Ende und einer U-Bahn-Linie ein Stück weit vom anderen Ende für geglückt, zeitgemäß und hinreichend?

 

Antwort:

Der neue Hauptbahnhof Wien wird gemäß Auskunft der ÖBB nach Fertigstellung nicht nur durch die U1, Straßenbahn und Busse erschlossen, sondern auch durch zahlreiche Schnellbahnverbindungen. Dadurch wird eine optimale Anbindung an den öffentlichen Personennahverkehr hergestellt.

Eine beim Südtiroler Platz attraktiv gestaltete, barrierefreie Passage soll auch eine zeitgemäße Umsteigerelation zu U-Bahn und S-Bahn ermöglichen. Die Gehzeit von den Bahnsteigen des Hauptbahnhofes zur U1 wird dabei kürzer sein, als heute die Gehzeit von den Bahnsteigen des Westbahnhofes zu den Linien U3 bzw. U6.Der Hauptbahnhof wird damit – analog dem Westbahnhof - gut erschlossen sein.

 

Frage 11:

Von welchen Umsteigzahlen zwischen Wiener Nahverkehr und ÖBB wird am Knotenpunkt Wien Meidling ausgegangen, von welchen am künftigen Knotenpunkt Wien Hauptbahnhof?

 

Antwort:

Gemäß vorliegender Prognosen, auf Basis des Verkehrsszenarios 2025E, ist gemäß Information der ÖBB am Hauptbahnhof Wien mit einer maximalen Umsteigezahl zu U-Bahn, Straßenbahn und Bus von ca. 78.000 zu rechnen, in Wien Meidling wird von ca. 89.000 ausgegangen.

 

Frage 12:

Halten Sie es für zielführend, dass die ÖBB – wie konkret im  unmittelbaren Umfeld des Hauptbahnhofs vorgesehen – als zu nicht unwesentlichen Teilen öffentlich finanziertes Verkehrsunternehmen als Errichter von Einkaufszentren auftreten, welche letztlich bestehende Strukturen (Einkaufsstraßen,…) im Umfeld konkurrieren, die dann wiederum mit öffentlichen Mitteln gestützt und gefördert werden müssen?

 

Antwort:

Wie mir die ÖBB berichtete, ist es internationaler Standard, dass in einen Bahnhof dieser Größenordnung Infrastruktureinrichtungen wie beispielsweise Einkaufszentren integriert werden. Zudem soll dies einen wesentlichen Serviceaspekt der ÖBB für den Kunden darstellen.

 

Mit freundlichen Grüßen

 

 

 

 

 

Werner Faymann