1273/AB XXIII. GP
Eingelangt am 05.09.2007
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BM für Verkehr, Innovation und Technologie
Anfragebeantwortung
GZ. BMVIT-11.500/0021-I/PR3/2007 DVR:0000175
An die
Präsidentin des Nationalrates
Mag. Barbara Prammer
Parlament
1017 Wien
Wien, 4. September 2007
Sehr geehrte Frau Präsidentin!
Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 1357/J-NR/2007 betreffend Umweltverträglichkeit von Infrastrukturprojekten in der Ostregion – Parkplätze und Raststätten, die die Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Freundinnen und Freunde am 10. Juli 2007 an mich gerichtet haben, beehre ich mich – nach den mir vorliegenden Informationen der ASFINAG - wie folgt zu beantworten:
Fragen 1 und 6:
Wurde für das Raststättenprojekt „S1 Ost“ im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung für die S1 eine UVP durchgeführt? Wenn ja, wann und mit welchem Ergebnis, wenn nein, warum nicht?
Wurde für das Raststättenprojekt „A5 Süd“ im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung für die A5 eine UVP durchgeführt? Wenn ja, wann und mit welchem Ergebnis, wenn nein, warum nicht?
Antwort:
Grundsätzlich möchte ich festhalten, dass es sich bei der Errichtung von Raststätten um Ausbaumaßnahmen sonstiger Art an Bundesstraßen handelt und von der Umweltverträglichkeitsprüfung zum Bau einer Bundesstraße, in den gegenständlichen Fällen der S1 Ost bzw. der A5 Süd, getrennt zu betrachten sind.
Zum Zeitpunkt der Einreichung stand noch nicht fest, ob überhaupt im Verlauf der S1 Ost bzw. der A5 Süd Raststätten errichtet werden sollen.
Weiters möchte ich dazu ausführen, dass sich die dafür zuständige und verantwortliche ASFINAG für die Errichtung von Raststätten eines privaten Raststättenbetreibers bedient, der im Rahmen eines internationalen Wettbewerbs ermittelt wird.
Zu Beginn des internationalen Wettbewerbs steht meistens lediglich der Abschnitt aber nicht die genaue Lage und Ausgestaltung der Raststätte fest. Im gegenständlichen Fall wurde diese Aufgabe dem Konzessionär der BONAVENTURA Straßenerrichtungs-GmbH überbunden.
Die Präqualifikationsphase für diesen internationalen Wettbewerb ist abgeschlossen. Die weiteren Verfahrensschritte sind für Herbst 2007 vorgesehen.
Ich möchte festhalten, dass
· erstens - zum Zeitpunkt der Antragstellung des Projektwerbers zur UVP für die Straßenabschnitte S1 Ost bzw. A5 Süd weder klar war, ob Raststätten errichtet werden und
· zweitens - bis heute die genaue Lage und Ausgestaltung der geplanten Raststätten meinem Ressort nicht bekannt sind, da diese von den Projektwerbern unter gewissen Rahmenbedingungen frei wählbar sind.
Fragen 2 und 7:
Wurde für das Raststättenprojekt „S1 Ost“ außerhalb der Umweltverträglichkeitsüberprüfung für die S1 eine UVP durchgeführt? Wenn ja, wann und mit welchem Ergebnis, wenn nein, warum nicht?
Wurde für das Raststättenprojekt „A5 Süd“ außerhalb der Umweltverträglichkeitsprüfung für die A5 eine UVP durchgeführt? Wenn ja, wann und mit welchem Ergebnis, wenn nein, warum nicht?
Antwort:
Gemäß § 23a Abs. 2 Z 3 UVP-G ist für Ausbaumaßnahmen sonstiger Art an Bundesstraßen (dazu zählen auch Raststätten als Betriebe gemäß § 27 BStG) eine UVP nur dann durchzuführen, wenn ein schutzwürdiges Gebiet der Kategorien A, B, C, D oder E des Anhangs 2 zum UVP-G berührt wird und im Einzelfall zu erwarten ist, dass unter Berücksichtigung des Ausmaßes und der Nachhaltigkeit der Umweltauswirkungen der schützenswerte Lebensraum (Kategorie B des Anhangs 2) oder der Schutzzweck, für den das schutzwürdige Gebiet (Kategorien A, C, D und E) festgelegt wurde, wesentlich beeinträchtigt wird. Eine UVP ist daher nur erforderlich, wenn vom BMVIT als zuständiger Feststellungsbehörde zuvor im Einzelfall festgestellt wurde, dass eine UVP durchzuführen ist.
Fragen 3 und 4:
Gab es bzw. gibt es für das Raststättenprojekt „S1 Ost“ ein UVP-Feststellungsverfahren, wenn nein, warum nicht?
Gab es bzw. gibt es für das Raststättenprojekt „S1 Ost“ einen UVP-Feststellungsbescheid? Wenn ja, was ist sein Inhalt?
Antwort:
Bislang gibt es für ein Raststättenprojekt S1 Ost kein UVP-Feststellungsverfahren. Soweit dem BMVIT bekannt ist, plant jedoch das Tochterunternehmen des Konzessionärs BONAVENTURA, die Raststätten Betriebs-GmbH, für das Raststättenprojekt S1 Ost ein UVP-Feststellungsverfahren durchzuführen.
Fragen 5 und 10:
Werden Sie im Fall eines negativen Feststellungsbescheides durch die NÖ Behörde(n) diesen Bescheid prüfen und im Fall der Rechtswidrigkeit der Entscheidung Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erheben, um so die Umweltverträglichkeit des Projektes sicherzustellen?
Werden Sie im Fall eines negativen Feststellungsbescheides durch die NÖ Behörde(n) diesen Bescheid prüfen und im Fall der Rechtswidrigkeit der Entscheidung Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erheben, um so die Umweltverträglichkeit des Projektes sicherzustellen?
Antwort:
Der UVP-Feststellungsbescheid ist gemäß § 23a Abs. 2 Z 3 iVm § 24 UVP-G vom BMVIT zu erlassen; die NÖ Landesregierung ist für UVP-Feststellungsverfahren für Raststätten an Bundesstraßen nicht zuständig.
Fragen 8 und 9:
Gab es bzw. gibt es für das Raststättenprojekt „A5 Süd“ ein UVP-Feststellungsverfahren, wenn nein, warum nicht?
Gab es bzw. gibt es für das Raststättenprojekt „A5 Süd“ einen UVP-Feststellungsbescheid? Wenn ja, was ist sein Inhalt?
Antwort:
Bislang gibt es für ein Raststättenprojekt A5 Süd kein UVP-Feststellungsverfahren; soweit meinem Ressort bekannt ist, plant jedoch das Tochterunternehmen des Konzessionärs BONAVENTURA die Raststätten Betriebs-GmbH für das Raststättenprojekt A5 Süd ein UVP-Feststellungsverfahren durchzuführen.
Frage 11:
Welche weiteren Projekte in der Region, die mit der Schaffung unmittelbar oder mittelbar via Kumulierung UVP-relevanter Größenordnungen von Parkplätzen verbunden wären – beispielsweise Einkaufszentren, neue Industrie- oder Gewerbeparks, Ausbauten bestehender Industrie- oder Gewerbeparks oder Fachmarktzentren – z.B. Hornbach – sind Ihnen bekannt?
Antwort:
Ob weitere mit der Schaffung von Parkplätzen verbundene Projekte in der Region geplant sind (z.B. Einkaufszentren, Industrie- und Gewerbeparks), ist rechtlich nicht relevant.
Vorhaben sind nach den Vorgaben des UVP-G dann integrativ zu betrachten, wenn die Vorhabensbestandteile in einem räumlichen und sachlichen Zusammenhang stehen. Ein räumlicher Zusammenhang ist dann anzunehmen, wenn der Zustand ein und desselben Schutzguts sowohl von den Auswirkungen des beantragten/geplanten Vorhabens, als auch von den Auswirkungen der zu berücksichtigenden Vorhaben beeinflusst wird. Ein sachlicher Zusammenhang liegt nach der Rücksprache des Umweltsenats dann vor, wenn ein gemeinsamer Betriebszweck, d.h. ein bewusstes und gewolltes Zusammenwirken zur Erreichung eines gemeinsamen Ziels gegeben ist. Zwischen den Raststättenprojekten und anderen Projekten, die mit der Schaffung von Parkplätzen verbunden sind, besteht jedenfalls kein sachlicher Zusammenhang, wahrscheinlich – aufgrund der Distanz - aber auch kein räumlicher Zusammenhang.
Im Übrigen ist die Kumulierung von Vorhaben nach den Vorgaben des UVP-G nur insoweit maßgeblich, als eine Umgehung der UVP-Pflicht (Unterschreiten der maßgeblichen Schwellenwerte) durch Aufsplittung eines Vorhabens auf mehrere Betreiber oder gezielte Vorhabensplanungen knapp unter dem anwendbaren Schwellenwert verhindert werden sollen (§ 3 Abs. 2 und § 3a Abs. 6 UVP-G). In diesen Fällen hat eine Zusammenrechnung der projektsgemäß vorgesehenen Kapazitäten stattzufinden. Diese Zusammenrechnung ist aber auch nur dann durchzuführen, wenn die kumulativ zu berücksichtigenden Vorhaben dem gleichen Vorhabenstyp zuzuordnen sind. All dies trifft auf die Raststättenprojekte in Verbindung mit anderen Projekten nicht zu. Die Raststättenprojekte erreichen per se eine UVP-feststellungsrelevante Größenordnung. Die Raststätten sind einem anderen Vorhabenstyp zuzuordnen, als allfällige in der Region geplante Einkaufszentren und Gewerbeparks.
Frage 12:
In welcher Weise wird die kumulierte Belastung durch die Straßenbauprojekte S1 und A5 selbst einerseits und die in den Fragen 1-11 angesprochenen zusätzlichen Projekte in der Region andererseits auf ihre Umweltverträglichkeit geprüft?
Antwort:
Die Umweltauswirkungen der Straßenbauprojekte S1 Ost und A5 werden – im Umfang des Verfahrensgegenstandes – in den UVP-Feststellungsverfahren für die Raststättenprojekte berücksichtigt, weil die Raststättenprojekte mit den Straßenbauprojekten in sachlichem und räumlichem Zusammenhang stehen. Die Umweltauswirkungen anderer Projekte sind in den UVP-Feststellungsverfahren nicht zu berücksichtigen.
Frage 13:
In welcher anderen Weise als durch separate Umweltverträglichkeitsprüfungen a) wurden und b) werden die zusätzlichen zu erwartenden (erheblichen) Umweltauswirkungen der mit der Schaffung zusätzlicher Parkplatzkapazitäten in dieser Region verbundenen Projekte geprüft?
Antwort:
Je nachdem, ob für diese Projekte eine UVP erforderlich ist oder nicht, werden die Umweltauswirkungen anderer Projekte in einer UVP oder in den jeweils erforderlichen materiengesetzlichen Verfahren geprüft.
Frage 14:
Die EU-Kommission hat Ende Juni 2006 ein umfangreiches Mahnschreiben an die Republik Österreich im Hinblick auf mangelhafte Umsetzung der UVP Richtlinie gerichtet. Darin war auch von einer unvollständigen Berücksichtigung kumulativer Effekte auf die Umwelt beim Zusammentreffen mehrerer Projekte die Rede, was in Österreich wegen der ohnedies bereits hohen Schwellenwerte die effektive Geltung des Kumulationsprinzips stark einschränke, was mit dem Gemeinschaftsrecht mehrfach nicht in Deckung zu bringen ist.
a) Welche weiteren Schritte sind seitens der Republik Österreich bzw. der EU-
Kommission in Folge des erwähnten Mahnschreibens wann im einzelnen erfolgt?
b) Welche Konsequenzen ergeben sich aus den im erwähnten Mahnschreiben
enthaltenen Kritikpunkten für die hier gegenständlichen Projekte und die Prüfung
ihrer Umweltverträglichkeit?
Antwort:
Zum Mahnschreiben der EU-Kommission vom 4. Juli 2006 hat die Republik Österreich mit Schreiben vom 6. September 2006 Stellung genommen. Zur Stellungnahme der Republik Österreich hat die EU-Kommission am 27. Juni 2007, 2006/2268, eine begründete Stellungnahme abgegeben. Aus der begründeten Stellungnahme ergibt sich, dass die im UVP-G enthaltenen Regelungen zur Kumulation von der EU-Kommission nicht mehr weiter als gemeinschaftswidrig erachtet werden. Für die Raststättenprojekte ergeben sich aus dem Mahnschreiben daher keine weiteren Konsequenzen, da die geltende Rechtslage zur Frage der Kumulation (siehe Beantwortung zu Fragepunkt 11) gemeinschaftsrechtskonform ist.
Frage 15:
Warum zählt im Rahmen der UVP ein LKW wie ein PKW, obwohl doch klare sachliche Unterschiede bestehen und es daher bei Steuern, Abgaben, Tonnagen, Geschwindig-keitsbeschränkungen, Lenk- und Ruhezeiten diese unsachliche Gleichbehandlung von Ungleichem nicht gibt?
Antwort:
Es trifft nicht zu, dass „im Rahmen der UVP ein LKW wie ein PKW zählt“. Für die Beurteilung der Umweltauswirkungen durch den von einem Vorhaben induzierten Verkehr sind die Emissionen von LKW und PKW nach dem Stand der Technik (Handbuch Emissionsfaktoren Straßenverkehr, Umweltbundesamt 02/2004) durch unterschiedliche Emissionsfaktoren in den Ausbreitungsrechnungen zu berücksichtigen.
Mit freundlichen Grüßen
Werner Faymann